Zöliakie (Glutenunverträglichkeit)

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 2. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Krankheiten Zöliakie (Glutenunverträglichkeit)

Die Zöliakie, besser bekannt als Glutenunverträglichkeit, Glutenallergie oder einheimische Sprue, bezeichnet eine Autoimmunerkrankung der Dünndarmschleimhaut.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Zöliakie?

Die Zöliakie äußert sich in einer Vielzahl unspezifischer Symptome, die sich von Patient zu Patient beträchtlich unterscheiden können.
© bilderzwerg – stock.adobe.com

Zöliakie bzw. Glutenunverträglichkeit ist genetisch bedingt und die betroffenen Menschen haben diese Erkrankung ihr Leben lang.

Sie kann bereits im Kindesalter oder auch erst im Erwachsenenalter auftreten.

Umwelteinflüsse wie Stress und Infektionskrankheiten können eine Zöliakie begünstigen.

Gluten sind in vielen Getreidearten vorhanden, wie Roggen, Weizen, Dinkel, Malz, Hafer oder Grünkern.

Unter Medizinern wird diskutiert, ob nicht auch ein fehlendes Enzym die Ursache für Zöliakie sein kann.

Ursachen

Als Ursache für Zöliakie nimmt man genetische Veranlagungen an. Dabei kommt es zu einer Autoimmunreaktion, insbesondere zu einer Antigen-Antikörperreaktion auf Gluten in Lebensmitteln.

Es kommt dann, ähnlich einer Allergie, zu einer Überreaktion des Immunsystems. Bei der ständigen Bekämpfung des Immunsystems gegen die Gluten, treten dann in der Folge Dünndarmschleimhautentzündungen auf.

Bei einem gesunden Menschen vergrößert sich die Oberfläche der Dünndarmschleimhaut durch zahlreiche Schleimhautfalten (Dünndarmzotten), dies sorgt für eine vollständige Aufnahme der Nährstoffe aus unserem Essen in das Blut.

Die Zöliakie schädigt hierbei die Zotten der Dünndarmschleimhaut und diese flachen ab. Bei fortschreitender Zöliakie bilden sich die Dünndarmzotten komplett zurück. Die Nährstoffe können nicht mehr ausreichend aufgenommen und in das Blut transportiert werden. Dadurch können diverse Mangelerscheinungen auftreten.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die Zöliakie äußert sich in einer Vielzahl unspezifischer Symptome, die sich von Patient zu Patient beträchtlich unterscheiden können. Mediziner nennen die Krankheit daher „Chamäleon der Gastroenterologie“. Erste Anzeichen sind Verdauungsstörungen wie krampfartige Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfall oder Verstopfung nach dem Genuss glutenhaltiger Speisen.

Zu den am häufigsten auftretenden Beschwerden zählen Gewichtsabnahme, Aufgeblähtheit, Übelkeit und Erbrechen. Oft klagen Betroffene auch über Appetitlosigkeit und Sodbrennen. Bei über 50 Prozent der Zöliakie-Patienten treten Symptome auf, die nicht den Gastrointestinaltrakt betreffen.

Durch die Malabsorption im Dünndarm leiden Erkrankte unter einem Eisenmangel, der Blässe, Müdigkeit und Blutarmut zur Folge hat. Auch die Psyche kann bei dieser immunologischen Erkrankung des Dünndarms in Mitleidenschaft gezogen sein: Manche Betroffene leiden unter Reizbarkeit, Übellaunigkeit, Angstzuständen oder Depressionen.

In direktem ursächlichen Zusammenhang mit der Zöliakie steht die Dermatitis herpetiformis Duhring. Sie ist eine chronische blasenbildende Hauterkrankung, die mit quälendem Juckreiz einhergeht. Der Ausschlag betrifft vor allem die Streckseiten der Extremitäten, Knie und Ellbogen, die behaarte Kopfhaut und das Gesäß.

Erkrankte Kinder, die keine glutenfreie Diät einhalten, haben ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung geistiger und körperlicher Störungen. Diese können sich in Form von ADHS, Lernschwierigkeiten, Zahnschmelzdefekten und Verzögerungen im Wachstum zeigen.

Diagnose & Verlauf

Bei Beschwerden im Magen-Darm-Bereich gibt es zwei verschiedene Möglichkeiten auf Zöliakie zu untersuchen. Zum einen kann der Arzt Blut abnehmen, um auf Antikörper gegen Bestandteile des Glutens zu testen. Sind diese Antikörper vorhanden, handelt es sich um eine Zöliakie. Bei Kindern ist der Antikörpertest nicht empfehlenswert, da er sich in diesen Fällen nur bedingt eignet.

Die zweite Möglichkeit, um auf Zöliakie schließen zu können, ist eine Biopsie des Dünndarms. Hierbei wird eine Probe aus der Dünndarmschleimhaut entnommen. Der Patient erhält eine lokale Betäubung und schluckt einen Schlauch, an welchem eine Kapsel befestigt ist. Der Schlauch wird durch Speiseröhre und Magen in den Dünndarm geführt und dort wird die Probe entnommen. Die Probe wird unter dem Mikroskop auf Entzündungen untersucht.

Zu den Symptomen und der Zöliakie gehören Durchfall, Blähungen, Übelkeit, Erbrechen, Depressionen, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, Muskelschmerzen, Kraftlosigkeit und Müdigkeit. Bei Babys und Kleinkindern ist oft das Wachstum gestört, die Zähne unterentwickelt, die Kinder weisen häufig eine weinerliche Mimik auf und können eine Muskelschwäche herausbilden.

Diese Symptome werden oft nicht ernst genommen und schon gar nicht mit Zöliakie in Verbindung gebracht. Aus diesem Grund wird die Erkrankung in vielen Fällen erst spät erkannt. Erschwerend bei der richtigen Diagnosefindung ist, dass auch mehrere Symptome gleichzeitig auftreten können. Deshalb kommt es zu zahlreichen Fehldiagnosen oder falschen Behandlungen der Zöliakie.

Die Symptome der Zöliakie treten meist nicht gleichzeitig auf und sind oft nicht speziell. Sehr häufig leiden Betroffene lediglich unter typischen Magen-Darm-Beschwerden. Falls die Zöliakie zu spät erkannt oder keine Behandlung erfolgt, sind häufig Mangelerscheinungen und chronische Infektionskrankheiten die Folge, die Zöliakie schwächt den gesamten Organismus, bis er völlig ausgezehrt ist.

Komplikationen

Eine Zöliakie geht vor allem dann mit Komplikationen einher, wenn die Betroffenen die vom Arzt verordnete glutenfreie Diät nicht konsequent einhalten. In diesem Fall besteht ein erhöhtes Risiko für verschiedene Folge- und Begleiterkrankungen, unter anderem für Diabetes mellitus Typ 1, rheumatoide Arthritis sowie für verschiedene Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse. Darüber hinaus entwickeln Patienten mit Zöliakie, die entgegen aller Empfehlungen glutenhaltige Lebensmittel verzehren, häufiger ein sogenanntes T-Zell-Lymphom, eine bösartige Erkrankung des lymphatischen Systems.

Zu Beginn der Therapie klagen viele Betroffene über Komplikationen wie Bauchschmerzen und Durchfall. Diese Beschwerden werden meist durch die im Wiederaufbau befindliche Dünndarmschleimhaut verursacht und sind gut behandelbar – vorausgesetzt, der Patient informiert umgehend den behandelnden Arzt, damit dieser die notwendigen Schritte einleiten kann. Werden die Begleiterscheinungen der Therapie gänzlich ignoriert, ist hingegen mit weiteren Komplikationen wie etwa mit einem Darmverschluss oder mit Störungen im Elektrolythaushalt zu rechnen.

Hält der Patient seine glutenfreie Diät konsequent und vor allem langfristig ein, ist die Prognose sehr gut. In diesem Fall hat die Zöliakie auch keinerlei Einfluss auf die Lebenserwartung. Stattdessen bilden sich die entzündlichen Prozesse im Laufe einiger Wochen bis Monate vollständig zurück. Lediglich dann, wenn es sich um eine sogenannte diätresistente Zöliakie handelt, müssen zusätzlich Immunsuppressiva (Arzneimittel, die das Immunsystem drosseln) verabreicht werden.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Stellen sich nach der Aufnahme von Lebensmitteln gesundheitliche Veränderungen ein, sollten diese weiter beobachtet werden. Bei wiederholten Blähungen, Durchfall, Erbrechen oder Übelkeit sind die Auffälligkeiten mit einem Arzt zu besprechen. Der Betroffene sollte gut resümieren können, welche Nahrungsmittel oder Mahlzeiten er zu sich genommen hat. Werden Auffälligkeiten oder Parallelen bemerkt, sind diese dem Arzt mitzuteilen. Die Entstehung von Krämpfen, ein allgemeines Krankheitsgefühl sowie ein Unwohlsein deuten auf eine gesundheitliche Störung hin. Kommt es zu einer Zunahme der Beschwerden oder treten die gesundheitlichen Beeinträchtigungen in regelmäßigen Abständen auf, ist ein Arzt darüber zu informieren. Bei Appetitlosigkeit, einer Gewichtsabnahme, einer inneren Schwäche und Schlafstörungen benötigt der Betroffene eine medizinische Versorgung.

Zur Abklärung der Ursache müssen medizinische Tests durchgeführt werden. Bei Verstopfungen, einem Völlegefühl, Müdigkeit oder einer inneren Reizbarkeit ist ein Arztbesuch anzuraten. Zustände von Angst, Stimmungsschwankungen oder andere emotionale Auffälligkeiten sind weitere gesundheitliche Störungen, die näher untersucht werden sollten. Bei einem depressiven Zustand, einer Teilnahmslosigkeit oder dem Verlust der Lebensfreude ist die Rücksprache mit einem Arzt zu suchen. Kommt es zu Veränderungen des Hautbildes, einem Juckreiz, kognitiven Beeinträchtigungen oder Störungen des Zahnschmelzes, wird ein Arzt benötigt. Zeigen sich bei Kindern Verzögerungen der Entwicklung oder des Wachstums, ist ebenfalls eine ärztliche Untersuchung anzuraten.

Behandlung & Therapie

Die Zöliakie ist nicht heilbar. Es ist nur möglich, die Beschwerden zu lindern. Um die Schleimhaut des Darmes zu unterstützen, ist der Verzicht auf glutenhaltige Lebensmittel notwendig. Getreideprodukte, Teigwaren, Pudding, Kekse, Kuchen, Bier, Pizza und Schokolade enthalten reichlich Gluten.

Für Menschen mit Zöliakie eignen sich Gemüse, Obst, Reis, Salat, Nüsse, Milchprodukte, Pflanzenöle oder Wein. In Reformhäusern und mittlerweile auch in vielen Supermärkten ist ein umfangreiches Angebot an glutenfreien, verpackten Lebensmitteln erhältlich, welche mit dem Vermerk "glutenfrei" gekennzeichnet sein müssen. Wer trotz Zöliakie nicht auf Körner verzichten möchte, findet Alternativen in Hirse, Buchweizen, Soja, Johannisbrotmehl, Amarant oder Quinoa.

Die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder von einem an Zöliakie erkrankten Elternteil ebenfalls an Zöliakie erkranken, beträgt 10%. Der Muttermilch wird nachgesagt, dass sie verhindert, dass sich die Zöliakie beim Säugling und später beim Kleinkind weiter fortschreitet.

Es ist bei Zöliakie ratsam, mindestens einmal im Jahr seinen Arzt aufzusuchen, um das Blut auf seinen Gehalt an Vitamin B12 und Vitamin D überprüfen zu lassen und um eine Gewichtskontrolle durchzuführen. Betroffene können auch selbst aktiv Vorsorge betrieben, indem sie sich umfassen über ihre Erkrankung informieren. Orientierungshilfe bietet die Deutsche Zöliakie Gesellschaft (DZG), welche auch eine Internetpräsenz besitzt.


Vorbeugung

Es gibt bisher keine Verfahren oder Möglichkeiten einer Zöliakie restlos vorzubeugen. Eine Vorbeugeuntersuchung bei Babys und Kleinkindern müssen besorgte Eltern selbstständig beim Kinderarzt einfordern. Weiterhin sollten Menschen mit Verdacht auf Zöliakie auf oben aufgeführte Symptome und Beschwerdebilder achten, um dann einen Arzt aufzusuchen. Bei Babys ist es sinnvoll mindestens bis zum sechsten Lebensmonat zu stillen und in dieser Zeit selbst auf glutenhaltige Lebensmittel zu verzichten.

Das können Sie selbst tun

Nach einer Diagnose der Zöliakie steht eine große Umstellung der Ernährung an. Dies wirkt auf den ersten Blick beängstigend. Glutenhaltige sind alle Produkte, die Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Dinkel, Grünkern, Urkorn, Kamut oder Emmer enthalten. Auch die handelsüblichen Teigwaren wie Brötchen, Nudeln, Brot, Kuchen und Gebäck enthalten Gluten. Fertiggerichte und Suppen können ebenfalls nicht gegessen werden.

Doch sind 90 Prozent aller Lebensmittel von Natur aus glutenfrei, weshalb die Ernährungsumstellung nicht schwer sein muss. Kartoffeln, Reis, Quinoa, Hirse, Buchweizen und Amaranth sind nur einige Lebensmittel, welche anstelle von Nudeln als Beilage verzehrt werden können - also eine ganze Menge. Auch jegliches Obst, Gemüse und Nüsse enthalten kein Gluten. Somit kann der Alltag auch nach der Diagnose Zöliakie normal verlaufen.

Unterwegs ist es dennoch schwierig, geeignete Speisen zu finden, da in den meisten Soßen Mehl als Verdickungsmittel verwendet wird. Daher empfiehlt es sich, Mahlzeiten am Vortag vorzubereiten und mitzunehmen. Ist man zum Essen eingeladen, wird es ebenso schwierig. Bekannte und Freunde sollten daher über die Krankheit informiert werden, oder man steuert etwas zum Essen bei. Auch sollte man in der Lage sein, erste Anzeichen eines Anfalls zu erkennen und handeln zu können, falls man doch einmal glutenhaltige Lebensmittel verzehrt hat.

Quellen

  • Arasteh, K., et. al.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Biesalski, H.-K., et al.: Ernährungsmedizin. Thieme, Stuttgart 2010
  • Trautmann, A., Kleine-Trebbe, J.: Allergologie in Klinik und Praxis. Thieme, Stuttgart 2013

Das könnte Sie auch interessieren