Akute transiente Erythroblastopenie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 20. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Mit dem Begriff akute transiente Erythroblastopenie wird eine vorübergehenden Armut an Erythroblasten, den Vorläuferzellen der Erythrozyten, bezeichnet. Die Krankheit führt aus häufig nicht bekannten Gründen zu einer vorübergehenden Anämie, weil der Prozess der Bildung roter Blutkörperchen (Erythropoese) aus Knochenmarksstammzellen vorübergehend gebremst oder unterbrochen ist. Bei Säuglingen und Kleinkindern handelt es sich um die häufigste Form einer Anämie, die nicht auf veränderten Erythrozyten basiert.
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Was ist eine akute transiente Erythroblastopenie?
Als akute transiente Erythroblastopenie wird eine vorübergehende verminderte Konzentration an Erythroblasten bezeichnet. Erythroblasten entstehen durch Zellteilung und Ausdifferenzierung aus Makroblasten innerhalb der Erythropoese. Als Erythropoese wird der Gesamtprozess der Bildung roter Blutkörperchen (Erythrozyten) aus multipotenten Stammzellen des Knochenmarks bezeichnet.
Durch die verminderte Zahl von Erythroblasten kommt es zu einer Anämie, die einzig auf einer zu geringen Zahl von Erythrozyten begründet ist, nicht aber durch Eisenmangel oder durch Erythrozyten mit Funktionsmängeln. Die vorübergehende Erythroblastopenie verursacht die Form der Anämie, die bei Kleinkindern und Säuglingen die häufigste Form einer normozytären Anämie darstellt.
Normozytär bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die vorhandenen Erythrozyten eine normale Größe und normale Funktionalität aufweisen. Wesentlich bei der transienten Form der Erythroblastopenie ist ihre vorübergehende Erscheinungsform. Im Normalfall dauert die Unterbrechung oder Hemmung der Erythropoese etwa ein bis zwei Wochen. Danach kommt es zu einer Spontanerholung der Erythropoese mit Regenerierung und Auflösung des anämischen Zustands.
Ursachen
Häufig wird eine diagnostizierte akute transiente Erythroblastopenie als idiopathisch bezeichnet, was darauf hinweist, dass die Ursachen, die die Krankheit ausgelöst haben, nicht bekannt sind. Als gesichert erscheint, dass bestimmte Substanzen zu einer vorübergehenden, etwa ein- bis zweiwöchigen Unterbrechung der Erythropoese führen. Bestimmte Medikamente sowie Virusinfektionen kommen als Verursacher der akuten transienten Erythroblastopenie in Betracht.
Einige Autoren bringen beispielsweise den Erreger der Ringelröteln, das Parvovirus B19, mit der transienten Erythroblastopenie in Verbindung. Ringelröteln ist eine der klassischen Kinderkrankheiten und verläuft meist harmlos. Auch eine chronische Hämolyse, bei der es zu einer laufenden Auflösung der Zellmembran von Erythrozyten kommt und das Hämoglobin in das Plasma übertritt, wird als ein möglicher Verursacher der akuten transienten Erythroblastopenie eingeschätzt.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Erste Anzeichen und Symptome der akuten transienten Erythroblastopenie sind recht unspezifisch und denen aus anderen Gründen erworbenen Anämien sehr ähnlich. Auffällig sind eine durchscheinende Blässe der Haut, eine schnell eintretende Müdigkeit und eine generelle Leistungsminderung. Die allgemeinen Symptome werden meist von Kopfschmerzen begleitet.
Die Symptome können letztlich auf eine verminderte Sauerstoff- und Nährstoffversorgung des Gehirns, der Muskelgewebe und anderer Gewebe mit Sauerstoffbedarf zurückgeführt werden. Bei ausgeprägtem Verlauf der Krankheit kommt es zusätzlich zu erschwertem Atmen (Dyspnoe) und zu einem beschleunigten Puls (Tachykardie). Die akute transiente Erythroblastopenie zeigt keinerlei Anzeichen einer Entzündung. Beispielsweise sind weder Milz, Leber noch Lymphknoten angeschwollen, was ansonsten auf Entzündungsreaktionen hindeuten könnte.
Diagnose & Verlauf
Neben den oben beschriebenen unspezifischen Symptomen und Anzeichen einer akuten transienten Erythroblastopenie sorgt eine Untersuchung des Blutbildes für eine klare Diagnose. Es zeigt sich eine normozytäre Anämie, was bedeutet, dass die vorhandenen Erythrozyten größenmäßig innerhalb der tolerierbaren Bandbreite liegen, also keine Auffälligkeiten zeigen. Auffällig ist allerdings die verminderte Zahl der Retikulozyten, die innerhalb der Kette der Erythropoese die jungen, noch nicht vollständig ausdifferenzierten, Erythrozyten verkörpern.
In einigen Fällen ist auch die Myelopoese beeinträchtigt, also der Prozess, der im Knochenmark neben der Erythropoese auch die Bildung verschiedener weißer Blutkörperchen wie Granulozyten, Monozyten und Thrombozyten betrifft. Das bedeutet, dass sich im Blutbild beispielsweise auch eine verminderte Zahl von neutrophilen Granulozyten zeigen kann.
Der Krankheitsverlauf ist normalerweise selbstregulierend. Im Normalfall regeneriert sich die Erythropoese innerhalb von einer bis zwei Wochen, so dass sich auch die Symptome ohne Therapie wieder abbauen. Falls das nicht der Fall ist, wurde eine falsche Diagnose gestellt.
Komplikationen
Als akut transiente Erythroblastopenie wird eine temporäre Eindämmung der roten Blutkörperchenbildung verstanden. Diese Art der Anämie ist vorwiegend bei Säuglingen und Kleinkindern anzutreffen. Da der Prozess direkt innerhalb der Knochenmarksstammzellen gehemmt wird, gehören Betroffene sicherheitshalber in ärztliche Behandlung.
Als Auslöser des Symptoms werden Erreger der Ringelröteln, Infektionen, verschiedene Substanzen und Medikamente sowie eine chronische Hämolyse vermutet. Diese führen dann zu einer etwa fünf- bis vierzehntägiger Unterbrechung der roten Blutkörperchenbildung. Während dieser Zeit können die Anzeichen dem Betroffenen einige Komplikationen bereiten.
Neben der auffälligen Blässe zeigen sich starke Müdigkeitsschübe bei heftigen Kopfschmerzen und eine erhebliche Leistungsminderung. Werden die ersten Merkmale der akuten transienten Erythroblastopenie ignoriert, kann dies selbst im Ruhezustand zu Kurzatmigkeit und Herzrasen führen. Gerade bei Säuglingen besteht die Gefahr, dass durch die geringe Sauerstoff- und Nährstoffversorgung des Blutes, Muskelgewebe und Gehirn unterversorgt sind.
Zumeist regeneriert der Patient bei ausreichend Ruhe und guter Ernährungsweise von selbst, ohne das medikamentöse Beigaben nötig sind. Ist die Krankheit zu weit fortgeschritten, kann sich als Komplikationsrisiko eine Herzinsuffizienz entwickeln. Bei einer Bluttransfusion wird als Sofortmaßnahme der Betroffene mit ausreichend roten Blutkörperchen versorgt, um die Gefahr des Herz-Kreislauf-Versagens auszuschließen.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Bei dem Verdacht auf eine akute transiente Erythroblastopenie oder ein vergleichbares Leiden sollte umgehend zum Arzt gegangen werden. Wenn Beschwerden wie Kopfschmerzen, Müdigkeit und eine generell Leistungsminderung beobachtet werden, muss dies mit einem Arzt besprochen werden. Äußerlich zeigt sich die Erkrankung unter anderem durch eine blasse Haut und Augenringe. Wenn eines dieser Symptome bemerkt wird, gilt: ab zum Arzt und die Ursache feststellen lassen.
Die Beschwerden deuten zwar nicht unbedingt auf eine akute transiente Erythroblastopenie, wohl aber auf ein Leiden, das abgeklärt und behandelt werden sollte. Bleibt eine Anämie unbehandelt, kann es im weiteren Verlauf etwa zu Kurzatmigkeit oder Herzrasen kommen. Gefährdet sind vor allem Säuglinge, die bereits bei ersten Anzeichen einer Anämie zum Kinderarzt gebracht werden sollten. Erwachsene sollten einen Arzt aufsuchen, wenn die Symptome trotz ausreichend Ruhe und guter Ernährungsweise nicht von selbst zurückgehen. Im fortgeschrittenen Stadium kann es zu Herz-Kreislauf-Beschwerden kommen, die immer von einem Notarzt behandelt werden müssen.
Behandlung & Therapie
Weil die akute transiente Erythroblastopenie normalerweise vorübergehender Natur ist, bedarf es in vielen Fällen keiner Therapie. Die spontane Regeneration der Erythropoese kann durch Einnahme von Erythropoetin, Eisen und Folsäure unterstützt und beschleunigt werden. Das Polypeptid Erythropoetin, das sich aus 165 Aminosäuren zusammensetzt, ist ein Glykoprotein-Hormon und gehört zur Gruppe der Zytokine.
Das Hormon greift steuernd in den Prozess der Erythropoese ein. Erythropoetin ist auch als Dopingmittel unter dem berüchtigten Namen EPO bekannt. Nur bei schwer verlaufender Krankheit, bei der sich die Gefahr einer Herzinsuffizienz und eines kardiogenen Schocks abzeichnet, besteht unmittelbarer Handlungsbedarf.
Aufgrund des Mangels an ausdifferenzierten Erythrozyten, der nicht ohne weiteres durch Medikamente oder sonstige Maßnahmen behoben werden kann, bleibt in diesen Fällen als effektivste Behandlungsmöglichkeit eine Bluttransfusion, die zumindest vorübergehend für die nötige Zufuhr an Erythrozyten sorgt.
Aussicht & Prognose
Durch die transiente Erythroblastopenie kommt es in den meisten Fällen direkt zu einer Blutarmut des Patienten. Dabei wirkt der Betroffene müde und abgeschlagen und nimmt nicht mehr aktiv am Leben teil. Es kommt zu starken Kopfschmerzen, die sich auch in andere Bereiche des Körpers ausbreiten können. Sollten die Schmerzen auch nachts auftreten, so kann die transiente Erythroblastopenie zu Schlafstörungen führen.
In der Regel kommt es auch zu einer verringerten Zufuhr an Sauerstoff, sodass die Extremitäten und Organe unterversorgt sind. Im schlimmsten Falle kann es dabei zum Absterben einzelner Organe oder Extremitäten kommen, wonach teils der Tod eintreten kann. Weiterhin kann es an der Leber oder der Milz zu Infektionen kommen.
Die Lebensqualität des Betroffenen wird durch die Krankheit extrem verringert. Auch die Belastbarkeit sinkt enorm, sodass der Patient gewöhnliche Tätigkeiten im Alltag oder sportliche Betätigungen nicht mehr ohne Weiteres durchführen kann. Die Behandlung erfolgt mit Hilfe von Medikamenten und kann die Beschwerden einschränken. In schwerwiegenden Fällen sind Transfusionen notwendig. Weiterhin müssen eventuell Schäden an den Organen oder Extremitäten behandelt werden.
Vorbeugung
Da die Ätiologie der akuten transienten Erythroblastopenie nicht hinreichend bekannt ist, sind direkt vorbeugende Maßnahmen, die dem Auftreten der Krankheit entgegenwirken, nicht existent. Ebenso wenig ist bekannt, ob bestimmte genetische Dispositionen zu den Risikofaktoren gehören. Da die Erkrankung meist bei Säuglingen und Kleinkindern auftritt, sind Maßnahmen, die das Immunsystem stärken, als günstig im Sinne vorbeugender Maßnahmen einzustufen.
Ob damit dem Auftreten der Krankheit effektiv vorgebeugt werden kann, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Es empfiehlt sich, bei Verdacht auf der transienten Form der Erythroblastopenie durch Differenzialdiagnostik andere Krankheiten auszuschließen, die möglicherweise eine unmittelbare Behandlung benötigen.
Nachsorge
Der Betroffene ist bei dieser Krankheit in erster Linie auf eine schnelle und vor allem auf eine frühzeitige Erkennung und Behandlung angewiesen, damit weitere Komplikationen oder Beschwerden nicht eintreten. Je früher dabei ein Mediziner aufgesucht wird, desto besser ist in der Regel auch der weitere Verlauf dieser Krankheit. Ob es durch diese Krankheit zu einer verringerten Lebenserwartung des Betroffenen kommt, kann dabei nicht universell vorhergesagt werden.
Allerdings stehen dem Betroffenen in der Regel keine besonderen Maßnahmen oder Möglichkeiten einer Nachsorge zur Verfügung, wobei eine Selbstheilung auch nicht eintreten kann. Im Vordergrund steht daher die frühzeitige Erkennung und Behandlung dieser Krankheit. Bei der Behandlung dieser Krankheit ist der Betroffene in erster Linie auf die Einnahme von verschiedenen Medikamenten angewiesen.
Dabei ist auf eine richtige Dosierung und auch auf eine regelmäßige Einnahme zu achten, um den Beschwerden entgegenzuwirken. Da es durch diese Krankheit auch zu verschiedenen Herzbeschwerden kommen kann, sollten regelmäßige Untersuchungen am Herzen durchgeführt werden. Der Betroffene sollte seinen Körper nicht unnötig schwer belasten und dabei auch auf eine gesunde Ernährung und auf eine gesunde Lebensweise achten. Unter Umständen kann dabei auch der Kontakt zu anderen Betroffenen der Krankheit sinnvoll sein.
Das können Sie selbst tun
Bei der akuten transienten Erythroblastopenie ist üblicherweise keine spezielle Behandlung erforderlich. Es sind Erwachsene, in erster Linie aber Kleinkinder betroffen. Es können neben der charakteristischen Blässe Symptome auftreten, wie Kopfschmerz, verminderte Leistungsfähigkeit und Mattigkeit. Zur Verbesserung des Wohlbefindens kann dennoch Einiges getan werden.
Frische Luft, körperliche Schonung und gemäßigte Bewegung tun gut. Überforderung und große Anstrengung ist dabei jedoch zu vermeiden. Eltern betroffener Kinder können darauf achten, dass Ruhezeiten eingehalten werden. Auch betroffenen Erwachsenen tut Ruhe gut. Gegen Kopfschmerzen können kalte Umschläge angeboten werden, in schwereren Fällen auch vom Arzt verordnete Schmerzmedikamente. Ruhige Aktivitäten, Vorlesen und das Hören von Hörspielen sind förderlich für das erkrankte Kind. Auch erwachsene Patienten vermeiden eine Überlastung durch intensive körperliche Aktivität.
Weiterhin sollte auf eine gesunde Ernährung mit frischem Obst, Gemüse, Fleisch und Fisch geachtet werden. Die Erkrankung verbessert sich regelmäßig auch ohne weiteres Zutun. Sinnvoll ist aber eine regelmäßige ärztiche Kontrolle und die Beobachtung der Symptome. Auch wenn die Erkrankung nur in Ausnahmefällen eine spezielle medizinische Therapie erfordert, ist auf Anzeichen für einen Schock oder eine mögliche Herzinsuffizienz zu achten. Liegen solche Anzeichen vor, ist der behandelnde Arzt aufzusuchen. Die akute transiente Erythroblastopenie heilt in der Regel innerhalb von zwei Wochen aus.
Quellen
- Bieber, C., Baenkler, H.-W., Arasteh, K.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
- Lehnert, H., Werdan, K.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2006
- Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013