Alveolitis sicca

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Alveolitis sicca tritt als Komplikation nach Zahnentfernungen auf. Es kommt zu einer Entzündung der Alveole. Die Alveole ist das knöcherne Zahnfach.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Alveolitis sicca?

Bei einer Alveolitis sicca entzündet sich nach einer Zahnentfernung das knöcherne Zahnfach. Die Erkrankung tritt zwei bis vier Tage nach der Zahnextraktion.

Bei einer Alveolitis sicca entzündet sich nach einer Zahnentfernung das knöcherne Zahnfach. Die Erkrankung tritt zwei bis vier Tage nach der Zahnextraktion auf und geht mit starken Schmerzen einher. Die Komplikation tritt vor allem im Bereich des Unterkiefers und vorwiegend im Kieferwinkelbereich auf. Der Knochen ist hier sehr kompakt und wenig durchblutet. So können Entzündungen schneller entstehen.

Die Alveolitis sicca wird auch als Dolor post extractionem bezeichnet. Diese Bezeichnung spiegelt das Hauptsymptom der Erkrankung wider. Dolor post extractionem bedeutet in der Übersetzung Schmerz nach Extraktion. Im medizinischen Sprachgebrauch findet sich immer häufiger auch die Bezeichnung Postextraktionssysndrom. Eine weitere Betitelung ist Ostitis alveolaris.

Ursachen

Jeder Zahn ist in der Alveole mit Fasern am Knochen befestigt. Nach dem Entfernen des Zahns entsteht hier ein knöcherner und freier Raum. Dieser füllt sich mit Blut. Der dabei entstehende Blutpfropf wird auch als Koagulum bezeichnet. Er verschließt die offene Wunde und schützt das Zahnfach vor Bakterien und anderen Erregern. Im Grunde fungiert das Koagulum als eine Art natürlicher Verband.

Nach dem Einwachsen von kleinen Blutgefäßen wird das Koagulum zu Bindegewebe umgewandelt. Ursache für die Alveolitis sicca ist ein Zerfall des Blutpfropfs. So kann der Blutpfropf durch zu starkes Mundspülen aus der Alveole entfernt werden. Eventuell sind aber auch Bakterien in die Wunde gelangt und haben den Blutpfropf entfernt. Einige Patienten reißen das Koagulum auch mit dem Aufbisstupfer aus der Wunde.

Nach besonders schwierigen Zahnextraktionen bildet sich häufig nur ein instabiles Koagulum. Auch bei einer sehr schwachen Blutung aus der Wunde kann sich kein Koagulum bilden. Eine weitere Ursache ist eine unvollständige Entfernung des Zahns oder das Zurücklassen von infiziertem Gewebe. In der Folge liegt der Knochen in der Alveole ungeschützt frei. Das umgebende Gewebe ist zusätzlich entzündet.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Der freiliegende Knochen der Alveole ruft starke Schmerzen hervor. Die Schmerzen strahlen in den gesamten Kieferbereich aus. Auch Mundgeruch kann durch die Entzündung auftreten. Im Normalfall kommt es aber weder zu einer Abszessbildung noch zu einer Vereiterung. Der Schmerz ist das einzige erkennbare Entzündungszeichen.

Er kann jedoch so stark sein, dass die Patienten nachts nicht schlafen können und sich aufgrund der Schmerzen sehr krank und abgeschlagen fühlen. Die frei verkäuflichen Schmerzmittel bringen wenig bis gar keine Besserung. Die Schmerzen können unbehandelt mehrere Wochen andauern.

Diagnose & Verlauf

Bei starken Zahnschmerzen nach einer Zahnextraktion sollte schnellstmöglich ein Zahnarzt aufgesucht werden. Bei einer Inspektion des Mundraums wird dieser eine blutleere Alveole vorfinden. Das Blutkoagulum ist nicht mehr sichtbar. Die differenzialdiagnostische Abgrenzung ist schwierig. Eventuell sind die Patienten nur besonders wehleidig und es handelt sich gar nicht um eine Alveolitis sicca.

Hinter den Schmerzen kann sich aber auch eine Knochenmarksentzündung, eine sogenannte Osteomyelitis, verbergen. Diese tritt aber zum einen nur selten nach Zahnextraktionen auf, zum anderen zeigt sich diese Entzündung meist als multipler Abszess. Auch an eine ungewollte Eröffnung der Kieferhöhle durch den Arzt muss gedacht werden. Dabei entsteht eine sogenannte Mund-Antrum-Verbindung.

Um eine solche Eröffnung der Kieferhöhle nach der Extraktion auszuschließen, wird ein Nasen-Blas-Versuch durchgeführt. Dabei soll der Patient bei zugehaltener Nase in die Nase schnauben. Der Mund bleibt geöffnet. Durch den Druckaufbau in der Nasenhöhle erhöht sich unter physiologischen Bedingungen der Druck im Rachenrauch. Die Ohren „knacken“. Das Gaumensegel dichtet den Mundraum ab, sodass in der Mundhöhle kein Druckaufbau erfolgt.

Bei einer eröffneten Kieferhöhle strömt die Luft mit hohem Druck in die Kieferhöhle und von dort über die entstandene Mund-Antrum-Verbindung in den Mund. Dabei ertönt aus der Alveole ein lautes Zisch- oder Pfeifgeräusch. In diesem Fall ist der Nasen-Blas-Versuch positiv und es muss ein dichter Verschluss erfolgen, um die entstandene Verbindung zu schließen.

Normalerweise sind die Schmerzen, die durch eine Kiefereröffnung hervorgerufen werden aber nicht so stark. Im Zweifel kann der Versuch aber auch in diesem Stadium noch nachgeholt werden.

Komplikationen

Eine Alveolitis sicca ist eine postoperative Komplikation, welche wenige Tage nach einer Zahnextraktion entsteht. Tritt das Symptom auf, sollte der Betroffene umgehend seinen Zahnarzt aufsuchen. Sobald ein Zahn entfernt wurde, bildet sich im leeren Zahnfach ein Blutgerinnsel.

Das Gerinnsel verhindert das Eindringen von Keimen, die Infektionen auslösen und trägt zur Wundheilung bei. Sobald jedoch der Blutpfropf verloren geht oder sich auflöst, liegt der Knochen frei und die Erreger dringen tief in den Kiefer. Die offene Wunde schmerzt erheblich und entzündet sich. Teilweise entsteht ein unangenehmer fauliger Geruch.

Bei den meisten Betroffenen entwickelt sich die Alveolitis sicca im Unterkiefer, insbesondere beim Entfernen der Weisheitszähne. Weitere Komplikationen sind: eine Kieferklemme, Kopfschmerzen, Gewebeverlust und Fieber. Erscheint die Wunde relativ stabil, ist dennoch Vorsicht geboten. Das Blutgerinnsel kann durch zu starkes Putzen beschädigt werden und verloren gehen.

Sofern es bereits bei der Zahnextraktion zur verminderten Blutung kommt, kein Blutgerinnsel gebildet wird und sich der Bereich rasch entzündet, entsteht eine trockene Alveole. Diese muss unter örtlicher Betäubung akkurat behandelt sowie das nekrotische Gewebe entfernt werden. Der Zahnarzt kann durch geeignete Maßnahmen und Medikamente Linderung verschaffen. Bis zur vollständigen Abheilung sollte auf Nikotin verzichtet werden, da dieser Stoff die Wundheilung negativ beeinflusst.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Bei der Alveolitis sicca treten Beschwerden an den Zähnen auf. Die Erkrankten leiden dabei an sehr starken Schmerzen, die die freiliegenden Knochen betreffen. Nicht selten breiten sich diese Schmerzen auch in andere Regionen des Körpers aus, sodass es auch im Kopf oder in den Ohren zu starken Schmerzen kommt. Die Lebensqualität des Patienten wird erheblich eingeschränkt und es kommt in der Regel zu starker Abgeschlagenheit.

Der Betroffene sollte aus diesem Grund immer sofort einen Arzt aufsuchen, wenn es zu starken Schmerzen an den Zähnen kommt, die nicht von selbst in einem kurzen Zeitraum verschwinden. Weiterhin wird durch die Schmerzen meistens auch die Nahrungszufuhr und Flüssigkeitszufuhr reduziert, sodass es zu Untergewicht oder zu Mangelerscheinungen kommen kann.

Auch eine Dehydrierung des Patienten kann durch die Alveolitis sicca auftreten. Weiterhin leiden die Betroffenen an Mundgeruch und an starken Entzündungen. Die Schmerzen können dabei nachts zu Schlafbeschwerden führen. In der Regel können sie mit Hilfe von Schmerzmitteln nicht eingeschränkt werden. Auch bei diesen Beschwerden ist ein Besuch beim Arzt sinnvoll.

Behandlung & Therapie

Die Behandlung der Alveolitis sicca erfolgt chirurgisch. Unter lokaler Betäubung werden Nekrosen beseitigt und so frische Wundflächen geschaffen. Die Reste des zerfallenen Koagulums werden ausgeräumt und die Alveole wird ausgekratzt. Dieser schmerzhafte Vorgang wird mit einem scharfen Löffel durchgeführt und als Exkochleation bezeichnet.

Anschließend wird eine Tamponade eingelegt. Diese ist mit schmerzstillenden und desinfizierenden Arzneimitteln getränkt und muss bis zur kompletten Ausheilung in regelmäßigen Abständen vom behandelnden Zahnarzt gewechselt werden. Nur so kann einer weiteren Infektion der Alveole vorgebeugt werden. Alternativ kann der Zahnarzt eine resorbierbare Paste mit einer dünnen Kanüle in die Alveole spritzen.

In leichteren Fällen ist eine vorsichtige Reinigung und Spülung des Wundgebiets ausreichend. Dabei ist keine lokale Betäubung erforderlich. Auch bereits abklingende Entzündungen werden nicht mehr ausgeräumt. Die normale Wundheilung hat hier bereits eingesetzt. Eine Behandlung würde die Heilung verzögern.

Die Wundheilung nach einer Alveolitis sicca kann sich über mehrere Wochen hinziehen. In dieser Zeit überwächst der Knochen mit Schleimhaut und wird dadurch deutlich reizunempfindlicher. Die akuten Beschwerden klingen unter der medikamentösen Behandlung schon nach wenigen Tagen ab.

Aussicht & Prognose

In der Regel kommt es durch die Alveolitis sicca zu starken Beschwerden und Entzündungen im Mundraum. Die Betroffenen leiden dabei in erster Linie an sehr starken Schmerzen. Diese Schmerzen können sich dabei auch in andere Areale des Körpers ausbreiten. Nicht selten kommt es dabei auch zu Ruheschmerzen, sodass die Betroffenen an Schlafbeschwerden leiden können. Weiterhin ist auch die Einnahme von Flüssigkeit und Nahrung eingeschränkt, sodass es zu Untergewicht oder zu anderen Mangelerscheinungen kommen kann.

Die Lebensqualität des Betroffenen wird durch die Alveolitis sicca deutlich eingeschränkt und verringert. Ebenfalls äußert sich die Krankheit durch einen starken und unangenehmen Mundgeruch, der sich negativ auf soziale Kontakte auswirken und zu psychischen Beschwerden führen kann. Es kommt weiterhin auch zu einem allgemeinen Krankheitsgefühl und zu einer Abgeschlagenheit. Oft können die Schmerzen der Alveolitis sicca nicht durch gewöhnliche Schmerzmittel gelindert werden.

Die Behandlung der Alveolitis sicca erfolgt durch einen operativen Eingriff. Dieser muss in der Regel einige Male wiederholt werden, bis die Entzündung vollständig verheilt ist. Meistens kommt es danach nicht zu weiteren Beschwerden oder Schmerzen.


Vorbeugung

Als effektive Präventionsmaßnahmen haben sich Antibiotikagaben und lokale Spülungen mit Chlorhexidin erwiesen. Die prophylaktische Behandlung mit Diclofenac, Ibuprofen oder Antifibrinolytika ist hingegen nicht effektiv.

Nachsorge

In den meisten Fällen ist bei der Alveolitis sicca keine direkte Nachsorge möglich oder notwendig. Betroffene sind in erster Linie auf eine medizinische Behandlung angewiesen, um die Entzündung zu stoppen und weitere Komplikationen zu vermeiden. Wird die Alveolitis sicca früh erkannt und behandelt, kommt es zu keinen weiteren Kompilationen und in der Regel auch zu einer vollständigen Heilung dieser Beschwerde.

Die Behandlung der Alveolitis sicca erfolgt direkt durch einen Zahnarzt und verläuft in der Regel ohne Komplikationen. Weiterhin ist der Patient nach dem Eingriff auf die Einnahme von Schmerzmitteln und Antibiotika angewiesen, um weitere Entzündungen zu vermeiden. Dabei ist auf eine regelmäßige Einnahme der Medikamente und auf mögliche Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln zu achten.

Betroffene sollten bei der Einnahme von Antibiotika keinen Alkohol trinken, da dieser die Wirkung schwächen kann. Es kommt weiterhin zu einem positiven Krankheitsverlauf. Um das erneute Auftreten der Alveolitis sicca zu vermeiden, sollten Betroffene ihre Zähne pflegen und die gewöhnlichen Maßnahmen der Hygiene beachten. Die Lebenserwartung des Patienten wird durch die Alveolitis sicca nicht negativ beeinflusst.

Das können Sie selbst tun

Bei Beschwerden nach der Entfernung eines Zahnes muss unbedingt ein Zahnarzt aufgesucht werden. Keinesfalls sollten Betroffene versuchen, die Alveolitis sicca alleine zu therapieren.

Die Patienten können aber dazu beitragen, den Krankheitsverlauf günstig zu beeinflussen oder am besten gleich vorbeugen. Der häufigste Grund für einen Zahnverlust ist Karies, die durch mangelnde Mundhygiene verursacht wird. Wer unter Karies leidet, sollte seine Zähne, sofern irgend möglich, nach jeder Mahlzeit putzen. Besonders wichtig ist eine Zahnreinigung nach dem Verzehr klebriger Süßigkeiten.

Dazu zählen auch an sich gesunde Lebensmittel wie Bananen. Einmal-Zahnbürsten aus der Apotheke oder dem medizinischen Fachhandel erleichtern die Zahnpflege außer Haus. Stark säurehaltige Lebens- und Genussmittel wie saures Obst, Obstsäfte oder säurehaltige Erfrischungsgetränke sollten ebenso wie Süßspeisen gemieden werden.

Nach einer Zahnextraktion ist bei der täglichen Zahnpflege darauf zu achten, dass das Blutkoagulum (der Blutpfrofen, der die Wunde verschließt) nicht durch die Zahnbürste verletzt oder zerstört wird. Auch der Konsum alkoholischer Getränke kann die Wundheilung beeinträchtigen. Die Betroffenen sollten die diesbezüglichen Anweisungen des behandelnden Zahnarztes strikt befolgen.

Kommt es dennoch zu einer Entzündung, helfen regelmäßige Mundspülungen mit Antiseptika, die rezeptfrei in der Apotheke erhältlich sind. Viele Patienten reagieren auch positiv auf Spülungen mit Salbeitee.

Quellen

  • Gängler, P., et al.: Konservierende Zahnheilkunde und Parodontologie. Thieme, Stuttgart 2010
  • Herold, G.: Innere Medizin. Eigenverlag, Köln 2015
  • Weber, T.: Memorix Zahnmedizin. Thieme, Stuttgart 2009

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