Aplastische Krise

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 26. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die aplastische Krise bezeichnet einen Zustand drastischer Verschlechterung bei der Bildung von roten Blutkörperchen (Erythrozyten) im Rahmen einer hämolytischen Anämie. Ursache dieser Krise ist meist das Zusammentreffen von chronischer hämolytischer Anämie mit einer Ringelrötelinfektion. Nur durch eine Bluttransfusion kann dieser kritische Zustand überwunden werden.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine aplastische Krise?

Die Ursache für eine aplastische Krise ist immer eine Infektion mit Viren, die die Produktion der Erythrozyten direkt hemmen.
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Die aplastische Krise stellt eine seltene Komplikation bestimmter Virusinfektionen dar. Besonders das Virus, welches für die Ringelröteln verantwortlich ist, löst unter bestimmten Bedingungen eine aplastische Krise aus. Es handelt sich hier um den Parvovirus B19. Voraussetzung für diese Krise ist jedoch neben der Virusinfektion noch eine chronische hämolytische Anämie.

Im Rahmen einer hämolytischen Anämie kommt es zu einem schnellen Abbau der roten Blutkörperchen (Hämolyse) durch verschiedene Ursachen. Die für die Auslösung der aplastischen Krise schließlich verantwortlichen Viren verhindern zusätzlich die Bildung neuer Blutkörperchen aus den Stammzellen des Knochenmarks. Als Resultat droht dem Körper kurzfristig der Abbau sämtlicher Erythrozyten ohne deren Neubildung.

Die krisenhafte Reduzierung der Erythrozyten ist lebensbedrohlich, weil die Sauerstoffversorgung des Organismus dadurch hochgradig gefährdet ist. Dabei ist die Prognose abhängig von der Stärke des Mangels an Erythrozyten. Das Wort "aplastisch" bedeutet fehlend oder nicht vorhanden. Daraus leitet sich der Begriff "aplastische Krise" her, welche allgemein durch die plötzliche Reduzierung der roten Blutkörperchen bei einer bereits vorhandenen chronischen hämolytischen Anämie gekennzeichnet ist.

Ursachen

Die Ursache für eine aplastische Krise ist immer eine Infektion mit Viren, die die Produktion der Erythrozyten direkt hemmen. Meist handelt es sich dabei um den Parvovirus B19. Eine weitere Voraussetzung ist, wie bereits erwähnt, das Vorhandensein einer chronischen hämolytischen Anämie. Parvovirus B19 löst die normalerweise harmlose Ringelrötelinfektion aus.

Da bei einer Infektion mit Parvovirus B19 eine lebenslange Immunität entsteht, sind bevorzugt Kinder betroffen, denn bei Kindern ist die Ansteckungsrate groß. Als Erwachsene sind sie dann immun. Aber auch Erwachsene können sich noch mit diesem Virus anstecken, die als Kinder nicht an Ringelröteln erkrankt waren.

Das Virus selber infiziert die Vorläuferzellen der Erythrozyten und stört dabei die Umwandlung dieser Stammzellen zu reifen roten Blutkörperchen. Damit ist eine Infektion mit Parvovirus B19 mit einer vorübergehenden Anämie verbunden, weil sich in der Zeit, in welcher sich keine Erythrozyten bilden, immer auch ausgereifte Erythrozyten absterben. Das ist ein normaler Prozess, der ständig stattfindet. Zur Gefahr wird das Virus erst bei Personen, die bereits an chronischer hämolytischer Anämie leiden.

Bei der hämolytischen Anämie findet von vornherein ein verstärkter Abbau der roten Blutkörperchen statt. Treffen beide Prozesse zusammen auf, kann ein gefährlicher Mangel an Erythrozyten entstehen, der oft tödlich verläuft. Eine alleinige Infektion mit dem Ringelrötelvirus verursacht in der Regel keine schwere Anämie. Bevor hier der normale Abbau der Erythrozyten zu einem bedrohlichen Erythrozytenmangel führt, befindet sich die Infektion bereits im Abklingen und die Produktion an roten Blutkörperchen startet erneut.

Eine chronische hämolytische Anämie kann wiederum viele Ursachen haben. Oft handelt es sich um genetisch bedingte Blutkrankheiten wie Sichelzellanämie, Kugelzellanämie, Thalassämie, Paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie oder Glucose-6-Phosphatdehydrogenase-Mangel (Favismus). Aber auch Autoimmunkrankheiten, bei denen sich das Immunsystem gegen die körpereigenen Erythrozyten richtet, können eine hämolytische Anämie auslösen.

Sonstige Ursachen können Medikamentenvergiftung oder weitere seltene Erkrankungen sein. Die aplastische Krise ist damit sowohl eine mögliche Komplikation der Infektion mit Parvovirus B19 als auch eine der chronischen hämolytischen Anämie, die nur eintritt, wenn beide Bedingungen gleichzeitig vorliegen.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Im Allgemeinen verläuft eine Ringelrötelinfektion entweder symptomlos oder zeigt grippeähnliche Erscheinung ohne Hautausschlag beziehungsweise nur Hautausschlag ohne weitere gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Bei Personen mit einer chronischen hämolytischen Anämie verläuft die Infektion ohne Hautausschlag.

Dafür treten schnell die Symptome einer aplastischen Krise auf. Der Patient wird schnell blass und zunehmend müde. Weitere Symptome sind Fieber, Kopfschmerzen, Bauchschmerzen oder Erbrechen. Ohne Behandlung kommt es zu schwerem Sauerstoffmangel mit der Gefahr des Herz-Kreislauf-Kollapses.

Diagnose & Verlauf

Die Diagnose einer aplastischen Krise erfolgt zunächst auf der Basis der auftretenden Symptome im Rahmen einer Ringelrötelinfektion. Meist ist auch die hämolytische Anämie bereits bekannt. Kommt es noch zu einer Infektion mit Parvovirus B19, kann die Diagnose der aplastischen Krise bereits bei Auftreten der typischen Symptome gestellt werden. In Laboruntersuchungen wird ein starker Abfall der Hämoglobinkonzentration auf 3 bis 4 g/dl innerhalb weniger Tage festgestellt.

Retikulozyten fehlen fast vollständig. Das sind noch junge unreife Erythrozyten, die sich gerade aus deren Vorläuferzellen gebildet haben müssten. Dieses Fehlen deutet darauf hin, dass die Bildung von Erythrozyten gerade nicht stattfindet. Seltener ist die Konzentration der Thrombozyten (Blutplättchen) und neutrophilen Granulozyten (weiße Blutkörperchen) vermindert.

Komplikationen

Die aplastische Krise setzt eine chronische hämolytische Anämie voraus und entsteht durch die rasante Verschlechterung bei der Bildung roter Blutkörperchen. Das Symptom geht mit einer Virusinfektion einher und stellt für den Betroffenen eine Extremsituation dar. Die aplastische Krise betrifft in erster Linie Kinder jeden Alters.

Das Symptom kann aber auch bei Erwachsenen, welche keine Immunität insbesondere gegen Ringelröteln besitzen, ausbrechen. Auslöser der Krise sind Viren, welche direkt auf die Stammzellen des Knochenmarks greifen und von dort die gesamte Blutkörperchenbildung unterbinden. Der lebensbedrohliche Zustand gefährdet die Sauerstoffversorgung des Organismus. Die Komplikationsfolgen sind fatal und können bei nicht rechtzeitig eingreifender medizinischer Hilfe zum Tod führen.

In der Regel zeichnet sich das Symptom mit Blässe, Müdigkeit, Bauschmerzen, Erbrechen und Kopfschmerzen einhergehend mit Fieber ab. Bei Kindern, die CDA-Betroffen sind, ist der Ausbruch einer aplastischen Krise besonders gefährlich. Der spontane Abfall an hochkonzentriertem roten Blutfarbstoff setzt eine umgehende Blutarmut in Gang.

Es kommt zum Herz-Kreislauf-Versagen. Eltern, welche die Krankheitsanzeichen nicht erkennen oder falsch deuten, bringen das Kind in Lebensgefahr. Es gehört sofort auf die Notfallstation, wo eine Bluttransfusion eingeleitet wird. Die Transfusion ist komplikationslos und unterstützt den geschwächten Körper bei der Virus-Bekämpfung. CDA-Patienten sollten stets den Kontakt mit virös erkrankten Personen meiden.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Bei dem Verdacht auf eine aplastische Krise sollte sofort ein Arzt konsultiert werden. Wenn die typischen Krankheitszeichen (grippeähnliche Symptome, Bauchschmerzen, Fieber) bemerkt werden, empfiehlt sich zur weiteren Abklärung ein Arztbesuch. Eine medizinische Diagnose der Grunderkrankung ist alleine aus Gründen der Ansteckungsgefahr sinnvoll. Deshalb sollte bei Anzeichen einer aplastischen Krise in jedem Fall mit dem Haus- oder Kinderarzt gesprochen werden.

Ein konkreter Verdacht, etwa wenn die Symptome unmittelbar im Zusammenhang mit einer Vireninfektion, Medikamentenmissbrauch oder einer längeren Krankengeschichte stehen, bedarf einer sofortigen medizinischen Abklärung. Sollten sich starke Beschwerden wie Blässe, Müdigkeit, starke Übelkeit oder Erbrechen zeigen, muss sofort ein Rettungsdienst gerufen werden. Säuglinge und Kleinkinder sollten bei Anzeichen einer aplastischen Krise umgehend in die nächstgelegene Notfallambulanz gebracht werden. Dies empfiehlt sich insbesondere bei Vorerkrankungen des Immunsystems oder des Herz-Kreislauf-Systems. Bei einem Kreislaufkollaps oder Herzversagen müssen zudem Erste-Hilfe-Maßnahmen ergriffen werden. Beim Eintreffen des Rettungsdienstes muss dieser über die mögliche Ursache informiert werden.

Behandlung & Therapie

Die aplastische Krise stellt einen schweren Notfall dar, welcher sofortiger Behandlung bedarf, um ein lebensbedrohliches Sauerstoffdefizit abzuwenden. Dabei muss in dieser Situation zur Vermeidung eines Herz-Kreislauf-Versagens dringend eine Bluttransfusion durchgeführt werden. Mit der Bluttransfusion kann die Zeit bis zur vollständigen Bekämpfung des Virus überbrückt werden.

Aussicht & Prognose

Die aplastische Krise stellt eine Notfallsituation dar. Ohne eine ärztliche Sofortversorgung droht dem Patienten das schnelle Ableben. Der Körper hat aus eigener Kraft in der Situation keine Möglichkeit, um sich selbst zu helfen oder zu heilen. Je länger eine intensivmedizinische Versorgung ausbleibt, desto höher ist das Sterberisiko des Betroffenen. Mit einer schnellen und professionellen Behandlung ändern sich die Prognoseaussichten erheblich.

Bei einem erwachsenen Menschen ohne weitere schwerwiegende Erkrankungen und mit einem grundsätzlich stabilen Immunsystem, ist eine vollständige Genesung innerhalb weniger Tage oder Wochen gegeben. Da die Krise jedoch meist durch einen medizinischen Vorfall oder eine Erkrankung ausgelöst wird, ist die Grunderkrankung maßgeblich für eine Heilungsaussicht verantwortlich. Leidet der Patient unter einer aplastische Anamnie, besteht ein hohes Sterberisiko.

Auch wenn die aplastische Krise überwunden werden kann, kann es im weiteren Verlauf zu Komplikationen kommen, die den Verlust des Lebens zur Folge haben. Bei einem einmaligen Vorfall des Mangels an roten Blutkörperchen, verbessert sich die Prognose immens. Die aplastische Krise wird häufig durch einen Virusbefall ausgelöst. Sobald der auslösende Virus diagnostiziert und behandelt werden kann, befindet sich der Patient auf dem Weg der gesundheitlichen Verbesserung. Im Normalfall wird eine Genesung innerhalb der kommenden Wochen oder Monate erzielt.


Vorbeugung

Den Personen mit einer chronischen hämolytischen Anämie wird dringend geraten, sich vor einer Ansteckung mit dem Parvovirus B19 zu schützen, um keine anaplastische Krise zu erleiden. Gefährdete Kinder sollten beispielsweise den Kontakt mit erkrankten Kindern dringend meiden, indem sie zu Hause bleiben, wenn in Schule oder Kindergarten Erkrankungsfälle von Ringelröteln auftreten. Sollte jedoch trotzdem ein Kontakt stattgefunden haben, ist es erforderlich, sofort einen Arzt zu konsultieren.

Nachsorge

Kinder, die an einer aplastischen Krise auf Grund einer Infektion mit dem Parvovirus B19 leiden, sind anschließend ein Leben lang immun. Bei ihnen kann daher die Nachsorge nicht darauf zielen, erneute Beschwerden zu verhindern. Dieses bedeutet aber nicht, dass keine Nachkontrollen notwendig werden.

Da das Immunsystem auch einige Wochen nach einer Erkrankung geschwächt ist, schließt sich nach der Entlassung aus der Klinik eine Reihe an Blutuntersuchungen an. Manchmal betrifft die aplastische Krise auch Erwachsene. Sie haben keine Immunität ausgebildet und können sich daher immer wieder anstecken. Eine Bluttransfusion ist bei ihnen unmittelbar nach dem Auftreten der typischen Beschwerden angezeigt.

Patienten tragen im Alltag ein hohes Maß an Eigenverantwortung, um eine Ansteckung zu verhindern. Andere erkrankte Personen sollte man meiden. Wenn Viruserkrankungen grassieren, sollten Betroffene lieber zu Hause bleiben. Nach einer aplastischen Krise verhindern Ruhe und ein gesunder Lebensstil Komplikationen.

Grundsätzlich hängt das Ausmaß der Nachsorge von der Grunderkrankung ab. Eine aplastische Krise stellt schließlich die Verschärfung einer ungünstigen Ausgangssituation dar. Um lebensbedrohliche Konsequenzen zu verhindern, ist bei einem akuten Auftreten sofort der Notarzt zu kontaktieren. In einigen Fällen besteht ein hohes Sterberisiko.

Das können Sie selbst tun

Eine Aplastische Krise ist für die betroffenen Patienten ein lebensbedrohlicher Zustand, bei dem Maßnahmen zur Selbsthilfe im Hintergrund stehen. Die Krankheit bedarf der notärztlichen Behandlung und führt bei einer ausbleibenden rechtzeitigen Therapie mitunter zum Tod der überwiegend kindlichen Patienten. So sind es meist die Eltern, die einen wesentlichen Beitrag zu den Heilungsaussichten der Krankheit beitragen, indem sie ihrem Kind schnellstens eine angemessene medizinische Versorgung zukommen lassen.

Die Patienten befinden sich während der Therapie der akuten Symptome meist in einem Krankenhaus, wo die Eltern bestenfalls anwesend sind. Dadurch erfährt das Kind seelischen Beistand und mit den Sorgeberechtigten abzusprechende Behandlungsschritte lassen sich schneller ausführen.

Bei der vorliegenden Erkrankung ist üblicherweise eine Bluttransfusion vonnöten, sodass sich die Patienten vorübergehend in intensivmedizinischer Betreuung befinden. Die Betroffenen folgen den Anordnungen der Krankenhausmitarbeiter und vermeiden den Kontakt zu anderen Personen, um im eigenen Interesse die Gefahr von Ansteckungen mit weiteren Krankheiten zu verringern.

Nach überstandener Erkrankung sind weitere ärztliche Nachkontrollen notwendig, um etwaige Folgeschäden rasch zu erkennen. Einige Wochen nach der Genesung ist das Immunsystem der Patienten noch geschwächt, sodass sie auf ausgiebigen Sport und sonstige Belastungen verzichten. Ein gesunder Ernährungsstil unterstützt die körperliche Regeneration.

Quellen

  • Braun, J., Dormann, A .J.: Klinikleitfaden Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2013
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Schänzler, N., Bieger, W.P.: Laborwerte. Gräfe und Unzer, München 2009

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