Bence-Jones-Proteinurie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Als Bence-Jones-Proteinurie wird das Vorhandensein von leichtkettigen nierentoxischen Paraproteinen, den Bence-Jones-Proteinen, im Urin bezeichnet. Diese funktionslosen Leichtkettenproteine stellen Bruchstücke von Antikörpern dar, die von B-Lymphozyten gebildet werden. Ihr verstärktes Auftreten deutet oft auf eine maligne Vermehrung von B-Lymphozyten hin.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Bence-Jones-Proteinurie?

Bei der Bence-Jones-Proteinurie kommt es im Knochenmark zur verstärkten Bildung von monoklonalen B-Lymphozyten. In der Folge werden monoklonale Antikörper und Leichtkettenproteine (Teile der Immunglobuline) gebildet.
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Bei der Bence-Jones-Proteinurie werden sogenannte Bence-Jones-Proteine im Harn ausgeschieden. Die Bence-Jones-Proteine stellen Leichtkettenproteine dar, die sich aus Antikörpern ableiten. Besonders bei Krebserkrankungen des blutbildenden Systems werden sie gebildet. Ihr Vorhandensein im Urin kann somit auf eine bösartige Vermehrung von Lymphozyten hindeuten.

Aber auch bei einer gutartigen Vermehrung von Lymphozyten während einer Infektion können sich vermehrt Bence-Jones-Proteine bilden. Die Bence-Jones-Proteine wurden erstmalig im Jahre 1848 von dem englischen Arzt Henry Bence Jones beschrieben. Er erkannte auch einen Zusammenhang zwischen dem Auftreten dieser Proteine und dem multiplen Myelom.

So gilt die Bence-Jones-Proteinurie hierfür sogar als eindeutig kennzeichnend. Es handelt sich bei der Bence-Jones-Proteinurie nicht um eine eigenständige Erkrankung, sondern um ein Symptom bei Lymphomen, beim multiplen Myelom, bei Morbus Waldenström sowie bei vorübergehender verstärkter Bildung von Lymphozyten.

Allerdings sind die Bence-Jones-Proteine selber nierentoxisch und können bei chronischer Einwirkung zu Niereninsuffizienz führen. Die Nierentoxizität resultiert aus der Eigenschaft des Proteins, Ablagerungen in den glomerulären Kapillaren oder den distalen Nierentubuli zu bilden. Dadurch kommt es langfristig zur Schädigung der Nieren und zum Nierenversagen.

Ursachen

Als Ursachen für eine Bence-Jones-Proteinurie kommen multiple Myelome, Morbus Waldenström, verschiedene Lymphome, vorübergehende verstärkte Bildung von Immunglobulinen bei Infektionen oder eine monoklonale Gammopathie unklarer Signifikanz (MGUS) infrage. Ein multiples Myelom ist eine Krebserkrankung innerhalb des blutbildenden Systems.

Dabei kommt es im Knochenmark zur verstärkten Bildung von monoklonalen B-Lymphozyten. In der Folge werden monoklonale Antikörper und Leichtkettenproteine (Teile der Immunglobuline) gebildet. Die Leichtkettenproteine oder auch Bence-Jones-Proteine sind funktionslos und werden über den Urin ausgeschieden. Das multiple Myelom wiederum ist keine einheitliche Erkrankung.

Es geht immer von einer einzelnen entarteten Zelle aus, die infolge ihrer ungehemmten Vermehrung die anderen Zellen des blutbildenden Systems verdrängt. Auch andere Lymphome und der Morbus Waldenström können zur Bildung von Bence-Jones-Proteinen führen. Bei diesen Erkrankungen handelt es sich ebenfalls um eine maligne Vermehrung von Lymphozyten. Der Morbus Waldenström besitzt Ähnlichkeit mit einem multiplen Myelom. Allerdings ist hier der Krankheitsverlauf wesentlich langsamer.

Eine Bence-Jones-Proteinurie kann aber auch bei einer monoklonalen Gammopathie unklarer Signifikanz (MGUS) auftreten. Die MGUS ist in einigen wenigen Fällen Vorläufer der oben genannten Krebserkrankungen. Der Begriff Gammopathie bezieht sich auf die Gamma-Fraktion beim Nachweis der Bence-Jones-Proteine im Rahmen der Serumeiweißelektrophorese. Eine vorübergehende Gammopathie kann aber auch infolge verstärkter Immunreaktionen bei Infektionskrankheiten auftreten.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Das Hauptsymptom einer Bence-Jones-Proteinurie besteht im vermehrten Auftreten von Leichtkettenproteinen im Urin. Die anderen Symptome werden zum einen von der zugrunde liegenden Erkrankung und zum Anderen von den Folgeschäden an den Nieren durch den Einfluss der Leichtketten bestimmt. Bei einer einfachen monoklonalen Gammopathie unklarer Signifikanz ist es auch möglich, dass keine weiteren Symptome auftreten.

Beim multiplen Myelom treten Knochenschmerzen, Abbau von Knochensubstanz, Schulterschmerzen, Rückenschmerzen, Müdigkeit, Leistungsabfall, Infektanfälligkeit sowie Fieber, Gewichtsverlust und Nachtschweiß auf. Ähnliche Beschwerden werden auch bei den übrigen Lymphomen und bei Morbus Waldenström beobachtet.

Bei Morbus Waldenström erscheinen jahrelang oft überhaupt keine Symptome. Die Schädigung der Nieren in fortgeschrittenen Stadien der Erkrankung kann unbehandelt zu Harnvergiftung mit Übelkeit, Erbrechen, Blutungsneigung und Bewusstseinsstörungen bis zum Koma führen.

Diagnose & Verlauf

Die Bence-Jones-Proteinurie kann mit labortechnischen Verfahren wie der SDS-Polyacrylamidgel-Gradientenelektrophorese (SDS-PAGE) oder der Immunelektrophorese nachgewiesen werden. Mithilfe dieser Methoden ist nur eine qualitative Bestimmung der Leichtkettenproteine möglich. Quantitativ sind die Bence-Jones-Proteine durch eine Nephelometrie bestimmbar. Bei der Nephelometrie wird durch Lichtdurchgang durch eine Küvette mit einer eingetrübten Flüssigkeit die Konzentration der ausgefallenen Teilchen gemessen.

Komplikationen

Eine Bence-Jones-Proteinurie entsteht vor allem im Rahmen eines multiplen Myeloms bzw Plasmozytoms. Bei dieser Tumorerkrankung kommt es zu einer starken Auszehrung des Knochens, so dass dieser leichter brechen und trümmern kann. Dabei sind insbesondere auch die Wirbelkörper betroffen, wichtige Nervenbahnen können dadurch gefährdet werden.

Durch die Erkrankung werden vom Körper nicht mehr genügend wichtige Antikörper hergestellt, die für die Abwehr von Krankheitserregern zuständig sind. Dadurch wird der Körper anfälliger gegenüber Infektionen, die sogar tödlich verlaufen können. Da der Tumor auch im Bereich des Knochenmarks wächst, wird dieses verdrängt und es kann ein Mangel wichtiger Blutzellen vorliegen wie zum Beispiel der Blutplättchen (Thrombozyten), die für die Gerinnung zuständig sind.

Dadurch wird die Blutungszeit bei Betroffenen verlängert. Auch die Therapie kann schwerwiegende Komplikationen hervorrufen, da die angewandten Chemotherapeutika nicht von Krebs- und gesunden Zellen unterscheiden können und somit beide schädigt. In Folge einer extrem hohen Ausscheidung von Bence-Jones-Proteinen kann es zu einem Nierenversagen (Niereninsuffizienz) kommen.

Die Niere kann ihren Tätigkeiten nicht mehr nachkommen und von der Niere auszuscheidende Stoffe verbleiben in hoher Konzentration im Körper, so dass eine Blutvergiftung entstehen kann (Urämie). Dieses kann in ein Koma und schließlich auch zum Tode des Patienten führen. Auch eine Anämie infolge des Nierenversagens ist durchaus denkbar, da von der Niere produzierte Hormone für die Blutbildung fehlen.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

In den meisten Fällen sind die Symptome und Beschwerden der Bence-Jones-Proteinurie nicht besonders charakteristisch und deuten daher auch nicht direkt auf die Krankheit hin. Aus diesem Grund sollte ein Arzt dann aufgesucht werden, wenn die Beschwerden dieser Krankheit über einen längeren Zeitraum anhalten. Vor allem bei andauernden Knochenschmerzen oder Rückenschmerzen sollte ein Arzt aufgesucht werden.

Auch Müdigkeit und Leistungsabfall können auf die Bence-Jones-Proteinurie hindeuten und sollten daher von einem Arzt untersucht werden. Die meisten Betroffenen leiden durch die Krankheit weiterhin auch an Fieber und an plötzlichem Gewichtsverlust. Auch eine erhöhte Anfälligkeit für verschiedene Infekte und Entzündungen muss von einem Mediziner untersucht werden, um die Krankheit möglicherweise zu diagnostizieren.

In der Regel kann bei der Bence-Jones-Proteinurie der Allgemeinarzt aufgesucht werden. Dieser kann die Krankheit feststellen. Die weitere Behandlung wird durch andere Spezialisten durchgeführt. Je früher die Krankheit diagnostiziert wird, desto höher ist die Lebenserwartung des Betroffenen.

Behandlung & Therapie

Die Behandlung der Bence-Jones-Proteinurie richtet sich hauptsächlich nach der zugrunde liegenden Erkrankung. In manchen Fällen ist überhaupt keine Therapie notwendig. Das gilt unter anderem bei der monoklonalen Gammopathie unklarer Signifikanz (MGUS). Die MGUS wird auch nicht als Krankheit definiert. Oft ist die Konzentration der gebildeten Leichtkettenproteine hierbei so gering, dass keine weiteren Beeinträchtigungen resultieren.

Allerdings sollten bei Vorliegen einer MGUS regelmäßige ärztliche Kontrollen stattfinden. In circa ein bis anderthalb Prozent aller monoklonalen Gammopathien unklarer Signifikanz kann es zu multiplen Myelomen oder anderen Lymphomen kommen. Das multiple Myelom wird palliativ durch Chemotherapie mit verschiedenen Chemotherapeutika behandelt. Eine kurative Therapie ist mithilfe der Knochenmarktransplantation möglich.

Allerdings eignen sich nicht alle Formen dieser Erkrankung für eine Stammzelltransplantation aus dem Knochenmark. Der Knochenabbau wird mit der Gabe von Biphosphonaten verlangsamt. Infektionen sollten sofort mit Antibiotika und gegebenenfalls mit einer Verabreichung von Immunglobulinen behandelt werden.

Bei schweren Nierenschäden ist eine regelmäßige Dialyse notwendig. Der Morbus Waldenström wird medikamentös behandelt. Es handelt sich in der Regel um eine palliative Behandlung, um den Krankheitsverlauf zu verzögern. Die medikamentöse Therapie ermöglicht es oft, die Überlebenszeit sogar um Jahrzehnte zu verlängern.

Aussicht & Prognose

Die Bence-Jones-Proteinurie hat eine ungünstige Prognose. In vielen Fällen ist aufgrund des bereits stark geschwächten Immunsystems des Patienten keine Behandlung mehr notwendig. Die Krankheit entwickelt sich als Folgeerscheinung einer bereits bestehenden Tumorerkrankung. Die Behandlung des Krebses hat gleichzeitig Auswirkungen auf die Bekämpfung der Bence-Jones-Proteinurie.

Die Therapie ist dennoch sehr aufwändig für den Organismus und mit zahlreichen Komplikationen verbunden. Häufig genügen die noch vorhandenen natürlichen Ressourcen des Patienten nicht aus, um eine Behandlung einzuleiten. Dennoch ist eine medizinische Versorgung derzeit die einzige Möglichkeit einer Verbesserung des Gesundheitszustandes.

Mit alternativen Methoden oder den Selbstheilungskräften des Körpers findet keine Genesung statt. Es droht das Ableben des Patienten. Der Organismus verfügt bei dem Eintreten der Erkrankung bereits über eine sehr geringe Abwehrfunktion. Die Antikörper werden aufgrund der vorliegenden Krebserkrankung nicht mehr in einem ausreichenden Maß selbständig produziert.

Für eine Heilung der vorliegenden Grunderkrankung sowie der Bence-Jones-Proteinurie muss in den meisten Fällen eine Knochenmarktransplantation durchgeführt werden. Gelingt diese Behandlung, steigen die Heilungsaussichten des Patienten. Dennoch bleibt die Sterberate sehr hoch. Zusätzlich kann es zu einer Wiederkehr der Tumorerkrankung kommen oder weitere Metastasen haben sich im Körper gebildet. In vielen Fällen kommt es zu dauerhaften und irreparablen Nierenschäden.


Vorbeugung

Zur Vorbeugung der Bence-Jones-Proteinurie können keine konkreten Empfehlungen gegeben werden. Als Risikofaktoren für ein multiples Myelom gelten Umwelteinflüsse wie ionisierende Strahlung, der Kontakt mit Herbiziden oder auch die entsprechende genetische Veranlagung. Allgemein kann jedoch eine gesunde Lebensweise das Krebsrisiko senken. Bei einer vorliegenden MGUS sollte eine regelmäßige ärztliche Kontrolle erfolgen.

Das können Sie selbst tun

Die Bence-Jones-Proteinurie muss nicht zwingend behandelt werden. Die Therapie konzentriert sich darauf, die zugrundeliegende Monoklonale Gammopathie zu lindern. Dennoch sind Begleitmaßnahmen sinnvoll. Der Patient sollte zunächst Maßnahmen ergreifen, um die Nierentätigkeit zu fördern. Dazu zählt die reichliche Aufnahme von Flüssigkeit ebenso wie eine gesunde und ausgewogene Ernährung. Alkohol, Koffein und andere Stoffe, die die Nieren belasten, gilt es zu vermeiden.

Bei einem schweren Verlauf ist eine kurative Therapie angezeigt. In Rücksprache mit dem Arzt kann es beispielsweise sinnvoll sein, eine palliative Therapie einzuleiten. Dazu zählt zum Beispiel Schonung. In den späteren Stadien der ursächlichen Erkrankung ist unter Umständen ein Aufenthalt in einer Fachklinik oder in einem Pflegeheim notwendig. Da die Bence-Jones-Proteinurie oft auf eine Strahlen- oder Chemotherapie zurückzuführen ist, lässt sich ein erneutes Auftreten oder sogar eine Verstärkung der vorhandenen Beschwerden durch eine erneute Behandlung nicht gänzlich ausschließen.

Der Arzt kann jedoch alternative Behandlungsmöglichkeiten in Erwägung ziehen. So kann eine Strahlentherapie in einigen Fällen durch eine operative Entfernung eines Tumors ersetzt werden. Die Patienten sollten sich an den zuständigen Arzt wenden und mit diesem weitere Schritte besprechen.

Quellen

  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Keller, C.K., Geberth, S.K.: Praxis der Nephrologie. Springer, Berlin 2010
  • Lehnert, H., Werdan, K.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2006

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