Darmatonie (Darmlähmung)

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 26. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Wenn der Darm still steht, geht im Verdauungstrakt nichts mehr - innerhalb kürzester Zeit kann es zu starken Schmerzen, Infektionen und anderen Komplikationen kommen. Eine Darmlähmung oder Darmatonie muss daher schnell erkannt, überwacht und rasch behoben werden. Im Folgenden eine kleine Übersicht über die möglichen Ursachen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Darmlähmung?

Eine Darmatonie ist der Tonusverlust des Darms, also ein Verlust der muskulären Spannung der Darmwand und somit einfach gesagt eine Darmlähmung. Diese verhindert den weiteren Speisetransport, führt somit zu Verstopfung und Darmverschluss und zu einer ganzen Reihe weiterer Komplikationen.

Ursachen

Es gibt verschiedene Ursachen für eine Darmatonie. Man unterscheidet grundsätzlich Durchblutungsstörungen von reflexartigen Darmstillständen - in beiden Fällen ist jedoch die Beeinträchtigung des Nervensystems "schuld" am Stillstand der Darmwand.

Durchblutungsstörungen der Darmwand sind vor allem ein Problem älterer Menschen, deren Blutgefäße insgesamt durch Arteriosklerose dahingehend verändert sind, dass weniger Blut hindurch gelangt. Wenn die Blutgefäße im Darm verengt sind, kommt es vor allem nach dem Essen zu Bauchschmerzen (Angina abdominalis), weil dann besonders viel Blut am Darm benötigt wird und der Versorgungsengpass besonders ins Gewicht fällt.

Dauerhaft kann dies zur chronischen Schädigung der Darmwand führen, akut können sich durch plötzliche Thrombusablösungen, Embolien und Gefäßverschlüsse Mesenterialinfarkte bilden (analog zum Herzinfarkt). Der Darmabschnitt bekommt dann kein Blut mehr und die Zellen sterben rasch ab - Bewegung findet hier in der Darmwand also nicht mehr statt.

Auch regional begrenzt kann es zu Durchblutungsstörungen kommen, wenn durch einen Tumor, einen mechanischen Darmverschluss oder einen festsitzenden Fremdkörper die Darmwand von innen "erdrückt" wird und keine Durchblutung mehr möglich ist.

Die andere große Ursachengruppe der Darmlähmung sind die intestinalen Schutzreflexe, die bei einer ganzen Reihe von Krankheitsprozessen im Bauchraum oder im Raum hinter dem Bauchfell auftreten können. Auch hier kann wieder ein Darmverschluss mitwirken, der reflexartig dafür sorgt, dass der vorgeschaltete Teil des Darmrohres die Nahrung nicht mehr weiterschiebt.

Auch massive Entzündungen lähmen über diesen Mechanismus die Darmwand, z.B. große Bauchfellentzündungen. Darüber hinaus können Krankheiten anderer Organe wie eine Bauchspeicheldrüsenentzündung (Pankreatitis) oder Nierensteine die Umgebung reizen und damit auch die Nerven betreffen, die an diesen Organen vorbei in Richtung Darmwand ziehen. Ein sogenannter "paralytischer Ileus" (Darmverschluss durch Lähmung) ist daher oft Begleitsymptom dieser Erkrankungen.

Auch angeborene Ursachen wie der Morbus Hirschsprung, bei welchem Nervengeflechte in unteren Darmabschnitten einfach fehlen, können zu Darmatonie und damit verbundenen Problemen in den ersten Lebensjahren führen. Schließlich kommt auch die moderne Medizin als Verursacher einer Darmatonie in Betracht: Neben manchen Medikamenten (Opiate) sind es vor allem große operative Eingriffe im Bauchraum, die Stunden bis Tage nach der OP die Darmtätigkeit reflexiv lähmen können.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Eine Darmatonie ist der Tonusverlust des Darms, also ein Verlust der muskulären Spannung der Darmwand und somit einfach gesagt eine Darmlähmung.
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Ein Darmlähmung führt zu verschiedenen Magen-Darm-Beschwerden. Typischerweise kommt es zu Verstopfung bis hin zum Stuhlverhalt, begleitet von Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen sowie einem aufgeblähten Bauch. Die Beschwerden treten vor allem nach dem Essen auf und bleiben meist für einige Minuten bis Stunden bestehen, bevor sie langsam wieder abklingen.

Auch morgens nach dem Aufstehen und spätabends kommt es vermehrt zu Magenschmerzen und Blähungen. Bleibt die Darmatonie über einen längeren Zeitraum unbehandelt, können sich weitere Beschwerden einstellen. Im schlimmsten Fall entwickelt sich die Verstopfung zu einem kompletten Darmverschluss. Ein Ileus ist immer mit extremen Schmerzen und Krämpfen im Unterleib verbunden.

Zu erkennen ist ein Darmverschluss auch an den Blutbeimengungen im Stuhl, oft tritt Blut aus dem After aus. Ein Darmverschluss kann zu einer Schädigung der Darmwand führen und dadurch eine Bauchfellentzündung hervorrufen. Bei einem schweren Verlauf führt ein Ileus zum Tod.

Eine postoperative Darmlähmung geht mit einem erhöhten Risiko für Infekte einher, da sich der Krankenhausaufenthalt erheblich verlängert. Zudem kann es zu Wundheilungsstörungen, Infektionen und anderen Komplikationen im Operationsbereich kommen. Äußerlich ist eine Darmlähmung meist nicht zu erkennen. Lediglich der gestörte Stuhlgang weist auf eine Erkrankung hin, die abgeklärt und behandelt werden muss.

Diagnose & Verlauf

Die verminderte Magen-Darm-Passage durch die Lähmung der Darmwand führt über kurz oder lang zu einem paralytischen Ileus, also einem kompletten Darmverschluss.

Das bedeutet zunächst einmal, dass unten nichts mehr herauskommt. Bis dies den Betroffenen auffällt, kommt es jedoch meist schon zu anderen, schwerwiegenden Symptomen. Insbesondere durch die Entzündung oder den Sauerstoffmangel, welche der Darmatonie oft zugrunde liegen, treten meist massive Bauchschmerzen auf. Wenn Darmwand abstirbt, kann es zudem zu Blut im Stuhl oder größeren Darmblutungen kommen. Nierensteine führen zu krampfartigen Schmerzen, eine Pankreatits verursacht massive gürtelförmige Schmerzen im Oberbauch.

Eine schwerwiegende Komplikation eines paralytischen Ileus ist die Durchwanderung der Darmwand mit Darmbakterien - wenn diese in die Bauchhöhle gelangen und das Bauchfell entzünden (Peritonitis), so wird es stets lebensgefährlich.

Die Diagnostik stützt sich auf Anamnese (typische Bauchschmerzen nach dem Essen, Vorhofflimmern als Emboliequelle, Alkoholkonsum als Hinweis auf eine Pankreatitis usw.) und körperliche Untersuchung (Bauchdeckenspannung als Schutzreflex, Darmgeräusche vorhanden?, Blut am Fingerling bei der rektalen Untersuchung usw.).

Ein Röntgenbild (Abdomen-Übersicht) kann unter Umständen stehende Darmschlingen und Flüssigkeitsspiegel zeigen, Kontrastmitteleinläufe werden in der Praxis eher selten durchgeführt, haben jedoch spezielle Indikationen. Schnell sollte eine Ursache der Darmatonie gefunden werden, um den Schweregrad und den Handlungsbedarf einschätzen zu können.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Wenn Symptome wie Übelkeit und Erbrechen oder Verstopfungen auftreten, liegt womöglich eine ernste Erkrankung des Magen-Darm-Traktes vor. Darum sollte bei genannten Beschwerden umgehend ein Arzt konsultiert werden. Der Mediziner kann eine Darmatonie anhand einer körperlichen Untersuchung feststellen und die notwendigen Schritte einleiten. Eine Behandlung ist in jedem Fall notwendig und kann Komplikationen verhindern, insofern sie frühzeitig erfolgt. Bleibt die Darmlähmung allerdings unbehandelt, kann ein medizinischer Notfall auftreten.

So kann es beispielsweise zu einem Darminfarkt kommen, der im schlimmsten Fall zum Tode des Patienten führt. Verstopfung und ein aufgeblähter Bauch sind Anzeichen für einen solchen schweren Verlauf. Wer diese Symptome bemerkt, kontaktiert am besten sofort den Notarzt.

Je nachdem, wie weit die Darmatonie bereits fortgeschritten ist, ist unter Umständen ein längerer Krankenhausaufenthalt erforderlich. Um weitere Komplikationen und ein erneutes Auftreten einer Darmlähmung zu vermeiden, müssen begleitend dazu die Ursachen für die Beschwerden ermittelt werden. Der richtige Ansprechpartner hierfür ist der Gastroenterologe oder auch ein Ernährungsmediziner.

Behandlung & Therapie

Es gibt einige Notfälle, die mit Darmatonie einhergehen, welche einer sofortigen Therapie bedürfen:

Beim durchblutungsbedingten Mesenterialinfarkt etwa stirbt minütlich Darmgewebe ab, der Darm ist nur bei rechtzeitigem Eingriff noch mit interventionellen Maßnahmen oder einer offenen Operation zu retten. Ist bereits zu viel Darmgewebe abgestorben, so lässt es sich auch nicht mehr ersetzen, im schlimmsten Fall ist der betroffene Mensch dann nicht mehr lebensfähig.

Bei all den anderen Fällen von krankheitsbegleitender oder postoperativer Darmatonie kann mit sanften Maßnahmen versucht werden, die Darmtätigkeit anzuregen. Neben einem vorsichtigen Kostaufbau zählen dazu vor allem Einläufe, aber auch medikamentöse Versuche (z.B. mit dem Parasympathomimetikum Neostigmin).

Aussicht & Prognose

Die Prognose wird nach der Ursache und damit der Grunderkrankung der Darmlähmung bestimmt. Die Aussichten auf eine Heilung verbessern sich, je eher der Patient eine medizinische Behandlung in Anspruch nimmt. Ohne eine Versorgung tritt eine deutliche Verschlechterung der Gesundheit ein und es kann unter Umständen zu einem lebensbedrohlichen Zustand kommen.

Wird eine erfolgreiche Behandlung durchgeführt, normalisiert sich nach einigen Tagen oder Wochen die Darmfunktion wieder. Es kehrt anschließend eine Beschwerdefreiheit ein und der Patient wird als geheilt aus der Behandlung entlassen. In einigen Fällen besteht die Möglichkeit, dass bereits nach einigen Stunden nach der medizinischen Versorgung eine normale Darmfunktion wiedererlangt wird.

Mit einer gesunden und auf die Bedürfnisse des geschwächten Körpers angepassten Ernährung kann der Patient einen wesentlichen Beitrag für den Aufbau seiner Gesundheit leisten. Schadstoffe wie Nikotin oder Alkohol sowie die Zufuhr von fetthaltigen Lebensmitteln sind zu vermeiden. Der Heilungsweg wird dadurch erleichtert und die Darmtätigkeit bei einer angepassten Ernährung schonend angeregt. Im Verlauf des Lebens kann die Darmatonie erneut auftreten.

Die Prognose ist bei einer Wiederkehr unverändert. Mit einer gesunden Lebensführung und einer ausgewogenen Nahrungszufuhr kann der Erkrankung optimal entgegen getreten werden. In vielen Fällen sind eine erfolgreiche Vorbeugung und eine dauerhafte Genesung möglich.


Vorbeugung

Eine Vorbeugung der Darmatonie ist gezielt nicht möglich und müsste an der Vorbeugung der zugrundeliegenden Krankheiten ansetzen (z.B. gesunder Lebenswandel um Arteriosklerose zu vermeiden, kein Alkoholmißbrauch um eine Pankreatitis zu vermeiden usw.).

Nachsorge

Bei einer Darmatonie stehen dem Patienten in den meisten Fällen nur wenige Maßnahmen und Möglichkeiten einer Nachsorge zur Verfügung. Der Betroffene muss bei dieser Krankheit in erster Linie einen Arzt aufsuchen, damit es nicht zu weiteren Komplikationen oder im schlimmsten Falle sogar zum Tode des Betroffenen kommt. Je früher die Darmatonie dabei erkannt und behandelt wird, desto besser ist meist auch der weitere Verlauf dieser Krankheit.

Der Patient sollte daher schon bei den ersten Anzeichen und Beschwerden einer Darmatonie einen Arzt aufsuchen. In Notfällen kann dabei auch ein Notarzt gerufen werden. Die Behandlung selbst erfolgt dabei durch einen operativen Eingriff. Nach diesem Eingriff sollte sich der Betroffene ausruhen und seinen Körper schonen. Hierbei ist eine strikte Bettruhe einzuhalten.

Die meisten Betroffenen sind auf die Hilfe und die Pflege durch die eigene Familie und Freunde angewiesen. Dabei wirkt sich diese Pflege meist positiv auf den Verlauf der Erkrankung aus und kann auch psychische Verstimmungen oder Depressionen verhindern. Nach dem Eingriff sollten fettige oder sehr süße Speisen vermieden werden. Ob es durch diese Erkrankung zu einer verringerten Lebenserwartung des Patienten kommt, kann nicht im Allgemeinen vorhergesagt werden.

Das können Sie selbst tun

Maßnahmen, die Betroffene einer Darmatonie selbst ergreifen können, beschränken sich lediglich darauf, die noch vorhandene Darmaktivität positiv zu stimulieren und Risikofaktoren einzudämmen. Eine weit voran geschrittene Darmlähmung, die bereits zu einem Verschluss führt oder führt, oder Gewebeschäden verursacht hat, lässt sich ohne medizinische Mittel nicht bessern.

Betroffene sind angehalten, ihre Kost auf zweierlei Dinge hin anzupassen: Zu einen muss sie leicht verträglich sein und einen weichen und regelmäßigen Stuhlgang fördern. Dies umfasst unter anderem die Aufnahme von genügend Ballaststoffen, Flüssigkeit und eine als gesund erachtete Ernährung im allgemeinen.

Zweitens muss die Kost einer Arteriosklerose vorbeugen oder entgegenwirken. Dies wird durch wenig Alkohol, wenig verarbeitete Fette und mit genügend Antioxidantien und Vitaminen erreicht. So können die Verdauung reguliert und die Neigung zu Arteriosklerose vermindert werden.

Nahrung sollte zudem in gut gekauten, kleinen Portionen aufgenommen werden. Die Mahlzeiten sollten über den Tag verteilt werden. Zudem sollte die Nahrungsaufnahme erst dann wieder in einer normalen Menge erfolgen, wenn der Darm überhaupt wieder arbeitet.

Es können Einläufe - unter Umständen mit milden Substanzen - die Darmaktivität anregen. Auch Wärme, mäßige und regelmäßige Bewegung sowie entspannende Bäder können helfen. Relevant ist bei der Ergreifung der Maßnahmen ein Betrachten der Ursache der Darmlähmung.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Koop, I.: Gastroenterologie compact. Thieme, Stuttgart 2013
  • Messmann, H.: Klinische Gastroenterologie. Thieme, Stuttgart 2012

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