Echondromatose

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer. nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Patienten mit Echondromatose leiden an multiplen Tumoren der Knochen, die Wachstumsstörungen, Frakturen und Fehlstellungen hervorrufen. Eine genetische Mutation scheint für die Erkrankung verantwortlich zu sein. Die Behandlung beschränkt sich auf die Korrektur von Fehlstellungen, die Frakturbehandlung und die Entartungsüberwachung der einzelnen Tumore.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Echondromatose?

Das Wachstum der Tumore orientiert sich in der Regel an den Wachstumsphasen des kindlichen Skeletts. Mit dem Ende des Längenwachstums wachsen meist auch die Tumore nicht mehr.
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Enchondrome sind knorpelige Tumore, die vorwiegend von den Diaphysen der Phalangen ausgehen. Zum Teil kommen die Tumore auch in den Metaphysen langer Röhrenknochen vor. Die Wissenschaft geht mittlerweile davon aus, dass Epiphysenfugenreste in den Metaphysen Enchondrome entstehen lassen.

Lange bleiben die Tumore asymptomatisch. Bemerkbar machen sie sich im weiteren Verlauf durch Schmerzen und unerklärliche Frakturen. In bestimmten Fällen liegen Echondrome im Rahmen eines größeren Erkrankungszusammenhangs vor. Das ist zum Beispiel bei der Echondromatose der Fall. Bei dieser Erkrankung des Skeletts treten multiple Echondrome auf.

Bei der Enchondromatose handelt es sich um eine eher seltene Erkrankung, deren Prävalenz auf rund einen Fall in 100.000 Menschen geschätzt wird. Von der Erkrankung sind in der Regel Kinder betroffen. Die ersten Symptome manifestieren sich klinisch meist innerhalb der ersten zehn Lebensjahre. Durch die begrenzte Fallzahl fällt die Forschungslage im Kontext der Echondromatose relativ dürftig aus. Die Erkrankung ist bislang also nicht abschließend verstanden.

Ursachen

Die Ätiologie und Pathogenese der Echondromatose sind nicht abschließend geklärt. Obwohl die Ätiologie aber nicht abschließend verstanden ist, sind einige scheinbar ursächlichen Hintergründe mittlerweile bekannt. Bei einer großen Anzahl der dokumentierten Fälle wurden genetische Mutationen nachgewiesen.

Diese Veränderungen in der Erbsubstanz waren in den Genen IDH1 und IDH2 lokalisiert, die innerhalb der DNA die Kodierung für Isocitrat-Dehydrogenase 1 und 2 übernehmen. Bei diesen Subtanzen handelt es sich um Enzyme, die wie alle anderen Enzyme als Katalysatoren aktiv sind. Bei Katalysatoren handelt es sich um biochemische Reaktionsbeschleuniger. Im Fall der genannten Enzyme bezieht sich die Katalyse auf die Synthese von α-Ketoglutarat, ein Produkt des Citratzyklus.

Bei den krankheitsauslösenden Mutationen handelt es sich um somatische Veränderungen. Da für die Genmutationen bislang keine familiäre Häufung dokumentiert werden konnte, handelt es sich bei den Mutationen vermutlich nicht um erbliche Ereignisse. Die Enchondromatose wird von Wissenschaftlern daher nicht als genetische Erkrankung eingeschätzt.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Prinzipiell handelt es sich bei der Enchondromatose um das multiple Auftreten einzelner Chondrome, Enchondrome und juxtakortikaler Chondrome. Meist treten die Tumore nahe der Wachstumsplatte in den Epiphysen auf, oder treffen die Metaphysen der langen Röhrenknochen sowie distalen Fuß- und Handknochen.

Das Wachstum der Tumore orientiert sich in der Regel an den Wachstumsphasen des kindlichen Skeletts. Mit dem Ende des Längenwachstums wachsen meist auch die Tumore nicht mehr. Meist bleiben die Knochenveränderungen zunächst schmerzlos. Allerdings tritt eine Wachstumsbeeinträchtigung ein, die mit Deformierungen und Frakturen vergesellschaftet sein kann.

Neben Fehlstellungen können weitere Komplikationen eintreten. Die schwerwiegendste Komplikation stellt sich mit der malignen Entartung der skelettalen Läsionen. Das Risiko für spätere Chondrosarkomen liegt für die Patienten bei etwa 25 Prozent. Ein erhöhtes Risiko gibt die medizinische Literatur bei den Patienten auch für Neoplasien wie Astrozytome, Granulosazelltumore und Pankreaskarzinome an.

Diagnose & Verlauf

Die Diagnose auf eine Echondromatose stellt der Arzt in der Regel über konventionelle Röntgenbilder. Die betroffenen Skelettanteile zeigen auf diesen Bildern multiple Enchondrome, die als zystische Auftreibungen ohne Randsklerose imponieren. Abhängig vom Alter der Läsionen können Verkalkungen vorliegen.

Außerdem können Frakturen in den betroffenen Skelettanteilen ein wichtiger Hinweis sein. Falls zum Zeitpunkt der Diagnosestellung bereits Verdacht auf maligne Entartung besteht, muss dieser Verdacht weiter abgeklärt werden. Dazu ist eine Biopsie erforderlich, die eine histopathologische Untersuchung ermöglicht.

Die Prognose hängt für Patienten mit Echondromatose vor allem von eventuell eintretenden Entartungen und deren rechtzeitiger Identifizierung ab. Je früher der Beginn der Erkrankung, desto schwerwiegender häufig auch der Verlauf.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Bei Verdacht auf eine Tumorerkrankung wird am besten umgehend ein Arzt hinzugezogen. Bei der Echondromatose kommt es üblicherweise zu einem multiplen Auftreten von Tumoren, die sich über den gesamten Körper erstrecken. Dementsprechend vielfältig sind die möglichen Warnzeichen – etwa zunehmende Schmerzen, sichtbare Knötchen oder ein allgemeines Krankheitsgefühl, dass in der Regel rasch zunimmt. Im weiteren Verlauf deuten Beschwerden der inneren Organe, vor allem der Pankreas, auf eine Echondromatose hin.

Sollten ungewöhnliche Fehlstellungen der Fuß- und Handknochen bemerkt werden, ist die Echondromatose womöglich bereits fortgeschritten. Spätestens dann muss umgehend ein Arzt konsultiert werden. Dieser kann die Erkrankung mit Hilfe konventioneller Röhrenbilder feststellen und direkt die Behandlung einleiten.

Generell gilt: Je früher die Erkrankung erkannt wird, desto besser sind die Aussichten auf eine vollständige Genesung. Es empfiehlt sich deshalb, bereits bei ersten Anzeichen einer Echondromatose mit einem Arzt zu sprechen. Wer bereits Fälle von genetischen Mutationen in der Familie hat, sollte eine Vorsorgeuntersuchung durchführen lassen. Auch somatische Veränderungen nach einer ernsten Erkrankung sind umgehend abzuklären.

Behandlung & Therapie

Eine ursächliche Behandlungsmöglichkeit existiert für Patienten mit Enchondromatose nicht. In Zukunft können genetherapeutische Ansätze möglicherweise Abhilfe schaffen, diese Ansätze haben bislang aber nicht die klinische Phase erreicht. Grundsätzlich wird der Echondromatose vor allem mit supportiven Maßnahmen wie Kontrolluntersuchungen begegnet.

Nicht jedes Echondrom muss histologisch untersucht werden. Stellt sich bei der Kontrolluntersuchung einer der Tumore aber als verdächtig heraus, muss eine Histologie erfolgen. Mögliche Entartungen lassen sich auf diese Weise frühzeitig entdecken und gegebenenfalls behandeln. Neben den regelmäßigen Kontrollen erhalten Patienten mit Echondromatose im Grunde nur bei Komplikationen eine symptomatische Behandlung.

Pathologische Frakturen sowie Schmerzen und Wachstumsstörungen erfordern chirurgische Eingriffe. Bei Fehlstellungen ist zum Beispiel eine Umstellungsoperation angezeigt, um Fehlbelastungen und damit verbundenen Folgebeschwerden vorzubeugen. Bei Umstellungsoperationen handelt es sich in der Regel um relativ aufwendige Operationen.

Das Erfordernis von wiederholten Eingriffen ist zur Korrektur von Fehlstellungen denkbar. Außerdem wird nach derartigen Operationen die konsequente Physiotherapie zu einem unbedingt erforderlichen Behandlungsschritt. Rufen die Läsionen oder die Fehlstellungskorrekturen stärkere Schmerzen hervor, so bietet sich eine kurzweilige Behandlung mit schmerzlindernden Medikamenten an.

Aussicht & Prognose

Eine direkte Voraussage der Aussicht und Prognose bei einer Echondromatose kann nicht gegeben werden, da der Verlauf der Erkrankung sehr stark von der Ausprägung und der Art der Tumore abhängt. Sollte es bei der Echondromatose jedoch nicht zu einer Behandlung kommen, so verringert sich in der Regel auch die Lebenserwartung des Patienten, da die Ausbreitung der Tumore meist zum Tode des Patienten führt.

Da auch die Fehlstellungen nicht korrigiert werden, ist das Leben des Betroffenen deutlich erschwert, sodass dieser an Bewegungseinschränkungen und an einer verringerten Lebensqualität leidet.

Die Behandlung der Echondromatose kann die meisten Fehlstellungen relativ gut lösen. Der Betroffene kann sich dadurch wieder frei bewegen und ist meist nicht mehr auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen. Allerdings sind noch weitere Maßnahmen der Physiotherapie notwendig, um die vollständige Bewegung wiederherzustellen.

Weiterhin ist der Betroffene auch auf regelmäßige Untersuchungen der Tumore angewiesen, um die Metastasierung zu vermeiden. Nur dadurch kann die Lebenserwartung erhöht werden. Auch bei einer erfolgreichen Behandlung der Echondromatose leiden viele Betroffene auch an psychischen Beschwerden und benötigen eine psychologische Hilfe.


Vorbeugung

Bislang wurden zwei unterschiedliche Mutationen entdeckt, die scheinbar mir der Pathogenese der Echondromatose zusammenhängen. Welche äußeren Faktoren für die Mutationen verantwortlich sind, bleibt bislang ungeklärt. Daher stehen für die Knochenerkrankung bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine präventiven Maßnahmen zur Verfügung. Vorbeugemaßnahmen sind erst nach der abschließenden Klärung der Pathogenese und Ätiologie zu erwarten.

Nachsorge

In den meisten Fällen stehen dem Betroffenen bei einer Echondromatose keine besonderen oder direkten Maßnahmen einer Nachsorge zur Verfügung. Entscheidend ist dabei eine frühzeitige Diagnose. Dadurch können weitere Komplikationen oder sogar eine weitere Verschlechterung der Beschwerden vermieden werden. In der Regel kann es bei der Echondromatose nicht zu einer Selbstheilung kommen.

Um auch weitere Tumore rechtzeitig zu erkennen, sind die Patienten auf regelmäßige Untersuchungen durch einen Arzt angewiesen. Erst beim Auftreten weiterer Tumore ist eine erneute Behandlung notwendig, sodass es in der Regel keine Maßnahmen zur Nachsorge gibt. Die Fehlstellungen und die Tumore werden dabei durch operative Eingriffe entfernt.

Nach einem solchen Eingriff sollte sich der Patient auf jeden Fall ausruhen und den Körper schonen. Meistens ist eine begleitende Physiotherapie notwendig. Dabei können die Betroffenen viele Übungen aus solch einer Therapie auch im eigenen Zuhause durchführen und dadurch die Heilung beschleunigen. Auch die Einnahme von Medikamenten kann dabei notwendig sein, wobei immer die Anweisungen des Arztes zu befolgen sind. Ob die Echondromatose die Lebenserwartung verringert, kann nicht universell vorhergesagt werden.

Das können Sie selbst tun

Die Schulmedizin ist im Moment nur in der Lage symptomorientiert zu behandeln. Aufgrund der Schwere der Beeinträchtigung des kindlichen Wachstums muss hier eine fachärztliche Behandlung erfolgen. Eine alleinige Selbstbehandlung ist nicht möglich. Eltern können und müssen ihren Kindern eine vor allem emotionale Stütze sein und haben lediglich die Möglichkeit Symptome durch wenige Maßnahmen zu lindern.

Betroffene Kinder müssen bis zum Ende der Wachstumsphase mehrere Operationen bestehen. Narkose und Krankenhausaufenthalt schwächen das Immunsystem. Die Selbstbehandlung sollte sich demnach auf die Stärkung der Abwehrkräfte konzentrieren. Durch eine vitalstoffreiche und ausgewogene Ernährung, regelmäßige Bewegung im Rahmen der körperlichen Möglichkeiten sowie eine liebevolle Integration in das Familienleben.

Ergotherapie und Massagen können Eltern zusätzlich besuchen und fest in den Tagesablauf des Kindes integrieren. Die Übungen der Physiotherapie stellen einen entscheidenden Teil der Behandlung dar. Sie sichern die Mobilität der Patienten.

Bei akuten Schmerzen können rezeptfreie Medikamente wie Ibuprofen oder Paracetamol verabreicht werden. Präparate aus Schneeball und Baldrian stellen ein natürliches Schmerzmittel dar. Auch mit Akupunktur und Akupressur können Schmerzen sowie Ängste gelindert werden. Bei größeren Kindern ist auch die seelische Belastung nicht zu unterschätzen. Aufgrund der Behinderung fühlen sich Betroffene oft am Rand sozialer Gruppen. Der Besuch eines Psychotherapeuten oder einer Selbsthilfegruppe könnte ebenfalls eine Hilfsmöglichkeit darstellen.

Quellen

  • Debrunner, A.M.: Orthopädie/Orthopädische Chirurgie. Huber, Bern, 2005
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Sauer, R.: Strahlentherapie und Onkologie. Urban & Fischer, München 2009

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