FSME-Virus

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 14. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das FSME-Virus ist Krankheitserreger der Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME). Als Hauptüberträger der grippeähnlichen Erkrankung gilt die Zecke. Der Verlauf fällt sehr variabel aus. Im ungünstigsten Fall treten schwere Komplikationen bis hin zu Langzeitschäden des Nervensystems auf.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das FSME-Virus?

Der erste, beobachtete Fall von FSME reicht ins Jahr 1931 zurück. Waldarbeiter im saarländischen Neunkirchen erkrankten nach Zeckenbissen an Lähmungserscheinungen.
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FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis) gehört zu den meldepflichtigen Infektionskrankheiten in Deutschland. Das auslösende Virus entstammt der Familie der Flaviviridae. Dessen Struktur besteht aus einem einzelnen, behüllten RNA-Strang. Es existieren drei Unterarten der FSME: Far Eastern Subtype, Western Subtype und der Siberian Subtype.

Als natürlichen Zwischenwirt nutzt das Virus Insekten für die Übertragung zum Endwirt. Durch kontaminierten Speichel übertragen hauptsächlich Zecken während ihrer Blutmahlzeit das FSME-Virus auf den Menschen. Es besteht eine enge Verwandtschaft des FSME-Virus zu den Verursachern des Dengue- und Gelbfiebers.

Allein in Deutschland erkranken jährlich Personen im dreistelligen Bereich. Aufgrund der äußerst variablen Ausprägung der Auswirkungen auf die Gesundheit werden zudem nicht alle Fälle registriert. Zu Beginn verlaufen Symptome zusätzlich sehr unspezifisch. Oft kommt es allerdings auch trotz Eindringen des Erregers in den Blutkreislauf zu keiner Erkrankung.

Die Inkubationszeit beträgt etwa ein bis drei Wochen bis zum Aufkeimen erster Krankheitsanzeichen. Aufgrund der zeitlichen Differenz und der unspezifischen Symptomatik besteht Verwechslungsgefahr mit einer gewöhnlichen Sommergrippe. Häufig geht daher der Kontakt des Virus mit dem Immunsystem völlig unbemerkt vonstatten.

Als Hauptüberträger gilt die Zecke namens Gemeiner Holzbock (Ixodes ricinus). Unter den Zwischenwirten existieren zahlreiche Arten, die ebenfalls den Erreger in sich tragen. Auch Mitglieder der Gattung der Lederzecken (Argas und Ornithodorus) sind gelegentlich infiziert.

Vorkommen, Verbreitung & Eigenschaften

Der erste, beobachtete Fall von FSME reicht ins Jahr 1931 zurück. Waldarbeiter im saarländischen Neunkirchen erkrankten nach Zeckenbissen an Lähmungserscheinungen. Die Isolierung und Katalogisierung des FSME-Virus gelang erstmals im Jahr 1949.

Hauptbestandteile der schützenden Virushülle sind die Proteine Envelope-Protein E, Core-Protein C sowie das Membrane-Protein. Als gefährlichster Vertreter des FSME-Virus gilt bis heute der Far Eastern Subtype. Die Letalität bei dieser Variante beträgt 20 Prozent. Dessen Verbreitungsgebiet dehnt sich von Russland bis hin zu China, Korea und Japan aus.

In Europa dominiert der weniger gefährliche Western Subtype mit einer reduzierten Anzahl an Todesopfern unter den Infizierten von nur 2 Prozent. Der Stich durch eine Zecke in Risikogebieten ist nicht gleichbedeutend mit einer Infektion. Schätzungen rechnen mit einer Ansteckungsquote von 1 : 150. Nur 30 Prozent der Betroffenen erleiden eine erfolgreiche Infektion durch den Krankheitserreger. Darunter befinden sich zum großen Teil Männer. Nur jedes dritte Opfer ist weiblich. Diese Tendenz ist auch bei den Todesfällen zu beobachten. Insgesamt liegt das männliche Geschlecht mit 75 Prozent Anteil deutlich vorne. Bei älteren Personen ab dem 50 Lebensjahr ist eine Häufung von längeren und schweren Krankheitsverläufen zu beobachten.

In Deutschland besteht in den südlichen Bundesländern erhöhte Gefahr einer Ansteckung. Bayern, Baden-Württemberg sowie südliche Teile von Hessen und Rheinlandpfalz gelten laut Robert Koch-Institut als Risikogebiet. Hier liegt die Wahrscheinlichkeit einer FSME-Infektion messbar über dem Durchschnitt.

Allgemein deckt die Verbreitung des Erregers in Zeckenbeständen weite Teile Europas mit einer Konzentration in den zentralen und östlichen Gebieten ab. Die Parasiten laueren bevorzugt zur Frühjahreszeit und zu Sommerbeginn in Gräsern und Büschen. Waldgebiet und private Gartenanlagen bieten für sie zahlreiche Unterschlupfmöglichkeiten. Ansteckungsgefahr besteht somit theoretisch überall in der freien Natur. Freizeitaktivitäten von Personen mit kurzer Kleidung bieten daher eine optimale Angriffsfläche für die Zecken. Es ist daher ratsam, sich nach einem Aufenthalt in der Natur nach Zecken abzusuchen und diese ggf. mit einer Zeckenzange oder anderen Hilfsmitteln zu entfernen.

Als sekundäre Infektionsquelle stellen infizierte Milchprodukte von kranken Tieren eine Gefahr dar. Der Verzehr von Rohmilchprodukten führt bei ausreichendem Vorkommen an FSME-Erregern durch die orale Aufnahme zur Erkrankung. Durch Pasteurisierung fällt die Wahrscheinlichkeit für eine Übertragung auf deutschem Bundesgebiet äußerst niedrig aus. Auffällig ist eine endemische Häufung von Fällen innerhalb von Risikogebieten in der Nähe von Flüssen. Die Ursache für diesen Zusammenhang ist weiterhin ungeklärt.


Krankheiten & Beschwerden

Trotz der statistisch geringen Chance auf eine Infektion mit schwerwiegenden Folgen ist die Frühsommer-Meningoenzephalitis eine ernstzunehmende Erkrankung. Infizierten decken ein weites Spektrum an Symptomen in Härtegrad und Dauer ab.

Im ersten Stadium sind die tragenden Merkmale Müdigkeit, Übelkeit sowie Kopf- und Gliederschmerzen, die mit Fieber einhergehen. Die Charakteristik ähnelt anfangs der einer üblichen Sommergrippe. Meistens bleibt es bei dieser Intensität der Ausprägung und die Krankheit klingt im Anschluss ab.

Wenige Wochen danach kann ein zweiter Ausbruch erfolgen. Während des Eintritts in das zweite Stadium ist ein Befall des zentralen Nervensystems festzustellen. Verstärktes Fieber sowie intensive Kopfschmerzen sind typisch. Hinzu kommt ein steifer Nacken. Häufig stehen diese Symptome im direkten Zusammenhang mit einer Meningitis (Hirnhautentzündung). In besonders schweren Fällen weitet sich der Entzündungsherd auf das Rückenmark und das Gehirn aus. Auch Nervenwurzeln werden in Mitleidenschaft gezogen.

Erste Ausfallerscheinungen im sensorischen und motorischen Bereich sind die Konsequenz. So können Sprachstörungen und Schluckbeschwerden auftreten. Lähmungserscheinungen einzelner Körperpartien und psychische Auswirkungen treten je nach Lokalisation des Befalls im Gehirn und Rückenmark auf.

Die Letalität innerhalb der schweren Fälle liegt bei ungefähr 30 Prozent. Damit haben Personen in dieser Krankheitsphase die schlechteste Aussicht auf Heilung. Völlige Genesung von allen Hauptsymptomen und Langzeitfolgen tritt bei etwa jedem fünften Langzeitpatienten auf.

Knapp die Hälfte aller Betroffenen müssen ein Leben mit chronischen Folgeerscheinungen der FSME führen. Neurologische Schäden stehen dabei im Vordergrund. Abhängige vom Schweregrad äußern diese sich in Atembeschwerden, Taubheitsgefühlen und Störungen des Gleichgewichtssinnes. Lähmungen und Sprachbehinderungen können weiterhin bestehen bleiben. Vereinzelt kann es jedoch auch zur spontanen Heilung aller Beschwerden kommen.

Quellen

  • Doerfler, W.: Viren. Fischer Taschenbuch, Berlin 2015
  • Hofmann, F., Tiller, F.,W.: Praktische Infektiologie. ecomed-Storck, Hamburg 2011
  • Neumeister, B., Geiss, H., Braun, R.: Mikrobiologische Diagnostik. Thieme, Stuttgart 2009

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