Fissura-orbitalis-superior-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das Fissura-orbitalis-superior-Syndrom ist durch den Ausfall mehrerer Hirnnerven gekennzeichnet, die für die Versorgung verschiedener Augenmuskeln sowie die sensible Innervation in der Augengegend verantwortlich sind. Das Krankheitsbild ist sehr komplex und wird durch raumfordernde Prozesse verursacht.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Fissura-orbitalis-superior-Syndrom?

Die Symptome des Fissura-orbitalis-superior-Syndroms sind vielfältig und komplex, weil eine ganze Reihe von Muskeln und Muskelgruppen betroffen sind. Außerdem ist auch die sensible Innervation eingeschränkt.
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Das Fissura-orbitalis-superior-Syndrom stellt ein komplexes Krankheitsbild aufgrund des Ausfalls gleich mehrerer Hirnnerven im Bereich der Fissura orbitalis superior dar. Die Fissura orbitalis superior ist ein großer Spaltraum zwischen dem kleinen und großen Keilbein (Os sphenoidale). Durch diesen Spaltraum wird die mittlere Schädelgrube (Fossa cranii media) mit der Augenhöhle (Orbita) verbunden. Die Fissura orbitalis superior dient als Öffnung für verschiedene Strukturen. Darunter sind die Hirnnerven Nervus oculomotorius (Nervus III), Nervus trochlearis (Nervus IV), Nervus abducens (Nervus VI) sowie ein Ast des Nervus trigeminus (Nervus V). Der Nervus trigeminus ist ein sensibler Nerv, der in vier Äste aufgeteilt ist. Davon verläuft nur der Ast Nervus ophthalmicus (Nervus V1) durch diesen Spalt. Des Weiteren wird die Fissura orbitalis superior noch durch die Blutgefäße Ramus orbitalis arteriae meningeae mediae und Vena ophthalmica superior durchquert. Daher ist die Fissura orbitalis superior auch Namen gebend für das Syndrom.

Ursachen

Für das Fissura-orbitalis-superior-Syndrom sind meist raumfordernde Entwicklungen im Bereich der Fissura orbitalis superior verantwortlich. Dabei können es sich um Tumoren, Aneurysmen oder auch Thrombosen handeln. Aber auch entzündliche Prozesse können die Funktion der entsprechenden Hirnnerven beeinträchtigen. In der Folge des Tumorwachstums oder anderer raumfordernder Vorgänge kann es zum Verdrängen von Nervus III, IV, VI und dem Teilast von Nervus V1 kommen.

Die Nervae III, IV und VI sind motorische Hirnnerven und innervieren ganze Gruppen von Muskeln rund um die Augen. Nervus ophthalmicus (V1) gehört zu den sensiblen Nerven und vermittelt sensorische Wahrnehmungen. Im Rahmen des Fissura-orbitalis-superior-Syndroms werden oft alle durch die Fissura orbitalis superior verlaufenden Nerven geschädigt. So innerviert Nervus oculomotorius (Nervus III) vier von sechs äußeren Augenmuskeln, zwei innere Augenmuskeln und den Lidheber. Je nachdem, welche Augenmuskeln gelähmt sind, kommt es zu sehr komplexen Störungen.

Neben Bewegungseinschränkungen der Augen und Schielstellung können auch das Anheben des Augenlides gestört und die Pupillen erstarrt sein. Die Bilder werden doppelt gesehen und die Naheinstellung gelingt nicht. Auch der Nervus trochlearis (Nervus IV) innerviert einen Augenaußenmuskel. Bei seiner Schädigung resultiert auch ein Schielen in Kombination mit Doppelbildern. Hier weicht das Auge nach innen und oben ab.

Wenn der Nervus abducens (Nervus VI) geschädigt ist, tritt ein sogenanntes Einwärtsschielen auf. Dieser Nerv ist für die Bewegung des Auges zur Seite verantwortlich. Bei Störung der Innervation des Musculus rectus lateralis überwiegt der Gegenspielermuskel Musculus rectus medialis. Schließlich ist der Nervus ophthalmicus (Nervus V1) für die Wahrnehmungen im Augenbereich verantwortlich, die bei dessen Ausfall gestört sind.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die Symptome des Fissura-orbitalis-superior-Syndroms sind vielfältig und komplex, weil eine ganze Reihe von Muskeln und Muskelgruppen betroffen sind. Außerdem ist auch die sensible Innervation eingeschränkt. Es treten massive Bewegungsstörungen der Augen auf. Im Extremfall kommt es zur völligen Lähmung der Augenmuskulatur (Ophthalmoplegie). Das Augenlid kann teilweise oder vollständig herabhängen (Ptosis). Die Naheinstellung ist gestört (Akkommodation), wobei nahe Objekte nur verschwommen wahrgenommen werden.

Des Weiteren tritt häufig auch eine Pupillenstarre auf. Die Pupille reagiert nicht mehr auf Lichteinwirkung, weil auch der Musculus sphincter pupillae gelähmt ist, welcher für die Engstellung der Pupille (Miosis) bei Lichteinstrahlung verantwortlich ist. Sehr typisch ist das Auftreten von massiven Kopfschmerzen. Manchmal tritt auch der Augapfel aufgrund der raumfordernden Prozesse hervor (Exophthalmus).

Zuweilen kommt es auch zur Aufhebung der Hornhautsensibilität. Durch den fehlenden Tränenfluss trocknen die Augen aus. Dabei entstehen oberflächliche Läsionen, die zu noch größeren Defekten führen. An diesen Läsionen können sich Superinfektionen ausbilden. In der Folge entwickeln sich schleichende und extrem schmerzhafte Hornhautgeschwüre.

Diagnose

Zur Diagnose des Fissura-orbitalis-superior-Syndroms werden neben strabologischen Untersuchungsverfahren bildgebende Verfahren wie Magnetresonanztomografie und craniale Computertomografie eingesetzt. Die strabologischen Methoden sollen die Schielstellung der Augen verifizieren. Differenzialdiagnostisch müssen das Orbitaspitzensyndrom mit zusätzlicher Beteiligung des Nervus opticus (Nervus II) und das Sinus-cavernosus-Syndrom ausgeschlossen werden.

Komplikationen

In den meisten Fällen kommt es durch das Fissura-orbitalis-superior-Syndrom zu Komplikationen und Beschwerden an den Augen. Da das Syndrom relativ vielfältig ist, können unterschiedliche Einschränkungen an den einzelnen Muskeln der Augengegend auftreten. Meistens kann der Patient allerdings die Augen kaum oder gar nicht mehr bewegen.

Die Sehkraft wird zwar nicht verringert, allerdings wird der Alltag stark erschwert, da die Augen nicht mehr beweglich sind. Durch diese Unbeweglichkeit leidet bei Betroffene beim Fissura-orbitalis-superior-Syndrom auch an verschwommenen Bildern und kann Objekte in der Nähe in der Regel ebenso nur verschwommen sehen. Dadurch leiden die meisten Patienten auch an Schwindel und an starken Kopfschmerzen.

Dabei kann es auch zu Schlafstörungen und zu massiven Einschränkungen im Alltag kommen. Das Bedienen von Maschinen oder Führen von Fahrzeugen ist mit dem Fissura-orbitalis-superior-Syndrom in der Regel nicht möglich. Da auch der Tränenfluss vermieden wird, trocknen die Augen oft aus, was zu Schmerzen führen kann. Die Lebensqualität wird durch das Fissura-orbitalis-superior-Syndrom stark verringert.

In der Regel können die für das Fissura-orbitalis-superior-Syndrom verantwortlichen Tumore entfernt werden. Dazu ist entweder ein operativer Eingriff oder eine Chemotherapie notwendig. Die weiteren Erfolge oder Komplikationen hängen dabei stark von der bisherigen Entwicklung der Erkrankung. Bei einer vollständigen Heilung wird die Lebenserwartung nicht verringert.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Ein Arzt ist aufzusuchen, sobald Probleme oder Veränderungen im Bereich der Augen eintreten. Kommt es zu einer Unfähigkeit, das Auge selbständig zu bewegen, besteht Anlass zur Sorge. Eine ärztliche Untersuchung ist einzuleiten, um die Ursache zu ermitteln und eine Behandlung einzuleiten.

Verminderungen der Sehkraft, Veränderungen der Farbwahrnehmung oder ein trockenes Gefühl in den Augen, sollten von einem Arzt abgeklärt werden. Tritt aufgrund der Augentrockenheit ein Juckreiz ein, steigt das Risiko von offenen Wunden. Da Keime über diesen Weg in den Organismus gelangen und weitere Erkrankungen auslösen können, sollte ein Arzt aufgesucht werden.

Entsteht ein Innendruck in den Augenhöhlen oder kommt es zu Kopfschmerzen, ist ein Arztbesuch notwendig. Leidet der Betroffene zusätzlich zu den körperlichen Problemen unter emotionalen Anspannungen, sind diese mit einem Arzt zu besprechen. Angst, Panik oder eine depressive Phase müssen therapeutisch behandelt werden.

Tritt der Augapfel aus der Augenhöhle hervor, gilt dies als ungewöhnlich. Um keine weiteren Erkrankungen oder Schäden auszulösen, sollte schnellstmöglich ein Arzt konsultiert werden. Kommt es zu Problemen des Sehens bei einem Einfall von normalen Lichtverhältnissen, ist ein Arztbesuch notwendig. Bei Schmerzen, Störungen der Scharfwahrnehmung oder Infektionen des Auges, wird ein Arzt zur Abklärung der Ursachen benötigt.

Behandlung & Therapie

Eine Therapie des Fissura-orbitalis-superior-Syndroms kann nur erfolgreich sein, wenn die ursächliche Erkrankung behandelt wird. Trotz seiner Komplexität kann das Syndrom nicht als eigenständige Erkrankung angesehen werden. Es stellt immer nur ein Symptom oder einen Symptomenkomplex dar. Zur Verifizierung der Ursache müssen weitergehende diagnostische Untersuchungen durchgeführt werden. Häufig ist bei Tumoren als letzter Schritt nur noch eine Operation möglich.

Das gilt gleichermaßen für gutartige wie für bösartige Tumoren. Ein gutartiger Tumor sollte dann operiert werden, wenn die Beeinträchtigungen durch die raumfordernden Prozesse zu stark werden. Bösartige Tumoren und Aneurysmen stellen auch ohne ein Fissura-orbitalis-superior-Syndrom eine tödliche Bedrohung dar und sollten deshalb nach Möglichkeit immer chirurgisch entfernt werden. Zur Nachbehandlung maligner Tumoren ist in der Regel eine Strahlen- oder Chemotherapie oder eine Kombination von beiden notwendig. Wenn eine Operation nicht mehr möglich ist, kann eine symptomatische Behandlung durch Gabe von Glukokortikoiden versucht werden.

Aussicht & Prognose

Die Prognose der Fissura-orbitalis-superior-Syndrom ist gebunden an die ursächliche Erkrankung des Patienten. Da das Syndrom nur als Folge einer vorhandenen gesundheitlichen Störung auftritt, muss die Hauptursache gefunden und geklärt werden. Bei den meisten Patienten können Tumore, Thrombosen oder Aneurysmen als Ursache gefunden werden.

Diese führen zu Schäden der Hirnnerven und lösen dadurch Probleme des Sehens aus. Zudem ist das Stadium der Grunderkrankung ausschlaggebend für die Stellung einer Gesamtprognose. In vielen Fällen liegen komplexe Beeinträchtigungen vor, die nur schwer ausreichend therapiert werden können. Bei einer Tumorerkrankung ist der Zeitpunkt der Diagnosestellung sowie die Verortung des Tumors beispielsweise elementar für den Behandlungserfolg.

Kommt es zu einer vollständigen Heilung der ursächlichen Störung, hat der Patient eine gute Aussicht, dass eine Verbesserung der Beschwerden des Fissura-orbitalis-superior-Syndroms eintritt. Eine Beschwerdefreiheit ist dennoch nur in seltenen Fällen möglich. Meist bleiben Beeinträchtigungen unterschiedlicher Ausprägungen vorhanden, da die Tätigkeit der Hirnnerven sich nicht immer vollständig regeneriert.

Zudem ist die Behandlung der Grunderkrankung oftmals mit Komplikationen und Folgeerscheinungen verknüpft. Es kann zu einer Langzeittherapie kommen oder als Nachbehandlung einer Krebserkrankung werden Therapien eingesetzt, die zum Zwecke einer Heilung im ersten Schritt eine weitere Schädigung des gesunden Gewebes auslöst. Das muss bei der Prognosestellung berücksichtigt werden.


Vorbeugung

Einem Fissura-orbitalis-superior-Syndrom kann nicht vorgebeugt werden, weil es durch raumfordernde Prozesse hervorgerufen wird. Bei Bestehen von gutartigen Hirntumoren wie Meningiomen ist eine regelmäßige Untersuchung auf ein eventuelles Wachstum notwendig. Besteht langfristig die Gefahr, dass es die Nerven verdrängt, sollte eine Operation erwogen werden.

Nachsorge

In den meisten Fällen stehen dem Betroffenen bei einem Fissura-orbitalis-superior-Syndrom keine besonderen oder direkten Maßnahmen und Möglichkeiten einer Nachsorge zur Verfügung. Dabei ist der Betroffene in erster Linie auf die Diagnose und Behandlung der Erkrankung angewiesen, da nur dadurch weitere Komplikationen und Beschwerden verhindert werden können. Dabei wirkt sich im Allgemeinen eine frühzeitige Diagnose mit einer frühzeitigen Behandlung sehr positiv auf den weiteren Verlauf des Fissura-orbitalis-superior-Syndroms aus.

In den meisten Fällen muss der Betroffene beim Fissura-orbitalis-superior-Syndrom operiert werden, um den Tumor zu entfernen. Dabei sollte nach dem Eingriff auf jeden Fall Bettruhe eingehalten werden, sodass sich der Betroffene entspannen und ausruhen kann. Hierbei ist von Anstrengungen und von anderen stressigen Betätigungen auf jeden Fall abzusehen.

In vielen Fällen sind die Patienten dabei auch auf die Unterstützung von Freunden und von der Familie angewiesen, um den Alltag meistern zu können. Da sich der Tumor durch das Fissura-orbitalis-superior-Syndrom auch an andere Körperregionen ausbreiten kann, sollten regelmäßige Untersuchungen durchgeführt werden, um dies zu verhindern oder einen anderen Tumor schon früh zu erkennen. In den meisten Fällen ist daher auch die Lebenserwartung des Betroffenen durch diese Krankheit verringert.

Das können Sie selbst tun

Beeinträchtigungen der Sehkraft lösen beim Betroffenen sehr oft ein starkes Angsterleben aus. Patienten des Fissura-orbitalis-superior-Syndrom sollten sich daher verschiedene Bewältigungsstrategien aneignen, um im Alltag trotz der vorhandenen Beschwerden der Erkrankung eine gute Lebensqualität zu erleben. Die Erhaltung der Lebensfreude, Optimismus und eine positive Grundeinstellung sind wichtig, um den Herausforderungen im Alltag gut begegnen zu können.

Eine Umgestaltung der Freizeitaktivitäten sollte stattfinden, damit der Erkrankte einen guten Ausgleich erleben kann. Für einen Stressabbau im Alltag können Entspannungsverfahren angewendet werden. Yoga, Meditation oder autogenes Training werden in vielen Sportzentren angeboten und können darüber hinaus eigenverantwortlich angewendet werden. Sie stärken die mentale Kraft und helfen bei der Erreichung eines inneren Gleichgewichts. Zur Reduzierung der erhöhten Unfallgefahr sollte die Umgebung des Erkrankten an dessen Bedürfnisse und gesundheitliche Gegebenheiten angepasst werden.

Das Selbstbewusstsein ist durch den Aufbau von Erfolgserlebnissen zu stabilisieren. Stellen die Augenprobleme durch den optischen Makel für den Betroffenen eine Verringerung des Wohlbefindens dar, können zur Kaschierung des Bereiches Brillen getragen werden. Der Erkrankte ist gut beraten, wenn er im Alltag offen mit seiner Erkrankung umgeht. Zur Vermeidung von Kopfschmerzen sind Ruhephasen und eine ausreichende Schonung wichtig. Die Schlafhygiene ist zu optimieren, damit ein erholsamer Schlaf möglich ist.

Quellen

  • Berlit, P.: Basiswissen Neurologie. Springer, Berlin 2007
  • Grehl, H., Reinhardt, F.: Checkliste Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012
  • Mattle, H., Mumenthaler, M.: Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013

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