Foramen Parietale Permagnum
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Als Foramen Parietale wird eine Öffnung am oberen Rand des sogenannten Scheitelbeines am Schädel bezeichnet. Durch dieses zieht die Vena emissaria parietalis hindurch, welche eine Verbindung zum Sinus sagittalis superior darstellt, sowie ein Nebenast der Arteria occipitalis hindurch. Das Vorliegen und die Größe solcher Foramina ist allerdings von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Während bei Manchen gar kein Foramen Parietale zu finden ist, kommt es im Rahmen einer angeborenen Foramen Parietale Permagnum-Erkrankung zu einer abnormen Vergrößerung derselbigen.
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Was ist Foramen Parietale Permagnum?
Bei einem Foramen Parietale Permagnum handelt es sich um einen seltenen, angeborenen Schädelknochendefekt auf der Grundlage einer Genmutation. Dieser befindet sich meist an beiden Seiten der Ossa Parietale etwa einem Zentimeter lateral der Sutura Sagittalis und oberhalb der Sutura lambdoidea.
Augenscheinliches Hauptmerkmal ist eine erhebliche Vergrößerung normaler Foramina Parietale, welche physiologisch bei circa 65 Prozent der Bevölkerung vorhanden sind. So kann ein Foramen Parietale Permagnum eine Größe zwischen mindestens fünf Millimetern bis hin zu mehreren Zentimetern aufweisen. Die Prävalenz liegt bei etwa 1:15.000 bis 1:25.000.
Ursachen
Die Dysplasie des Schädelknochens ist in diesem Falle genetisch bedingt und auf bestimmte Genmutationen zurückzuführen. Der Basisdefekt der lokalen Ossifikationsstörung ist allerdings noch unbekannt. Es ist jedoch bekannt, dass der Erbgang autosomal-dominant erfolgt.
Je nachdem, welche Mutation in welchem Gen im jeweiligen Fall zugrundeliegt, lassen sich Foramina Parietalia Permagna in verschiedene Gruppen klassifizieren. Liegt eine Mutation im MSX2-Gen am Genort 5q35.2 vor, so gehört dieses Foramen in die Gruppe 1. Ist dagegen eine Mutation im ALX4-Gen an 11p11.2 5q35.2 vorhanden, so teilt man dieses übergroße Foramen der Klasse 2 zu.
Daneben existiert noch eine dritte Gruppe, bei der jedoch noch keine spezifische Mutation an einem bestimmten Genlocus gefunden werden konnte. Ein Foramen Parietale Permagnum per se hat im Grunde genommen keinen nennenswerten Krankheitswert. Jedoch tritt es häufig vergesellschaftet mit einem komplexeren Syndrom, wie zum Beispiel dem Saethre-Chotzen-Syndrom auch Akrozephalosyndaktylie Typ 3](ACPS 3) genannt, auf.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Ein Foramen Parietale Permagnum zeichnet sich aus durch eine im Erwachsenenalter etwa fünf Zentimeter große, ovale oder rundliche Öffnung in den Scheitelbeinen, die entweder ein- oder beidseitig vorliegen kann und membranös verschlossen ist. Sehr häufig findet sich eine mongoloide Lidachsenstellung. Gelegentlich treten Kopfschmerzen und/oder Absencen auf, was jedoch sehr unspezifische Symptome sind.
Häufig sind die großen Foramina vergesellschaftet mit einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte. Auch Anomalien auf der Kopfhaut oder lokale Alopezie können auftreten. Im Rahmen von Studien ist aufgefallen, dass in einer Sippe mit drei aufeinanderfolgenden, betroffenen Generationen ein Foramen Parietale Permagnum in Kombination mit einer Ptosis, das heißt dem teilweisen oder vollständigen Herabhängen eines Augenlides, auftritt.
Zudem können unter Umständen auch andere Schädelknochen beteiligt sein, zum Beispiel ein Cranium bifidum. Zu den häufigsten Komplikationen zählen insbesondere starke Kopfschmerzen, die die Lebensqualität beeinträchtigen können. Alleine genommen haben Foramina Parietalia Permagna jedoch im Grunde keine klinische Bedeutung.
Dies geschieht erst, wenn sie mit Syndromen einhergehen. Zu den möglichen Syndromen gehören das FG-Syndrom, das Potocki-Shaffer-Syndrom, das Ritscher-Schinzel-Syndrom, Multiple kartilaginäre Exostosen und das Toriello-Syndrom.
Diagnose
Dank heutiger moderner Untersuchungsmethoden können FPPs bereits sehr früh schon beim Ungeborenen während der Gestation diagnostiziert werden. Manchmal handelt es sich jedoch aber auch um Zufallsbefunde im Erwachsenenalter. Im Rahmen einer klinischen Untersuchung sind die Öffnungen oft tastbar als abgeflachte Region oder als vergrößerte posteriore Fontanelle.
Gut zu sehen sind die Öffnungen in einem anterioren-posterioren Röntgenbild. In einer lateralen radiologischen Aufnahme jedoch ist es oft schwieriger, ein Foramen Parietale Permagnum zu erkennen. Eine CT-Bildgebung mit 3D-Rekonstruktion kann den ossären Defekt sehr genau abgrenzen und eine Kernspintomographie (MR) kann eventuelle intrakraniale Veränderungen sichtbar machen.
Sollte das FPP gleichzeitig mit Anomalien der Gefäße einhergehen, ist zusätzlich eine vaskuläre Bildgebung hilfreich. Eine pränatale Diagnostik während der Schwangerschaft wird empfohlen bei Familien, in denen ein bekannter Gendefekt, welcher mit Foramina Permagna einhergehen können, vorliegt.
Diese pränatale Diagnostik wird durchgeführt zwischen der 18. und 20. Schwangerschaftswoche und umfasst die Neurosonographie im Rahmen einer weiterführenden Ultraschalldiagnostik, sowie die molekulare Gendiagnostik für die Gene MSX2 und ALX4. Der Krankheitsverlauf ist meist aymptomatisch und benigne, doch eine spontane Verschließung ist äußerst unwahrscheinlich.
Komplikationen
Durch die Foramen Parietale Permagnum kommt es in den meisten Fällen nicht zu spezifischen Symptomen oder Beschwerden. Aus diesem Grund erfolgt die Diagnose der Foramen Parietale Permagnum auch relativ spät, wodurch eine frühzeitige Behandlung nicht möglich ist. Die Betroffenen leiden dabei an Kopfschmerzen, die allerdings nur sporadisch auftreten und nicht dauerhaft vorhanden sind. Ebenso kann es zu einer Verwirrtheit kommen, die allerdings ebenfalls nicht dauerhaft vorliegt.
Nicht selten leiden die Patienten auch an einer Gaumenspalte, wodurch die Lebensqualität erheblich verringert wird. Eines der beiden Augenlider hängt dabei nach unten ab. Durch die Kopfschmerzen kommt es nicht selten zu Depressionen oder zu anderen psychischen Verstimmungen. Nicht selten leiden die Betroffenen auch an einer Abgeschlagenheit oder an einer Gereiztheit und nehmen nicht mehr aktiv am Leben teil.
In der Regel ist der Betroffene durch die Foramen Parietale Permagnum auch in seinem Alltag eingeschränkt, sodass gewissen gefährliche Sportarten nicht durchgeführt werden sollten. Weiterhin kann die Krankheit durch einen operativen Eingriff behandelt werden. Dabei treten keine Komplikationen auf und es kommt nicht zu einer Verringerung der Lebenserwartung.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Beim Foramen Parietale Permagnum sollte ein Arzt aufgesucht werden. Diese Beschwerde kann zu erheblichen Einschränkungen im Alltag führen. Vor allem bei Kindern ist eine frühzeitige Behandlung notwendig, damit es nicht zu Störungen der Entwicklung kommt.
Der Arzt sollte aufgesucht werden, wenn am Scheitelbein eine Öffnung vorliegt. Auch starke Kopfschmerzen oder eine Fehlstellung des Kopfes können dabei auf das Foramen Parietale Permagnum hindeuten und sollten untersucht werden. In einigen Fällen leiden die Betroffenen auch an einer Gaumenspalte, wobei diese allerdings schon bei der Geburt erkannt und therapiert wird.
In den meisten Fällen führt das Foramen Parietale Permagnum nur zu Schmerzen am Kopf oder am Nacken. Sollten diese Schmerzen den Alltag erheblich einschränken und die Lebensqualität des Betroffenen verringern, so ist ein Besuch beim Arzt zu empfehlen. Die Behandlung der Erkrankung erfolgt bei einem Allgemeinarzt oder bei einem Orthopäden.
Meistens können die Beschwerden dadurch gelindert werden. Der Betroffene sollte beim Foramen Parietale Permagnum allerdings auf gefährliche Sportarten oder Tätigkeiten verzichten, bei welchen eine erhöhte Unfallgefahr vorherrscht. In den meisten Fällen kommt es bei dieser Krankheit zu einem positiven Krankheitsverlauf.
Behandlung & Therapie
Die Behandlung für ein vergrößertes Foramen Parietale erfolgt zumeist konservativ. Ein persistierendes Cranium bifidum allerdings rechtfertigt einen operativen Eingriff für den Verschluss. Mögliche assoziierte Kopfschmerzen und Krampfanfälle können medikamentös behandelt werden.
Das Risiko für eine penetrierende Verletzung des Gehirns ist zwar gering, kann aber Ängstlichkeit bei Patienten und Angehörigen verursachen, weshalb eine gute Edukation über die Anormalität des Schädels sehr wichtig ist. So sollten Eltern, betroffene Kinder und auch die Lehrer gut über das Krankheitsbild in Kenntnis gesetzt werden.
So können sie riskante Verhaltensweisen, die zu einer solchen Verletzung führen könnten, wie zum Beispiel Kontaktsportarten, möglichst zu vermeiden. Eine Kranioplastik wird nur für Riskogruppen für Schädelverletzungen, beispielsweise aktive Kinder, in Erwägung gezogen, doch der Einsatz eines solchen Eingriffes wird nach wie vor kontrovers diskutiert.
Aussicht & Prognose
Die Erkrankung basiert auf einem genetischen Defekt. Aufgrund rechtlicher Vorgaben darf die Genetik des Menschen nicht verändert werden. Aus diesem Grund findet eine symptomatische Behandlung statt. Die Prognose des Foramen Parietale Permagnum ist gebunden an den Umfang der vorhandenen Beschwerden. Eine vollständige Beschwerdefreiheit ist nicht zu erwarten.
Treten die Unregelmäßigkeiten wie Kopfschmerzen oder Krämpfe bei dem Patienten sporadisch und nicht sehr stark auf, findet eine medikamentöse Therapie Anwendung statt. Sobald sich die Beeinträchtigungen im Verlauf des Lebens zeigen, lindern die Wirkstoffe in den Arzneien die vorhandenen Beschwerden, bis nach einiger Zeit eine Genesung eintritt.
Diese Patienten berichten von Phasen der vollständigen Erholung und Zeiten, in denen eine Zunahme der Beschwerden zu beobachten sind. Oftmals sind die Entwicklungen abhängig von dem Lebenswandel und den Enwicklungen im unmittelbaren Umfeld des Betroffenen.
In schweren Fällen wird ein operativer Eingriff vorgenommen. In diesem wird die Schädeldecke verschlossen. Operationen sind stets mit verschiedenen Risiken und Nebenwirkungen verbunden. Treten Komplikationen auf, verschlechtert sich die Prognose für den Patienten. Bei einem erfolgreichen Eingriff tritt eine schnelle Verbesserung der allgemeinen Gesundheit auf. Kopfschmerzen oder Anfallsleiden lassen nach. Dennoch sind im Verlauf des Lebens einige Einschränkungen notwendig. Da die Verletzungsgefahr erhöht ist, muss die Schädeldecke vor Fremdeinwirkungen geschützt werden.
Vorbeugung
Als wichtigste Maßnahme zur Vorbeugung von Komplikationen gilt eine adäquate Edukation der Betroffenen und ihres Umfeldes. Risikohafte Sportarten mit viel Körpereinsatz oder andere gefährliche Verhaltensweisen sollten so gut wie möglich vermieden werden.
Wird der Schädelknochendefekt bereits pränatal diagnostiziert, so muss zusammen mit der Schwangeren das weitere Vorgehen geplant und abgesprochen werden. So reduziert ein elektiver Kaiserschnitt beispielsweise das Risiko einer traumatischen Verletzung des Gehirns während des Geburtsvorganges.
Nachsorge
Bei Foramen Parietale Permagnum sind in den meisten Fällen keine Möglichkeiten einer Nachsorge vorhanden. Diese sind allerdings auch nicht wirklich notwendig, da die Erkrankung durch einen operativen Eingriff vollständig und ohne Komplikationen behandelt werden kann. Nach der Behandlung verschwinden die Beschwerden vollständig.
Je früher Foramen Parietale Permagnum dabei erkannt wird, desto erfolgreicher ist in den meisten Fällen auch der weitere Verlauf dieser Erkrankung. Daher sollte schon bei den ersten Beschwerden, die auf die Krankheit hindeuten, ein Arzt aufgesucht werden. In den meisten Fällen wird bei Foramen Parietale Permagnum ein operativer Eingriff am Schädel durchgeführt, der die Beschwerden vollständig lindern soll.
Da es sich dabei um einen relativ schwerwiegenden und komplizierten Eingriff handelt, sollte sich der Patient danach auf jeden Fall ausruhen und seinen Körper nicht unnötig anstrengen. Dabei ist Bettruhe zu beachten, wobei auch stressige Aktivitäten zu vermeiden sind. Bei Kindern sollte vor dem Eingriff durch die Eltern eine Aufklärung erfolgen, damit es nicht zu unnötigen Angstgefühlen oder zu anderen psychischen Verstimmungen kommt.
Auch die Pflege und Unterstützung im Alltag durch die eigene Familie oder durch Freunde ist immer hilfreich und beschleunigt in der Regel die Heilung. Bei einer erfolgreichen Behandlung von Foramen Parietale Permagnum verringert sich auch nicht die Lebenserwartung des Patienten.
Das können Sie selbst tun
Zur Verbesserung der Lebensqualität sollte der Patient alles meiden, was Kopfschmerzen oder Beschwerden des Schädels auslösen könnte. Stress ist zu reduzieren und ebenso sind körperliche Überanstrengungen zu unterlassen. Hektik und Eile führen häufig zu einer inneren Anspannung, die einen negativen Einfluss auf den Organismus haben. Grübeleien und Streitigkeiten sollten vermieden werden, damit es zu keinem inneren Druckaufbau kommt. Sobald sich erste Kopfschmerzen zeigen, sind Ruhe und Schonung wichtig.
Ausreichender Schlaf, ausreichend Flüssigkeitsaufnahme und die Vermeidung von lauten Umgebungsgeräuschen helfen, um die Beschwerden zu lindern. Im Umgang mit den optischen Auffälligkeiten der Erkrankung ist ein starkes Selbstbewusstsein wichtig. Die Verwendung von Accessoires zur Abdeckung oder kosmetische Tricks können Anwendung finden. In den meisten Fällen stellt sich bei einem offenen Umgang mit der Erkrankung eine Akzeptanz der Menschen aus dem näheren sozialen Umfeld ein, so dass auf die Verwendung der Accessoires zunehmend verzichtet werden kann.
Zusätzlich helfen Gespräche mit Therapeuten, Angehörigen oder anderen Erkrankten, um die Wahrnehmung der Umgebung in Erfahrung zu bringen. Oftmals führt das zu kognitiven Veränderungen und Wandlungen der eigenen Einstellung, da sich viele Sorgen als unnötig zeigen. Der Austausch mit anderen Menschen trägt zusätzlich zum Abbau von Ängsten bei.
Quellen
- Murken, J., Grimm, T., Holinski-Feder, E., Zerres, K. (Hrsg.): Taschenlehrbuch Humangenetik. Thieme, Stuttgart 2011
- Rath, W., Gembruch, U., Schmidt, S. (Hrsg.): Geburtshilfe und Perinatologie: Pränataldiagnostik - Erkrankungen - Entbindung. Thieme, Stuttgart 2010
- Witkowski R., Prokop O., Ullrich E.: Lexikon der Syndrome und Fehlbildungen. Springer, Berlin 2003