Saethre-Chotzen-Syndrom
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 10. April 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Beim Saethre-Chotzen-Syndrom handelt es sich um eine Krankheit, die mit einer Kraniosynostose einhergeht. Das Saethre-Chotzen-Syndrom ist angeboren, da die Ursachen genetischer Natur sind. Die Erkrankung wird mit der Abkürzung SCS bezeichnet. Die Hauptbeschwerden des Saethre-Chotzen-Syndroms bestehen in einer Synostose der Kranznaht auf einer oder beiden Seiten, einer Ptose, einem asymmetrischen Gesicht, ungewöhnlich kleinen Ohren sowie einem Strabismus.
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Was ist das Saethre-Chotzen-Syndrom?
Das Saethre-Chotzen-Syndrom tritt relativ selten auf. Mit einer geschätzten Häufigkeit von 1:25.000 bis 1:50.000 kommt das Saethre-Chotzen-Syndrom allerdings etwas öfter vor als viele andere angeborene Erbkrankheiten. Typisch für das Saethre-Chotzen-Syndrom sind kraniofaziale Missbildungen. Dabei tritt eine Kraniosynostose gemeinsam mit einem Symphalangismus sowie Syndaktylien auf.
Das Saethre-Chotzen-Syndrom wird von manchen Ärzten mit den synonymen Begriffen Chotzen-Syndrom oder Akrozephalosyndaktylie-Syndrom Typ III bezeichnet. Grundsätzlich geht der geläufige Name des Saethre-Chotzen-Syndroms auf jene Personen zurück, die die Erkrankung 1931 zum ersten Mal wissenschaftlich beschrieben. Dabei handelt es sich um die beiden Mediziner Chotzen und Saethre.
Zudem existiert eine spezielle Ausprägung des Saethre-Chotzen-Syndroms, bei dem die Patienten neben den typischen Symptomen auch Anomalien an den Augenlidern aufweisen. Diese Besonderheit wird mit dem Begriff Robinow-Sorauf-Syndrom bezeichnet. Im Rahmen dieser Erkrankung sind die großen Zehen der Patienten gespalten oder liegen teilweise doppelt vor. Bisher wird vermutet, dass es sich bei dem Robinow-Sorauf-Syndrom um eine allele Variation des Saethre-Chotzen-Syndroms handelt.
Ursachen
Durch die genetischen Defekte auf diesem Gen fusionieren die Nähte des Schädels zu früh. Die Deletionen resultieren in einem deutlich vom Durchschnitt abweichenden Erscheinungsbild der betroffenen Patienten. Zudem sind sie in einigen Fällen dafür verantwortlich, dass manche am Saethre-Chotzen-Syndrom erkrankten Personen unter einer Einschränkung der geistigen Fähigkeiten leiden.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Die klinischen Symptome des Saethre-Chotzen-Syndroms fallen im Einzelfall verschieden aus. Typischerweise verfügen die betroffenen Personen als Neugeborene über eine Synostose, die sich im Bereich der Kranznaht ergibt. Diese Naht wird auch Lambdanaht oder Pfeilnaht genannt.
Aus diesem Grund weist der Schädel der Patienten eine ungewöhnliche Form auf. Außerdem finden sich im Gesicht der Personen oft deutliche Asymmetrien. Zusätzlich verfügen die Patienten meist über eine sehr hohe Stirn mit tiefem Haaransatz, verkleinerten Ohren und einem Strabismus. Auch eine Ptose, eine Brachydaktylie sowie eine Stenose der Tränengänge liegen häufig vor.
Mittel- und Zeigefinger sind im Bereich der Haut oftmals teilweise miteinander verbunden. Im überwiegenden Teil der Fälle verfügen die am Saethre-Chotzen-Syndrom erkrankten Menschen über einen durchschnittlichen Intelligenzquotienten. Bei einigen Betroffenen zeigen sich allerdings deutliche Verzögerungen in der intellektuellen Entwicklung.
Bei einem Teil der Personen mit Saethre-Chotzen-Syndrom bildet sich während der Kindheit eine Schwerhörigkeit heraus. Dabei handelt es sich oft um eine Schallleitungsschwerhörigkeit. In seltenen Fällen leiden die Patienten zusätzlich zu den generellen Beschwerden an einem Kleinwuchs, einem hypoplastischen oberen Kieferknochen, Missbildungen des Herzens oder einem Hypertelorismus.
Zudem zeigen einige der Patienten eine Gaumenspalte, Fehlbildungen der Wirbelknochen, eine Uvula bifida sowie eine obstruktive Schlafapnoe. Wenn die Synostose besonders stark ausgeprägt ist, ergeben sich für die betroffenen Patienten unter Umständen Beeinträchtigungen des Sehsinns, Schmerzen im Bereich des Kopfes durch einen gesteigerten Innendruck des Schädels sowie epileptische Krampfanfälle. Im Extremfall versterben die Personen an den Folgen ihrer Beschwerden.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Die Diagnose des Saethre-Chotzen-Syndroms wird in der Regel von einem spezialisierten Facharzt gestellt. Der Allgemeinarzt oder der Kinderarzt überweisen den Patienten an den entsprechenden Spezialisten. Eine erste Anamnese in Anwesenheit der Sorgeberechtigten bei den meist kindlichen Patienten gibt Auskunft über das vorliegende Beschwerdebild.
Die klinische Untersuchung stützt sich auf die typischen Beschwerden, die in manchen Fällen bereits stark auf das Saethre-Chotzen-Syndrom hindeuten. Im Vordergrund stehen dabei Sichtuntersuchungen des Phänotyps sowie diverse bildgebende Verfahren. Dabei setzt der behandelnde Arzt zum Beispiel Röntgen- und CT-Techniken ein. Diese fokussieren in der Regel auf den Bereich des Schädels, der Extremitäten sowie der Wirbelsäule.
Eine sichere Diagnose des Saethre-Chotzen-Syndroms ist letztendlich mit der Hilfe eines genetischen Labortests möglich. Wird dabei eine Deletion oder eine Punktmutation auf dem zuständigen Gen identifiziert, gilt die Diagnose des Saethre-Chotzen-Syndroms als gesichert. Ebenfalls spielt die Differentialdiagnose eine wichtige Rolle, da einige Symptome des Saethre-Chotzen-Syndroms mitunter verwechselt werden. Der Arzt schließt das Crouzon-Syndrom, das Baller-Gerold-Syndrom, das Pfeiffer-Syndrom und das Muenke-Syndrom aus.
Komplikationen
Liegen Missbildungen des Herzens vor, kann es als Spätfolge zu Herzversagen kommen. Des Weiteren treten im Verlauf der Erkrankung immer wieder epileptische Krampfanfälle auf, die das Unfallrisiko erhöhen. Im schlimmsten Fall versterben die Betroffenen an den Folgen der vielfältigen Beschwerden. Auch bei einem positiven Verlauf kommt es unweigerlich zu körperlichen und geistigen Komplikationen. Die chirurgische Behandlung der einzelnen Fehlbildungen ist immer mit Risiken verbunden.
Während eines Eingriffs können Blutungen und Infekte sowie Nervenverletzungen auftreten. Danach kann es zu Wundheilungsstörungen, Entzündungen und Narbenbildung kommen. Die begleitend zur chirurgischen Behandlung verschriebenen Medikamente müssen genau auf die Leiden des Patienten abgestimmt werden. Ansonsten kann es aufgrund der unterschiedlichen geistigen und körperlichen Störungen zu lebensbedrohlichen Neben- und Wechselwirkungen kommen.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Das Saethre-Chotzen-Syndrom muss immer durch einen Arzt untersucht und behandelt werden. Unbehandelt kann es zu schwerwiegenden Komplikationen kommen, die das Leben des Betroffenen erheblich einschränken. Da es sich bei diesem Syndrom um eine genetische Erkrankung handelt, kann diese auch nicht vollständig geheilt werden. Der Patient ist daher auf eine rein symptomatische Behandlung angewiesen. Sollte beim Betroffenen ein Kinderwunsch vorliegen, kann auch eine genetische Beratung durchgeführt werden, um das Vererben des Syndroms an die Kinder zu verhindern.
Ein Arzt ist dann aufzusuchen, wenn der Patient unter einer deutlich verzögerten Entwicklung leidet. Dabei ist vor allem die intellektuelle Entwicklung stark eingeschränkt. Auch eine Schwerhörigkeit oder ein Kleinwuchs können auf das Saethre-Chotzen-Syndrom hindeuten und sollten immer durch einen Arzt untersucht werden. In den meisten Fällen treten auch Fehlbildungen am Herzen auf, sodass der Betroffene auf regelmäßige Untersuchungen des Herzens angewiesen ist.
Eine erste Untersuchung und Diagnose des Saethre-Chotzen-Syndroms kann dabei durch einen Allgemeinarzt oder durch einen Kinderarzt durchgeführt werden. Die weitere Behandlung erfolgt allerdings bei verschiedenen Fachärzten und richtet sich nach der Schwere der Fehlbildungen.
Behandlung & Therapie
Die Patienten mit Saethre-Chotzen-Syndrom unterziehen sich schon im Kindesalter diversen operativen Eingriffen. Dabei kommt in der Regel eine Kranioplastik zum Einsatz. Die verengten Luftwege werden geweitet sowie die Gaumenspalte geschlossen. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen überwachen das Hörvermögen und die intellektuelle sowie motorische Entwicklung. Wichtig ist zudem, eine mögliche Amblyopie rechtzeitig zu erkennen. Gleiches gilt für ein Papillenödem mit chronischem Verlauf.
Vorbeugung
Dem Saethre-Chotzen-Syndrom lässt sich nach aktuellem Forschungsstand nicht vorbeugen.
Nachsorge
Der Umfang der Nachsorgemaßnahmen beim Saethre-Chotzen-Syndrom (SCS) orientiert sich an der Art der Symptome der Erkrankung und deren jeweiligen Schweregrad. Symptomatisch kann das SCS Deformationen beim Kopf, dem Mittelgesicht, der Wirbelsäule sowie den Extremitäten und Gelenken verursachen. In der Mehrzahl der Krankheitsfälle entwickeln sich die vorgenannten Körperteile nicht regelgerecht. Schwere sekundäre Erkrankungen können der Deformation folgen.
Aufgabe der Nachsorge ist es, Sekundärerkrankungen des SCS möglichst frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Im Mittelpunkt der Nachsorgemaßnahmen steht das Beobachten des Krankheitsverlaufs. Deformationen im Kopfbereich zum Beispiel werden in der Regel operativ umgeformt. Eine Erblindung des Betroffenen ist so vermeidbar. Bei der Nachsorge der Umformung untersucht vierteljährlich ein Augenarzt bis zum 12. Lebensjahr des Betroffenen dessen Sehnerven.
Die Nachsorgeuntersuchungen zielen darauf ab, möglichst frühzeitig zu erkennen, ob und inwieweit der Schädel erneut zu eng ist und gegebenenfalls eine Erblindung droht. Mit der Umformung des Schädels können in Einzelfällen beim Betroffenen auch epileptische Anfälle auftreten. Diese sind bei der Nachsorge medikamentös behandelbar.
Die Entwicklung der Epilepsie ist im weiteren Krankheitsverlauf engmaschig mittels elektroenzephalografischen Aufnahmen (EEG) neurologisch zu beobachten. Deformationen in den verbleibenden vier Körperteilen führen symptomatisch regelmäßig zu Bewegungseinschränkungen. Die Nachsorge fokussiert sich grundsätzlich auf das Steigern der Beweglichkeit mittels Krankengymnastik. Schmerzende Körperteile werden medikamentös versorgt.
Das können Sie selbst tun
Die Möglichkeiten der Selbsthilfe sind bei dem Saethre-Chotzen-Syndrom auf einen optimalen Umgang mit der Erkrankung ausgerichtet. Der Patient sowie die Angehörigen sind verschiedenen Herausforderungen bei der Bewältigung ausgesetzt, auf die sie möglichst umfangreich vorbereitet sein sollten.
Bereits frühzeitig ist auf den Aufbau des Selbstbewusstseins des Patienten zu achten. Aufgrund der optischen Auffälligkeiten stellt die Störung im Alltag eine besondere Schwierigkeit dar, denen der Patient emotional gewachsen sein sollte. Hierfür kann zusätzlich die Hilfe und Unterstützung eines Psychotherapeuten in Anspruch genommen werden. Da es zu Einschränkungen der geistigen Fähigkeiten kommt, ist auf die Entwicklung des Kindes Rücksicht zu nehmen. Ein Vergleich mit gleichaltrigen Spielkameraden ist zu unterlassen. Der Prozess des Lernens sollte zudem auf die Möglichkeiten und Kompetenzen des Patienten ausgerichtet werden.
Im Krankheitsverlauf kommt es bereits in den ersten Lebensjahren häufig zu mehreren operativen Eingriffen. Zur Bewältigung dieser Herausforderungen sollte der Organismus mit einer gesunden und vitaminreichen Ernährung unterstützt werden. Eine optimale Schlafhygiene und die Vermeidung von Stress helfen ebenfalls bei einer Linderung von Beschwerden. Viele Patienten erleiden neben den Fehlbildungen eine Schwerhörigkeit. Dieser Umstand ist im Alltag bei der Reduzierung von Unfallgefahren sowie der Sprachgebung zu berücksichtigen. Gezielte Trainings helfen bei einer Verbesserung des Sprachvermögens und der Kommunikation mit anderen Menschen.
Quellen
- Gortner, L., Meyer, S., Sitzmann, F.C.: Duale Reihe Pädiatrie. Thieme, Stuttgart 2012
- Niethardt, F.U.: Kinderorthopädie. Thieme, Stuttgart 2009
- Witkowski R., Prokop O., Ullrich E.: Lexikon der Syndrome und Fehlbildungen. Springer, Berlin 2003