Hämatopoese (Blutbildung)
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Hämatopoese ist das fachsprachliche Wort für Blutbildung. Es handelt sich dabei um einen hochkomplexen Prozess, der größtenteils im Knochenmark stattfindet.
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Was ist die Hämatopoese?
Die Blutbildung dient zur Versorgung des Körpers mit Blutzellen. Es ist wichtig, dass sie kontinuierlich sowie dem aktuellen Bedarf entsprechend abläuft, damit ständig eine ausreichende Zahl vorhanden ist.
Die unterschiedlichen Blutzellen weisen verschiedene durchschnittliche Lebensdauern auf. So leben Erythrozyten, die roten Blutkörperchen, etwa 120 Tage, während es die Thrombozyten, die Blutplättchen nur auf circa 5 bis 12 Tage Lebenszeit bringen. Letztlich werden im Knochenmark eines gesunden Erwachsenen Tag für Tag Milliarden neuer Blutzellen gebildet.
Ausgangspunkt für die Hämatopoese ist eine multipotente hämatopoetische Stammzelle, die dann Zellteilungen sowie Differenzierungsschritte durchläuft, sodass sie sich immer mehr spezialisiert. Der Begriff "multipotent" bedeutet, dass der betreffenden Zelle noch alle Entwicklungswege offen stehen, ihr weiteres Schicksal ist bislang nicht festgelegt.
Die erste wichtige Differenzierung der multipotenten Zelle erfolgt dann entweder in eine myeloische oder eine lymphatische Vorläuferzelle. Jetzt ist die weitere Entwicklung für sie determiniert, was bedeutet, dass ihr nur noch wenige Varianten der Entwicklung offen stehen.
Funktion & Aufgabe
Die Erythrozyten sind die roten Blutkörperchen. Sie sind für den Sauerstoff- und Kohlenstoffdioxidtransport zuständig. Ihr Bildungsprozess wird als Erythropoese bezeichnet. Die früheste Zellstufe der Erythropoese ist der Proerythroblast. Dabei handelt es sich um eine mit einem Durchmesser von 20µm verhältnismäßig große Zelle, die einen zentral gelegenen Kern aufweist. Aus dem Proerythroblasten entstehen durch Zellteilungen immer kleinere Erythroblasten. Ihr Zelldurchmesser verringert sich dabei kontinuierlich, während der Hämoglobingehalt zunimmt.
Im letzten noch im Knochenmark stattfindenden Entwicklungsschritt stoßen die Erythroblasten ihre Kerne aus. Sie werden dadurch zu Retikulozyten. Diese sind mikroskopisch durch die sogenannte Substantia granulofilamentosa von den fertigen roten Blutkörperchen zu unterscheiden. Ihre Zahl im peripheren Blut ist proportional zum Grad der zu diesem Zeitpunkt ablaufenden Erythropoese. Vorwiegend in der Milz erfolgt schließlich die Reifung zum Erythrozyten.
Thrombozyten werden auch Blutplättchen genannt. Ihre Funktion ist es, Gewebsdefekte zu verschließen. Sie spielen folglich eine wichtige Rolle in der Wundheilung und Blutgerinnung. Die Thrombozytopoese läuft ebenfalls über einige Zwischenstufen. Im einzelnen heißen diese Hämzytoblast, Megakaryoblast, Promegakaryozyt und Megakaryozyt. Schließlich schnüren sich aus den Megakaryozyten die Thrombozyten ab.
Granulozyten stehen im Dienste der zellulären Immunabwehr. Ihre Entwicklung vollzieht sich über die Stufen Hämzytoblast, Myeloblast, Promyelozyt, Myelozyt und Metamyelozyt. Daraus entsteht dann der stabkernige neutrophile Granulozyt, der sich noch einmal zum segmentkernigen neutrophilen Granulozyten ausdifferenziert. Letztlich machen die Segmentkernigen im peripheren Blut einen Anteil von 45 bis 70% an allen Leukozyten aus.
Monozyten entwickeln sich über die Stufen Hämzytoblast, Monoblast, Promonozyt und Monozyt. Die Monozyten zirkulieren erst im Blut, wandern dann aber ins Gewebe aus und werden dort zu Makrophagen. Diese sind Fresszellen, die potenziell krankmachende Stoffe phagozytieren und somit unschädlich machen.
Lymphozyten haben die Aufgabe, Infektionserregen und körpereigenes entartetes Gewebe unschädlich zu machen. Die Lymphopoese beginnt wie die anderen Arten der Hämatopoese im Knochenmark. Einige Lymphozyten bleiben dort bis zum Ende ihrer Entwicklung. Sie werden als B-Lymphozyten bezeichnet. Bei anderen Lymphozyten findet die letzte Differenzierung im Thymus statt. Sie heißen dann T-Lymphozyten.
Krankheiten & Beschwerden
Auch chronische Infektionen und rheumatische Erkrankungen können hervorrufen, dass die Bildung von Erythrozyten für den aktuellen Bedarf zu langsam abläuft. Daneben sind noch eine Reihe weiterer Ursachen für eine Anämie möglich. Nur selten kommt eine pathologisch gesteigerte Erythropoese vor. Der Grund für eine solche sind in den meisten Fällen Tumorerkrankungen.
Entspricht die Thrombozytopoese nicht dem gerade bestehenden Bedarf, so wird dieser Zustand als Thrombozytopenie bezeichnet. Es liegt ein Mangel an Blutplättchen vor, der insbesondere bei Verletzungen gefährlich werden kann. Dann kommt es nämlich zu kaum stoppbaren Blutungen.
Ein Zuviel an Thrombozyten heißt dagegen Thrombozytose. Hier liegen meist myeloproliferative Erkrankungen zugrunde, bei denen die Zellentwicklung an sich gestört ist. Auch infolge einer Splenektomie oder eines großen Blutverlustes kann es zu einer vorübergehenden Thrombozytose kommen.
Unbedingt abgeklärt werden sollte eine Leukopenie, also eine Verminderung der weißen Zellreihe. Da die Leukozyten wichtige Aufgaben der Immunabwehr übernehmen, können selbst leichte Infektionen in diesem Fall lebensbedrohliche Verläufe nehmen. Auch hier kann eine Bildungsstörung im Knochenmark ursächlich sein, manchmal ist aber auch ein erhöhter Verbrauch, wie er im Rahmen einer Infektionskrankheit auftreten kann, der Grund. Die Therapie richtet sich nach der Ursache. Bei starken Leukopenien werden Antibiotika sowie Antimykotika verabreicht, um die geschwächte körpereigene Abwehr zu unterstützen.
Quellen
- Arasteh, K., et. al.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
- Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013