Humane Herpesviren

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 14. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Humane Herpesviren sind wirtsspezifische Viren aus der Familie der Herpesviridae, die allesamt humanpathogen sind. Zu dieser Gruppe der Infektionen zählt neben Lippenherpes vor allem Genitalherpes, deren Erreger beide lebenslang in ihrem Wirt zurückbleiben. Für Humane Herpesviren jeder Art ist ein Wechsel zwischen aktivem und inaktivem Zustand charakteristisch.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Humane Herpesviren?

Ein besonderes Merkmal von Herpesviridae ist die Persistenz. Nach einer Erstinfektion bleiben sie lebenslang im Wirt erhalten, ohne eine Erkrankung hervorzurufen.
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Die Virenfamilie der Herpesviridae besteht aus behüllten Viren mit einem Genom aus doppelsträngiger, linearer DNA. Die einzelnen Vertreter zählen zu den größten Viren. Derzeit sind rund 170 Virusspezies aus der Familie der Herpesviren bekannt. Sie stehen mit unterschiedlichen Wirbeltieren in Beziehung, so unter anderem mit Säugetieren, Vögeln, Reptilien oder Fischen. Die meisten Spezies aus der Familie der Herpesviren sind wirtsspezifisch und können damit nicht von Art zu Art wechseln.

Viele der Vertreter können unterschiedliche Krankheiten hervorrufen. Die Virionen der Virusfamilie messen bis zu 200 nm im Durchmesser und tragen eine unregelmäßig eingedellte Virushülle, die hochempfindlich ist. Zwischen der Hülle und dem Kapsid liegt ein relativ großer Matrixraum mit Strukturproteinen. Die Tegumentproteine sind teils in die Membran eingelagert oder Kapsid-gebunden.

Als eine wirtsspezifische Spezies der Herpesviridae gilt die Art der Humanen Herpesviren, die ausschließlich den Menschen befallen kann. Diese neurotropen Viren sind humanpathogen und umfassen neben dem Lippenherpes (Herpes simplex Typ1) den Genitalherpes (Herpes simplex Typ2), das Varizella-Zoster-Virus sowie den Erreger des Pfeifferschen Drüsenfiebers und das Zytomegalievirus. Insgesamt existieren acht Humane Herpesviren.

Vorkommen, Verbreitung & Eigenschaften

Ein besonderes Merkmal von Herpesviridae ist die Persistenz. Nach einer Erstinfektion bleiben sie lebenslang im Wirt erhalten, ohne eine Erkrankung hervorzurufen. Die Übertragung mit Humanen Herpesviren erfolgt zunächst über die Epithelzellen. Die Alpha-Herpesviren infizieren also zuerst Haut- oder Schleimhautzellen und vermehren sich an dieser Stelle stark. Durch die starke Virusvermehrung sterben die infizierten Zellen des Organismus ab.

Das Immunsystem erkennt die Infektion zwar, bevor es aber erfolgreich intervenieren kann, breiten sich die Viren weiter aus. Sie greifen von den Epithelzellen der Haut und Schleimhaut auf bestimmte Nervenzellen über. Innerhalb der Zellkerne von einzelnen Neuronen legen sie neben der Neuronen-DNA ihre eigene, virale DNA in Form von episoomaler DNA ab.

Die virale DNA erreicht auf diese Weise den Kern und schließt sich dort zu einem Ring. In der geschlossenen Ringform verbleibt die virale DNA über Jahre in den befallenen Nervenzellen. Das Virus verhält sich ab diesem Zeitpunkt still und wird daher nicht vom menschlichen Immunsystem entdeckt. Bei dieser Art der Infektion ist von einer latenten Infektion die Rede.

In eine aktive Form geht diese Infektion erst unter bestimmten Einflüssen über. Zu den aktivierenden Einflüssen zählt vor allem Immunsuppression, wie sie im Rahmen von Stress auftreten kann. Sobald das Immunsystem des Betroffenen geschwächt ist, kann es die Viren nicht mehr erfolgsversprechend bekämpfen. Humane Herpesviren warten sozusagen innerhalb von Neuronen solche Zeiten und Zustände ab, die für sie ungefährlich sind.

Bei Immunsuppression durch Stress, Krankheit, zu viel UV-Licht oder Hormonschwankungen geht das inaktive Virus wieder in einen aktiven Zustand über. Nach der Reaktivierung zerstört es die Nervenzellen, befreit sich selbst und geht von dort aus erneut auf die Epithelzellen über. Auf diese Weise bricht eine akute Herpeserkrankung aus. Sobald das Immunsystem des Wirts wieder stärker ist, ziehen sich die Viren erneut in die Nervenzellen zurück und verhalten sich passiv. Dieser Kreislauf setzt sich ein Leben lang fort.

Humane Herpesviren sind in jedem Fall humanpathogen. Allerdings rufen sie durch den charakteristischen Wechsel zwischen aktivem und inaktivem Zustand in bestimmten Phasen keine Symptome hervor, obwohl sie sich noch im Körper befinden.

Die häufigste Infektionsart mit Humanen Herpesviren ist der enge Kontakt zu einer infizierten Person. Besonders über die Bläschen einer HSV 1 Infektion können sich andere Personen infizieren, mit dem Lippenherpes zum Beispiel beim Küssen. Die Übertragung von HSV 2, dem Genitalherpes, erfolgt in den meisten Fällen durch sexuellen Kontakt.


Krankheiten & Beschwerden

Rund 85 Prozent der Bevölkerung sind weltweit mit HSV-1 infiziert. Weitere 25 Prozent tragen eine HSV-2-Infektion. Etwa ein Drittel der Betroffenen leidet an immer wieder auftretenden Beschwerden.

Grundsätzlich hängen die Symptome einer Herpesinfektion von der Virenspezies ab. Das Herpes Simplex Virus 1 ist der bekannteste und verbreitetste Vertreter aus der Familie der Herpesviridae. Dieses Virus ruft in seinen aktiven Phasen Bläschen der Haut und Schleimhaut hervor. Lippenherpes führt im Bereich der Lippen zur Blasenbildung.

Bei Genitalherpes bzw. HSV 2 entstehen Ulzerationen auf dem Penis oder der Vagina. In Einzelfällen begleitet rektale Manifestation die Genitalmanifestation des HSV 2.

Gelegentlich rufen die Viren Entzündungen innerhalb des Gehirns hervor. Diese Art der Gehirnentzündung betrifft in der Regel den Temporallappen oder das Frontalhirn. Derartige Entzündungen äußern sich in funktionalen Beeinträchtigungen und Ausfällen der befallenen Gehirnbereiche.

An grippeähnliche Symptome schließt ein fieberhafter Infekt an. Psychomotorische Verlangsamung und die Symptomatik eines hirnorganisch ausgelösten Psychosyndroms sind die Folge. Darüber hinaus können bei dieser Verlaufsform Sprachstörungen auftreten. In Einzelfällen treten fokale Anfälle hinzu. Sekundäre Generalisierung ist denkbar.

Eine Hirnentzündung entsteht immer dann, wenn die Viren über die Nase aufgenommen werden. Entlang der Riechschleimhäute erreichen sie in diesem Fall das Gehirn. Unter 200 000 Menschen ist durchschnittlich allerdings nur einer von HSV-Infektionen mit Gehirnentzündung betroffen.

Quellen

  • Alberts, B. et al: Molekularbiologie der Zelle. Wiley-VCH, Weinheim 2003
  • Darai, G., Handermann, M. et al: Lexikon der Infektionskrankheiten des Menschen. Springer, Berlin 2011
  • Wiedenmann, M.: Hygiene im Rettungsdienst. Urban & Fischer, München 2011

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