Hyperinsulinismus

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Der Hyperinsulinismus stellt einen Zustand erhöhter Insulinkonzentration im Blut dar, welcher eine Hypoglykämie (Unterzuckerung) zur Folge hat. Die Unterzuckerung verursacht oft schwerste gesundheitliche Probleme, die zum Koma oder gar Tod führen können.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Hyperinsulinismus?

Der Hyperinsulinismus ist durch ständiges Schwitzen, Zittern sowie durch Blässe gekennzeichnet. Beim kongenitalen Hyperinsulinismus treten diese Symptome bereits ab der Geburt auf.
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Es wird zwischen Hyperinsulinismus und Hyperinsulinämie unterschieden. Während bei der Hyperinsulinämie die Insulinkonzentrationen nur zeitweise erhöht sind, ist der Hyperinsulinismus durch dauerhaft erhöhte Insulinwerte im Blut gekennzeichnet. Für die erhöhten Konzentrationen im Blut gibt es mehrere Ursachen.

Am häufigsten handelt es sich um einen kongenitalen Hyperinsulinismus, der genetisch bedingt ist und bereits von Geburt an besteht. Insulin als Hormon der Bauchspeicheldrüse ist für die Regulierung des Blutzuckerspiegels verantwortlich. Es sorgt für die Einschleusung von Glukose in die Körperzellen. Je mehr Insulin vorhanden ist, desto mehr Glukose wird in die Zellen transportiert. Der Blutzuckerspiegel sinkt immer mehr und erreicht zu niedrige Werte.

Deshalb kann der Körper nicht mehr ausreichend mit Glukose versorgt werden. Besonders das Gehirn ist auf Glukose angewiesen. Wenn die Glukosezufuhr ins Gehirn zu gering wird, kann es wichtige Funktionen nicht mehr ausreichend erfüllen. In schweren Fällen treten oft Koma und Tod ein. In leichteren Fällen von Hyperinsulinismus versucht der Körper, durch vermehrte Nahrungsaufnahme die Unterzuckerung auszugleichen.

Ursachen

Ein Hyperinsulinismus kann entweder durch eine dauerhaft erhöhte Insulinproduktion in der Bauchspeicheldrüse oder durch einen verzögerten Abbau von Insulin hervorgerufen werden. Meist wird jedoch verstärkt Insulin produziert. So wird beispielsweise ein Diabetes vom Typ II durch eine verringerte Insulinresistenz verursacht.

Das bedeutet, dass zwar genügend Insulin vorhanden ist, welches aber durch fehlende Insulinrezeptoren eine geringere Wirksamkeit aufweist. Die Bauchspeicheldrüse versucht nun, die Insulinwirksamkeit durch eine erhöhte Insulinproduktion auszugleichen. In diesem Fall bleibt der Blutzuckerspiegel jedoch erhöht oder erreicht maximal normale Werte.

Ein Hyperinsulinismus mit Unterzuckerung entwickelt sich bei einem speziellen Tumor der Bauchspeicheldrüse (Insulinom) oder bei einer genetisch bedingten Überproduktion von Insulin. Der sogenannte genetisch bedingte kongenitale Hyperinsulinismus ist die häufigste Form des Hyperinsulinismus. Dieser kann wiederum in einen fokalen und diffusen Hyperinsulinismus aufgeteilt werden.

Beim fokalen kongenitalen Hyperinsulinismus gibt es meist nur eine betroffene Stelle in der Bauchspeicheldrüse. Der diffuse Hyperinsulinismus ist dadurch gekennzeichnet, dass alle Inselzellen vermehrt Insulin bilden. Die Insulinproduktion kann außerdem auch durch psychische Einflüsse oder durch eine leicht reagible Bauchspeicheldrüse erhöht sein.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Der Hyperinsulinismus ist durch ständiges Schwitzen, Zittern sowie durch Blässe gekennzeichnet. Beim kongenitalen Hyperinsulinismus treten diese Symptome bereits ab der Geburt auf. Des Weiteren werden Verhaltensauffälligkeiten, Lethargie, Krampfanfälle und Bewusstseinsstörungen beobachtet. Die Symptome können schnell durch Glukosegabe behandelt werden.

Danach sinkt der Blutzuckerspiegel jedoch erneut sehr stark. In schweren unbehandelten Fällen kann die Erkrankung tödlich enden oder schwere geistige Entwicklungsstörungen hervorrufen. Bei den ganz milden Formen des Hyperinsulinismus führt oft ein ständiges Hungergefühl zu vermehrter Nahrungsaufnahme. Als Resultat kann es zu einer hochgradigen Adipositas kommen.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Die Diagnose des Hyperinsulinismus erfolgt durch Blutuntersuchungen. Dabei werden Insulinspiegel, Nüchternblutzucker im Blut und Ketonkörper im Serum gemessen. Wenn im nüchternen Zustand der Insulinspiegel über 3 U/l liegt und der Blutzuckerspiegel erniedrigt ist, kann von einem Hyperinsulinismus gesprochen werden.

Die Konzentration der Ketonkörper ist erniedrigt, weil Insulin die Lipolyse hemmt und dadurch weniger Ketonkörper aus dem Fettsäureabbau entstehen können. Die Besserung der Symptome durch Glukosegabe oder die Gabe von Glucagon deutet auch auf einen Hyperinsulinismus hin. Schließlich kann durch bildgebende Verfahren wie die Sonografie das Pankreasgewebe beurteilt werden.

Außerdem ist die Sonografie auch geeignet, einen Tumor als Ursache des Hyperinsulinismus auszuschließen. Bei der Beurteilung des Pankreasparenchyms geht es darum, einen fokalen von einem diffusen Hyperinsulinismus zu unterscheiden. Die Unterscheidung ist sehr wichtig für die Konzipierung der Behandlungsstrategie.

Komplikationen

Durch den Hyperinsulinismus kommt es zu einer starken Unterzuckerung des Patienten. Diese kann zu verschiedenen gesundheitlichen Beschwerden und Komplikationen führen. In vielen Fällen verlieren Menschen bei einer Unterzuckerung das Bewusstsein oder fühlen sich krank und abgeschlagen. Die Belastbarkeit des Betroffenen sinkt erheblich und der Herzschlag verstärkt sich schon bei leichten Tätigkeiten.

Ebenso wirkt der Betroffene blass und kann sich kaum konzentrieren. Es treten Störungen des Bewusstseins auf und der Patient leidet an Schweißausbrüchen und an Krampfanfällen. Die Lebensqualität wird durch den Hyperinsulinismus erheblich eingeschränkt. Falls die Krankheit bei Kindern eintritt, kann diese zu erheblichen Störungen der Entwicklung führen, was in der Regel zu Folgeschäden im Erwachsenenalter führen kann.

Das Hungergefühl wird durch den Hyperinsulinismus verstärkt und der Patient neigt dabei zu einer verstärkten Nahrungsaufnahme, wodurch sich Fettleibigkeit und Übergewicht entwickeln können. Bei der Behandlung der Krankheit kommt es nicht zu besonderen Komplikationen. Dabei werden vor allem Medikamente eingesetzt, die die Beschwerden relativ schnell beseitigen können. Nur in seltenen Fällen ist ein operativer Eingriff notwendig. Bei einer frühzeitigen Behandlung wird die Lebenserwartung des Betroffenen nicht verringert.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Menschen, die bereits bei leichten Bewegungen oder der Verrichtung alltäglicher Aufgaben grundsätzlich schnell schwitzen, sollten einen Arzt zur Abklärung der Beschwerden aufsuchen. Nervosität, anhaltendes Zittern der Gliedmaßen oder eine blasse Gesichtsfärbung sind Hinweise auf Unstimmigkeiten. Ein Arztbesuch ist nötig, sobald die Symptome über mehrere Tage oder Wochen anhalten sowie an Intensität zunehmen.

Krampfbildungen am Körper, Auffälligkeiten des Verhaltens oder eine Lethargie, sind ärztlich untersuchen zu lassen. Treten die Beschwerden bereits bei einem neugeborenen Kind auf, ist dies dem Kinderarzt unverzüglich mitzuteilen. Bei Störungen des Bewusstseins oder einer Bewusstlosigkeit muss schnellstmöglich eine ärztliche Versorgung stattfinden, damit das Überleben des Betroffenen gesichert wird. In schweren Fällen ist ein Notarzt zu rufen. Bis zu dessen Ankunft müssen Erste Hilfe Maßnahmen ergriffen und die Atemzufuhr gesichert werden. Bei einem plötzlichen Zusammenbruch, unverhofften Verhaltensauffälligkeiten oder starken Stimmungsschwankungen besteht Anlass zur Sorge.

Bei einem Abfall des gewohnten Leistungsniveaus, einem verminderten Antrieb und einer inneren Unruhe ist ein Arztbesuch anzuraten. Allgemeine Schwäche, ein starkes Hungergefühl und Störungen der Nahrungsaufnahme sollten mit einem Arzt besprochen werden. Kommt es zu Unregelmäßigkeiten der Verdauung, Veränderungen des Gewichts oder einem erhöhten Schlafbedarf, sind die Beobachtungen von einem Arzt untersuchen zu lassen.

Behandlung & Therapie

Die Behandlung des Hyperinsulinismus richtet sich nach seiner Ursache. Als konservative Behandlungsmethoden gilt die orale oder intravenöse Substitution von Glukose. Zusätzlich kann auch das Hormon Glucagon substituiert werden. Glucagon ist der Gegenspieler von Insulin und sorgt für den Abbau des in der Leber gespeicherten Glukogens zu Glukose.

Gleichzeitig kann eine medikamentöse Behandlung mit Diazoxid oder Nifedipin erfolgen. Diazoxid öffnet die ATP-sensitiven Kaliumkanäle. Nifedipin sorgt für die Hemmung der Kalziumkanäle. Damit wird die Insulinsekretion gehemmt. Wenn die konservativen Methoden nicht zur Besserung der Symptomatik führen, kann auch eine chirurgische Entfernung der überaktiven Inselzellen in Betracht gezogen werden.

Beim fokalen Hyperinsulinismus ist so oft eine vollständige Heilung möglich. Hier wird nur die betroffene Stelle der Bauchspeicheldrüse entfernt. Bei einem diffusen Hyperinsulinismus müsste eine vollständige Resektion der Inselzellen erfolgen. Dabei entwickelt sich jedoch ein Diabetes vom Typ I. Deshalb wird versucht, in diesem Fall durch eine medikamentöse Behandlung den größtmöglichen Erfolg zu erlangen, damit keine Operation notwendig wird.

Es hat sich jedoch herausgestellt, dass es noch einen atypischen Hyperinsulinismus gibt, der beide Formen des kongenitalen Hyperinsulinismus in sich vereinigt. Beim atypischen Hyperinsulinismus gibt es mehrere hochaktive Stellen in der Bauchspeicheldrüse. Durch bildgebende Verfahren können diese aufgespürt werden. Auch hier kann eine chirurgische Entfernung der betroffenen Stellen gegebenenfalls eine vollständige Heilung herbeiführen.


Aussicht & Prognose

Der Hyperinsulinismus löst schwerwiegende Komplikationen aus, wenn keine medizinische Versorgung in Anspruch genommen wird. Die Prognose ist in diesen Fällen äußerst ungünstig. Es kommt zu einer Unterzuckerung sowie schweren lebensbedrohlichen Folgen. Der Patient kann das Bewusstsein verlieren und in ein Koma fallen. Dieser Zustand ist potentiell lebensgefährlich oder kann irreparable Schäden nach sich ziehen.

Bei einer Behandlung verbessern sich die Aussichten auf eine Linderung der Beschwerden. Maßgeblich ist dennoch die Ursache des Hyperinsulinismus. Bei einer Tumorerkrankung sind das Stadium und die Heilbarkeit des Tumors entscheidend für die Gesamtprognose. Wird der Tumor frühzeitig entdeckt und vollständig entfernt, kann mit einer anschließenden Krebstherapie eine gute Prognose gegeben werden. In den meisten Fällen wird im Anschluss eine Langzeittherapie eingeleitet, bei der eine deutliche Verbesserung der Beschwerden stattfindet. Besteht keine Aussicht auf eine Heilung der Krebstherapie, findet eine medikamentöse Behandlung zur Linderung vorhandener Beschwerden statt. Die Betreuung des Patienten wird in diesen Fällen auf die Symptomlinderung aller Unregelmäßigkeiten ausgerichtet, um vorhandenes Leid zu lindern.

Leidet der Patient unter einer chronischen Grunderkrankung, ist keine Heilung zu erwarten. Der Insulinhaushalt wird überwacht und reguliert. Sobald verschriebene Arzneien abgesetzt werden, kommt es zu einem Rückfall der Beschwerden. Unter Beachtung des Behandlungsplans ist eine anhaltende Verbesserung der Lebensqualität gegeben.

Vorbeugung

Für die meisten Formen des Hyperinsulinismus ist eine Vorbeugung nicht möglich. Lediglich der durch Diabetes mellitus vom Typ II hervorgerufene Hyperinsulinismus kann durch eine gesunde Lebensweise verhindert werden.

Nachsorge

Bei einem Hyperinsulinismus erweist sich die Nachsorge in den meisten Fällen als schwierig. Dabei sind die Maßnahmen und die Möglichkeiten einer Nachsorge in den meisten Fällen stark eingeschränkt, sodass der Betroffene dabei in erster Linie auf eine schnelle und vor allem auf eine frühzeitige Diagnose dieser Krankheit angewiesen ist. Im schlimmsten Fall kann es dabei unbehandelt sogar zum Tode des Betroffenen kommen, sodass im Vordergrund bei dieser Krankheit die frühzeitige Erkennung steht.

Je früher der Hyperinsulinismus dabei erkannt wird, desto besser ist meistens auch der weitere Verlauf dieser Krankheit. Oftmals erfolgt die Behandlung der Erkrankung durch die Einnahme von Medikamenten. Dabei ist auf eine richtige Dosierung mit einer regelmäßigen Einnahme zu achten, um die Beschwerden richtig und dauerhaft zu lindern.

Sollte es zu Fragen oder zu Unklarheiten kommen, muss zuerst immer ein Arzt konsultiert werden. Auch bei Nebenwirkungen oder bei Wechselwirkungen ist zuerst ein Arzt zu berufen. Der Kontakt zu anderen Patienten des Hyperinsulinismus kann dabei sinnvoll sein, da es nicht selten zu einem Austausch an Informationen kommt. Ob es durch die Krankheit zu einer verringerten Lebenserwartung kommt, kann nicht im Allgemeinen vorausgesagt werden.

Das können Sie selbst tun

Hyperinsulinismus muss auf jeden Fall durch einen Arzt behandelt werden. Im schlimmsten Falle kann es ohne Behandlung zum Tode des Patienten kommen.

Im Falle einer Diabetes-Erkrnakung kann sich eine gesunde Ernährung und eine gesunde Lebensweise sehr positiv auf die Erkrankung auswirken. Idealerweise kann die Erkrankung dadurch auch vollständig eingeschränkt werden. In der Regel sind die Betroffenen allerdings auf eine medizinische Behandlung angewiesen. Da die Betroffenen aufgrund der Erkrankung häufig und stark schwitzen, sollte leichte und luftige Kleidung getragen werden, um Schweißausbrüche zu vermeiden.

Bei Verhaltensauffälligkeiten oder Störungen des Bewusstseins kann sich eine spezielle Förderung der Betroffenen positiv auf die Erkrankung auswirken. Die Beschwerden werden allerdings durch die Einnahme von Medikamenten relativ einfach und schnell behandelt. Weiterhin sollten Patienten mit einem Hyperinsulinismus an regelmäßigen Blutuntersuchungen teilnehmen, um den Blutzuckerspiegel zu kontrollieren. Auch andere Untersuchungen der inneren Organe sind dabei ratsam.

Im Falle eines Bewusstseinverlustes bei einer Unterzuckerung sollte ein Notarzt gerufen werden. Bis zum Eintreffen des Notarztes ist der Betroffene in eine stabile Seitenlage zu bringen. Auch eine regelmäßige und ruhige Atmung sollte dabei eingestellt werden.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Kleine, B., Rossmanith, W.G.: Hormone und Hormonsystem. Springer Verlag, Berlin 2010
  • Kriegstein, E., Schatz, H.: Insulin. In: Schatz, H.: Diabetologie kompakt. Thieme, Stuttgart 2006

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