Nifedipin
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 16. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Nifedipin ist ein Arzneimittel zur Blutdrucksenkung, dessen Wirkung auf der Hemmung des Kalziumeinstroms in die Muskelzellen der glatten Muskulatur beruht. Der Wirkstoff gehört zur Gruppe der Kalziumantagonisten vom 1,4-Dihydropyridin-Typ. Das früher bei zu hohem Blutdruck häufig eingesetzte Medikament hat heute seine Bedeutung aufgrund der kurzen Wirkdauer und einigen Nebenwirkungen größtenteils verloren.
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Was ist Nifedipin?
Nifedipin gehört zur Stoffgruppe der Dihydropyridine. Die Vertreter dieser Wirkstoffklasse senken den Blutdruck durch Hemmung des Kalziumeinstroms in die Kalziumkanäle der glatten Muskulatur. Der Wirkstoff Nifedipin gilt als Leitsubstanz für einen der drei Strukturtypen von Kalziumantagonisten. Es handelt sich um die Blutdrucksenker vom Nifedipin-Typ. Die beiden anderen Kalziumantagonisten gehören zu den Phenylalkylaminen (Verapamil-Typ) und den Benzothiazepinen (Diltiazem-Typ).
Die Wirkungsmechanismen dieser drei Typen unterscheiden sich. Die Dihydropyridine sorgen für die Gefäßerweiterung, während die Phenylalkylamine die Herzfrequenz senken und die Benzothiazepine beide Mechanismen miteinander kombinieren.
Nifedipin ist ein wasserunlösliches, gelbliches Pulver. Außerdem ist die Substanz stark lichtempfindlich. In der Leber wird der Wirkstoff durch das Enzym CYP3A4 sehr schnell abgebaut und unterliegt damit einer erheblichen Einschränkung der Bioverfügbarkeit durch einen hohen First-Pass-Metabolismus.
Pharmakologische Wirkung
Dieser Kalziumeinstrom ist Bestandteil des normalen Regulationssystems innerhalb des Blutkreislaufes. Bestehen jedoch essenzielle Hypertonie (Bluthochdruck) oder andere Erkrankungen, die auf Durchblutungsstörungen beruhen, kann nur eine Erweiterung und Entspannung der Blutgefäße für eine Normalisierung des Blutdruckes sorgen. Diese Entspannung der Gefäßmuskulatur wird durch die Hemmung des Kalziumeinstroms in die Gefäßmuskelzellen erreicht.
Nifedipin hemmt ausschließlich die Kalziumkanäle vom L-Typ. Der L-Typ-Kalziumkanal ist spannungsabhängig und befindet sich in der Zellmembran der T-Tubuli von Muskelzellen. Der Einstrom der Kalziumionen in das Zytoplasma der Muskelzellen wird durch die Depolarisation der Zellmembran über die Aktivierung des Ryanodin-Rezeptors gesteuert. Da der Ryanodin-Rezeptor in enger Verbindung zum Dihydropyridin-Rezeptor steht, können Dihydropyridine den Kalziumeinstrom in die Zelle stoppen. Da die Deaktivierung des Kanals langsam erfolgt, wird er als longlasting- oder L-Kanal bezeichnet.
Nifedipin hat hauptsächlich Einfluss auf die Gefäßmuskelzellen, nicht jedoch auf die Herzmuskelzellen. Der Organismus versucht jedoch im Rahmen der Regulationsmechanismen, einer Blutdrucksenkung entgegenzuwirken. Dadurch kann es zu Nebenwirkungen kommen, die bei einer instabilen Kreislauflage gefährlich werden können.
Medizinische Anwendung & Verwendung
Aufgrund seiner blutdrucksenkenden Wirkung wird Nifedipin bei essenziellem Bluthochdruck, hypertensiven Notfällen, dem Raynaud-Syndrom sowie bei einer stabilen Angina pectoris eingesetzt. Auch bei vorzeitiger Wehentätigkeit kommt dieses Medikament häufig zur Anwendung. Des Weiteren kann es auch bei Analfissuren in Cremes verwendet werden. Dabei enthalten die Cremes 0,2 Prozent an Nifedipin.
Der essenzielle Bluthochdruck, auch essenzielle Hypertonie genannt, besteht ohne eine erkennbare Ursache. Nifedipin hilft hier durch die Entspannung der Gefäßmuskulatur sehr gut. Beim hypertensiven Notfall kommt es plötzlich zu starkem Bluthochdruck, welcher sogar zu einer Schädigung von inneren Organen führen kann. In diesem bedrohlichen Zustand muss der Blutdruck schnell gesenkt werden, um weitere Schädigungen zu vermeiden. Am besten ist dafür Nifedipin geeignet.
Die hypertensive Krise, eine Vorstufe des hypertensiven Notfalls, äußert sich durch Angina pectoris, Schwindel, Atembeschwerden, Nasenbluten, Verwirrtheitszustände bis zum Koma, Harnverhalten und Sehstörungen.
Beim Raynaud-Syndrom wiederum handelt es sich um arterielle Durchblutungsstörungen in den Fingern. Die Fingerspitzen sind weiß und kalt, weil ihre Durchblutung durch die Verkrampfung der Gefäßmuskulatur gestört ist. Der Einsatz von Nifedipin hat sich beim Raynaud-Syndrom bewährt. Auch für die Behandlung einer stabilen Angina pectoris kann Nifedipin eingesetzt werden.
Um eine dauerhafte Wirkung zu erreichen, wird Nifedipin heute in Retardform verabreicht. Bei den Retardtabletten wird die langsame Freisetzung von Nifedipin gewährleistet, sodass nach dem schnellen Wirkungsabfall durch den First-Pass-Effelt immer wieder neuer Wirkstoff zur Verfügung steht.
Risiken & Nebenwirkungen
Der Wirkstoff wirkt zwar ausschließlich bei der Entspannung der Gefäßmuskulatur und hat keinen wesentlichen Einfluss auf die Herzfrequenz. Durch die starke Anflutung des Medikaments kommt es jedoch zu einer schnellen Blutdruckabsenkung, die Gegenreaktionen des Organismus provozieren. So ist Nifedipin bei einer instabilen Angina pectoris kontraindiziert, da sich eine Reflextachykardie entwickelt, die in diesem Zustand lebensbedrohlich werden kann.
Heute werden vielfach Kalziumantagonisten der zweiten Generation eingesetzt, die durch ihre Fettlöslichkeit in den Membranen gespeichert und somit langsamer freigesetzt werden. Die geringere Anflutung dieser Medikamente vermindert auch das Risiko einer Reflextachykardie.
Neben der instabilen Angina pectoris ist Nifedipin auch bei Herzinfarkt, hochgradigen Aortenklappenstenosen, Schockzuständen oder bei Gabe bestimmter Medikamente wie Rifampicin kontraindiziert.
Häufige Nebenwirkungen bei Einnahme von Nifedipin sind Kopfschmerzen, Flush (Erröten) und allgemeines Schwächegefühl. Seltener kommen Bauchschmerzen, Blähungen, Verstopfungen, Nervosität, Anorexie, Schwitzen, Muskelkrämpfe, Fieber, Polyurie oder Sehstörungen vor. Auch die Reflextachykardie gehört zu den selteneren Nebenwirkungen.