Lethargie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Als Lethargie wird in der Medizin ein Zustand beschrieben, in welchem der Betroffene extrem müde ist und eine stark erhöhte Reizschwelle aufweist. Im Alltag werden auch Menschen als lethargisch bezeichnet, die dauerhaft faul oder müde erscheinen. Bei der medizinisch relevanten Form handelt es sich um eine Bewusstseinsstörung.
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Was ist Lethargie?
Die Lethargie besteht im Wesentlichen aus einer starken Müdigkeit des Betroffenen sowie einer erhöhten Reizschwelle. Lethargische Menschen reagieren entsprechend langsamer (zuweilen gar nicht) auf Reize ihrer Umgebung. Das wirkt sich auf das Reaktionsverhalten, das Kommunikationsverhalten und ihre Aktivitäten aus.
Sie sind schwieriger zu wecken. Zudem gelingt es den Betroffenen nicht, einen gewöhnlichen Zustand des Wachseins über mehrere Stunden zu erreichen. Vielmehr verbleiben sie in einem Bewusstseinszustand, der als Symptom diverser Leiden auftreten kann. Dabei ist Lethargie keine eigenständige Krankheit, sondern stets Symptom eines anderen Leidens.
Ursachen
Ursächlich für die Lethargie ist eine Bandbreite an Krankheiten und Zuständen, die vor allem das Gehirn betreffen. Die Lethargie stellt ein Hauptsymptom der Europäischen Schlafkrankheit (eine Form der Enzephalitis, welche nur noch selten auftritt) dar.
Alle Krankheiten oder Zustände, die zu einem gesteigerten Hirndruck führen, können zudem eine Lethargie auslösen. Zu nennen sind hier primär Raumforderungen im Gehirn (Tumore und Ödeme) und extremer Bluthochdruck. Auch Stoffwechselerkrankungen und Erkrankungen, die das Blutbild verändern, können ursächlich für einen gesteigerten Hirndruck sein. Eine Herzinsuffizienz kann ebenfalls zu Veränderungen des Drucks im Gehirn führen.
Weiterhin können auch psychische Zustände zur Lethargie führen. So ist sie etwa eines der häufigsten Symptome einer Depression. Auch Schlafentzug, Atemprobleme beim Schlafen, Alkoholismus, Herzrhythmusstörungen und Medikamente mit sedierenden Wirkungen können zur Lethargie führen. Die Lethargie als Bewusstseinsstörung wird dabei als ermüdend und die Reizschwelle erhöhend bezeichnet.
Bei der Betrachtung von Müdigkeitszuständen (aufgrund von Schlafentzug) werden bisweilen allerdings auch Menschen als lethargisch bezeichnet, die sehr müde sind, aber eine stark verringerte Reizschwelle aufweisen. Diese Personen sind also leicht reizbar und gelten bei einigen Betrachtungen dennoch als lethargisch.
Die umgangssprachlichen Bedeutungen von lethargisch und Lethargie sollen an dieser Stelle einmal außen vor gelassen werden.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Die Lethargie zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass Betroffene ein stark gesteigertes Schlafbedürfnis haben. Dieses ist auch tagsüber vorhanden und zwingt die Menschen zuweilen dazu, sich auszuruhen.
Dennoch schaffen es die meisten lethargischen Menschen nicht, in die Tiefschlafphase zu gelangen und können sich entsprechend trotz Schlaf nicht erholen. Dadurch werden Betroffene träger in ihrem gesamten Verhalten. Details entgehen ihnen. Gesprochene Worte und Handlungsaufforderungen gehen an ihnen öfter vorbei. Schlummerzustände scheinen oftmals ohne konkreten Auslöser eingeleitet zu werden. Lethargische Menschen sind zudem schwieriger aufzuwecken, schlafen aber dennoch nicht tief oder gut.
Lethargische Menschen können unterschiedlich teilnahmslos wirken. Der Übergang zu einer Apathie ist entsprechend fließend und schwierig zu definieren. Die Menschen sind nicht dazu fähig, sich zu konzentrieren. Der Blutdruck kann erhöht sein. Die Augen können überempfindlich werden.
Eine Form der Lethargie, die primär durch Schlafprobleme ausgelöst wird, verringert hingegen die Reizschwelle stark, wobei der Betroffene vor allem über Müdigkeit klagen wird. Dieser Zustand ist allerdings - entgegen einer echten Lethargie - vorübergehend und löst sich zumeist mit dem nächsten Ausschlafen auf. Diese lethargischen Menschen sind häufig stark gereizt und haben ein gesteigertes Bedürfnis, sich zurückzuziehen.
Die Lethargie entwickelt sich als Zustand meist über einige Zeit hinweg. Je nach Ursache, ist dies dann organisch oder psychisch bedingt. Ab einem gewissen Punkt ist der Körper so überlastet, dass der Mensch lethargisch wird. Frühboten einer Lethargie sind Müdigkeit trotz des Gefühls, genug geschlafen zu haben, sowie vermehrte Unachtsamkeit.
Komplikationen
Die Lethargie als Zustand selbst bedeutet vor allem für das persönliche Leben des Betroffenen Komplikationen. So sind lethargische Menschen nicht ausreichend leistungsfähig. Soziale Isolation kann auftreten und ist häufig durch die zunehmende Teilnahmslosigkeit bedingt. Zudem erhöht sich mit steigender Müdigkeit das Unfallrisiko enorm. Die Lethargie als Bewusstseinsstörung kennt keine wirklichen Steigerungen. Sie wirkt sich vielmehr indirekt durch mögliche Komplikationen aus.
Entscheidender für die Betrachtung möglicher Komplikationen sind insgesamt aber die Ursachen der Lethargie. So können unbehandelte Depressionen im schlimmsten Falle zu selbstverletzendem und suizidalem Verhalten führen. Hirntumore und sonstige Schäden am Hirngewebe sind nicht selten mit einer hohen Mortalitätsrate verbunden. Herzschäden und nächtliche Atemprobleme können die Vorboten schwerer und chronischer Leiden sein. Alkoholismus als Ursache kann final tödlich sein.
Problematisch ist an der Kombination aus Depression und Lethargie auch, dass Depressionen oftmals lange unbehandelt bleiben und Lethargie häufig sehr früh in Erscheinung tritt. Zudem verstärken Schuldgefühle, die aufgrund der nicht erbrachten (aber erwarteten) Leistung auftreten, die Depression. Die Verluste, die lethargische Menschen aufgrund ihrer sozialen und generellen Leistungsfähigkeit erleiden, treten also mitunter sehr früh auf.
Generell gilt, dass sich das Risiko für Komplikationen, die auf das persönliche Leben des Lethargischen einwirken, mit der zunehmenden Dauer einer ausbleibenden Behandlung erhöht. Gleiches gilt für Komplikationen, die durch die Auslöser der Lethargie bedingt sind.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Lethargie, die grundlos zu sein scheint und länger als ein paar Tage anhält, ist immer ein Grund, einen Arzt aufzusuchen. Der Betroffene wird an sich eine starke und nicht zu erklärende Müdigkeit feststellen. Entsprechend sind auftretende Symptome einer Lethargie nach einer schlechten Nacht kein Grund, den Arzt zu bemühen.
Erste Anläufe können beim Hausarzt stattfinden. Je nachdem, was die Ursachenforschung ergibt, muss dann an einen Facharzt weitergeleitet werden. In Frage kommen zum Beispiel Kardiologen, Neurologen und Ärzte mit psychiatrischer Ausrichtung.
Diagnose
Ob ein Mensch lethargisch ist, stellt ein Arzt für gewöhnlich durch ein Anamnesegespräch fest. Es gilt herauszufinden, ob der Zustand durch die Lebensumstände zu erklären ist, oder ob er einen Krankheitswert hat. Stellt sich das zweite heraus, müssen verschiedene Ursachen in Betracht gezogen werden.
Dafür werden die psychische und körperliche Gesundheit des Patienten betrachtet. Eine Untersuchung des Gehirns mittels bildgebender Verfahren steht hierbei zumeist am Ende der Suche nach den Ursachen der Lethargie. Gelegentlich kommt es vor, dass keine eindeutige Diagnose gestellt werden kann. Dann wird für gewöhnlich eine psychische Ursache angenommen und entsprechend gehandelt.
Zudem müssen für eine genaue Diagnose andere Leiden und Zustände mit ähnlichen Symptomen ausgeschlossen werden. Hierzu zählen zum Beispiel die Somnolenz oder Benommenheit infolge eines Unfalls.
Behandlung & Therapie
Die Behandlung der Lethargie erfolgt, insofern die Auslöser organisch und bekannt sind, im Ideallfall ursächlich. Dies bedeutet, dass eventuelle Auslöser der Lethargie, die sich zum Beispiel am Herzen oder im Gehirn festmachen lassen, behandelt werden. Aufgrund der Menge an hier in Frage kommenden Leiden, handelt es sich um viele Behandlungsmethoden. Sie können medikamentös und chirurgisch ausfallen.
Hirntumore und Hirnödeme machen häufig komplizierte Eingriffe im und am Gehirn notwendig. Ist eine Herzschwäche ursächlich, besteht die Therapie meist aus Medikamenten und einer geänderten Lebensweise. Ein gesteigerter Hirndruck muss im Einzelfall betrachtet werden.
Sind hingegen psychische Auslöser einer Lethargie bekannt oder vermutet, kommen verschiedene Psychopharmaka zum Einsatz. Zumeist handelt es sich um Medikamente, die eine aufputschende und motivierende Wirkung haben sollen. Im Falle von Depressionen werden standardmäßig Antidepressiva (meist SSRI-Wiederaufnahmehemmer) verschrieben, die sich gleichzeitig positiv auf die Lethargie auswirken.
Ansonsten kann die Lethargie auch mit Methylphenidat und anderen Psychostimulanzien behandelt werden. Depressionen erfordern zudem noch weitere Behandlungsmethoden, zum Beispiel Gesprächstherapie oder das Formulieren und Erreichen von neuen Zielen.
Ist vor allem der Schlaf des Patienten des Problem, wird mittels Methoden aus dem Bereich der Schlafhygiene versucht, einen besseren Schlaf zu ermöglichen. Das heißt, dass der Schlaf des Patienten analysiert wird und ihm dann Möglichkeiten aufgezeigt werden, seinen Schlaf zu verbessern. Dies kann die Schlafausstattung, die Beleuchtung und vieles mehr betreffen.
Aussicht & Prognose
Die Prognose bei einer Lethargie richtet sich nach der vorliegenden Grunderkrankung. Es handelt sich um keine eigenständige Erkrankung, bei der eine Aussicht auf den weiteren Krankheitsverlauf gegeben wird. Vielmehr ist die starke Müdigkeit und geringe körperliche sowie geistige Leistungsfähigkeit ein Symptom. Daher ist die Klärung sowie Beseitigung der Ursache zwingend erforderlich, um weitere Einschätzungen geben zu können.
In den meisten Fällen leiden die Patienten unter einer psychischen Grunderkrankung. Zu ihnen gehören Depression oder Burnout. Die Störungen sind gekennzeichnet durch einen meist langwierigen Krankheitsverlauf. Dennoch besteht die Aussicht auf eine Heilung. Liegt eine chronische Erkrankung vor, ist die Prognose insgesamt meist ungünstig. Häufig bleibt der vorhandene gesundheitliche Stand über eine lange Zeit erhalten oder verschlechtert sich kontinuierlich. Gelingt dem Betroffenen in Zusammenarbeit mit einem Therapeuten sowie der eigenen Mitarbeit eine Genesung der Haupterkrankung, so lindern sich im Normalfall auch die Beschwerden einer Lethargie.
Liegen körperliche Störungen vor, wird meist die Gabe von Medikamenten zur Besserung der Gesundheit benötigt. Es kommt zu einer Langzeitbehandlung, der meist irreparable Störungen des Herzens, des Kreislaufs oder der Stoffwechsels vorliegen. Ohne eine ärztliche Hilfe ist nur selten eine gute Prognosestellung möglich. Zu umfangreich und komplex sind die Krankheiten, die symptomatisch zu einer Lethargie führen.
Vorbeugung
So unterschiedlich wie die Ursachen der Lethargie sind, so unterschiedlich sind auch die Maßnahmen zum Vorbeugen des Leidens. Das Herz und das Hirn lassen sich beispielsweise durch eine insgesamt gesunde Lebensführung gut schützen. Dennoch kann das Risiko, beispielsweise einen Hirntumor zu entwickeln, nicht ganz vermieden werden.
Allerdings kann jeder Einzelne Risikofaktoren ausschalten. Depressionen lässt sich nur bedingt vorbeugen. Sie können theoretisch jeden Menschen treffen und die Menschen sind unterschiedlich anfällig dafür. Es gibt allerdings Hinweise darauf, dass sich das Depressionsrisiko durch eine ausreichende Serotonin- und Dopamin-Menge verringern lässt. Beides ist an den Tag-Nacht-Rhythmus sowie an ausreichende Zufuhren an Sonnenlicht gekoppelt. Entsprechend können ein gesunder und regelmäßiger Schlaf und genügend Aktivitäten bei Tage förderlich sein.
Einschlaf- und Durchschlafproblemen vorzubeugen, ist ebenfalls eine Möglichkeit, der Lethargie vorzubeugen. Dies sieht bei jedem Menschen unterschiedlich aus. So schlafen einige Personen etwa besser, wenn sie die letzte Mahlzeit einige Stunden vorher einnehmen und wieder andere schlafen besser, wenn sie vor dem Schlafen noch leichten Sport betreiben. Was sich förderlich auf den eigenen Schlaf auswirkt, muss jeder Mensch für sich selbst herausfinden.
Nachsorge
In den meisten Fällen stehen den Betroffenen bei dieser Krankheit keine Maßnahmen einer Nachsorge zur Verfügung. Die Krankheit selbst muss dabei in erster Linie direkt von einem Arzt untersucht und behandelt werden, damit es zu keinen weiteren Komplikationen kommt, die den Alltag des Betroffenen weiterhin erschweren können. Dabei sollte der Betroffene schon bei den ersten Anzeichen dieser Krankheit einen Arzt aufsuchen, damit sie schnell behandelt werden kann.
Sollte die Erkrankung unbehandelt bleiben, kann es zu schwerwiegenden Komplikationen kommen, die die Lebensqualität des Betroffenen deutlich verringern. In den meisten Fällen sind die Patienten bei Lethargie auf eine Behandlung durch einen Psychologen angewiesen. Die Behandlung sollte dabei regelmäßig durchgeführt werden, um die Beschwerden richtig zu lindern. Auch der Kontakt zu anderen Patienten mit derselben Erkrankung kann dabei sinnvoll sein, da es dabei zu einem Austausch an Informationen kommt. In der Regel wird die Lebenserwartung durch diese Krankheit nicht verringert.
Das können Sie selbst tun
Die Möglichkeiten zur Selbsthilfe im Falle einer Lethargie decken sich größtenteils mit den Selbsthilfemaßnahmen, die auch bei den zugrundeliegenden Krankheiten empfohlen werden.
Weiterhin können lethargische Episoden durch geplante Ruhe- und Schlafpausen, die im Idealfall in den Alltag integriert sind, abgefedert werden. Die grundsätzlich motivations- und kraftlose Stimmung kann hingegen ohne Fremde Hilfe kaum überkommen werden. Ein Zurückgreifen auf vermeintlich aufputschende Drogen ist nicht ratsam.
Hat der Betroffene Entspannungsmethoden, wie etwas das autogene Training, erlernt, kann er auch au diese zurückgreifen. Da ein Eintreten in die Tiefschlafphase den meisten Lethargikern nicht möglich ist, stellt mehr Schlaf keine sinnvolle Option der Selbsthilfe dar. Insgesamt sind die Möglichkeiten der Selbsthilfe, um der Lethargie ursächlich entgegenzutreten, limitiert.
Quellen
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2017
- Möller, H.-J., Laux, G., Deister, A.: Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie. Thieme, Stuttgart 2015
- Payk, T., Brüne, M.: Checkliste Psychiatrie und Psychotherapie. Thieme, Stuttgart 2013