Insulinom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das Insulinom ist ein Tumor an der Bauchspeicheldrüse, der bei Frauen etwa doppelt so häufig wie bei Männern auftritt. Sein Auftreten wird als selten eingestuft, allerdings ist das Insulinom der häufigste Tumor der Bauchspeicheldrüse, der Hormone direkt ins Blut abgibt („endokrin“). Die Malignität von Insulinomen liegt bei 10%, jeder neunte derartige Tumor ist also bösartig.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Insulinom?

Personen, die Symptome einer Unterzuckerung oder andere Anzeichen einer ernsten Erkrankung bemerken, sollten zeitnah den Hausarzt konsultieren. Wenn Beschwerden wie Herzrasen, Schweißausbrüche oder Kopfschmerzen hinzukommen, muss ebenfalls ein Arzt aufgesucht werden.
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Seinen Namen hat das Insulinom von der Tatsache, dass es zusätzlich Insulin produziert und so den Körper mit einem Insulinüberschuss Schaden zufügt. In neun von zehn Fällen entsteht das Insulinom als einzelner Tumor, nur selten liegen so genannte multiple Mikro-Adenome vor.

In etwa 50% der Fälle produziert das Insulinom nicht nur Insulin, sondern auch andere Hormone des Verdauungstraktes, wie zum Beispiel das vasoaktive intestinale Peptid (VIP), welches unter anderem für die Muskelerschlaffung von Magen, Darm, Luftröhre und Bronchien zuständig ist. Die Symptome eines Insulinoms können auch bei der Behandlung von Diabetes mellitus in Folge von blutzuckersenkenden Medikamenten auftreten.

Ebenso ein ähnliches Krankheitsbild liegt bei der so genannten Hypoglycaemia factitia vor, bei der Patienten bewusst eine Unterzuckerung herbeiführen, um ärztliche Aufmerksamkeit zu erhalten, oder einen Aufenthalt im Krankenhaus zu provozieren. Beide Diagnosen müssen vor der Bestimmung eines Insulinoms ausgeschlossen werden.

Ursachen

Insulinome entstehen in den meisten Fällen aus B-Zellen der Langerhans’schen Inseln an der Bauchspeicheldrüse, die sich adenomatös verändert haben. Durch diese Entartung werden Unmengen an Insulin produziert, die von der Bauchspeicheldrüse direkt in den Blutkreislauf abgegeben werden.

Die letztendliche Ursache für die Entstehung dieser Tumore ist in der Medizin noch nicht geklärt. Insulinome treten jedoch vermehrt im Rahmen einer MEN (multiplen endokrinen Neoplasie) auf.

Diese genetisch bedingte Krankheit hat zur Folge, dass Tumore an Bauchspeicheldrüse, Nebenschilddrüse und der Hypophyse in vergleichsweise jüngerem Lebensalter entstehen, die sich äußerst aggressiv verhalten und nach bereits vollständiger Abheilung oftmals wieder auftreten.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Das Insulinom ist durch die sogenannte Whipple-Trias gekennzeichnet. Bei der Whipple-Trias ist der Blutzuckerspiegel sehr niedrig mit einem Wert unter 45 Milligramm pro Deziliter. Des Weiteren bestehen die Symptome einer schweren Unterzuckerung, die sich durch Verwirrtheit, Schwindelgefühle, Übelkeit, Herzklopfen, Herzrasen und Kribbeln sowie Taubheitsgefühle bemerkbar machen.

Das dritte Zeichen ist die schnelle Besserung der Beschwerden bei Zufuhr von Kohlenhydraten. Die Unterzuckerungen treten immer wieder mit Heißhungerattacken, Zittern und Schwitzen auf. Langfristig kommt es auch zur Gewichtszunahme, da die Heißhungerattacken zur Mehraufnahme von Nahrungsmitteln führen. Während die Symptome der Unterzuckerung kurzfristig durch Aufnahme von Kohlenhydraten gelindert werden können, muss langfristig die Entfernung des Tumors in Betracht gezogen werden.

Ohne Behandlung und Entfernung des Tumors kann es zu Folgeschäden am Zentralnervensystem kommen, weil durch die ständige Minderversorgung mit Glukose viele Nervenzellen absterben, die dann auch nicht mehr ersetzt werden. Sehr häufig liegt nur ein einzelner Insulin produzierender Tumor in der Bauchspeicheldrüse vor. Manchmal sind auch mehre Tumoren vorhanden.

In seltenen Fällen befinden sich der Tumor oder die Tumoren auch außerhalb der Bauchspeicheldrüse. Das Insulinom ruft selber keine Beschwerden hervor, nur ihre erhöhte Produktion von Insulin. Meist handelt es sich um gutartige Tumoren, die in der Regel keine Metastasen ausbilden. In circa zehn Prozent der Fälle kann es jedoch zur malignen Entartung kommen.

Diagnose & Verlauf

Der Verdacht auf ein Insulinom liegt bei wiederkehrenden Symptomen von Unterzuckerung vor. Bei der so genannten Hypoglykämie liegt der Zuckerspiegel im Blut nur noch bei oder unter 50mg/dl. Dies äußert sich durch die typischen Symptome, die auch bei Diabetes-Patienten festgestellt werden, wie Schwitzen, Zittern, Heißhunger, Schwindel, Übelkeit, Blässe, Müdigkeit, Konzentrationsstörungen, Sehstörungen, Herzrasen (Tachykardie) und heftiges, oft unregelmäßiges Herzklopfen (Palpitation).

Klassisch wird in der Medizin von der so genannten „Whipple-Trias“ gesprochen, die einen Blutzuckerwert von unter 45mg/dl mit den beschriebenen Symptomen der Hypoglykämie sowie eine Besserung durch Infusion von Glukose-Lösungen vereint. Je länger die Krankheit nicht behandelt wird, desto höher ist das Risiko von Übergewicht des Patienten, das durch den anabolen Effekt des Insulins hervorgerufen wird.

Dies bedeutet, dass der Patient durch den Insulinüberschuss ständig das Gefühl hat, Nahrung (insbesondere Kohlenhydrate) aufnehmen zu müssen, um seinen Kreislauf stabil zu halten. Die Diagnose erfolgt durch eine dreitägige Fastenkur des Patienten, bis eine symptomatische Hypoglykämie eintritt. Währenddessen wird das Blut des Patienten in regelmäßigen Abständen untersucht und die Werte von Blutzucker, Insulin und C-Peptid werden erfasst.

Liegt ein Insulinom vor, können ein sehr rascher Abfall des Blutzuckers und ein Anstieg des Insulin-Glukose-Quotienten beobachtet werden. Letzterer sollte bei einem gesunden Organismus abfallen, denn im gleichen Maße, in dem weniger Glukose im Blut enthalten ist, sollte der Körper auch die Produktion von Insulin einstellen.

Komplikationen

Durch das Insulinom kommt es zu verschiedenen Beschwerden. Diese hängen in der Regel stark von der Ausbreitung des Tumors ab, sodass eine allgemeine Vorhersage über die Komplikationen in der Regel nicht möglich ist. Allerdings leiden viele Betroffene an einem starken Heißhunger und auch an Herzrasen. Dabei kann es weiterhin zu einer Bewusstlosigkeit kommen.

Nicht selten leiden die Patienten auch an Angst oder an Schweißausbrüchen und Kopfschmerzen. Hinzu kommt oft ein Schwindelgefühl und eine Übelkeit. Die Betroffenen klagen auch über Sprachstörungen und Sehstörungen und im Allgemeinen über eine starke Versiertheit. Damit wirkt sich das Insulinom deutlich negativ auf die Lebensqualität des Patienten aus. Die Betroffenen wirken auch müde und abgeschlagen und nehmen nicht mehr aktiv am Leben teil.

Auch die Belastbarkeit des Patienten wird durch das Insulinom deutlich verringert und eingeschränkt. Nicht selten treten Krämpfe in den Muskeln auf, die zu einer Bewegungseinschränkung führen können. Die Behandlung selbst führt nicht zu weiteren Komplikationen. Mit Hilfe von Medikamenten oder einer Bestrahlung kann das Insulinom relativ gut entfernt werden. Auch ein operativer Eingriff kann durchgeführt werden. Sollte keine Behandlung stattfinden, so kann das Insulinom auch zum Tode des Patienten führen.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Personen, die Symptome einer Unterzuckerung oder andere Anzeichen einer ernsten Erkrankung bemerken, sollten zeitnah den Hausarzt konsultieren. Wenn Beschwerden wie Herzrasen, Schweißausbrüche oder Kopfschmerzen hinzukommen, muss ebenfalls ein Arzt aufgesucht werden. Auch wiederkehrende Heißhunger-Attacken, Muskelkrämpfe, Zittern und andere unspezifische Symptome sind abzuklären, wenn sie auf keine eindeutige Ursache zurückzuführen sind. Spätestens, wenn Seh- oder Sprachstörungen hinzukommen oder sich sogar Bewusstseinsstörungen einstellen, muss mit den Beschwerden zu einem Allgemeinarzt gegangen werden. Bei ernsten Komplikationen ist ein Besuch im Krankenhaus angezeigt.

Zurückliegende Tumorerkrankungen oder Beschwerden der Bauchspeichel- oder Nebenschilddrüse können Risikofaktoren sein. Wer sich zu diesen Risikogruppen zählt, muss mit genannten Beschwerden umgehend zum Arzt gehen. Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes sollten einem Gastroenterologen oder dem Hausarzt vorgestellt werden. Auch Fachärzte für Tumorerkrankungen können bei genannten Beschwerden hinzugezogen werden. Nach der Erstdiagnose ist eine weitergehende Behandlung in einer Fachklinik angezeigt.

Behandlung & Therapie

Der erste Schritt zur Behandlung eines Insulinoms ist die Gabe von Octreotid, einer künstlichen Nachbildung des Peptid-Hormons Somatostatin, welches die Ausschüttung von gastrointestinalen Hormonen, unter anderem von Insulin, bremst.

Etwa die Hälfte der Insulinome sprechen auf diese Behandlung an und der Insulinüberschuss kann so gestoppt werden. Ist das Insulinom bösartig, ist eine operative Entfernung, im medizinischen Bereich „Resektion“ genannt, unumgänglich. In etwa 10 bis 15% der Insulinom-Fälle treten Metastasen in der Leber auf. Haben sich bereits Metastasen gebildet, oder ist die Operation des Tumors nicht möglich, wird das Insulinom mit einer interdisziplinären Therapie gemeinsam mit Chemotherapie und Strahlentherapie behandelt.

Für eine operative Entfernung bzw. eine effiziente Strahlentherapie wird das Insulinom zuerst mit Hilfe von bildgebenden Verfahren möglichst genau lokalisiert. Ist der Tumor bereits einige Zentimeter groß, gelingt die Lokalisation mittels MRT, CT, oder einem Ultraschall der Bauchspeicheldrüse. Ansonsten kann das Insulinom über punktuelle Bestimmungen des Insulinspiegels über die Pfortader erfasst werden, die hinter der Bauchspeicheldrüse vorbei bis in die Leber führt.

Ist die Lage des Insulinoms bekannt, kann der operative Eingriff durchgeführt werden. Je nachdem, wie vollständig der Tumor entfernt werden kann, erfolgt die weitere Behandlung durch Chemotherapie und Strahlentherapie.


Aussicht & Prognose

Ein Insolinom hat meist eine sehr gute Prognose. Bei mehr als 90 Prozent der Patienten genügt ein chirurgischer Eingriff, um den Tumor rückstandslos zu entfernen. Komplikationen treten in den ersten Wochen nach der Operation auf, klingen langfristig jedoch ab. Gelegentlich müssen neben dem Tumor größere Teile der Bauchspeicheldrüse entfernt werden. Dies kann bei einigen Patienten eine Diabetes auslösen. Zudem kann sich nach einigen Jahren ein Rezidiv bilden. Dann ist ein erneuter Eingriff vonnöten.

Die Patienten, bei denen keine vollständige Heilung festgestellt wurde, müssen regelmäßige Verlaufskontrollen in Anspruch nehmen. Dies kann zum einen körperliche Probleme hervorrufen, da wiederholte Ultraschalluntersuchungen beispielsweise Hautveränderungen und Tumore hervorrufen können. Zum anderen stellt eine chronische Tumorerkrankung für die Patienten eine erhebliche psychische Belastung dar. In den meisten Fällen kann bei einem Insolinom jedoch eine positive Prognose gestellt werden.

Wird der Tumor frühzeitig erkannt, und gelingt die Operation ohne Komplikationen, kann der Patient das Krankenhaus nach einigen Tagen verlassen und gilt nach einigen Verlaufskontrollen als geheilt. Bei Patienten mit bestehenden chronischen Erkrankungen oder anderen Beschwerden hängt die Prognose von der Konstitution und dem individuellen Beschwerdebild ab.

Nachsorge

Nach der medizinischen Behandlung des Insulinoms beginnt die Nachsorge. Für diese Phase hat der Arzt einige nützliche Empfehlungen für die Patienten, wie sich die Therapie unterstützen lässt. Besonders wichtig sind die Stressreduzierung und die körperliche Schonung. Die Chemotherapie bedeutet eine extreme Strapaze für den Körper, sodass die Patienten anschließend eine Ruhepause brauchen.

Als Ausgleich eignen sich auch sanfte Sportarten oder andere Hobbys, die ein wenig Abwechslung bieten. Der positive Einfluss auf das Wohlbefinden ist hier nicht zu unterschätzen. In Absprache mit dem verantwortlichen Arzt erfahren die Betroffenen, welche Aktivitäten in Ordnung sind. Für bestimmte Unternehmungen ist der Organismus möglicherweise zu schwach.

Diejenigen, die stark unter der Therapie leiden, wünschen sich eine psychotherapeutische Unterstützung. Hier kommen die Ängste aber auch Hoffnungen der Patienten zur Sprache. Die Aufarbeitung hilft dabei, sich mit der Situation abzufinden. Auch die Kontaktaufnahme mit anderen Betroffenen sorgt für eine bessere Lebensqualität.

Zudem fördert die Selbsthilfegruppe das Verständnis. Von ärztlicher Seite aus gibt es oft nützliche Ratschläge für eine möglichst komplikationsfreie Therapie und Nachsorge. Um eventuelle Veränderungen festzustellen, sollten die Patienten eine Art Tagebuch führen, um eventuelle Nebenwirkungen zu erkennen. Diese klären sie dann bei den regelmäßigen Kontrollterminen beim Arzt.

Das können Sie selbst tun

Ein Insolinom muss in jedem Fall von einem Arzt behandelt werden. Einige Selbsthilfe-Maßnahmen und Hausmittel unterstützen die medizinische Therapie.

Wie auch bei anderen Tumorerkrankungen, gilt bei einem Insolinom Schonung. Vor allem die Chemotherapie kann den Körper sehr belasten, weshalb die Betroffenen einen entsprechenden Ausgleich benötigen. Je nach körperlicher Verfassung kann das Sport, ein Hobby oder etwas anderes sein. Der Arzt kann am besten beantworten, welche Maßnahmen erlaubt sind und welche Tätigkeiten dem bereits geschwächten Organismus schaden könnten. Betroffene, die sehr unter der Tumorerkrankung leiden, sollten zudem einen Therapeuten aufsuchen. Im Gespräch mit einem Fachmann können die Ängste, die mit einer schweren Erkrankung verbunden sind, am besten aufgearbeitet werden. Auch andere Betroffene oder der zuständige Arzt können um Rat gefragt werden.

Um eine komplikationsfreie Behandlung zu ermöglichen, sollten mögliche Neben- und Wechselwirkungen der Therapiemaßnahmen in einem Tagebuch festgehalten werden. Der Arzt kann die Behandlung dann dementsprechend anpassen. Nachdem die Behandlung abgeschlossen wurde, sind regelmäßige Kontrollbesuche beim Arzt angezeigt. Sollten sich Anzeichen eines Rezidives zeigen, muss der Mediziner umgehend darüber informiert werden.

Quellen

  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Pfeifer, B., Preiß, J., Unger, C. (Hrsg.): Onkologie integrativ. Urban & Fischer, München 2006
  • Preiß, J. et al.(Hrsg.): Taschenbuch Onkologie. Zuckschwerdt, München 2014

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