Hyperoxalurie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 9. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Bei der Hyperoxalurie kommt es zu einem verstärkten Ausscheiden von Oxalsäure im Urin. Dabei fällt die Oxalsäure mit Kalzium zum schwer löslichen Kalziumoxalat aus und führt zur Konkrementbildung in den Nieren. Die Erkrankung kann Nierenversagen und systemische Beeinträchtigung verschiedener Gewebe hervorrufen.
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Was ist Hyperoxalurie?
Die Hyperoxalurie ist eine schwerwiegende Erkrankung, die durch eine erhöhte Ausscheidung von Oxalsäure im Urin gekennzeichnet ist. Oxalsäure ist ein Stoffwechselendprodukt, welches normalerweise schnell in Kohlendioxid und Wasser abgebaut wird. Funktioniert dieser Abbau jedoch nicht richtig oder gelangt durch die Nahrung zu viel Oxalsäure in den Organismus, können sich mit Kalzium schwer lösliche Kalziumoxalate bilden, die sich als Harnsteine in den Harn ableitenden Organen absetzen können.
Dadurch werden insbesondere die Nieren geschädigt. Es gibt sowohl primäre als auch sekundäre Formen der Hyperoxalurie. So sind primäre Hyperoxalurien immer genetisch bedingt und können in drei Typen eingeteilt werden. Bei allen drei Typen bestehen Enzymdefekte, welche zur verstärkten Oxalsäurebildung oder zum verringerten Oxalsäureabbau im Organismus führen. Die Oxalsäure muss über den Urin ausgeschieden werden.
Dabei verbindet sie sich mit Kalzium zu Kalziumoxalat, welches sowohl in den Nieren und teilweise auch in anderen Organen auskristallisiert. Die sekundäre Hyperoxalurie ist oft mit anderen Stoffwechselerkrankungen vergesellschaftet, die zu erhöhten Kalziumkonzentrationen im Blut führen. Des Weiteren wird sie auch durch eine verstärkte Aufnahme von oxalsäurehaltigen Nahrungsmitteln hervorgerufen.
Ursachen
Wenn dieses Enzym funktionsunfähig ist, sammelt sich Glyoxylat an, welches dann in Oxalsäure abgebaut wird. Auch bei der primären Hyperoxalurie vom Typ II (PH II) ist die Oxalsäurekonzentration erhöht. Hier ist das Enzym Glyoxylat-Reductase/Hydroxypyruvat-Reductase defekt. In der Folge sammelt sich Oxalat an, weil Glyoxylat nicht mehr umgewandelt werden kann.
Bei der PH III ist das Enzym 2-Keto-4-Hydroxy-Glutarat-Aldolase funktionsunfähig, was ebenfalls zu einer erhöhten Oxalsäurekonzentration führt. Die Oxalsäure muss mit dem Urin ausgeschieden werden. Bei sehr hohen Oxalsäurekonzentrationen fällt sie jedoch als Kalziumsalz aus und bildet Harnsteine in den Nieren. Die ständige Ablagerung von Kalziumoxalat verursacht Nierenentzündungen und Vernarbungsreaktionen, die schließlich die Funktion der Nieren beeinträchtigen.
Des Weiteren kommt es auch zu einer systemischen Oxalose. Im Rahmen der Oxalose bilden sich Ausfällungen von Kalziumoxalat in vielen anderen Organen, da die Oxalsäurekonzentration im Blut erhöht ist. Betroffen sind unter anderem davon Gefäßwände, Augen, Herzmuskel, Haut, Knochen oder das Zentralnervensystem. Daraus resultieren typische Beeinträchtigungen der betroffenen Organe wie Blindheit, Knochenoxalose, Herzrhythmusstörungen oder Blutarmut.
Durch Organversagen droht sogar der Tod. Bei den sekundären Formen der Hyperoxalurie liegen oft andere Stoffwechselerkrankungen zugrunde, die mit einer erhöhten Freisetzung von Kalzium verbunden sind. Kalzium bindet sich dann verstärkt mit vorhandener Oxalsäure zu Oxalaten, die wiederum ausfallen können.
Das findet unter anderem bei Hyperparathyreoidismus, Morbus Cushing, Sarkoidose, [[Knochenmetastasen]), dem multiplen Myelom oder bei einer Überdosierung von Vitamin D statt. Des Weiteren kann sich eine sekundäre Hyperoxalurie auch bei einer übermäßigen Aufnahme von Oxalsäure über die Nahrung ausbilden. Besonders viel Oxalsäure ist in Rhabarber, Sauerampfer, Spinat oder Kakaoprodukten vorhanden.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Die Symptome einer Hyperoxalurie können vielfältig sein. Der Verlauf der Erkrankung kann selbst bei der gleichen Form bei den einzelnen Betroffenen stark variieren. Typisch ist die erhöhte Konzentration an Oxalaten im Urin. Meist kommt es zu Steinbildung in den Harn abführenden Organen.
Bei der primären Hyperoxalurie kann die Oxalatbildung in den Nieren und anderen Organen so massiv sein, dass bereits im Kindesalter erhebliche Nierenschäden und andere Gewebeschäden auftreten. Bei anderen Personen mit primärer Hyperoxalurie kommt es möglicherweise nur zu einer gelegentlichen Ausbildung von Nierensteinen im höheren Alter. Insgesamt treten Symptome auf, die von starken Nierenfunktionsstörungen, Harnsteinbildungen, Nierenkoliken, Hämaturie, Fieber und Nierenversagen gekennzeichnet sind.
Wenn die Nieren nicht mehr effektiv arbeiten, steigen auch die Oxalatkonzentrationen im Blut, was zur Ausbildung einer Oxalose in verschiedenen Geweben führen kann. Es kommt dann zu Herzrhythmusstörungen, Bluthochdruck, teilweise Gewebsnekrose (Gangrän) und eingeschränkter Beweglichkeit der Gelenke.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Die Diagnose einer Hyperoxalurie erfolgt durch Messung der Oxalsäurekonzentration im Urin. Die Oxalsäureausscheidung sollte 40 Milligramm pro Tag nicht überschreiten.
Komplikationen
Die meisten Patienten leiden dabei auch an Fieber und an einem allgemeinen Krankheitsgefühl. Im schlimmsten Falle kann es zu einem vollständigen Nierenversagen kommen, wenn die Hyperoxalurie nicht frühzeitig von einem Arzt behandelt wird. Weiterhin tritt Bluthochdruck auf, welcher im schlimmsten Falle zu einem Herzinfarkt führen kann. Eine unbehandelte Hyperoxalurie führt zu einer verringerten Lebenserwartung.
Akute Notfälle können in der Regel mit einer hohen Zufuhr an Flüssigkeit behandelt werden. In schwerwiegenden Fällen ist allerdings die Transplantation verschiedener Organe beim Patienten notwendig. Dabei kann es unter Umständen zu Komplikationen oder anderen Beschwerden kommen. Diese hängen allerdings von den genauen Umständen der Krankheit ab und können nicht allgemein vorausgesagt werden.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Wenn Symptome und Beschwerden wie Harnsteine, Nierenkoliken oder Fieber bemerkt werden, liegt womöglich eine Hyperoxalurie zugrunde. Ein Arzt sollte konsultiert werden, wenn die Beschwerden länger als zwei bis drei Tage bestehen bleiben. Sollten im Verlauf weitere Symptome hinzukommen, etwa Anzeichen einer Hämaturie oder Nierenfunktionsstörungen, muss umgehend der Hausarzt konsultiert werden. Bei ernsten Komplikationen wie Herzrhythmusstörungen oder Gewebsnekrosen ist ein Besuch im Krankenhaus angezeigt.
In schweren Fällen sollte sofort der Notarzt gerufen werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Beschwerden ganz plötzlich auftreten und mit Ausfallerscheinungen verbunden sind. In diesem Fall wird am besten umgehend ärztlicher Rat eingeholt. Personen, bei denen entsprechende genetische Defekte festgestellt wurden, sind besonders anfällig für die Entstehung einer Hyperoxalurie. Ebenso Menschen mit Morbus Cushing, Sarkoidose oder Hyperparathyreoidismus. Wer zu diesen Risikogruppen zählt, sucht mit genannten Symptomen am besten umgehend einen Arzt auf. Neben dem Hausarzt kann ein Facharzt für innere Medizin oder ein Nephrologe hinzugezogen werden.
Behandlung & Therapie
Eine Hyperoxalurie wird zunächst durch eine erhöhte Flüssigkeitszufuhr behandelt. Des Weiteren werden Hemmstoffe verabreicht, welche die Kristallbildung von Kalziumoxalat verhindern. Dazu zählen unter anderem Magnesium, Zitrat oder Bikarbonat. Der Urin wird möglichst alkalisch gehalten, um Kalziumoxalat in Lösung zu halten.
Bei Patienten, die sehr sensitiv auf Vitamin B6 reagieren, wird Pyridoxin substituiert, um die Produktion von Oxalat zu reduzieren. Durch diese Behandlungen kann der Verlauf der schweren primären Hyperoxalurie verzögert werden. In vielen Fällen ist jedoch eine kombinierte Nieren-Leber-Transplantation bereits im Kindesalter notwendig, um die enzymbedingte Oxalatbildung zu verhindern und das Leben der Patienten zu retten.
Aussicht & Prognose
Die Prognose einer Hyperoxalurie ist sehr unterschiedlich. Unbehandelt kann sie einen sehr schweren Verlauf nehmen. Eine besonders schlechte Prognose weist die primäre Hyperoxalurie vom Typ I auf. Sie ist wie die anderen beiden primären Formen der Erkrankung genetisch bedingt. Der sekundären Hyperoxalurie liegt wiederum eine andere Erkrankung zugrunde.
Gemeinsam ist allen Hyperoxalurien jedoch die Ablagerung von Kalziumoxalat im Organismus. Durch den hohen Sättigungsgrad mit Kalziumoxalat im Urin fallen die Kristalle besonders in den Nieren aus und rufen im Laufe der Zeit schwere Nierenfunktionsstörungen hervor. Die Oxalate treten als Nierensteine in Erscheinung, die das Nierengewebe ständig schädigen. Die Erkrankung kann aber auch bis ins hohe Alter milde verlaufen, wobei lediglich immer wieder vereinzelt Nierensteine diagnostiziert werden. In anderen Fällen wie bei der primären Hyperoxalurie vom Typ I treten jedoch schon im frühen Kindesalter schwere Nierenschäden auf. Ohne Behandlung verläuft die Hyperoxalurie dann oft tödlich.
Die Oxalose (Ablagerung von Oxalatkristallen) greift nach der zunehmenden Funktionseinschränkung der Nieren oft auf den gesamten Organismus über. Betroffen sind dann häufig Herzmuskel, Gefäße, Auge, Haut, Knochen und Zentralnervensystem. Als Folge treten Komplikationen wie Herzrhythmusstörungen, Blindheit, unbehandelbare Blutarmut, Gefäßerkrankungen oder Oxalatknochenerkrankungen auf. Teilweise verlaufen die Erkrankungen tödlich. Vielfach kann sogar eine intensive Therapie mit hoher Flüssigkeitsgabe und medikamentöser Hemmung der Kristallbildung den Krankheitsverlauf nur verzögern, jedoch nicht verhindern. Manchmal muss eine kombinierte Leber-Nieren-Transplantation durchgeführt werden.
Vorbeugung
Eine Vorbeugung vor einer primären Hyperoxalurie ist nicht möglich, weil diese genetisch bedingt ist. Bei einer entsprechenden Veranlagung sollten oxalsäurehaltige Nahrungsmittel vermieden werden. Insgesamt ist der Genuss von sehr großen Mengen an Rhabarber, Spinat oder kakaohaltigen Produkten einzuschränken, da diese gegebenenfalls zu einer sekundären Hyperoxalurie führen können.
Nachsorge
Bei einer Hyperoxalurie ist der Betroffene in erster Linie auf eine schnelle Diagnose mit der anschließenden Behandlung angewiesen, um weitere Komplikationen und Beschwerden durch diese Krankheit zu verhindern. Je früher dabei ein Arzt aufgesucht wird, desto besser ist meistens auch der weitere Verlauf dieser Krankheit. Der Betroffene sollte dabei daher schon bei den ersten Symptomen und Anzeichen der Hyperoxalurie einen Arzt kontaktieren, da es im schlimmsten Fall auch zum Tode kommen kann.
Eine Selbstheilung kann bei dieser Erkrankung nicht eintreten, sodass eine Behandlung immer notwendig ist. Die Maßnahmen einer Nachsorge sind dabei eingeschränkt. In den meisten Fällen erfolgt die Behandlung der Hyperoxalurie mit Hilfe von Medikamenten. Dabei ist auf eine richtige Dosierung und auch auf eine regelmäßige Einnahme zu achten.
Vor allem bei Kindern müssen Eltern die richtige Einnahme und Dosierung überprüfen. Bei Nebenwirkungen oder bei Wechselwirkungen ist zuerst ein Arzt zu kontaktieren. Weiterhin sind regelmäßige Untersuchungen der inneren Organe sehr wichtig, um Schäden an den inneren Organen festzustellen und rechtzeitig zu behandeln. Eventuell ist durch die Hyperoxalurie daher auch die Lebenserwartung des Betroffenen eingeschränkt oder deutlich verringert.
Das können Sie selbst tun
In der Regel sollte der Betroffene bei einer Hyperoxalurie auf oxalsäurehaltige Lebensmittel verzichten. Auch die Einnahme von kakaohaltigen Produkten sollte möglichst eingeschränkt werden. Weiterhin muss der Betroffene in seiner Ernährung auf Spinat oder Rhabarber verzichten. Meistens stellt die Hyperoxalurie damit keine große Einschränkung im Alltag und bei der Nahrungszufuhr des Patienten dar. Mit der Einnahme von Pyridoxin können Betroffene das Oxalat im Körper reduzieren. Dabei ist lediglich auf eine regelmäßige Einnahme zu achten, damit es nicht zu weiteren Beschwerden kommt.
Die akuten Beschwerden der Erkrankung werden dabei meisten durch eine erhöhte Zufuhr an Flüssigkeit behandelt. Da die Krankheit auch die Nieren oder das Herz schädigen kann, sollten die Betroffenen regelmäßig an Untersuchungen teilnehmen. Bei psychischen Beschwerden oder Depressionen helfen häufig Gespräche mit anderen Betroffenen der Hyperoxalurie oder mit engsten Vertrauten und den Eltern.
Quellen
- Gasser, T.: Basiswissen Urologie. Springer, Berlin 2011
- Finke, F., Piechota, H., Schaefer, R.M., Sökeland, J., Stephan-Odenthal, M., Linden, P.: Die urologische Praxis. Uni-Med, Bremen 2007
- Keller, C.K., Geberth, S.K.: Praxis der Nephrologie. Springer, Berlin 2010