Impfpflicht

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Von einer Impfpflicht spricht man dann, wenn eine Schutzimpfung als Vorbeugungsmaßnahme für Menschen und/oder Tiere gesetzlich vorgeschrieben ist. Derzeit gibt es in Deutschland, Österreich und der Schweiz keine allgemeine Impfpflicht.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Impfpflicht?

Heutzutage gibt es in Deutschland, Österreich und der Schweiz keine allgemeine Impfpflicht mehr, sondern lediglich Impfempfehlungen. Im Impfpass sind alle Impfungen vermerkt.

Die erste Impfpflicht gab es in Deutschland im Jahr 1874. Im damaligen Reichsimpfgesetz wurden alle Deutschen dazu verpflichtet, ihre Kinder im Alter von einem und von zwölf Jahren gegen Pocken impfen zu lassen.

Die allgemeine Impfpflicht wurde 1975 beendet und bestand bis in die 80er Jahre nur noch als Impfpflicht für bestimmte Personengruppen. Heute gibt es in Deutschland, Österreich und der Schweiz keine allgemeine Impfpflicht mehr, sondern lediglich Impfempfehlungen. In der Bundeswehr existiert hingegen noch eine Impfpflicht gegen Tetanus.

Funktion, Wirkung & Ziele

Impfungen dienen dazu, das Immunsystem zur Abwehr spezifischer Stoffe anzuregen. Sie wurden zur Prävention von Infektionskrankheiten wie Polio, Masern, Pocken oder Röteln entwickelt. Bei der Impfung unterscheidet man zwischen Aktiv- und Passiv-Impfung.

Ziel der Aktiv-Impfung ist es, das Immunsystem des Körpers auf eine Infektion mit dem verabreichten Erreger vorzubereiten, sodass schnell eine Abwehrreaktion erfolgen kann. Bei der Aktiv-Impfung kommen Lebendimpfstoffe und Totimpfstoffe zum Einsatz. Der Lebendimpfstoff besteht zu geringen Teilen aus funktionsfähigen Erregern. Diese sind abgeschwächt (attenuiert), sodass sie sich zwar noch vermehren, aber unter normalen Umständen keine Erkrankung mehr auslösen können. Totimpfstoffe bestehen hingegen aus inaktivierten Pathogenen, also aus Erregern oder Toxinen, die nicht mehr in der Lage sind sich fortzupflanzen. In beiden Fällen soll der Körper durch die Impfung dazu veranlasst werden, Antikörper gegen den Erreger zu bilden.

Dieser Vorgang kann ein bis zwei Wochen dauern. Dringt der Erreger später erneut in den Körper ein, so wird er durch die zirkulierenden Antikörper schnell erkannt und kann dementsprechend schnell bekämpft werden. Bei der Passiv-Impfung wird dem Empfänger ein Immunserum injiziert. Dieses enthält in hoher Dosis Antikörper gegen den Krankheitserreger. Im Gegensatz zur Aktiv-Impfung sind die Antikörper sofort verfügbar. Dafür hält der Schutz auch nur einige Wochen an. Nach Einschätzung des Robert-Koch-Instituts gehören Impfungen zu den wichtigsten und wirksamsten Vorbeugungen gegen Infektionskrankheiten. So haben die Impfung gegen Pocken und die damit verbundene Impfpflicht zur globalen Ausrottung der Pocken geführt.

Auch andere Infektionskrankheiten konnten durch den Einsatz von Impfungen massiv reduziert werden. Obwohl eine Impfpflicht vor allem für Kindererkrankungen wie Masern und Röteln immer wieder in der Diskussion ist, existieren momentan in Deutschland lediglich Impfempfehlungen. Impfempfehlungen werden von der Ständigen Impfkommission (STIKO), einem Expertengremium des Robert-Koch-Instituts in Berlin, herausgegeben. Die STIKO wertet wissenschaftliche und klinische Daten aus und spricht anhand der Ergebnisse dieser Auswertungen Empfehlungen für Schutzimpfungen aus. Die Impfempfehlungen der STIKO sind im Gegensatz zur Impfpflicht rechtlich nicht bindend. Sie werden aber meist von den Landesgesundheitsämtern als öffentliche Empfehlung übernommen.

Derzeit empfiehlt die STIKO Schutzimpfungen gegen Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten, Haemophilus influenzae Typ b, Poliomyelitis (Kinderlähmung), Hepatitis B, Pneumokokken (Erreger von Lungen- und Hirnhautentzündungen), Rotaviren, Meningokokken, Masern, Mumps, Röteln und Windpocken. Bei jungen Mädchen empfiehlt die STIKO zudem die Impfung gegen Humane Papillomaviren (HPV). Älteren Menschen und Menschen mit einem supprimierten Immunsystem wird zusätzlich eine Impfung gegen das Grippevirus angeraten. Die meisten Impfungen werden im Säuglings- und Kleinkindalter erstmalig durchgeführt und dann im Alter zwischen fünf und achtzehn Jahren aufgefrischt. Einige Impfungen, wie beispielsweise die Impfung gegen Tetanus, müssen für einen ausreichenden Schutz alle zehn Jahre durchgeführt werden.


Besonderheiten & Gefahren

Viele deutsche Kinderärzte fordern immer wieder eine Impfpflicht für Kinder. Vor allem die hohe Anzahl an Masernerkrankungen biete Grund zur Sorge und zeige, dass ein freiwilliges Impfkonzept auf Basis der Impfempfehlungen nicht ausreichend sei.

Gegner der Impfung haben zahlreiche Argumente gegen die Impfpflicht. Bei jeder dreißigsten Impfung sind Impfreaktionen zu beobachten. Diese äußern sich in Form von Rötungen und Schwellungen an der Einstichstelle, Fieber, Gelenkschmerzen oder Fieberkrämpfen. In der Regel bilden sich die Impfreaktionen wieder zurück, sodass kein dauerhafter Schaden entsteht. Geht eine körperliche Reaktion über diese normale Impfreaktion hinaus, so spricht man von einem Impfschaden. Auch wenn mit vermehrungsfähigen Erregern geimpft wurde und eine andere, als die geimpfte Person Schäden erleidet, spricht man von einem Impfschaden. Impfschäden können sich durch viele verschiedene Symptome äußern und werden deshalb häufig nicht sofort mit der Impfung in Verbindung gebracht.

Aufgrund der schwierigen Beweislage werden nur sehr wenige potentielle Impfschäden vom Landesversorgungsamt wirklich anerkannt. Bis Ende des Jahres 1998 gab es seit Einführung des Bundesversorgungsgesetzes weniger als 4000 anerkannte Impfschäden. Seit 2001 sind Ärzte eigentlich verpflichtet, bei einem Verdacht auf einen Impfschaden Meldung an das Gesundheitsamt zu erstatten. Da diese Meldung für die Ärzte mit einem hohen Aufwand verbunden ist und zudem viele Ärzte Regressforderungen bei einem Arztfehler fürchten, erfolgt die Meldung aber nach Meinung der Impfkritiker viel zu selten.

Ein weiteres Risiko, welches Impfgegner gegen die Impfpflicht anführen, ist der Ausbruch der Krankheit durch die Impfung. Bei einem Lebendimpfstoff, der einer Person mit einem geschwächten Immunsystem verabreicht wird, besteht die Gefahr, dass die Erkrankung gegen die man den Körper mit der Impfung eigentlich schützen wollte, durch die in der Impfung enthaltenen Erreger ausbricht. Dabei muss das Immunsystem nicht komplett brachliegen. Oft reichen schon kleine Infekte aus. Auch zahnende Kinder sollte man deswegen nicht impfen. Im Vergleich zur "normalen" Erkrankung verläuft die Impfkrankheit eher schwach. Solche Impfkrankheiten werden besonders häufig bei Masern beobachtet.

Quellen

  • I care Krankheitslehre. Thieme, Stuttgart 2015
  • Murphy, K., Travers, P., Walport, M.: Janeway – Immunologie. Spektrum, Heidelberg, 2010
  • Suttorp et al.: Infektionskrankheiten verstehen, erkennen, behandeln. Thieme, Stuttgart 2003

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