Leukenzephalopathie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die Leukenzephalopathie stellt eine Erkrankung des zentralen Nervensystems dar. Sie wird in der Regel durch das sogenannte JC-Virus verursacht. Es handelt es sich um eine akute Krankheit, die durch einen progredienten Verlauf gekennzeichnet ist. Im Rahmen der Leukenzephalopathie kommt es zu Beeinträchtigungen von sensorischen und motorischen Funktionen und Prozessen. Grundsätzlich betrifft die Leukenzephalopathie in erster Linie Personen, die an einer Schwäche des Immunsystems leiden.
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Was ist eine Leukenzephalopathie?
Die Leukenzephalopathie kommt vor allem bei solchen Menschen vor, die eine herabgesetzte T-Zell-Immunität aufweisen. Weitaus seltener betrifft die Erkrankung solche Personen, die nur geschwächte humorale Immunfunktionen zeigen. Bezeichnend ist außerdem, dass ein großer Teil der Patienten mit Leukenzephalopathie gleichzeitig an AIDS erkrankt ist.
Seltener entwickelt sich die Leukenzephalopathie nach einer künstlich beziehungsweise medikamentös veranlassten Unterdrückung der natürlichen Abwehrkräfte (medizinischer Fachbegriff Immunsuppression). Auch eine Transplantation von Knochenmark erhöht das Risiko für die Erkrankung teilweise.
Grundsätzlich betrifft die Leukenzephalopathie das zentrale Nervensystem. Das für die Erkrankung verantwortliche Virus zählt zur Gruppe der sogenannten Polyomaviren. Im Rahmen der Krankheit verändern sich die Funktionen und Abläufe des zentralen Nervensystems, was sich zum Beispiel in Störungen der Motorik äußert.
Ursachen
Erst eine erneute Infektion führt zur Entwicklung der Leukenzephalopathie. Schon bei Kindern breitet sich der Erreger im Organismus aus. Das Virus bleibt ein ganzes Leben lang im Organismus der infizierten Personen. Es wird vermutet, dass sich das entsprechende Virus bei Patienten mit einer Schwäche des Immunsystems von den Knochen oder Nieren in das zentrale Nervensystem ausbreitet.
Das Transportmedium stellen womöglich Leukozyten dar. Im weißen Gewebe verschiedener Hirnareale, darunter das Großhirn und Kleinhirn, erfolgt eine Replikation des Virus. Der gleiche Vorgang ist auch im Rückenmark möglich. Prinzipiell zählt die Leukenzephalopathie zu den sogenannten Entmarkungskrankheiten, die mit medizinischem Fachbegriff Demyelinisierungserkrankungen heißen.
Dabei erkranken die Nervenscheiden und bauen sich ab. Daran sind entzündliche Prozesse beteiligt. Da das Virus ein Leben lang im Körper der infizierten Personen verbleibt, befallen die Erreger mit der Zeit immer mehr Hirnareale. Vor allem die Myelinscheiden sind von den Entmarkungsvorgängen betroffen.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Die Symptome einer Leukenzephalopathie sind vielfältig. Die Ausprägung der individuellen Beschwerden ist in erster Linie davon abhängig, welche Bereiche des zentralen Nervensystems von den Erregern befallen sind. Auf diese Weise bilden sich diverse Entmarkungsherde innerhalb des Nervensystems.
Bei einer Infektion jener Hirnareale, die für die Motorik zuständig sind, entwickeln sich Störungen der Bewegung. Gleiches gilt für Beeinträchtigungen des Sprachzentrums, die oftmals eine Aphasie zur Folge haben. Umso stärker sich die Erkrankung im Lauf der Zeit ausbreitet, umso ausgeprägter werden die kognitiven Beeinträchtigungen.
Nicht selten kommt es zu Verwirrtheitszuständen und Störungen der Konzentrationsfähigkeit. Sogar eine Demenz ist möglich. Zudem leiden einige an Leukenzephalopathie erkrankten Patienten an epileptischen Krampfanfällen.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Wenn eine Person an den typischen Beschwerden einer Leukenzephalopathie leidet, ist der Besuch eines Arztes empfehlenswert. Dieser bespricht mit dem Patienten dessen Krankengeschichte, die individuelle Lebensweise und mögliche chronische Krankheiten. Im Anschluss an die Anamnese erfolgen verschiedene Untersuchungen.
Im Fokus steht dabei das klinische Erscheinungsbild der Leukenzephalopathie. Im Rahmen von neuropathologischen Analysen lässt sich ein spezielles Protein des JC-Virus feststellen. Außerdem ist es möglich, das Genom des Virus nachzuweisen. Unzureichend ist hingegen eine Untersuchung des Urins.
Hierbei lässt sich das Virus oftmals zwar auffinden, jedoch hat dies wenig Aussagekraft bezüglich einer tatsächlichen Erkrankung. Denn circa ein Fünftel aller Menschen scheidet das Virus permanent über den Urin aus, ohne an einer Leukenzephalopathie erkrankt zu sein. Die Diagnose lässt sich mittels einer Magnetresonanztomografie festigen.
Jedoch ist hier eine Abgrenzung zur Multiplen Sklerose oder einem posterioren reversiblen Enzephalopathiesyndrom ohne eine gründliche Anamnese schwierig. Darüber hinaus lässt sich das JC-Virus mit Hilfe von elektronenmikroskopischen Untersuchungen im Gewebe des Hirns identifizieren.
Grundsätzlich hat eine akribische Differenzialdiagnose hohe Relevanz. Wenn eine Leukenzephalopathie im Zusammenhang mit einer AIDS-Erkrankung vermutet wird, sind die Patienten auf diverse Enzephalitiden zu untersuchen. Zu dieser Art von Erkrankungen gehören zum Beispiel eine Kryprokokkose, eine Toxoplasmose sowie eine HIV-Enzephalopathie.
Komplikationen
In einigen Fällen sind die Patienten dann auf die Hilfe anderer Menschen in ihrem Alltag angewiesen. Ebenso kann es zu Beschwerden beim Sprechen kommen, sodass die Kommunikation mit anderen Menschen ebenso stark eingeschränkt ist. Es kommt zu einer Versiertheit und weiterhin auch zu Störungen der Konzentration und der Koordination. Sollte die Leukenzephalopathie nicht behandelt werden, so kann es auch zu einer Demenz und weiterhin zu einem epileptischen Anfall kommen.
Eine kausale Behandlung der Leukenzephalopathie ist in vielen Fällen nicht möglich. Eventuell muss ein Organ entnommen werden, welches für die Krankheit verantwortlich ist. Ohne Behandlung kommt es dabei in der Regel zum Tode des Patienten. Komplikationen treten vor allem bei Menschen mit einem geschwächten Immunsystem auf, sodass diese eine zusätzliche Behandlung benötigen.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Wenn Symptome wie blutiger Urin oder Kot bemerkt werden, ist ärztlicher Rat angezeigt. Weitere Warnzeichen, die rasch abgeklärt werden müssen, sind Krämpfe im Unterleib, Missempfindungen sowie Durchfall und Erbrechen. Auch ein allgemeines Unwohlsein sollte untersucht werden, wenn es länger als ein paar Tage bestehen bleibt. Tritt das Krankheitsgefühl in Verbindung mit Hautveränderungen und Leistungseinbußen auf, muss ein Arzt konsultiert werden. Unbehandelt kann die Leukenzephalopathie zu Komplikationen wie Bewusstseinsstörungen und Herzrhythmusstörungen führen. Wenn diese Symptome auftreten, muss ein Notarzt alarmiert werden.
Die betroffene Person muss anschließend in einer Fachklinik behandelt werden, da bei der Nervenerkrankung im fortgeschrittenen Stadium akute Lebensgefahr besteht. Der Hausarzt wird je nach Symptombild weitere Ärzte wie Kardiologen, Neurologen, Gastroenterologen und Rheumatologen hinzuziehen. Falls begleitend zur Erkrankung psychische Beschwerden bestehen oder der Gesundheitszustand des Patienten allgemein eher schlecht ist, kann ein Therapeut eingeschaltet werden. Personen, die kürzlich eine Ammoniakvergiftung erlitten haben, müssen sofort den Notarzt rufen.
Behandlung & Therapie
Die Behandlung der Leukenzephalopathie konzentriert sich darauf, das Immunsystem der betroffenen Patienten zu stärken. Bei AIDS-Kranken erhöht sich die Lebensdauer durch eine sogenannte hochdosierte antiretrovirale Behandlung. Dadurch reduzieren sich gleichzeitig auch die Symptome der Erkrankung. Denn nach der Therapie vergrößert sich die Anzahl der T-Zellen.
Wenn infolge der Transplantation eines Organs eine Immunsuppression erfolgt, ist es in manchen Fällen notwendig, das entsprechende Organ zu entnehmen. Kausale Therapiemöglichkeiten der Leukenzephalopathie sind nicht bekannt. Auch die Prognose der Erkrankung ist wenig positiv.
Lediglich eine Verbesserung und Stärkung der Immunfunktionen wirkt sich positiv auf den Ausgang der Krankheit aus. Andernfalls versterben der erkrankten Patienten nach circa drei Monaten bis zwei Jahren.
Aussicht & Prognose
Ohne eine medizinische Versorgung kommt es zu einer stetigen Zunahme der vorhandenen Beschwerden und gesundheitlichen Unregelmäßigkeiten. Der Krankheitsauslöser kann sich im Organismus weiter ausbreiten und eine kontinuierliche Schwächung des Immunsystems auslösen. In schweren Fällen kommt es zu dauerhaften Beeinträchtigungen der Organtätigkeit, einem dauerhaften Unwohlsein und verschiedenen Funktionsstörungen.
Unregelmäßigkeiten der Motorik sowie der Fortbewegung setzen ein und haben einen zunehmenden Krankheitsverlauf. Unbehandelt kommt es letztlich zu einem vorzeitigen Ableben des Betroffenen, da das Immunsystem insgesamt so geschwächt ist, dass es sich gegen keine äußeren Einflüsse mehr behaupten kann. Bei einer frühzeitigen ärztlichen Versorgung kann das Überleben des Patienten gesichert werden. Dennoch besteht das Risiko, lebenslange Störungen der Gehirntätigkeit oder der Bewegungsabläufe bestehen bleiben.
In einigen Fällen wird eine Organtransplantation benötigt, da der Körper sich nicht mehr aus eigener Kraft gegen die Krankheitserreger wehren kann. Um das Leben des Betroffenen zu sichern wird eine Stärkung des Immunsystems benötigt. Trotz aller Bemühungen ist die Sterberate bei der Leukenzephalopathie sehr hoch. Eine Vielzahl der Patienten stirbt nach Diagnosestellung innerhalb von zwei Jahren. Häufig liegen weitere Erkrankungen vor, die ebenfalls eine Schwächung des Immunsystems zur Folge haben. Diese Entwicklung verschlechtert die Prognose und verkürzt die zu erwartende Lebenszeit zusätzlich.
Vorbeugung
Es sind noch keine effektiven Maßnahmen zur Prävention der Leukenzephalopathie bekannt.
Nachsorge
Es gibt keine Nachsorgemaßnahmen, die beim Krankheitsbild ergriffen werden können. Vielmehr müssen sich die Nachsorgemaßnahmen nach den unterschiedlichen Leiden, die die Diagnose ergeben, richten. Vor allem Patienten, die gleichzeitig an AIDS erkrankt sind, haben kaum Möglichkeiten, den Krankheitsverlauf positvi zu beeinflussen. Wohl aber kann der Zustand der Patienten in einigen Fällen durch eine konsequente medikamentöse Therapie noch verbessert werden. Nachsorgeuntersuchungen bestehen allenthalben im Überwachen der CD4-Werte werte und der Viruslast.
Daher sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen beim behandelnden Arzt notwendig, um den Verlauf der Krankheit zu überblicken. Dies bedeutet eine Kontrolle der Blutwerte, um Folgeinfektionen aufzuspüren und zu überwachen. Der Einsatz von Immunsuppressiva (wo dies sinnvoll erscheint) sollte dringend überdacht werden.
Zur Vorbeugung vor weiteren opportunistischen Infektionen sollten die Betroffenen einen sehr gesunden, das Immunsystem bestmöglich stärkenden Lebensstil leben. Dies umfasst eine gesunde Ernährung, Sport und den Verzicht von Substanzen, die sich negativ auf das Immunsystem auswirken - etwa Alkohol und Nikotin.
Das können Sie selbst tun
Patienten mit Leukenzephalopathie leiden unter Einschränkungen der Bewegungsfähigkeit sowie der Sensorik. Dadurch sind sie mit zunehmendem Verlauf der Krankheit nicht mehr in der Lage, ihren Alltag eigenständig zu bewältigen. Somit leiden die Lebensqualität und das seelische Wohlbefinden der Betroffenen. Um den Lebensalltag zu meistern, suchen sich die Patienten Hilfe bei Angehörigen oder externen Pflegediensten, um so lang wie möglich im eigenen Zuhause zu wohnen. Sobald die Betroffenen jedoch ständig auf Betreuung angewiesen sind, ist meist der Umzug in eine Pflegeeinrichtung vonnöten.
Durch den Abbau der motorischen Fähigkeiten entwickeln zahlreiche Patienten Minderwertigkeitskomplexe bis hin zu Depressionen. Sämtliche psychischen Beschwerden sind behandlungsbedürftig, sodass sich die Patienten an einen Psychotherapeuten wenden.
Besonders wichtig für den Krankheitsverlauf ist es, dass die erkrankten Personen in regelmäßigen Intervallen die zuständigen Mediziner zwecks Kontrolluntersuchungen konsultieren. Die Patienten bekommen diverse Medikamente verschrieben und verabreicht, die das Immunsystem stärken. Um die medikamentöse Therapie bestmöglich zu unterstützen, stärken die Betroffenen ihre Abwehrkräfte zusätzlich durch einen gesunden Lebensstil. Dieser schließt einen speziellen Ernährungsplan sowie Hinweise bezüglich körperlicher Aktivitäten mit ein. Sport erfolgt bestenfalls im Rahmen einer Physiotherapie, wobei der Therapeut auf die Verfassung des Patienten eingeht und seine motorischen Fähigkeit fördert.
Quellen
- Berlit, P.: Basiswissen Neurologie. Springer, Berlin 2007
- Grehl, H., Reinhardt, F.: Checkliste Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012
- Masuhr K., Masuhr, F., Neumann, M.: Duale Reihe Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013