Masseterreflex

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 14. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Der Masseterreflex ist ein Eigenreflex der Kaumuskulatur, der durch einen Schlag auf den Unterkiefer ausgelöst wird und den Kiefer schließt. Der Reflex gehört zu den Muskeldehnungsreflexen und entspricht einer angeborenen Reflexbewegung des Musculus masseter. Bei peripheren und zentralen Läsionen kann der Masseterreflex ausbleiben.

Inhaltsverzeichnis

Was ist der Masseterreflex?

Der Masseterreflex ist ein Eigenreflex der Kaumuskulatur, der durch einen Schlag auf den Unterkiefer ausgelöst wird und den Kiefer schließt.

Reflexe sind automatisierte unwillkürliche Bewegungen auf bestimmte Reize hin. Alle Reflexe im menschlichen Körper lassen sich entweder den Eigenreflexen oder den Fremdreflexen zuteilen. Bei Fremdreflexen liegen die afferenten und efferenten Fasern der Reflexbewegung in verschiedenen Organen. Die Afferenzen und Efferenzen von Eigenreflexen liegen dagegen im selben Organ.

Der Masseterreflex zählt zu den Eigenreflexen. Er ist ein Kieferreflex, der sich durch einen Schlag auf den Unterkiefer auslösen lässt und eine Adduktionsbewegung im Kiefergelenk herbeiführt. Der Kiefer schließt sich bei dieser Bewegung also durch die Kontraktion eines Kiefermuskels.

Dieser Reflex des Kiefers zählt zu den angeborenen Reflexen und ist ein Teil der neurologischen Reflexuntersuchung. Die hauptsächlich daran beteiligten Strukturen sind der Musculus masseter und der Nervus mastericus.

Funktion & Aufgabe

Der Masseterreflex ist eine reflektorische Bewegung des Musculus masseter. Da es sich um einen Eigenreflex handelt, liegen sowohl die afferenten, als auch die efferenten Fasern dieses Reflexes in dem Skelettmuskel. Der Musculus masseter wird der Kaumuskulatur zugerechnet. Der oberflächliche Anteil des Muskels entspringt vom Jochbogen und läuft zum Ansatz des Ramus mandibulae und des Tuberositas masseterica. Auch der tiefe Anteil des Muskels reicht vom Jochbogens aus zum Ramus mandibulae. Der Nervus massetericus innerviert den Kaumuskel und bindet ihn so ans Nervensystem an, über das die Reflexantwort gesteuert wird. Der Nerv ist ein Teil des Nervus mandibularis und bildet seinen motorischen Ast.

Reflexen wie dem Masseterreflex geht immer ein bestimmter Reiz voraus. Dieser Reiz wird von den Rezeptoren der entsprechenden Körperareale aufgenommen und wandert als afferente Information ins zentrale Nervensystem. Der fünfte Hirnnerv ist an der Innervation des Kiefers beteiligt. Er wird auch als Nervus trigeminus bezeichnet und besteht aus allgemein-somatosensiblen und speziell-viszeromotorischen Fasern. Beim Masseterreflex wird auf dem Unterkiefer von den sensiblen Nervenendigungen oder Rezeptoren des Trigeminus eine Dehnung des Muskels registriert. Diese Wahrnehmung leitet der Nerv als afferente Information aus dem Kiefer zum somatosensiblen Nucleus mesencephalicus nervi trigemini aus. Von dort aus werden efferente Antworten zurück an den Kaumuskel gegeben.

Bei der Reflexuntersuchung löst der Arzt den Masseterreflex aus, indem er einen Finger am Kinn des Patienten platziert. Der Patient muss den Mund locker geöffnet halten. Der Arzt schlägt mit einem Reflexhammer leicht auf den aufgelegten Finger und beobachtet die reflektorische Adduktion des Kiefers.

Die Reflexbewegung entspricht einem Muskeldehnungsreflex und zählt zu den Schutzreflexen des Kiefers. Längendehnungen des Muskels führen bei Muskeldehnungsreflexen zur Kontraktion über eine Schlaufenverschaltung aus afferenten und efferentenen Neuronen. Die afferenten Neuronen sitzen immer am Muskelspindel, wo auch die Dehnungsrezeptoren liegen. Die efferenten Neurone sind α-Motoneuron und lösen durch eine monosynaptische Verbindung zum afferenten Neuron des Muskelspindels die Muskelkontraktion aus.


Krankheiten & Beschwerden

Der Masseterreflex spielt vor allem für die Neurologie eine Rolle. Eine anomale Reflexantwort kann im Rahmen der Reflexuntersuchung zum Beispiel auf Lähmungen des Trigeminusnervs hindeuten. Das gilt vor allem dann, wenn die reflektorische Reflexbewegung vollständig ausbleibt. Der Ausfall des Trigeminus kann nur einen der Äste oder den ganzen Nerv betreffen. Sensibilitätsstörungen im Gesicht und Funktionsbeinträchtigungen der Kaumuskeln zählen zu den Leitsymptomen einer Trigeminuslähmung. Auch der Cornealreflex lässt sich bei einer ausgeprägten Lähmung des Trigeminus nicht mehr auslösen.

Wenn der Masseterreflex ausbleibt, kann die Prüfung auf diese beiden Reflexe eine Einschätzung über die Lokalisation und die Schwere der Lähmung zulassen. Zusammen mit anderen charakteristischen Symptomen lässt sich die Verdachtsdiagnose auf eine Trigeminuslähmung so eventuell sichern. Bei einer einseitigen Lähmung des Nervs weicht der Unterkiefer zur Seite ab, auf der die Lähmung vorliegt. Wenn eine beidseitige Lähmung des Nervs vorliegt, hängt der Unterkiefer herunter. Wenn die Lähmung über längere Zeit besteht, kann sich die Kaumuskulatur zurückbilden. Das Gesicht wird asymmetrisch und Fehlbisse entstehen.

Läsionen des Trigeminus sind periphere Lähmungen und können so zum Beispiel im Rahmen einer Polyneuropathie auftreten, der neben einer ursächlichen Mangelernährung zum Beispiel Vergiftungen, Infektionen oder traumatische Nervenschädigungen vorausgehen können.

Ein veränderter Masseterreflex kann aber auch an Läsionen im zentralen Nervensystem liegen. In diesem Fall ist der Bereich des Hirnstamms von Schädigungen betroffen. Tumore des Hirnstamms kommen ebenso als Ursache in Frage, wie Entzündungen oder degenerative Erscheinungen. Ursächliche Schlaganfälle sind für Hirnstammstörungen genauso denkbar. Falls eine entzündliche Ursache zu vermuten ist, handelt es sich in der Regel entweder um eine bakterielle oder eine autoimmunologische Entzündung. An autoimmunologischen Entzündungen im Zentralnervensystem leiden Patienten mit Multipler Sklerose. Bakterielle Entzündungen im Gehirn lassen sich nur schwer behandeln und sind eine potenziell lebensbedrohliche Erkrankung.

Quellen

  • Kirsch, J. et al.: Taschenlehrbuch Anatomie. Thieme, Stuttgart 2010
  • Mumenthaler, M., Mattle, H.: Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012
  • Poeck, K., Hacke, W.: Neurologie. Springer, Heidelberg 2010

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