Mitralklappenprolapssyndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Unter einem Mitralklappenprolapssyndrom wird eine angeborene Fehlbildung des Herzens am Mitralklappenapparat verstanden. Dabei kommt es zu einer Wölbung der Mitralklappenanteile.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein Mitralklappenprolapssyndrom?

Oftmals sind die Beschwerden, die bei einem Mitralklappenprolapssyndrom auftreten, sehr unspezifisch. So kann es sich dabei um Herzrhythmusstörungen oder Beschwerden, die einer Angina pectoris ähneln, handeln.
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Bei einem Mitralklappenprolapssyndrom oder Mitralklappenprolaps erfolgt das Umklappen oder eine ballonartige Aufdehnung des hinteren Mitralklappensegels in den linken Vorhof des Herzens. Es können aber auch beide Mitralklappen davon betroffen sein. Der Mitralklappenprolaps gehört bei erwachsenen Menschen zu den häufigsten Veränderungen der Herzklappen. Dabei zeigt sich der Vorfall häufiger beim weiblichen als beim männlichen Geschlecht.

Die erste Beschreibung des Mitralklappenprolapssyndroms fand im Jahr 1963 durch den Herzspezialisten John B. Barlow aus Südafrika statt. Daher trägt die Erkrankung auch die Bezeichnungen Morbus Barlow oder Barlow-Syndrom. Betroffen von einem Mitralklappenprolaps sind weltweit rund fünf Prozent aller Erwachsenen. In Deutschland liegt die Rate zwischen ein und zwei Prozent. Zu den meisten Prolapsfällen kommt es zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr.

Grundsätzlich kann ein Mitralklappenprolapssyndrom aber in jedem Lebensalter auftreten. Angesiedelt ist die Mitralklappe zwischen linker Herzkammer und linkem Vorhof des Herzens. Sie wirkt unterstützend auf das Herz, mit Sauerstoff angereichertes Blut via linken Vorhof in die linke Herzkammer zu pumpen. Von dort aus gelangt es weiter in den Organismus.

Zum Öffnen der Mitralklappe kommt es beim Einströmen des Blutes vom linken Vorhof in Richtung linke Herzkammer. Beim Zusammenziehen der Kammer erfolgt der Verschluss der Herzklappe. Die Bezeichnung Mitralklappe ist auf die Ähnlichkeit der Klappe mit einer Mitra, einer Bischofsmütze, zurückzuführen.

Ursachen

Hervorgerufen wird ein Mitralklappenprolapssyndrom durch eine Bindegewebsstörung. Aus welchen Gründen dies geschieht, ließ sich bisher jedoch nicht klären. Es wird vermutet, dass sich genetische Einflüsse auswirken. Bei manchen Menschen kann es aufgrund von erblich bedingten Erkrankungen des Bindegewebes, zu denen zum Beispiel das Marfan-Syndrom zählt, kommen.

Solche Erkrankungen haben das Überdehnen, Verdicken, Vergrößern oder Lockern der Mitralklappe zur Folge. Mitunter zeigt sich ein Mitralklappenprolaps aber auch im Anschluss an einen Herzinfarkt. Nicht selten besteht dabei eine Schädigung der Papillarmuskeln. An diesen haben die Sehnenfäden der Mitralklappe ihren Ursprung.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Oftmals sind die Beschwerden, die bei einem Mitralklappenprolapssyndrom auftreten, sehr unspezifisch. So kann es sich dabei um Herzrhythmusstörungen oder Beschwerden, die einer Angina pectoris ähneln, handeln. Oftmals empfinden die Patienten auch Gefühle von Atemnot, Unruhe, Angst und Müdigkeit. Weiterhin treten im Brustkorb stechende Schmerzen auf. Nur selten zeigt sich eine schwergradige symptomatische Mitralinsuffizienz. Das Gleiche gilt für einen abrupten Verlust des Bewusstseins. Bei vielen betroffenen Personen werden allerdings auch gar keine Beschwerden bemerkt.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Kommt es nicht zu Symptomen, lässt sich ein Mitralklappenprolapssyndrom vom Arzt meist nur durch Zufall entdecken. Zur Sicherung der Diagnose erfolgen das Abhören des Herzens (Auskultation) sowie eine Echokardiographie. Im Rahmen einer Auskultation lässt sich ein systolischer Klick hören, der als Ausdruck der systolischen Klappensegelvorwölbung in Richtung des linken Vorhof gilt.

Leidet der Patient zudem an einer Mitralinsuffizienz, ist außerdem ein systolisches Herzgeräusch zu identifizieren. Bei der Durchführung einer Echokardiographie sind die verdickten Klappensegel auffällig. Das Gleiche gilt für deren systolische Vorwölbung. Besteht Verdacht auf eine Mitralinsuffizienz, kann diese durch eine Doppler-Echokardiographie diagnostiziert werden. Eine EKG-Untersuchung führt in der Regel zu normalen Ergebnissen.

Manchmal eignet sie sich aber auch zum Erkennen von möglichen Herzrhythmusstörungen. Als hilfreich zu diesem Zweck gilt ein Langzeit-EKG, das der Patient 24 Stunden lang bei sich trägt. In den meisten Fällen wird der Verlauf eines Mitralklappenprolapssyndroms als positiv eingestuft. Lediglich bei ungefähr drei Prozent aller Betroffenen sind gravierende Komplikationen zu verzeichnen. Dazu gehören eine Herzinsuffizienz, eine arterielle Thrombembolie sowie schwer ausgeprägte Herzrhythmusstörungen, die im schlimmsten Fall zu einem plötzlichen Herztod führen können.

Komplikationen

Durch das Mitralklappenprolapssyndrom kommt es in erster Linie zu Beschwerden am Herzen. Diese Beschwerden können sich hierbei sehr negativ auf die Lebenserwartung des Patienten auswirken und diese deutlich verringern. In den meisten Fällen kommt es dabei zu einer inneren Unruhe und zu einer Atemnot. Weiterhin können die Betroffenen auch an einer Todesangst leiden und eine starke Müdigkeit verspüren.

Das Durchfahren von anstrengenden Tätigkeiten oder Sportarten ist für den Patienten durch das Mitralklappenprolapssyndrom in den meisten Fällen nicht mehr möglich. Es kommt zu einer Abgeschlagenheit und die Belastbarkeit des Betroffenen wird verringert. Durch die Atemnot kann es dabei auch zu einem Bewusstseinsverlust kommen, welcher weiterhin zu verschiedenen Beschwerden oder Verletzungen führen kann.

Im schlimmsten Falle verstirbt der Patient an einem plötzlichen Herztod. Sollte es zu akuten Notfällen kommen, so ist eine Behandlung mit Hilfe von Medikamenten notwendig. Komplikationen treten dabei in der Regel nicht auf. Allerdings können nicht alle Beschwerden vollständig behoben werden, sodass in einigen Fällen auch operative Eingriffe notwendig sind. In den meisten Fällen ist das Mitralklappenprolapssyndrom mit einer Verringerung der Lebenserwartung verbunden.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Da es sich bei dem Mitralklappenprolapssyndrom um eine angeborene Störung handelt, können bereits kurz nach der Geburt erste Unregelmäßigkeiten auftreten. Eine intensive Untersuchung ist notwendig, sobald es zu Auffälligkeiten des Herzrhythmus kommt. Bei einem unterbrochenen Herzschlag, Herzrasen oder starkem Herzklopfen sollte ein Arztbesuch erfolgen. Im Normalfall werden Neugeborene in routinierten Untersuchungen unmittelbar nach der Niederkunft untersucht.

Sind die Symptome der Erkrankung in diesem Stadium bereits ausgeprägt, werden sie automatisch von den behandelnden Kinderärzten wahrgenommen. Weitere Tests erfolgen, damit eine Diagnosestellung ermöglicht wird. Die Eltern sollten einen Arzt konsultieren, wenn in den Erstuntersuchungen keine Besonderheiten festgestellt wurden, sich die Beschwerden jedoch in den ersten Lebensmonaten oder Jahren zeigen.

Ist die Belastbarkeit des heranwachsenden Kindes im direkten Vergleich mit Gleichaltrigen vermindert, sollten die Beobachtungen mit einem Arzt besprochen werden. Kommt es zu Atemstörungen, einer Unruhe oder einer erhöhten Müdigkeit, wird ein Arzt benötigt. Bei einer akuten Atemnot ist ein Rettungsdienst zu alarmieren.

Zeitgleich sind Erste-Hilfe-Maßnahmen von anwesenden Personen zu leisten, damit eine ausreichende medizinische Versorgung bis zum Eintreffen des Notarztes gewährleistet wird. Eine verminderte Leistungsfähigkeit, mangelnde Motivation, Abgeschlagenheit und Trägheit sind Hinweise einer gesundheitlichen Beeinträchtigung. Ein Arztbesuch ist vonnöten, sobald die Beschwerden anhalten oder zunehmen.

Behandlung & Therapie

Ruft ein Mitralklappenprolaps keine Beschwerden hervor, kann auf eine medizinische Behandlung verzichtet werden. Liegt ein Mitralklappenprolapssyndrom vor, das Symptome nach sich zieht, ist eine medikamentöse Therapie von Herzrhythmusstörungen oder Angina-pectoris-Beschwerden möglich. Hierbei erhält der Patient entweder Antiarrhythmika oder Beta-Blocker. Führt der Mitralklappenprolaps zu einer Klappeninsuffizienz, bedarf es einer aufwendigen ärztlichen Therapie. Dabei muss eine enge medizinische Kontrolle stattfinden.

Eine Fehlfunktion der Mitralklappe lässt sich vom Herzen für einen gewissen Zeitraum ausgleichen, da es sich verstärkend auf seine Leistung auswirkt. Durch das Reißen eines überanstrengten Sehnennervs besteht jedoch die Gefahr, dass sich der Zustand der Klappenfunktion abrupt noch weiter verschlechtert, was sich durch akute Atemnot bemerkbar macht. In solchen Fällen ist eine notärztliche Behandlung erforderlich. Des Weiteren kommt es zu einer Veränderung der betroffenen Herzkammer, die auf verstärkte Belastungen zurückzuführen ist.

Während sich das Volumen der Herzkammer erweitert, verdickt sich zur gleichen Zeit ihre Muskulatur. Dadurch droht eine Herzschwäche, die sich nicht mehr beheben lässt. Zumeist ist dann eine Operation der Mitralklappe notwendig. Diese findet in der Regel minimal-invasiv statt. Manchmal wird die Mitalklappe auch komplett ersetzt.

Liegt ein ausgeprägtes Mitralklappenprolapssyndrom vor, sollten vor kleineren operativen Eingriffen oder einer zahnärztlichen Behandlung stets vorbeugend Antibiotika gegeben werden. Auch wenn keine Beschwerden durch einen Mitralklappenprolaps bestehen, werden von Ärzten Kontrolluntersuchungen im Abstand von drei bis fünf Jahren empfohlen. Im Rahmen einer Mitalklappeninsuffizienz müssen die Kontrolluntersuchungen alle sechs bis zwölf Monate erfolgen.


Aussicht & Prognose

Die Prognose bei einem Mitralklappenprolapssyndrom ist im Allgemeinen sehr gut. In den meisten Fällen treten überhaupt keine Beschwerden auf, weswegen Patienten auf eine Therapie verzichten können. Einzig vereinzelte Kontrolluntersuchungen werden fällig. Es reicht eine Vorstellung alle paar Jahre aus. Die Lebensqualität wird dadurch nicht beeinträchtigt. Die Lebenserwartung verbleibt auf dem bisherigen Niveau.

Statistisch gesehen erleiden drei Prozent aller Patienten Komplikationen. Diese verlaufen nicht selten schwerwiegend. Ein Grund für die lebensbedrohlichen Situationen ist, dass eine nachteilige Veränderung zu spät erkannt wurde. Eine Diagnose im Spätstadium verschlechtert nämlich die Aussichten deutlich. Zu den Risiken zählen konkret die Endokarditis, Herzrhythmusstörungen und die Mitralklappeninsuffizienz. Wie ersichtlich wird, erstrecken sich Verschlechterungen des Gesundheitszustands auf das Herz, was die existentielle Dimension des Mitralklappenprolapssyndroms erklärt.

Übersteht ein Patient eine Komplikation, sind langfristige Einschränkungen nicht auszuschließen. So kann eine Dauerbehandlung angezeigt sein. Im Alltag müssen Umstellungen akzeptiert werden. Anders als manchmal angenommen stellt das Mitralklappenprolapssyndrom kein Altersphänomen dar. Die meisten Patienten befinden sich zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr. Frauen gelten als ein wenig anfälliger im Vergleich zu Männern.

Vorbeugung

Eine spezielle Vorbeugung gegen ein Mitralklappenprolapssyndrom gibt es nicht. So sind die auslösenden Ursachen nach wie vor nicht bekannt.

Nachsorge

Da es sich beim Mitralklappenprolapssyndrom um eine angeborene Erkrankung handelt, stehen dem Betroffenen dabei in der Regel keine besonderen Maßnahmen einer Nachsorge zur Verfügung. Daher sollte der Patient bei dieser Krankheit schon idealerweise frühzeitig einen Arzt aufsuchen, damit es im weiteren Verlauf nicht zu Komplikationen oder zu anderen Beschwerden kommt. Bei einem Kinderwunsch des Patienten oder der Eltern sollte eine genetische Untersuchung und Beratung durchgeführt werden, damit ein erneutes Auftreten des Syndroms verhindert werden kann.

Die meisten Betroffenen sind bei dieser Krankheit auf die Einnahme von verschiedenen Medikamenten angewiesen, die die Beschwerden lindern und einschränken können. Dabei sollte der Betroffene auf eine regelmäßige Einnahme und ebenso auf die richtige Dosierung der Medikamente achten, um die Beschwerden zu lindern und einzuschränken.

Ebenso sind regelmäßige Kontrollen der inneren Organe sehr wichtig, wobei vor allem das Herz besonders kontrolliert werden sollte. Im Allgemeinen kann sich auch eine gesunde Lebensweise positiv auf den Verlauf des Mitralklappenprolapssyndroms auswirken, wobei auch eine ausgewogene Ernährung zu beachten ist. Weitere Maßnahmen einer Nachsorge stehen dem Betroffenen bei dieser Krankheit meist nicht zur Verfügung. Eventuell ist die Lebenserwartung durch diese Krankheit verringert.

Das können Sie selbst tun

Das Mitralklappenprolapssyndrom birgt je nach Erscheinungsformen sehr unterschiedliche Risiken. Ein schwach ausgeprägter Mitralklappenprolaps wird häufig nicht entdeckt und verursacht keine oder nur leichte Beschwerden, so dass keine Anpassung im Alltag erfolgt. In den Fällen, in denen die funktionelle Anomalie der Mitralklappe zwar festgestellt wird, aber ein minimalinvasiver oder operativer Eingriff (noch) nicht empfohlen wird, kann eine Anpassung des Verhaltens im Alltag und Selbsthilfemaßnahmen das allgemeine Befinden subjektiv und auch objektiv verbessern.

Grundsätzlich sollten körperliche und psychische Belastungsspitzen vermieden werden, weil eine plötzliche Überschwemmung des Körpers mit Stresshormonen zu einem abrupten Anstieg des Blutdrucks während der Schlagphase (Systole) der Ventrikel führt. Die Vorwölbung eines oder beider Segel der Klappe in den linken Vorhof kann sich dadurch verstärken. Andererseits ist es durchaus hilfreich, durch leichten bis mäßigem Ausdauersport dem Herzen Anreize zur Kräftigung zu geben.

Um mit akuten Stresssituationen gut und herzschonend umgehen zu können, sind Entspannungsübungen wie autogenes Training, Atemübungen, Yoga und andere Techniken gut geeignet. An sportlichen Aktivitäten sind Ausdauersportarten wie beispielsweise Nordic Walking, Schwimmen, Skilanglauf und Golfspielen hilfreich, das Herz zu kräftigen, ohne dass es zu irreversiblen Verdickungen der Herzwände kommt. Wichtig ist auch eine gewisse Aufmerksamkeit gegenüber dem subjektiven Befinden bei der Ausübung des Sports, ohne darauf fixiert und konzentriert zu sein.

Quellen

  • Erdmann, E.: Klinische Kardiologie. Springer, Heidelberg 2011
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Roskamm, H., et al.: Herzkrankheiten. Springer, Heidelberg 2004

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