Musculus stylohyoideus
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 21. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Der Musculus stylohyoideus ist ein kleiner Skelettmuskel im Kieferbereich. Er ist ein Teil der suprahyoidalen Muskulatur und trägt zum Schlucken und Öffnen des Kiefers bei. Eine Schluckstörung (Dysphagie) kann auch den Musculus stylohyoideus betreffen und zu funktionellen Beeinträchtigungen führen.
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Was ist der Musculus stylohyoideus?
Beim Musculus stylohyoideus handelt es sich um einen quergestreiften Muskel, der sich am Öffnen des Kiefers und am Schlucken beteiligt. Er gehört zur Gruppe der suprahyoidalen Muskeln, die auch als Mundbodenmuskulatur oder obere Zungenbeinmuskulatur bekannt ist und außer dem Musculus stylohyoideus vier weitere Muskeln umfasst: den Musculus digastricus, den Musculus geniohyoideus und den Musculus mylohyoideus.
Sowohl beim Schlucken als auch beim Öffnen des Kiefers wirken diese Muskeln koordiniert zusammen. Die Steuerung geht dabei vom siebten Hirnnerv aus, der als Gesichtsnerv oder Nervus facialis mithilfe zahlreicher Äste (Rami) zu zahlreichen Gewebestrukturen im Kopf vordringt. Seine Fasern leiten nicht nur motorische und parasympathische Signale vom zentralen Nervensystem zu den innervierten Muskeln, sondern sie transportieren auch sensorische und sensible Nervensignale in umgekehrter Richtung.
Anatomie & Aufbau
Der Ansatz des Musculus stylohyoideus befindet sich am Zungenbein (Os hyoideum), wo eine Sehne den quergestreiften Muskel am Knochen fixiert und auch die Sehne des Musculus digastricus ansetzt. Beim Musculus digastricus handelt es sich um einen weiteren suprahyoidalen Muskel, der aufgrund seiner Gestalt auch als zweibäuchiger Muskel bekannt ist. Das Ligamentum stylohyoideum – ein paariges Band – spannt sich vom Griffelfortsatz zum Zungenbein und verbindet die beiden Knochen miteinander.
Wie alle quergestreiften Skelettmuskeln besteht der Musculus stylohyoideus aus Muskelfasern, die den Muskelzellen entsprechen. Sie besitzen mehrere Zellkerne, da die herkömmliche Zellstruktur in ihnen nicht existiert. Stattdessen befinden sich im Innern einer Muskelfaser mehrere Myofibrillen, die sich längs durch die Faser ziehen und vom sarkoplasmatischen Retikulum umgeben sind. Wenn sich die Querabschnitte der Myofibrillen (Sarkomere) verkürzen, weil sich darin enthaltenen Aktin-/Tropomyosin- und Myosin-Filamente ineinander schieben, kontrahiert der Muskel als Ganzes und verursacht eine entsprechende Bewegung des Zungenbeins.
Funktion & Aufgaben
Der Musculus stylohyoideus übt sowohl eine statische als auch eine dynamische Funktion aus. Gemeinsam mit anderen Muskeln und Bändern hält er das Zungenbein (Os hyoideum), das ansonsten keine direkte Verbindung zu anderen Knochen besitzt. Das Zungenbein setzt sich aus dem mittleren Körper und den seitlichen Hörnern zusammen; der Ansatz des Musculus stylohyoideus verteilt sich auf den Körper und das große Horn des Knochens.
Die dynamische Funktion des Musculus stylohyoideus besteht in der Unterstützung des Schluckens und Kieferöffnens, wobei er mit den anderen suprahyoidalen Muskeln zusammenarbeitet. Den Befehl zur Kontraktion erhält der Musculus stylohyoideus vom Nervus facialis. Das elektrische Signal endet im Endknöpfchen der innervierenden Nervenfasern und geht dort mit einem Einstrom von Kalziumionen einher. Infolgedessen vereinigen sich einige Bläschen, die sich im Endknöpfchen befinden, mit der Außenmembran und setzen die in ihnen enthaltenen Neurotransmitter frei.
Als Botenstoff bindet sich Acetylcholin vorübergehend an Rezeptoren in der Membran einer Muskelzelle und verursacht dort den Einstrom von Ionen, die ein neues elektrisches Potenzial erzeugen: das Endplattenpotenzial, das über Sarkolemm und röhrenförmige T-Tubuli ins sarkoplasmatische Retikulum übergeht. Kalziumionen aus dem sarkoplasmatischen Retikulum dringen ins Innere der Myofibrillen ein und binden sich an die dortigen Filamente, die sich daraufhin ineinander schieben. Auf diese Weise verkürzen sich die Muskelfasern des Musculus stylohyoideus und ziehen das Zungenbein rückwärts und aufwärts, zum Beispiel beim Schlucken. Neben der suprahyoidalen Muskulatur beteiligt sich auch die infrahyoidalen Muskulatur (untere Zungenbeinmuskulatur) an diesem Vorgang.
Krankheiten
Eine der möglichen Ursachen ist die Alzheimer-Demenz, die durch eine fortschreitende Schädigung des Gehirns gekennzeichnet ist, was zu Funktionseinschränkungen oder -ausfällen in den betroffenen Bereichen führt. Auch die Parkinson-Krankheit, die auf dem Nervenschwund in der Substantia nigra beruht, oder ein Schlaganfalls, die Erbkrankheit Chorea Huntington oder andere neurologische Erkrankungen kommen als Ursache für Schluckstörungen infrage. Verletzungen an der Zunge sowie Frakturen an Mittelgesicht oder Zungenbein schädigen unter Umständen sowohl die Muskulatur als auch die innervierenden Nervenfasern.
Fehl- und Neubildungen im Kopf, Erkrankungen der Speiseröhre und Infektionskrankheiten können ebenfalls zu Schluckstörungen beitragen, die sich in Funktionsstörungen des Musculus stylohyoideus und anderer beteiligter Muskeln widerspiegeln. Psychisch bedingte Schluckbeschwerden treten beispielsweise im Rahmen der Phagophobie auf, die eine krankheitswertige starke Angst vor dem Ersticken oder Verschlucken darstellt und umgangssprachlich auch als Schluckangst bekannt ist.
Im Umfeld des Musculus stylohyoideus manifestiert sich auch das Eagle-Syndrom. Watt Weems Eagle beschrieb das Krankheitsbild als Erster; es betrifft nicht den Musculus stylohyoideus direkt, sondern Ligamentum stylohyoideum. Beim Eagle-Syndrom lagern sich Kalziumsalze in das Band ein und bewirken eine Verknöcherung. Das Syndrom kann auch darauf zurückgehen, dass der Griffelfortsatz zu lang ist. Ist beiden Fällen zeigen sich typischerweise Schluckbeschwerden wie Schmerzen im Rachen und Schluckbeschwerden beim Drehen des Kopfes.
Quellen
- Lanz, T., Wachsmuth, W.: Praktische Anatomie, Band 3 – Hals. Springer, Berlin 2004
- Tortora, G.J., Derrickson, B.H.: Anatomie und Physiologie. Wiley-Blackwell, Oxford 2006
- Zilles, K. et al.: Anatomie. Springer Medizin Verlag Heidelberg 2010