Schlucken
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 8. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Das Schlucken besteht aus einer willentlichen Vorbereitungsphase, dem Schluckreflex und der oralen, pharyngealen und ösophagealen Transportphase. Damit ist der Schluckvorgang nur teilweise willentlich steuerbar. Schluckstörungen sind Dysphagien und können neurologisch, psychisch oder durch Erkrankungen der beteiligten Strukturen bedingt sein.
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Was ist das Schlucken?
Das Schlucken ist eine komplexe Abfolge von Bewegungen. Genauer gesagt entspricht der Vorgang einer bestens abgestimmten Kontraktion bestimmter Mund-, Rachen- und Halsmuskeln. Neben dem Nahrungstransport in Richtung Magen hat das Schlucken auch einen Abtransport des Speichels zur Folge. Der Schluckvorgang reinigt außerdem die Speiseröhre und beseitigt Reste von Magensäure aus dem empfindlichen Gebiet. Bis zu 3000 Schluckvorgängen erlebt der Mensch pro Tag. Im schlafenden Zustand schluckt er deutlich weniger als im Wachzustand.
Der Schluckakt besteht aus einem willkürlichen Vorbereitungsteil und dem unwillkürlichen Schluckreflex. Die Reizung einzelner Bereiche am Grund der Zunge zählt zur willkürlichen Vorbereitung. Die darauffolgenden Vorgänge entziehen sich der Beeinflussung. Willentlich beeinflussbar sind lediglich die orale Vorbereitungsphase und die orale Transportphase. Die pharyngeale und die ösophageale Transportphase gehören zum unwillkürlichen Schluckreflex.
Funktion & Aufgabe
Mehrere Hirnnervenpaare sind für den Schluckakt relevant. Neben dem Nervus trigeminus kommen dem Nervus facialis, Nervus glossopharyngeus, Nervus vagus und Nervus hypoglossus wichtige Funktionen beim Schlucken zu. Drei Zervikalnerven benötigt der Mensch zum Schlucken. Alle drei entstammen den Rückenmarksegmenten C1 bis C3.
Der Schluckreflex ist ein zwingender Teil des Schluckvorgangs. Der angeborene Fremdreflex schützt die Atemwege und ermöglicht erst die ungefährliche Nahrungsaufnahme. Die Schleimhaut am Grund der Zunge, an der Schlundenge oder der Rachenhinterwand wird in der Vorbereitungsphase gereizt und die dort ansässigen Mechanorezeptoren leiten den Reiz über afferente Fasern der Nerven glossopharyngeus und vagus in die Medulla oblongata des Hirnstamms weiter, die die Reizinformation wiederum durch eine Kontaktierung der Schluckmuskulatur beantwortet.
Interessanterweise variiert die Schluckgröße von Schluck zu Schluck deutlich und hängt außerdem von der jeweiligen Art der Nahrung ab. 20 Gramm wässriger Brei oder 40 Milliliter Flüssigkeit sind das Maximum pro Schluck. Auch die Schluckdauer kann stark variieren und hängt vor allem von der Konsistenz der Bissen und ihrer Vermengung mit Speichel ab. Die Reise eines Bissens durch die Speiseröhre dauert höchstens 20 Sekunden.
Jeder Schluckakt besteht aus drei verschiedenen Transportphasen und einer Vorbereitungsphase, die vor allem zur Aufnahme fester Nahrung relevant ist. In der oralen Vorbereitungsphase wird der Nahrungsbissen ausreichend zerkaut. Die zerkleinerte Nahrung wird anschließend mit Speichel durchsetzt, damit sie gleitfähig wird. Neben den Lippen, Zähnen, dem Kiefergelenk und der Kaumuskulatur sind die Zunge und die Mundspeicheldrüsen an der Vorbereitungsphase beteiligt. Erst mit Abschluss der Vorbereitungsphase ist der Schluckakt überhaupt möglich.
In der anschließenden Phase des oralen Transports schließend sich die Lippen vollständig. So wird ein Speichelverlust verhindert. Außerdem soll keine Luft geschluckt werden. Die Wangenmuskeln kontrahieren und die Zunge wandert an den harten Gaumen, der eine Widerlagerfunktion übernimmt. Der Bolus führt nach hinten gerichtet eine wellenförmige Bewegung durch und wird dabei durch den Musculus styloglossus und den Musculus hyoglossus unterstützt. So zieht sich die Zunge stempelartig nach hinten und schiebt sich in den Rachen. Zur Auslösung des Schluckreflexes kommt es erst dann, wenn der Zungengrund vom Bissen berührt wird. Der Vorgang lässt sich ab dem Schluckreflex nur teilweise beeinflussen.
Krankheiten & Beschwerden
Außerdem sind neurologische Probleme oft mit Problemen beim Schlucken assoziiert. Ein Beispiel hierfür ist die Erkrankung ALS. Durch die Zersetzung der motorischen 8s9Hirnnervenkerne lähmt ALS Schritt für Schritt die Muskulatur des Körpers. So entstehen Schluckstörungen und bulbäre Symptomatiken. Die Patienten verschlucken sich regelmäßig an ihrem eigenen Speichel und werden häufig mit speichelstillenden Medikamenten behandelt.
Auch Patienten mit der Autoimmunerkrankung Multiple Sklerose leiden häufig an neurologisch bedingten Dysphagien, die durch autoimmune Entzündungen im Schluckzentrum des Gehirns verursacht werden. Schluckstörungen gehen manchmal auch auf psychische Störungen zurück.
Wenn die Dysphagie zusätzlich eine Schmerzsymptomatik verursacht, ist von einer Odynophagie die Rede. Mögliche Symptome sind ein Druckgefühl im Hals, ein Würgreflex beim Schluckakt, ein Husten während Mahlzeiten, die Aspiration von Nahrungsbestanteilen und eine Überproduktion an Speichel. Begleitsymptomatisch klagen Patienten mit einer Dysphagie häufig über näselnde Sprache und allgemeine Heiserkeit. Wenn Nahrung aspiriert wird, treten häufig Lungenentzündungen mit Fieber auf.
Dysphagien können eine altersphysiologische Erscheinung sein und manifestieren sich in diesem Fall vor allem an über 75-jährigen. Diese Art der Dysphagie geht meist auf neurologische, auf psychiatrische oder allgemein chronische Leiden im Alter zurück. Nicht jedem Patienten muss eine Schluckstörung bewusst sein.
Quellen
- Berlit, P.: Basiswissen Neurologie. Springer, Berlin 2007
- Grehl, H., Reinhardt, F.: Checkliste Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016