Myelomniere

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Myelomniere ist eine lebensbedrohliche Folge der schweren Nierenschädigung durch eine Krebserkrankung des blutbildenden Systems. Sie entsteht nach einer schweren Vergiftung durch Proteine, die von dem sogenannten Multiplen Myelom gebildet werden. Das Abscheiden dieser Eiweißzylinder schwächt direkt die Nierenkanälchen, was sehr schnell zu einem akuten Nierenversagen führen kann.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Myelomniere?

Die Diagnose lässt sich oft nur unter ungeklärten Voraussetzungen stellen, weil das Leiden weit über eine Schädigung der Niere hinausführt.
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Das Multiple Myelom ist auch unter der Bezeichnung Plasmozytom bekannt. Es wird durch die starke Vermehrung von Plasmazellen im Blut charakterisiert, die für die Produktion von Antikörpern zuständig sind. Diese entarteten Plasmazellen bringen Krebszellen hervor und bilden Antikörper, die lediglich mit ihnen selbst identisch sind. Ein Multiples Myelom kann langsam fortschreiten, aber auch sehr schnell und aggressiv sein. Aus ihm kann die sogenannte Myelomniere hervorgehen.

Ursachen

Das Plasmozytom gilt als der meistverbreitete bösartige Tumor im Knochenmark und in den Knochen. Jedoch tritt er gewöhnlich erst nach einem Lebensalter von 40 Jahren auf. Im Alter von 60 Jahren häuft sich die Erkrankung, bei Männern mehr als bei Frauen.

Gemessen wurden vier bis sechs Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohnern und Jahr. Etwa jede zehnte hämatologische Krebserkrankung ist ein Multiples Myelom. Nach Schätzungen litten im Jahr 2015 weltweit etwa 75.000 Personen unter einem Plasmozytom.

Welche Faktoren im Einzelnen zu einer Myelomniere führen, konnte in der medizinischen Forschung noch nicht genau verifiziert werden. Es wird angenommen, dass Vererbung eine gewisse Rolle spielt. Außerdem gibt es Annahmen, dass ionisierende Strahlung einen wichtigen Einfluss auf das Entstehen der Erkrankung haben kann. Ebenso möglich ist ein schädigender Einfluss des Pflanzenschutzmittels Glyphosat, der über die Ernährung zu Stande kommt.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Nachdem sich eine böswillige Plasmazelle klonal vermehrt hat, schädigt sie das Knochenmark und beeinflusst negativ die Blutbildung. Nach und nach kann der betroffene Knochen zerstört und abgebaut werden. Diese massiven Knochenveränderungen sind bei rund 60 Prozent der Patienten markant.

Darüber hinaus bilden die malignen Zellen defekte, sehr aggressive Antikörper oder Antikörperteile (Leichtketten), die für weitere Komplikationen der Krankheit im Körper sorgen. Die natürliche Immunabwehr wird somit schwer beeinträchtigt. Durch größere Gewebeablagerungen kann es zu gravierenden Funktionsausfällen verschiedener Organe kommen.

Hierzu gehören das Nierenversagen, aber auch schwere Unregelmäßigkeiten bei der gesamten Durchblutung. Weil der Eiweißgehalt zunimmt, wird das Blut deutlich dickflüssiger. Kleinste Blutgefäße können leicht verstopfen und besonders das Gehirn wird nur noch schlecht durchblutet.

Anfänglich nehmen Betroffene deshalb zunächst Störungen des Hör- und Sehvermögens beziehungsweise leichte Ohnmachtsanfälle wahr. Primär führt das unnatürliche Wachstum der Plasmazellen zu Knochenschmerzen und späteren leichten Knochenbrüchen. Das Kalzium im Blut nimmt aufgrund der Auslösung aus dem Knochen stark zu. Dafür nehmen die im Knochenmark gebildeten roten Blutkörperchen drastisch ab.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Die Diagnose lässt sich oft nur unter ungeklärten Voraussetzungen stellen, weil das Leiden weit über eine Schädigung der Niere hinausführt. In den frühen Stadien eines Multiplen Myeloms kommt es bisweilen zu Fehldiagnosen, da hinter den entstandenen Beschwerden eine Nierenunterkühlung beziehungsweise Rheuma, eine Verstauchung oder Knochenentkalkung (Osteoporose) vermutet wird.

Die Untersuchung des Blutes veranschaulicht eine sogenannte Sturzsenkung der weißen Blutkörperchen. Ihr Anteil im Blut nimmt mit auffallend großer Geschwindigkeit ab. Im Blutbild wird häufig eine beachtliche Blutarmut deutlich. Auch die Zahl der Blutplättchen kann sich erheblich verringern.

Bei Patienten mit bereits fortschreitendem Knochenabbau erhöht sich der Kalziumspiegel auf unnatürliche Weise. Eine mögliche Schädigung der Niere lässt sich relativ gut an veränderten Nierenwerten ablesen. Aufgrund des Mangels an Antikörpern durch die Fehlbildungen der Plasmazellen nimmt die Anfälligkeit der Patienten für verschiedenste Infekte zu.

Damit einher gehen oft eine allgemein empfundene körperliche Schwäche und ein mehr oder minder deutlicher Gewichtsverlust. Auch sind Kopfschmerzen, Übelkeit, Schwindelgefühle sowie eine lähmende Schläfrigkeit oft anzutreffen. Die aus der unmäßigen Vermehrung der kranken Plasmazellen resultierenden Leichtketten (Antikörperteile) werden oftmals in den Nierenkörperchen und Nierenkanälchen abgelagert.

So kommt es zu einer erhöhten Ausscheidung von Eiweiß im Urin, das dann im Blut fehlt. Weil sich Funktionsstörungen der Niere bemerkbar machen, werden beispielsweise Säuren in vermindertem Maß ausgeschieden. Im Gegensatz dazu entstehen Mangelzustände an Phosphat, Glukose, Harnsäure und Aminosäuren.

Komplikationen

Bei der Myelomniere handelt es sich um eine lebensgefährliche Krankheit. Falls diese nicht direkt behandelt wird, kann es im schlimmsten Falle zu einer Niereninsuffizienz und damit schließlich auch zum vorzeitigen Tode des Patienten kommen. Die Lebenserwartung des Betroffenen wird durch diese Krankheit deutlich verringert. Ebenso ist das Immunsystem des Patienten deutlich geschwächt, sodass es öfter zu Entzündungen und zu Infektionen kommt.

Darüber hinaus können die inneren Organe stark geschädigt werden und in ihrer Funktion nachlassen. Die Durchblutung des Körpers findet nur noch unregelmäßig statt und es kommt ebenso zu einer stark verringerten Durchblutung des Gehirns. Die Betroffenen verlieren nicht selten das Bewusstsein und können sich dabei auch verletzen. Weiterhin führt die Myelomniere zu Knochenbrüchen und damit zu einer starken Verringerung der Lebensqualität des Patienten.

Durch die verringerte Durchblutung des Gehirns kann es auch zu Lähmungen und zu irreversiblen Schäden am gesamten Körper kommen. Die Behandlung selbst wird durch eine Chemotherapie oder durch eine Transplantation von Stammzellen durchgeführt. Bei der Chemotherapie kann es allerdings zu verschiedenen Nebenwirkungen kommen. In der Regel kann die Behandlung die Beschwerden zwar einschränken, allerdings nicht vollständig lösen, sodass die Lebenserwartung des Patienten durch die Myelomniere in jedem Fall verringert ist.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Erkrankte, die sich bereits aufgrund eines Nierenschadens in ärztlicher Behandlung befinden, sollten bei einer Zunahme der Beschwerden oder einer weiteren Verschlechterung des allgemeinen Gesundheitsgefühls zu einem Kontrollbesuch bei einem Arzt erscheinen. Neben den planmäßigen Kontrollen ist ein Arztbesuch bei Schmerzen, Störungen der Immunabwehr, einer vermehrten Infektanfälligkeit oder einer Abnahme des Leistungsvermögens notwendig.

Kommt es zu Störungen des Bewusstseins oder einem Bewusstseinsverlust, wird ein Rettungsdienst benötigt. Erste-Hilfe-Maßnahmen sind zu ergreifen, damit das Überleben des Betroffenen gesichert ist. Allgemeine Funktionsstörungen des Organismus sind alarmierend und müssen unverzüglich einem Arzt vorgestellt werden. Daher besteht bei einem verminderten Sehvermögen oder einer Abnahme der Hörkraft Handlungsbedarf.

Bei Auffälligkeiten des Urins, Verfärbungen, Änderungen der Menge oder des Geruchs sollte ein Arzt konsultiert werden. Abgeschlagenheit, eine schnelle Ermüdung und ein erhöhter Schlafbedarf sind Anzeichen einer Unregelmäßigkeit. Kommt es zu Kopfschmerzen, einem Verlust des Gewichts sowie Durchblutungsstörungen, ist ein Arzt aufzusuchen. Eine Abnahme der Konzentration und Aufmerksamkeit, Apathie sowie ein Rückzug aus dem sozialen Leben sollten mit einem Arzt besprochen werden. Übelkeit, Gangunsicherheiten und Schwindel sind ebenfalls ungewöhnlich und abklären zu lassen. Ein blasses Hautbild, kalte Finger und Zehen sowie ein schnelles Kälteempfinden kann ein Hinweis auf eine gesundheitliche Beeinträchtigung sein, die behandelt werden muss.

Behandlung & Therapie

Eine grundsätzliche Heilung des Multiplen Myeloms ist mit den bisher bekannten medizinischen Verfahren nicht möglich. Zeigen sich noch keine Symptome, wird der Krankheitsverlauf zunächst beobachtet. Dazu gehören regelmäßige Untersuchungen des Knochenmarks und diverse Labortests.

Eine medikamentöse beziehungsweise Anti-Krebs-Therapie wird erst eingeleitet, wenn deutliche Knochenveränderungen vor sich gehen. Der Zustand des Patienten kann heutzutage mit mehreren möglichen Behandlungsmethoden durchaus sechs bis zehn Jahre stabil gehalten und seine Lebensqualität auf annehmbaren Niveau bewahrt werden.

Eine Chemotherapie wird nach klassischem Muster durchgeführt, wobei Nebenwirkungen mithilfe neuester Medikamentengaben äußerst wirksam abgemildert werden können. Die Teilungsneigung der bösartigen Zellen kann ebenso herkömmlich mit einer lokal begrenzten Strahlentherapie blockiert werden.

Weiterhin ist eine sogenannte autologe Stammzelltransplantation möglich, bei der Stammzellen aus dem eigenen Knochenmark des Patienten genutzt werden. Sie können nach kurzer Zeit die Blutbildung regenerieren. Sehr viel seltener wird die allogene Stammzelltransplantation angewendet, in deren Rahmen sich mit fremden Stammzellen ein völlig neues Blutbildungssystem herausbilden soll.

Hier muss die Abstoßungsfahr aber über einen Zeitraum von etwa einem Jahr mit Hilfe von Medikamenten unterdrückt werden. In höherem Lebensalter sind Stammzelltransplantationen jedoch nicht geeignet.


Aussicht & Prognose

Eine Myelomniere kann relativ gut behandelt werden. Die genaue Prognose hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Wichtig ist zunächst, ob das Leiden im Zusammenhang mit einer chronischen Nierenerkrankung oder als eigenständige Erkrankung auftritt. Die Prognose ist positiv, wenn frühzeitig eine Behandlung eingeleitet wird. Vor allem eine Myelomniere infolge der glomulären Leichtkettenkrankheit kann mittel der geeigneten Medikamente gut behandelt werden. Bei Patienten mit AL-Amyloidose ist die Prognose schlechter, da die Ablagerungen über einen langen Zeitraum im Körper bleiben. Im schlimmsten Fall kommt es zu einem Nierenversagen und dadurch zum Tod des Patienten.

Unbehandelt nimmt eine Myelomniere oftmals einen tödlichen Verlauf. Der Patient verspürt zunehmend Beschwerden, die schließlich zu einem Organversagen führen. Anschließend muss sofort eine Behandlung erfolgen, da der Patient andernfalls an den Folgen der Myelomniere und des daraus resultierenden Nierenversagens verstirbt. Die Patienten haben eine eingeschränkte Lebenserwartung. Verbessern lässt sich die Prognose, indem frühzeitig ein Nephrologe oder ein anderer Facharzt konsultiert wird, der die Behandlung entsprechend der Symptome einleiten kann. Geschieht dies rechtzeitig, kann die Lebensqualität bewahrt werden. Dennoch können langfristige Beschwerden auftreten, welche individuell zu therapieren sind. Vor allem die typischen Vergiftungserscheinungen gilt es umfassend zu behandeln.

Vorbeugung

Da die Ursachen für eine Myelomniere bislang nicht geklärt werden konnte, existieren keine Maßnahmen zur Vorbeugung. Prinzipiell sollte der Kontakt mit bekannten Risikofaktoren wie ionisierende Strahlung oder Pestiziden sowie anderen karzinogenen Substanzen vermieden werden.

Nachsorge

In den meisten Fällen stehen dem Patienten bei einer Myelomniere nur sehr wenige und eingeschränkte Maßnahmen der direkten Nachsorge zur Verfügung, sodass bei dieser Krankheit in erster Linie eine schnelle und vor allem eine frühzeitige Diagnose notwendig ist. Daher sollten Betroffene schon bei den ersten Symptomen und Anzeichen der Erkrankung einen Arzt aufsuchen, um das Auftreten von anderen Komplikationen und Beschwerden zu verhindern.

Je früher ein Arzt aufgesucht wird, desto besser ist meistens auch der weitere Verlauf der Erkrankung. In den meisten Fällen sind die Betroffenen bei der Myelomniere auf eine Chemotherapie angewiesen, welche die Beschwerden lindern kann. Während der Therapie ist auch eine umfassende Unterstützung durch die eigene Familie sehr wichtig, um Depressionen und andere psychische Verstimmungen zu verhindern.

Die meisten Betroffenen sind in ihrem Alltag auf die Pflege durch andere Menschen angewiesen. Dabei sind auch regelmäßige Kontrollen und Untersuchungen durch einen Arzt sehr wichtig, um weitere Beschwerden früh zu erkennen und zu behandeln. Die Myelomniere verringert dabei in den meisten Fällen die Lebenserwartung des Patienten und kann dabei auch nicht vollständig wieder geheilt werden.

Das können Sie selbst tun

Eine Myelomniere kann bislang nicht ursächlich behandelt werden. Die wirksamste Selbsthilfe-Maßnahme konzentriert sich darauf, die Symptome zu lindern. Der Patient sollte enge Rücksprache mit dem Arzt halten und die Vorgaben des Mediziners befolgen, um Komplikationen zu vermeiden.

Die Schmerzen lassen sich oft durch Naturheilmittel wie Baldrian oder Arnika reduzieren. Das typische Krankheitsgefühl kann durch moderate Bewegung und eine angepasste Ernährung gelindert werden. Während und nach einer Strahlentherapie gelten Schonung und Bettruhe. Der Patient muss die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die Heilung zu unterstützen und Risiken auszuschließen. Dies gelingt, indem etwaige Risikofaktoren ermittelt werden. Hier kann in Zusammenarbeit mit dem Arzt ein Beschwerdetagebuch erstellt werden.

Nachdem die Behandlung abgeschlossen wurde, sind weitere Vorsorgeuntersuchungen angezeigt. Der Betroffene sollte regelmäßig eine Fachklinik für Nierenerkrankungen aufsuchen, damit das Organ auf mögliche Rezidive hin untersucht werden kann. Sollten sich ungewöhnliche Symptome oder Beschwerden einstellen, muss der Arzt informiert werden.

Da eine Myelomniere oft eine langfristige Erkrankung darstellt, die den Betroffenen erheblich belastet, ist begleitend zur ärztlichen Behandlung auch eine psychologische Beratung sinnvoll. Der Therapeut kann auf Wunsch auch den Kontakt zu einer Selbsthilfegruppe für chronisch Kranke herstellen.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Keller, C.K., Geberth, S.K.: Praxis der Nephrologie. Springer, Berlin 2010
  • Preiß, J. et al.(Hrsg.): Taschenbuch Onkologie. Zuckschwerdt, München 2014

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