Nierenspiegelung
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 22. Mai 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Eine Nierenspiegelung dient vor allem der Entfernung von Nierensteinen aus dem Harnleiter und/oder der Niere. Sie kann durch zwei Methoden durchgeführt werden: durch eine transurethrale und eine perkutane Nierenspiegelung. Beide Verfahren sind zuverlässig, jedoch muss man bei jeder Endoskopie mit Risiken rechnen.
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Was ist die Nierenspiegelung?
Eine Nierenspiegelung kann auf zwei Arten erfolgen: entweder transurethral, das heißt durch die Harnröhre, oder perkutan, also durch die Haut. Bei einer transurethralen Spiegelung (Ureterorenoskopie, URS) werden der Harnleiter und die Nieren gespiegelt, wobei der perkutane Eingriff (perkutane Nephrolitholapaxie, PCNL/PNL) sich nur auf den inneren Hohlraum der Niere (den Nierenbecken) konzentriert. Die letztgenannte Methode ist sehr effektiv, ist aber viel invasiver als die erstgenannte. Beide Verfahren erfolgen unter Narkose.
Eine direkte Nierenspiegelung oder Nephroskopie ist ein sogenannter perkutaner Eingriff, das heißt, dass sie durch die Haut erfolgt. Da die Hautdecke aufgeschnitten wird, wird die Nierenspiegelung nur in seltensten Fällen zum Erstellen einer Diagnose durchgeführt. Vor allem dient das Verfahren der Entfernung von Nierensteinen.
Bei einer Harnleiter- und Nierenspiegelung wird das Instrument durch die Blase in den Harnleiter geführt. Im Idealfall kann der behandelnde Arzt das Gerät bis zur Niere vorschieben, um dort die Nierensteine zu entfernen. In beiden Verfahren arbeitet der Arzt mit der ununterbrochenen Kontrolle durch ein Ultraschallgerät oder eine Kamera.
Geschichte & Entwicklung
Die Geschichte der Nierenspiegelung, auch als Nephroskopie bekannt, zeigt eine faszinierende Entwicklung von frühen diagnostischen Techniken bis hin zu modernen minimalinvasiven Verfahren.
Die Anfänge der Nephroskopie lassen sich auf das späte 19. Jahrhundert zurückführen. Die Entdeckung der Röntgenstrahlen durch Wilhelm Conrad Röntgen im Jahr 1895 revolutionierte die medizinische Bildgebung und ermöglichte es, die Nieren erstmals visuell darzustellen. In den frühen 1900er Jahren begann man, Zystoskope zur Untersuchung der Blase zu verwenden, was den Weg für die Entwicklung ähnlicher Instrumente für die Nieren ebnete.
Die eigentliche Nephroskopie entwickelte sich in der Mitte des 20. Jahrhunderts weiter, als Fortschritte in der Optik und Miniaturisierung von Instrumenten erzielt wurden. In den 1960er Jahren führte der Einsatz flexibler Endoskope zu bedeutenden Verbesserungen. Diese Endoskope konnten durch die Harnwege bis in die Nieren vorgeschoben werden, was eine direkte visuelle Inspektion und die Entnahme von Gewebeproben ermöglichte.
Ein weiterer Meilenstein war die Einführung der perkutane Nephroskopie in den 1970er Jahren. Dieses Verfahren ermöglichte den Zugang zur Niere durch eine kleine Hautinzision und die Verwendung eines Nephroskops, um Steine zu entfernen oder Tumore zu biopsieren. Diese Technik reduzierte die Notwendigkeit für größere chirurgische Eingriffe und beschleunigte die Genesung der Patienten erheblich.
In den letzten Jahrzehnten hat die technologische Entwicklung die Nephroskopie weiter verfeinert. Hochauflösende Kameras, verbesserte Lichtquellen und fortschrittliche chirurgische Instrumente haben die Präzision und Sicherheit der Verfahren erhöht. Heutzutage ist die Nephroskopie eine etablierte Methode zur Diagnose und Behandlung von Nierenproblemen, die minimalinvasive Techniken nutzt, um Patientenkomfort und Ergebnisse zu optimieren.
Einsatz & Indikation
Eine Nierenspiegelung, auch als Nephroskopie bekannt, wird durchgeführt, um verschiedene Nierenerkrankungen zu diagnostizieren und zu behandeln. Dieses minimalinvasive Verfahren wird oft eingesetzt, wenn andere diagnostische Methoden, wie Ultraschall oder CT-Scans, nicht ausreichen, um eine genaue Diagnose zu stellen.
Eine Nephroskopie wird notwendig bei:
Nierensteinen: Wenn große oder komplizierte Nierensteine, die nicht durch Stoßwellenlithotripsie oder medikamentöse Behandlung beseitigt werden können, entfernt werden müssen.
Tumoren: Zur Entnahme von Gewebeproben (Biopsien) aus verdächtigen Massen in der Niere, um bösartige von gutartigen Tumoren zu unterscheiden.
Infektionen: Bei wiederkehrenden oder schweren Niereninfektionen, die auf konventionelle Behandlungen nicht ansprechen, um mögliche Ursachen wie Abszesse oder blockierte Harnwege zu identifizieren und zu behandeln.
Blutungen: Um die Quelle von Blutungen in der Niere zu lokalisieren und zu behandeln, insbesondere nach einem Trauma oder einer Operation.
Anomalien: Zur Untersuchung und Behandlung angeborener Anomalien der Nieren oder Harnwege.
Während des Verfahrens wird ein Nephroskop durch eine kleine Inzision in der Haut oder über den natürlichen Harnwegskanal in die Niere eingeführt. Dies ermöglicht direkte visuelle Inspektion, Biopsien und therapeutische Eingriffe wie die Entfernung von Steinen oder die Behandlung von Tumoren.
Die Entscheidung für eine Nierenspiegelung basiert auf den spezifischen klinischen Umständen des Patienten und wird in der Regel von einem Urologen getroffen. Diese Technik bietet eine präzise Diagnose und gezielte Behandlung mit minimaler invasiver Belastung, wodurch die Genesungszeit verkürzt und das Risiko von Komplikationen reduziert wird.
Vorteile & Nutzen
Eine Nierenspiegelung bietet zahlreiche Vorteile gegenüber anderen Behandlungs- und Untersuchungsmethoden, insbesondere bei der Diagnose und Behandlung komplexer Nierenerkrankungen.
Ein wesentlicher Vorteil ist die minimalinvasive Natur des Verfahrens. Im Vergleich zu offenen chirurgischen Eingriffen verursacht die Nephroskopie kleinere Schnitte, was zu weniger postoperativen Schmerzen, geringerer Narbenbildung und kürzeren Krankenhausaufenthalten führt. Dies beschleunigt die Genesung und reduziert das Risiko von Komplikationen wie Infektionen.
Die direkte visuelle Inspektion der Niere ist ein weiterer bedeutender Vorteil. Das Nephroskop ermöglicht es dem Urologen, das Innere der Niere in Echtzeit zu betrachten, was eine präzise Diagnose und gezielte Behandlung ermöglicht. Dies ist besonders nützlich bei der Identifikation und Entfernung von Nierensteinen, der Entnahme von Gewebeproben (Biopsien) oder der Behandlung von Tumoren und anderen Anomalien.
Die Nierenspiegelung bietet auch eine hohe Diagnosegenauigkeit. Während bildgebende Verfahren wie Ultraschall oder CT-Scans wertvolle Informationen liefern, ermöglicht die Nephroskopie die direkte Beobachtung und Untersuchung von verdächtigen Bereichen. Dies kann zu einer genaueren Diagnose und einer effektiveren Behandlungsplanung führen.
Zudem bietet die Nierenspiegelung die Möglichkeit zu therapeutischen Eingriffen während der Diagnose. So können Steine entfernt, Tumore behandelt und Engstellen beseitigt werden, ohne dass mehrere Verfahren oder Operationen erforderlich sind. Dies spart Zeit und reduziert die Belastung für den Patienten.
Zusammengefasst bietet die Nierenspiegelung eine schonende, präzise und effektive Methode zur Diagnose und Behandlung von Nierenerkrankungen, die vielen traditionellen Verfahren überlegen ist.
Funktion, Wirkung & Ziele
Die Nierenspiegelung ist eine therapeutische Methode. Die wichtigste Funktion der perkutanen Nierenspiegelung ist die Entfernung von Nierensteinen, die im inneren Hohlraum der Niere zu finden sind und wegen ihrer Größe nicht durch den Harnleiter abgehen können.
Auch die großen Nierensteine, die nicht zertrümmert werden können, werden durch die perkutane Nierenspiegelung entfernt. Steine ab einem Durchmesser von 3 cm werden auf dieser Weise entfernt. Bei einem Nierenstau kann eine Nierenspiegelung ebenfalls behilflich sein, indem der Urin aus dem Nierenbecken abgeleitet wird. Ein Nierenstau entsteht, wenn der Urin wegen einer Stauung im Harnleiter nicht in Richtung der Blase abfließen kann.
Bei einer perkutanen Nierenspiegelung muss sich der Patient auf den Bauch legen, damit der behandelnde Arzt einen Schnitt durch die Haut der seitlichen Bauchregion machen kann. Dieser Schnitt ermöglicht das Eindringen eines Endoskops, das bis zur Niere vorgeschoben wird. Somit wird der innere Hohlraum der Niere, das Nierenbecken, punktiert.
Der ganze Vorgang wird mit einem Ultraschallgerät kontrolliert, weil es sich um ein sehr präzises Verfahren handelt und weil der Arzt sonst nicht sehen könnte, wo genau sich das Endoskop befindet. Nachdem das Instrument eingeführt wurde, wird der Stein durch ein medizinischen "Presslufthammer", Laser oder Ultraschall zertrümmert, und die Fragmente werden direkt entfernt.
Bei einer Ureterorenoskopie werden die Steine „auf natürlichem Wege“ entfernt. Das Instrument wird durch die Blase in den Harnleiter, eventuell bis zur Niere geführt. Die Steine werden entweder herausgezogen oder, wenn sie zu groß sind, vorher mit Laserstrahlen oder Ultraschall zerkleinert. Auch bei diesem Verfahren werden die Schritte direkt verfolgt. Dank der modernen Technik können sehr kleine Kameras an der Spitze des Geräts untergebracht werden.
Der Harnleiter wird in der Regel auf den Eingriff durch das Einlegen einer Schiene vorbereitet. Diese Schiene dient zur Entspannung des Harnleiters, was das Verfahren risikoärmer macht.
Durchführung & Ablauf
Eine Nierenspiegelung, auch Nephroskopie genannt, ist ein minimalinvasives Verfahren zur Diagnose und Behandlung von Nierenerkrankungen. Hier ist ein Überblick über den typischen Ablauf:
Zunächst wird der Patient gründlich vorbereitet, was eine umfassende Anamnese und die Durchführung notwendiger Tests wie Blutuntersuchungen umfasst. Vor dem Eingriff wird eine Narkose verabreicht, die entweder lokal, regional oder allgemein sein kann, je nach Komplexität des Verfahrens und Gesundheitszustand des Patienten.
Der Eingriff beginnt mit einer kleinen Hautinzision im Rücken oder seitlich am Flank. Ein Nephroskop, ein dünnes, flexibles Instrument mit einer Kamera und einem Licht an der Spitze, wird durch diese Inzision in die Niere eingeführt. Alternativ kann das Nephroskop durch die Harnwege eingeführt werden, abhängig vom genauen Zugang und Ziel der Untersuchung.
Über das Nephroskop kann der Urologe die Niere direkt visuell inspizieren. Das Gerät verfügt über einen Arbeitskanal, durch den chirurgische Instrumente eingeführt werden können. Dies ermöglicht es, Nierensteine zu entfernen, Gewebeproben (Biopsien) zu entnehmen, Tumore zu behandeln oder Engstellen und Blockaden zu beseitigen.
Während des gesamten Verfahrens werden kontinuierlich Bilder auf einen Monitor übertragen, sodass der Urologe eine präzise Steuerung und Visualisierung hat. Nach Abschluss des Eingriffs wird das Nephroskop entfernt, und die kleine Inzision wird vernäht oder mit einem Pflaster verschlossen.
Die gesamte Prozedur dauert in der Regel zwischen 30 Minuten und zwei Stunden, abhängig von der Komplexität und den durchgeführten Maßnahmen. Nach dem Eingriff wird der Patient in einen Aufwachraum gebracht und überwacht, bevor er in ein reguläres Krankenzimmer verlegt wird. Die meisten Patienten können nach ein paar Stunden oder einem Tag nach Hause gehen, wobei sie detaillierte Anweisungen zur Nachsorge erhalten, um eine optimale Genesung zu gewährleisten.
Risiken, Nebenwirkungen & Gefahren
So wie alle medizinischen Verfahren birgt die Nierenspiegelung Gefahren und Komplikationen. Hierzu zählen intra- bzw. postoperative Blutungen oder Verletzungen des Harnleiters und des Nierenbeckens.
Darüber hinaus kann Fieber als Folgeerscheinung des Eingriffs auftreten. Sehr selten kann es zu einem Nierenverlust kommen. Es kann passieren, dass die Spülflüssigkeit, die zur Spiegelung benötigt wird, in die Blutbahn kommt. Diese verdünnt das Blut.
Weder ein transurethraler noch ein perkutaner Eingriff darf bei einem unbehandelten Harnwegsinfekt stattfinden. Bei Gerinnungsstörungen sind die beiden Methoden nur in dringenden Fällen empfohlen. Eine perkutane Nierenspiegelung ist während der Schwangerschaft untersagt. Ebenfalls kontraindiziert ist diese Methode bei einem Tumor im Zugangsbereich.
Die Wahrscheinlichkeit der oben genannten Komplikationen hängt von der Größe und Lage der Steine bzw. von Voroperationen ab.
Alternativen
Wenn eine Nierenspiegelung nicht möglich oder nicht indiziert ist, stehen mehrere alternative Verfahren zur Diagnose und Behandlung von Nierenerkrankungen zur Verfügung.
Ultraschall ist eine nicht-invasive Methode, die häufig zur ersten Beurteilung von Nierenproblemen verwendet wird. Er kann Nierensteine, Zysten und Tumore identifizieren und liefert wertvolle Informationen über die Nierenstruktur und -funktion.
Computertomographie (CT) bietet detaillierte, dreidimensionale Bilder der Nieren und ist besonders nützlich bei der Diagnose von Nierensteinen, Tumoren und anderen strukturellen Anomalien. Die CT-Urographie ist eine spezialisierte Form, die Kontrastmittel verwendet, um die Harnwege detailliert darzustellen.
Magnetresonanztomographie (MRT) ist eine weitere bildgebende Technik, die ohne Röntgenstrahlen arbeitet und detaillierte Bilder der Nieren und umliegenden Strukturen liefert. Sie ist besonders nützlich bei Patienten, die Kontrastmittel nicht vertragen, und kann in der Diagnose von Nierentumoren und Gefäßanomalien hilfreich sein.
Intravenöse Pyelographie (IVP) ist eine Röntgenuntersuchung, bei der ein Kontrastmittel in eine Vene injiziert wird. Dieses Mittel ermöglicht es, die Harnwege sichtbar zu machen und Anomalien wie Steine, Tumoren oder strukturelle Probleme zu erkennen.
Retrograde Pyelographie ist ein Verfahren, bei dem ein Kontrastmittel direkt in die Harnleiter eingeführt wird, um detaillierte Bilder der Nierenbecken und Harnleiter zu erhalten. Dies wird häufig in Kombination mit einer Zystoskopie durchgeführt.
Perkutane Nephrolithotomie (PCNL) ist ein chirurgisches Verfahren, das verwendet wird, um große oder komplizierte Nierensteine zu entfernen. Es wird oft dann eingesetzt, wenn eine Nierenspiegelung nicht ausreichend ist.
Hämodialyse oder Peritonealdialyse werden bei Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz eingesetzt, bei denen die Nierenfunktion stark eingeschränkt ist. Diese Verfahren ersetzen die Funktion der Nieren bei der Reinigung des Blutes.
Diese alternativen Verfahren bieten verschiedene Ansätze zur Diagnose und Behandlung von Nierenerkrankungen, abhängig von der spezifischen Situation und den individuellen Bedürfnissen des Patienten.
Quellen
- Baenkler, H.-W., et al.: Kurzlehrbuch Innere Medizin. Thieme Verlag, Stuttgart 2010
- Keller, C.K., Geberth, S.K.: Praxis der Nephrologie. Springer, Berlin 2010
- Nowack, R. et al.: Dialyse und Nephrologie für Fachpersonal. 3. Auflage, Springer, Berlin 2009