PANDAS
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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PANDAS ist ein mittlerweile anerkanntes neuropsychiatrisches Syndrom, welches durch eine vorhergehende Infektion mit betahämolysierenden Streptokokken der Gruppe A bei Kindern und Jugendlichen ausgelöst werden kann. Die Symptome ähneln denen einer Zwangsstörung oder des Tourettesyndroms. Gute Erfolge zur Verhinderung einer Chronifizierung der Erkrankung wurden bereits durch Antibiotikabehandlung erreicht.
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Was ist PANDAS?
PANDAS ist die Abkürzung für die englische Bezeichnung des Syndroms Pediatric Autoimmune Neuropsychiatric Disorders Associated with Streptococcal Infections". Dieser Name steht für ein neuropsychiatrisches Syndrom, welches durch die Infektion mit betahämolysierenden Streptokokken der Gruppe A im Kindes- und Jugendalter ausgelöst werden kann.
Die bedeutendste Bakterienart dieser Gruppe ist Streptococcus pyogenes. Streptococcus pyogenes löst unter anderen Scharlach oder eine eitrige Tonsillitis aus. Es wurde festgestellt, dass in einigen wenigen Fällen das neuropsychiatrische Syndrom PANDAS im Anschluss an diese Infektionskrankheiten plötzlich ausbricht.
Unbehandelt kann diese Erkrankung chronifizieren. Das Syndrom PANDAS zeigt ähnliche Symptome wie Zwangsstörungen oder Tics (Tourettesyndrom). Es ist eine autoimmunologisch bedingte Störung, die auf eine Kreuzreaktion der Antikörper, welche die Oberfläche der Bakterien angreifen, mit speziellen Strukturen des Gehirns, den Basalganglien, zurückgeführt wird.
Betahämolysierende Streptokokken der Gruppe A haben allgemein die Eigenschaft, nach einer Infektion auch rheumatisches Fieber und andere rheumatisch bedingte Erkrankungen auslösen zu können. Der Mechanismus der Entstehung dieser Folgeerkrankungen der Infektion ist bei allen Erkrankungen des rheumatischen Kreises ähnlich.
Die Antikörper greifen häufig auch körpereigene Strukturen, vor allem Kollagen IV, an. Zu den daraus resultierenden Erkrankungen zählen rheumatische Herzentzündungen, Entzündungen der Gelenke (Arthritis), Hautentzündungen (Erythema), Muskelentzündungen oder Chorea minor.
Ursachen
Werden sie beschädigt, kommt es zu Störungen in der Motorik, die dem Krankheitsbild von Chorea minor entsprechen. Im Unterschied zum Chorea minor dominieren bei PANDAS die psychiatrischen Symptome. Bei Untersuchungen mit bildgebenden Verfahren wurde festgestellt, dass in Teilen des Gehirns, im Striatum, Veränderungen vorliegen.
Bei PANDAS handelt es sich also um eine Autoimmunerkrankung, bei welcher vom körpereigenen Immunsystem die Basalganglien angegriffen werden. Auslöser dieser Erkrankung sind nach bisherigem Kenntnisstand betahämolysierende Streptokokken der Gruppe A. PANDAS gehört jedoch zu einer Gruppe von Syndromen, die unter PANS zusammengefasst werden und ähnliche Symptome zeigen.
Es wird vermutet, dass alle Erkrankungen dieser Gruppe durch Basalganglien-Antikörper hervorgerufen werden, wobei aber bei PANS auch andere Infektionen und nichtinfektiöse Prozesse eine Rolle spielen können. Nur in der Untergruppe von PANS, von PANDA, ist der spezielle Auslöser der Erkrankung der Antikörper gegen betahämolysierende Streptokokken der Gruppe A.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Das Syndrom PANDAS ist gekennzeichnet durch Störungen in der Motorik, die plötzlich nach Abschluss einer Infektion wie Scharlach, einer eitrigen Tonsillitis oder einer akuten Mittelohrentzündung auftreten können. Die Erkrankung beginnt abrupt mit Verhaltens- und Denkstörungen oder Tics. Die Nahrungsaufnahme wird oft verweigert.
Weitere Symptome sind Ängstlichkeit, Aggression, Reizbarkeit, Depressionen, Retardierung in der Verhaltensentwicklung bei Kindern und Jugendlichen, Konzentrationsstörungen, Verschlechterung der Schulleistungen, Verschlechterung der Handschrift, Schlafstörungen, Bettnässen, Gedächtnisstörungen und weitere psychiatrische Auffälligkeiten.
Ein Alleinstellungsmerkmal von PANDAS ist, dass die Kombination aller Symptome durch andere Erkrankungen wie Chorea minor, dem Tourettesyndrom oder einem Lupus erythematodes nicht besser erklärt werden kann. Vor allem müssen die Symptome im Anschluss an eine Infektion mit betahämolysierenden Streptokokken der Gruppe A auftreten.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Die Diagnostik von PANDAS stützt sich auf die Art der Symptome im Zusammenhang mit der auslösenden Infektion. Differenzialdiagnostisch können noch die Symptome einer PANDAS mit den Symptomen einer Zwangsstörung ohne infektiösen Hintergrund (OCD) verglichen werden.
So treten bei PANDAS solche Symptome wie häufiger Harndrang, Trennungsängste, Impulsivität, Hyperaktivität, ein schlechtes Schriftbild und eine Verschlechterung der Schulleistungen in den Vordergrund. Diese Charakteristika sind eng verbunden mit der Wirkungsweise der Basalganglien. Schließlich geben bildgebende Verfahren Auskunft über die geschädigten Bereiche im Gehirn (Striatum).
Komplikationen
Sollte PANDAS daher nicht schon im jungen Alter behandelt werden, kann es aufgrund dessen zu erheblichen Komplikationen und Schwierigkeiten im Erwachsenenalter des Patienten kommen. Die Betroffenen leiden weiterhin auch an Bettnässen und an Störungen der Konzentration. Auch Schlafstörungen und eine dauerhafte Aggression oder Reizbarkeit können auftreten und damit auch zu sozialen Beschwerden führen. In vielen Fällen leiden bei PANDAS auch die Eltern der Kinder an starken psychischen Beschwerden und an Depressionen.
Die Schulleistungen können sich krankheitsbedingt verschlechtern. In vielen Fällen sind die Patienten auch auf die Hilfe ihrer Mitmenschen im Alltag angewiesen. Die Behandlung von PANDAS kann mit Hilfe von Medikamenten durchgeführt werden. Allerdings sind auch psychologische Behandlungen notwendig, um die Beschwerden vollständig einzuschränken. Die Lebenserwartung der Patienten wird von der Krankheit in den meisten Fällen nicht beeinflusst.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Zeigen Kinder oder Jugendliche während ihres Entwicklungsprozesses Störungen der Motorik, besteht Anlass zur Besorgnis. Die Beschwerden treten plötzlich nach einer geheilten Infektionserkrankung auf und belasten die Gesundheit des Kindes stark. Bei Ohrenschmerzen, einer Geräuschbildung im Ohr, Fieber, allgemeinem Unwohlsein und Interessenlosigkeit sollte ein Arzt aufgesucht werden. Zeigen sich Verhaltensauffälligkeiten, Besonderheiten der Persönlichkeit oder Störungen der Denkleistung, sind die Beobachtungen mit einem Arzt zu besprechen.
Sinkt das geistige Leistungsniveau, kommt es zu einem nächtlichen Einnässen oder entwickeln sich Tics, benötigt das Kind ärztliche Hilfe. Zwanghafte Handlungen, ein aggressives Auftreten, leichte Erregbarkeit und innere Unruhe sind Anzeichen einer gesundheitlichen Beeinträchtigung. Verschlechtert sich der Allgemeinzustand, verlernt das Kind bereits erlangte Kompetenzen oder wirkt es sehr gestresst, sollte ein Arzt konsultiert werden. Charakteristisch für die Erkrankung ist die Verschlechterung der Handschrift des Kindes.
Wird dies bemerkt, sollte unverzüglich die Rücksprache mit einem Arzt gesucht werden. Appetitlosigkeit, ein Rückzug oder die Verweigerung von spielerischen Aktivitäten gelten als ungewöhnlich. Hält diese Entwicklung an, ist es ratsam, einen Arzt aufzusuchen. Ein ängstliches Auftreten, ein vermindertes Selbstbewusstsein sowie Schlafstörungen sind ebenfalls einem Arzt vorzustellen. Verlernt das Kind eine bereits erreichte Selbständigkeit, sollte dies als ein alarmierendes Signal verstanden werden. Ein Arztbesuch ist schnellstmöglich zu empfehlen.
Behandlung & Therapie
PANDAS ist ein Syndrom, welches sich derzeit noch im Forschungsstadium befindet. Daher gibt es noch keine Strategien für eine ursächliche Behandlung. Zurzeit findet hauptsächlich eine symptomatische Behandlung statt. So werden Verhaltenstherapien zur Behandlung von Verhaltensstrukturen angeboten.
Gleichzeitig werden auch medikamentöse Therapien mit Psychopharmaka angewendet. Fraglich ist jedoch, ob mit diesen Therapien eine Chronifizierung der Erkrankung verhindert werden kann. Hoffnungsvolle Ansätze für eine kurative Therapie zeichnen sich im Rahmen von Studien ab, wo mithilfe von antibiotischer Behandlung eine weitgehende Verbesserung und Zurückdrängung der Symptome erreicht wurde.
Bei diesen Therapien wird davon ausgegangen, dass durch die Bekämpfung der betahämolysierenden Streptokokken der Gruppe A auch die Antikörperwirkung gegen körpereigene Strukturen zurückgeführt wird. Solange keine irreversiblen Veränderungen im Gehirn vorliegen, kann die Krankheit danach völlig ausheilen.
Aussicht & Prognose
Das Akronym “PANDAS” steht für "Pediatric Autoimmune Neuropsychiatric Disorders Associated with Streptococcal Infections". Die Prognose dafür ist derzeit noch schlecht. Es kommt oft nach einer Streptokokken-Infektion zu neuropsychiatrischen Symptomen. Die Beschwerden setzen schlagartig ein. Wenn diese unbehandelt bleiben, und die Streptokokken-Infektion nicht als Typ-A-Infektion erkannt wird, kommt es zu chronischen PANDAS-Verläufen.
Die Fachwelt geht davon aus, dass es durch diesen Streptokokken-Typus zu Veränderungen im Gehirn der Betroffenen kommt. Mittlerweile streben die Mediziner eine möglichst frühzeitige und umfassende Behandlung jeder Streptokokken-Erkrankung an, um solche Komplikationen zu vermeiden. PANDAS ist durch plötzliche und drastisch wirkenden Verhaltensänderungen, Zwangsstörungen und Motorik-Störungen gekennzeichnet.
Man geht davon aus, dass Erwachsene mit solchen Verhaltensweisen möglicherweise an den lebenslangen Folgen eines unentdeckt und unbehandelt gebliebenen PANDAS-Syndroms leiden. In den meisten Fällen bleiben die dramatischen Folgen der Streptokokken-Infektion lebenslang bestehen. Problematisch ist, dass es außer der vorbeugenden Erkrankungsbehandlung bisher zu wenig Behandlungsoptionen für das bereits entstandene PANDAS-Syndrom gibt. Dieses befindet sich noch in der Erforschung.
In der Vergangenheit wurde der Zusammenhang mit einer überstandenen Streptokokken-Infektion nicht erkannt. Daher gab es gar keinen Präventiv- oder symptomatischen Behandlungsansatz, der Wirkung zeigte. Möglicherweise kann zukünftig die Prognose der PANDAS-Betroffenen verbessert werden. Die Erforschung einer ursächlichen, intravenösen Immunglobulin-Therapie steht kurz vor dem Abschluss.
Vorbeugung
Die beste Vorbeugung vor PANDAS ist die Verhinderung einer Infektion mit betahämolysierenden Streptokokken. Diese Infektionen sind ansteckend. Der wichtigste Übertragungsweg dieser Erkrankungen sind Tröpfcheninfektionen über einen Kontakt mit Mund und Rachen oder über die Luft.
So kann die Übertragung der Keime in Zeiten erhöhter Infektionsgefahr durch Vermeiden größerer Menschenansammlungen eingeschränkt werden. Bei Ausbruch der Erkrankung ist eine sofortige Antibiotikabehandlung notwendig. Die üblichen Hygienemaßnahmen müssen strikt eingehalten werden.
Nachsorge
Dem Betroffenen stehen bei PANDAS in den meisten Fällen nur wenige oder auch nur eingeschränkte Maßnahmen und Möglichkeiten einer direkten Nachsorge zur Verfügung. Der Betroffene sollte bei dieser Krankheit in aller erster Linie schon sehr früh einen Arzt aufsuchen, damit es im weiteren Verlauf nicht zu Komplikationen oder zu anderen Beschwerden kommt, sodass schon bei den ersten Anzeichen und Symptomen der Erkrankung ein Arzt zu kontaktieren ist.
Es kann dabei auch nicht zu einer Selbstheilung kommen. Die Behandlung von PANDAS erfolgt dabei in der Regel mit Hilfe von verschiedenen Medikamenten. Dabei sollte der Betroffene immer auf eine richtige Dosierung und auch auf eine regelmäßige Einnahme achten, um die Beschwerden dauerhaft und richtig zu lindern. Bei der Einnahme von Antibiotika ist dabei auch zu beachten, dass diese nicht zusammen mit Alkohol eingenommen werden sollten, um ihre Wirkung nicht abzuschwächen.
Auch bei Fragen oder bei Nebenwirkungen ist dabei zuerst ein Arzt aufzusuchen. Im Allgemeinen sollte der Betroffene bei PANDAS den Kontakt zu anderen Menschen verhindern, damit es nicht zu Infektionen bei den Mitmenschen kommt. Der weitere Verlauf ist stark vom Zeitpunkt der Diagnose abhängig, sodass dabei keine allgemeine Voraussage erfolgen kann.
Das können Sie selbst tun
Personen, die an PANDAS erkrankt sind, sollten sich schonen und ansonsten die Vorgaben des Arztes bezüglich Wundpflege, Körperhygiene und Einnahme der Medikamente befolgen. Die Erkrankung klingt im Normalfall relativ schnell wieder ab, insofern sie gut auskuriert wird und der Patient keiner weiteren körperlichen Anstrengung ausgesetzt ist.
Die Erkrankten sollten sich mit dem Arzt in Verbindung setzen, wenn trotz allem Komplikationen auftreten oder sich ungewöhnliche Symptome zeigen, die zuvor nicht bemerkt wurden. Daneben gelten Allgemeinmaßnahmen wie zum Beispiel viel trinken und schonende Kost verzehren. Fieber und Schüttelfrost deuten darauf hin, dass sich die Infektion weiter ausbreitet und sollten deshalb ärztlich abgeklärt werden. Eltern von betroffenen Kindern sollten zudem sicherstellen, dass das Kind keinen Kontakt zu anderen Kindern hat, da bei PANDAS eine relativ hohe Ansteckungsgefahr besteht. Zudem ist bei PANDAS eine engmaschige ärztliche Überwachung nötig.
Falls das Kind bereits sehr geschwächt ist, sollte der ärztliche Notdienst kontaktiert werden, wenn die körperliche oder geistige Verfassung weiter abnimmt. Im Zweifelsfall muss das Kind zur Behandlungs ins Krankenhaus gebracht werden. Der Arzt kann weitere Tipps für effektive Selbsthilfe-Maßnahmen bei PANDAS geben.
Quellen
- Arolt, V., Reimer, C., Dilling, H.: Basiswissen Psychiatrie und Psychotherapie. Springer, Heidelberg 2007
- Köhler, T.: Medizin für Psychologen und Psychotherapeuten. Schattauer, Stuttgart 2014
- Möller, H.-J., Laux, G., Deister, A.: Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie. Thieme, Stuttgart 2015