Parakrine Sekretion

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Unter der parakrinen Sekretion versteht die Medizin die Hormonsekretion in das Interstitium, die auf Zellen der direkten Umgebung wirkt. Die parakrine Sekretion dient vor allem der Differenzierung von Gewebe. Parakrine Erkrankungen können zum Beispiel die Knochenbildung betreffen und zeigen Auswirkungen auf das gesamte Hormonsystem.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die parakrine Sekretion?

Unter der parakrinen Sekretion versteht die Medizin die Hormonsekretion in das Interstitium, die auf Zellen der direkten Umgebung wirkt.

Die parakrine Sekretion ist ein Sekretionsweg von Drüsen und drüsenähnlichen Zellen. Sekrete wie Wachstumsfaktoren oder Hormone werden dabei nicht endokrin über das Blut zu den Zielgeweben transportiert, sondern wirken auf ihre unmittelbare Umgebung.

Die autokrine Sekretion ist eine Sonderform dieses Prinzips. Bei diesem Sekretionsweg wirken die abgesonderten Stoffe auf die sekretierenden Zellen selbst zurück. Die sezernierenden Zellen sind zu diesem Zweck selbst mit Rezeptoren ausgestattet, an die sich ihre eigenen Sekrete binden können. Obwohl Sekrete grundsätzlich auf die Wirkung außerhalb der Drüsenzellen ausgelegt sind, haben sie so eine intrazelluläre Wirkung. Parakrine Sekrete ohne autokrine Wirkung zeigen nur einen Effekt auf die unmittelbar angrenzenden Zellen.

Manche Drüsenzellen des menschlichen Organismus sind zur selben Zeit an endokrinen und parakrinen Sekretionen beteiligt. Ein Beispiel für solche Zellen sind die Leydig-Zwischenzellen, die im Interstitium des Hodens liegen. Parakrine und endokrine Sekretionsprozesse ergänzen sich in der Regel also eher, als sich auszuschließen. Sie besitzen aber auch zueinander polare Eigenschaften.

Die Hauptaufgabe von parakrinen Sekretionsprozessen ist die Stimulation von Wachstumsfunktionen oder Differenzierungsvorgängen.

Funktion & Aufgabe

Hormone steuern im menschlichen Körper auf lange Sicht das Wachstum und die Funktion von einzelnen Zellen, Geweben und Organen. Das vegetative Nervensystem übernimmt demgegenüber lediglich die Steuerung von zeitlich eingeschränkten Prozessen. Dem Hormonsystem kommen damit globale Aufgaben der Lebenserhaltung zu, da es Organe beeinflusst und den Zellstoffwechsel sowie die Differenzierung von einzelnen Zellen kontrolliert.

Die einzelnen Effekte aller Hormone sind optimal aufeinander abgestimmt und regulieren sich bis zu einem gewissen Grad gegenseitig, indem sie einander hemmen oder stimulieren. Im menschlichen Körper werden ausschließlich Gewebshormone und sogenannte Zytokine parakrin sekretiert. Zytokine sind regulatorische Eiweiße, also Peptide. Sie steuern vor allem die Immunantwort und werden von verschiedenen Instanzen des Immunsystems produziert, so zum Beispiel von den Lymphozyten.

Die immunologischen Eiweiße sind nicht immer von parakriner Wirkung, sondern weisen auch endokrine Wirkung auf. Ihr parakriner Effekt entspricht zu einem Großteil der Sonderform der autokrinen Sekretion. Die parakrinen, autokrinen und endokrinen Wirkungen der Zytokine sind netzwerkartig aufgebaut und bilden eine Homöostase, das heißt ein Gleichgewicht zur Aufrechterhaltung von komplexen Organfunktionen und anderen Prozessen im Organismus.

Neben den Zytokinen werden auch die Sekrete einiger endokrine Zellen teilweise auf parakrinem Weg ausgeschüttet. Die Betazellen der Bauchspeicheldrüse und einige Zellen im Hypophysenvorderlappen sekretieren ihre Hormone ergänzend zur endokrinen Form zum Beispiel parakrin und wirken damit nach der Ausschüttung in das Interstitium auf die Zellen der unmittelbaren Umgebung, die mit einem Rezeptor für das jeweilige Hormon ausgestattet sind. Das Sekret löst abhängig von seiner Art und Konzentration eine spezifische Antwort nach der Bindung an die Zellen aus. Die Kombination aus parakriner und endokriner Form verändert die Wirkung der ausgeschütteten Signalstoffe.

Die Regulationsmuster bei der parakrinen Sekretion bestehen vor allem aus der Hemmung des Umfelds. Solche Umfeldhemmungen hindern unmittelbar aneinander angrenzende Zellen in Gewebemustern zum Beispiel daran, sich bei der Differenzierung in exakt dieselbe Form zu differenzieren.

Bei der parakrinen Sonderform der autokrinen Sekretion ist dagegen das Ultrashort-Feedback der bekannteste Regulationsmechanismus. Nach der Sekretion binden sich die Sekrete dabei an die Rezeptorproteine der sekretierenden Zelle selbst und hemmen damit ihre eigene Produktion.


Krankheiten & Beschwerden

Wenn zu wenige oder zu viele parakrine Hormone ausgeschüttet werden, hat das wegen des engen Zusammenwirkes der Sekretionswege eine Auswirkung auf den gesamten Hormonhaushalt und damit auch auf die Organe oder das Gewebe des Organismus.

Die einzelnen Symptome einer Hormonbildungs- oder Sekretionsstörung sind daher vielfältig. Der medizinische Fachbereich der Endokrinologie beschäftigt sich mit hormonellen Erkrankungen und somit auch gestörter parakriner Sekretion. In der Regel sind das Wachstum und die Entwicklung gestört, wenn eine endokrine oder parakrine Erkrankung vorliegt. Für die Entstehung von Osteoporose können parakrine Faktoren zum Beispiel eine ebenso große Rolle spielen, wie für Fehlregulationen des Stoffwechsels.

Eine der wichtigsten Entdeckungen ist die Relevanz von parakrin autokrinen Prozessen bei der Entstehung von Krebs. Hierbei spielen vor allem sekretierte Wachstumsfaktoren eine Rolle, die das Gewebe bei Störungen der intrazellulären Signalkaskade zum Wachstum stimulieren. Die molekularen Wirkmechanismen parakriner und autokriner Substanzen, die Rezeptoren für diese Substanzen und der Regelkreis bei der Ausschüttung von Wachstumsfaktoren sind in den vergangenen Jahren zu einem Mittelpunkt der Krebsforschung geworden.

Aufgrund der autokrinen Wachstumskontrolle ist das Wachstum eines Tumors zum Beispiel unabhängig von äußeren Faktoren. Daher bietet sich die autokrin gesteuerte Wachstumskontrolle als Ansatzpunkt für moderne Krebstherapie an. Die Konzentration von Wachstumsfaktoren kann durch die Gabe von monoklonalen Antikörpern zum Beispiel verringert werden. Auch die Blockierung der jeweiligen Rezeptoren und damit der Eingriff in parakrin autokrine Körperprozesse kommt als vielversprechende Therapieoption bei Krebs infrage.

Quellen

  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Kleine, B., Rossmanith, W.G.: Hormone und Hormonsystem. Springer Verlag, Berlin 2010

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