Prohormon
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. April 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Prohormone sind physiologisch nicht oder nur leicht wirksame Vorläufersubstanzen von Hormonen. Der Körperstoffwechsel kann die Prohormone in einem oder mehreren Schritten je nach Bedarf in das eigentliche, physiologisch wirksame Hormon umwandeln. Es handelt sich dabei um ein sehr komplexes Hormonregulierungssystem, das vor allem bei der Aktivierung von Steroidhormonen eine große Rolle spielt.
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Was ist ein Prohormon?
Physiologisch hochwirksame Hormone wie beispielsweise Steroidhormone, in geringerem Maße auch andere Hormone, müssen vom Körper in ihrer Konzentration gut regelbar sein. Vor allem benötigt das komplexe Zusammenspiel der Hormone physiologische Stellschrauben, die der Körperstoffwechsel für den Menschen unbewusst bedienen kann.
Prohormone bieten für den Stoffwechsel eine von mehreren Möglichkeiten, auf die Konzentration bestimmter Hormone unmittelbar Einfluss nehmen zu können. Prohormone sind physiologisch nicht oder nur geringfügig aktiv. Das bedeutet, dass sie keine oder nur eine schwache hormonelle Wirkung haben und auch in höherer Konzentration für den Körper unschädlich sind, solange sie nicht in das physiologisch wirksame Hormon überführt werden. Prohormone können als Vorratshaltung für bestimmte Hormone angesehen werden, über die der Stoffwechsel jederzeit durch Umwandlung in die aktive Form verfügen kann.
Die größte Bedeutung haben Prohormone als Vorstufen für eine Vielzahl von Steroidhormonen wie die Stresshormone Cortisol, Corticosteron und die Geschlechtshormone Testosteron, Progesteron, Östradiol und viele andere. Auch das bekannte Vitamin D3 (Cholecalciferol) ist de facto eine Vorstufe des Hormons Calcitriol.
Funktion, Wirkung & Aufgaben
Er kann durch Umwandlung von Prohormonen die Konzentration des bestimmten Hormons erhöhen und damit eine stärkere hormonelle Wirkung erzielen oder er kann bei einer momentanen Überkonzentration des Hormons die Leistungsfähigkeit der Rezeptoren verringern, um so die hormonelle Wirkung zu dämpfen. Prohormone leisten als inaktive Reserevehormone einen wichtigen Beitrag für die Regelung des Zusammenspiels der Hormone, vor allem der Steroidhormone. Ein sehr bekanntes Prohormon ist das Thyroxin (T4), eine nicht proteinogene Aminosäure, die vom Stoffwechsel in das Triiodthyronin (T3) umgewandelt werden kann. Das Triiodthyronin ist ein Hormon, das normalerweise in der Schilddrüse gebildet wird und für eine Vielzahl stofflicher Umsetzungen im Körper benötigt wird.
Bei einer Schilddrüsenunterfunktion oder einem völligen Ausfall der Schilddrüse oder nach operativer Entfernung der Drüse ist der Körper auf die Zufuhr des Prohormons Thyroxin innerhalb relativ enger Grenzen angewiesen. Es erfüllt eine lebenserhaltende Funktion. In Sportarten, bei denen Muskelaufbau im Fokus steht, liegt die Versuchung nahe, anstelle der verbotenen Anabolika auf – in Deutschland ebenfalls verbotene – Prohormone aus Ländern wie USA, wo der Verkauf und die Nutzung der Substanzen erlaubt ist, auszuweichen. Das ist prinzipiell wenig empfehlenswert, weil der Körper die Substanzen in die entsprechenden Steroidhormone umwandelt und die zu erwartenden Nebenwirkungen denen der Steroidhormone gleichen.
Bildung, Vorkommen, Eigenschaften & optimale Werte
Der menschliche Stoffwechsel ist in der Lage, die meisten Prohormone, die der Körper benötigt, aus mit der Nahrung aufgenommenen Grundsubstanzen selbst zu synthetisieren. Zusätzlich werden mit natürlich belassenen Nahrungsmitteln bereits „fertige“ Prohormone aufgenommen, die meist im Dünndarm resorbiert werden. Für die Synthese von Prohormonen der Steroidhormone werden meist Cholesterine als Grundsubstanz verwendet.
Die Festlegung optimaler Werte für die Konzentration von Prohormonen sind wenig aussagekräftig, weil die benötigten Mengen sehr stark von der muskulären Tätigkeit, von allgemeinen Stoffwechselanforderungen wie Stressbelastung, Bewegung und anderen Kriterien abhängt.
Bei einer einigermaßen ausgewogenen Ernährung, die auch den Verzehr möglichst naturbelassener Lebensmittel einschließt, ist eine gesonderte Zufuhr von Prohormonen nicht zu empfehlen, um unangenehme und zum Teil auch gesundheitsschädliche Nebenwirkungen zu vermeiden. Bei Bodybuildern und Sportlern mit ähnlichem Anforderungsprofil ist die Meinung weit verbreitet, dass die Anreicherung der Nahrung mit bestimmten Prohormonen, die in anabole Hormone umgewandelt werden, den erwünschten Muskelaufbau beschleunigen würde.
Aufgrund häufig beobachteter zum Teil schwerwiegender gesundheitlich relevanter Nebenwirkungen ist der Verkauf dieser Prohormone wie auch der Verkauf der anabolen Hormone in den deutschsprachigen Ländern Deutschland, Österreich und der Schweiz verboten. Die Situation stellt sich für andere Prohormone wie das Thyroxin allerdings anders dar. Falls eine Unterfunktion der Schilddrüse (Hypothyreose), ist die Zufuhr einer bestimmten Menge des Prohormons Thyroxin lebensnotwendig. In diesem Fall wird das Thyroxin als Arzneistoff klassifiziert.
Krankheiten & Störungen
Der notwendige Abbau der Prohormone in der Leber kann leberschädigend wirken und es kann durch ein Überangebot an männlichen Geschlechtshormonen zu unerwünschten Androgenisierungserscheinungen wie Ausfall der Kopfhaare, Verstärkung der Körperbehaarung, Akne und weiteren Symptomen führen. Die meisten Vorläufer für Steroidhormone werden ohnehin als verbotene Dopingmittel geführt. Beispielsweise wirken sich zu niedrige wie auch zu hohe Östrogenwerte auf eine verringerte Syntheserate des Steuerhormons LH in der Hypophyse mit dem Effekt einer verringerten Testosteron-Produktion.
Bei medizinisch notwendiger Thyroxinzufuhr muss das Prohormon allerdings streng in der Menge kontrolliert werden, weil sich sowohl eine Überdosierung wie auch eine Unterdosierung auf eine Vielzahl von Stoffwechselfunktionen negativ auswirken und auch die Psyche ungünstig beeinflusst wird.
Quellen
- Braun, J., Dormann, A .J.: Klinikleitfaden Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2013
- Kleine, B., Rossmanith, W.: Hormone und Hormonsystem. Lehrbuch der Endokrinologie. Springer Verlag, Berlin 2013
- Vieten, M.: Laborwerte verstehen leicht gemacht, Trias, Stuttgart 2009