Relaxin
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Relaxin ist ein Hormon, welches der weibliche Körper während der Schwangerschaft produziert. Es wirkt sich unter anderem auf das Bindegewebe aus und verändert dessen Eigenschaften, um es dehnbarer zu machen und dadurch die Geburt vorzubereiten. Die Medizin nutzt Relaxin darüber hinaus zur Behandlung von Herzkrankheiten.
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Was ist Relaxin?
Bei Relaxin handelt es sich um ein Peptidhormon, das sich an verschiedenen Prozessen im menschlichen Körper beteiligt. Peptidhormone sind Hormone, die fettunlöslich sind.
Sie bestehen aus Aminosäuren, die mithilfe einer Peptidbindung verbunden sind. Bei dieser Art der Bindung verketten sich zwei Aminosäuren, indem die Carboxylgruppe der einen Aminosäure mit der Aminogruppe der anderen fusioniert. Dabei spalten sie Wasser ab. Auf diese Weise können lange Aminosäureketten entstehen, die sich aufgrund ihrer biochemischen Eigenschaften im Raum falten. Erst dadurch erhalten die Proteine ihre charakteristische dreidimensionale Struktur.
Die Form des Makromoleküls ist nicht willkürlich, sondern nimmt maßgeblich Einfluss auf die Funktionsweise des Hormons. Relaxin gleicht in seinem Aufbau dem Hormon Insulin, das den Blutzucker reguliert. Insulin und Relaxin gleichen sich in ihren Bausteinen: Sie bestehen aus zwei Aminosäureketten. Jeweils zwei Disulfidbrücken verbinden die beiden Aminosäureketten miteinander.
Funktion, Wirkung & Aufgaben
Das Hormon ändert die Eigenschaften des Bindegewebes: Unter anderem verändert Relaxin die Struktur der Zellen im Kanal des Gebärmutterhalses. Durch die hormonelle Stimulation weitet sich der Durchgang und bereitet den weiblichen Körper dadurch auf die Geburt vor. Darüber hinaus weitet Relaxin den Muttermund. Ohne diese Anpassungen wäre eine natürliche Geburt nicht möglich. Relaxin führt jedoch auch zu einigen unangenehmen Nebenwirkungen. Schwangere leiden häufig unter Wassereinlagerungen. Einen Grund dafür liefert das Relaxin: Es manipuliert die Einstellungen der Rezeptoren, die das Volumen im Körpergewebe sowie die Osmose steuern.
Während einer Schwangerschaft gerät deshalb der normale Flüssigkeitshaushalt durcheinander und zwischen den einzelnen Zellen lagert sich zusätzliches Wasser ein: Das Gewebe schwillt an. Besonders häufig sind davon die Füße und Waden betroffen, da die Flüssigkeit in den Beinen sowohl gegen die osmotische Regulation als auch gegen die Schwerkraft ankommen muss. Schwangere können die Wassereinlagerungen als unangenehm empfinden oder sogar unter Schmerzen leiden, die dem starken Druck geschuldet sind; sie sind jedoch nicht direkt gesundheitsschädlich. Neuere Erkenntnisse zeigen, dass die Funktionen von Relaxin vielfältiger sind als zunächst angenommen. Immer häufiger setzt die Medizin das Hormon auch gezielt zur Behandlung von Krankheiten ein, beispielsweise nach akutem Herzversagen. Die Wissenschaft kennt inzwischen drei Varianten des Peptidhormons.
Sowohl Relaxin-1 als auch Serelaxin (Relaxin-2) spielen in der Schwangerschaft eine Rolle. Relaxin-3 scheint hingegen an neuronalen Prozessen beteiligt zu sein und weist im Vergleich eine etwas geringere Masse auf.
Bildung, Vorkommen, Eigenschaften & optimale Werte
Relaxin entsteht vor allem in den Eierstöcken, im Gelbkörper (Corpus luteum). Der Gelbkörper ist das leere Follikel nach einem Eisprung – gewissermaßen die Hülle, in der sich eine einzelne Eizelle befand. Der Corpus luteum ist damit ein Teil des Eierstocks. Ohne Befruchtung der Eizelle degeneriert der Gelbkörper einige Tage nach dem Eisprung zum Corpus albicans. Er verdankt seinen Namen der weißlichen, narbenähnlichen Oberfläche.
Befruchtet allerdings ein Spermium die Eizelle, entwickelt sich der Corpus luteum nicht zum Corpus albicans, sondern zum Corpus luteum graviditatis. Dabei regt das Hormon Choriongonadotropin die Transformation an. Der Corpus luteum graviditatis ist für die Relaxin-Synthese hauptsächlich verantwortlich. Die Naturwissenschaften bezeichnen den Ausgangsstoff für die Synthese des Relaxins auch als Präkursor. Dabei handelt es sich um eine Vorstufe des eigentlichen Hormons. Vom Präkursor spalten Enzyme zwei Aminosäureketten ab, die sich im weiteren Verlauf der Synthese in das endgültige Hormon umwandeln. Der Corpus luteum graviditatis produziert außerdem Progesteron.
Progesteron stimuliert das Wachstum der Gebärmutterschleimhaut und bereitet sie dadurch auf die Einnistung der Eizelle vor. Während der Schwangerschaft unterbricht Progesteron den Reifungsprozess der übrigen Follikel in den Eierstöcken. Auf diese Weise kann kein weiterer Eisprung stattfinden, bis die Schwangerschaft beendet ist und sich das normale hormonelle Gleichgewicht wieder einstellt.
Krankheiten & Störungen
Serelaxin ruft im menschlichen Körper auch ohne Schwangerschaft mehrere hämodynamische Veränderungen hervor; unter anderem bewirkt es, dass Nieren, Lungen und andere Organe besser durchblutet werden. MedizinerInnen setzen Serelaxin deshalb dazu ein, um die Beschwerden HerzpatientInnen zu lindern – beispielsweise in der Regenerationsphase nach akutem Herzversagen oder bei Herzinsuffizienz. Darüber hinaus konnte die Forschung einen Zusammenhang zwischen Relaxin und Krebserkrankungen feststellen. Ein Stoff, der dem Relaxin ähnlich ist, könnte demnach Tumorwachstum und die Zerstörung von Gewebe begünstigen.
Der Relaxin-Rezeptor scheint auch an der Entstehung von Metastasen beteiligt zu sein. Die genauen Prozesse sind jedoch sehr komplex; zahlreiche andere Stoffe sind ebenfalls an diesen Reaktionen beteiligt. Neben den körperlichen Reaktionen auf Relaxin scheinen auch psychische Wirkungen des Hormons zu existieren. Die Forschung vermutet, dass Relaxin zusammen mit anderen Hormonen zur Entstehung von postpartalen Depression und anderen psychischen Störungen beiträgt, die durch Schwangerschaft und Geburt ausgelöst werden können.
Quellen
- Beckermann, M.J.: Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Schwabe, Basel 2004
- Kleine, B., Rossmanith, W.: Hormone und Hormonsystem. Lehrbuch der Endokrinologie. Springer Verlag, Berlin 2013
- Vieten, M.: Laborwerte verstehen leicht gemacht, Trias, Stuttgart 2009