Schlafdruck

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 19. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Unter dem Schlafdruck versteht die Medizin einen Regelkreis, der die Müdigkeit reguliert und körperlich bedingte Schläfrigkeit auslöst. In den Wachphasen lagern sich im Gehirn Stoffwechselprodukte ab, die anschwellenden Schlafdruck auslösen. Im Schlaf reinigt das glymphatische System das Gehirn von diesen Ablagerungen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist der Schlafdruck?

Unter dem Schlafdruck versteht die Medizin einen Regelkreis, der die Müdigkeit reguliert und körperlich bedingte Schläfrigkeit auslöst.

Der Schlaf hat essenzielle Aufgaben. Zu diesen Aufgaben gehören die Regeneration von Körperzellen, aber auch die mentale Regeneration und die Speicherung von Lernerfahrungen. Zu wenig Schlaf beeinträchtigt daher die physische und psychische Gesundheit. Anhaltende Schlaflosigkeit kann für den menschlichen Organismus daher sogar tödlich sein.

Damit der Mensch regelmäßig genügend Schlaf erhält und sich keine gesundheitsschädlichen Konsequenzen einstellen, unterliegen der Schlaf und das Bedürfnis nach Schlaf mehreren körperlichen Regelkreisen. Unter dem Schlafdruck versteht die Medizin in diesem Zusammenhang eine körperlich bedingte Schläfrigkeit. Zusammen mit der inneren Uhr des Biorhythmus regelt der Schlafdruck also die Dauer und den Zeitpunkt von Schlaf.

Die Regelung des Schlaf-Wach-Rhythmus obliegt der inneren Uhr. Anders als die innere Uhr hängt der Schlafdruck aber nicht vom Tagesrhythmus ab, sondern steigt während der Wachphase konsequent an. Je länger der Mensch also wach ist, desto intensiver empfindet er Schlafdruck.

Die physiologische Ursache für die ansteigende Schläfrigkeit sind vermutlich die Stoffwechselprodukte, die sich während der Wachphase im Gehirn anlagern. Ab einer bestimmten Menge machen diese Stoffwechselprodukte den Menschen also müde. Der Schlafdruck reguliert so das rein körperliche Bedürfnis nach Schlaf.

Funktion & Aufgabe

Der Schlafdruck trägt mit zum Überleben bei. Mit der Regelung der Schlafdauer und der Steuerung von Müdigkeit stellt der Mechanismus zum Beispiel sicher, dass während des Schlafs ausreichend Zellregeneration stattfinden kann.

Tagsüber sammeln sich im Gehirn allerlei molekulare Stoffwechselprodukte an. Das Gehirn verfügt nur über begrenzte Energien und entscheidet sich bei der Energieplanung je für einen von zwei funktionellen Zuständen: für den Wachzustand oder den Zustand des Schlafs. In der Wachphase ist dem Gehirn die Konzentration auf die Umgebung möglich und es arbeitet. Diese Arbeit ist dem Menschen bewusst und lässt sich von ihm zum Beispiel anhand seiner eigenen Gedanken nachvollziehen.

Obwohl der Mensch während des Schlafs bewusst vielleicht nichts davon erahnt, ruht sich das Gehirn jedoch auch im Schlafzustand keineswegs aus - es arbeitet weiter und räumt nachts, anders als tagsüber, vor allem auf. Die Aufräumarbeiten bestehen beispielsweise in Schlafphasen wie der REM-Schlafphase aus der Sortierung von Informationen. Der Schlafende kann diese Sortierung zuweilen anhand von Träumen nachvollziehen.

Das ist allerdings nicht die einzige Aufräumarbeit die das Gehirn im Schlaf verrichtet. Das glymphatische System gilt als eine Art Müllabfuhr des Gehirns. Es säubert die Schaltzentrale außerdem von molekularen Stoffwechselprodukten, die sich während des Tages ansammeln. Das Säuberungssystem ist ein Netzwerk winziger Kanäle, die den sogenannten Liquor enthalten und einer Art Lymphsystem des Gehirns entsprechen.

Als Organisatoren, Stütz- und Hilfszellen des Nervensystems übernehmen die Gliazellen die Steuerung des Netzwerks. Sie sorgen dafür, dass sich während des Schlafs sämtlicher Unrat in den Kanälen sammelt und mit dem Hirnwasser so in den Blutkreislauf verwaschen werden kann. Die Stoffwechselprodukte werden im Schlaf etwa doppelt so schnell abtransportiert wie im Wachzustand, da der Liquor in der Ruhephase schneller zirkuliert.

Die nächtliche Säuberung des Gehirns steht mit dem Schlafdruck in engem Zusammenhang. Der Mensch fühlt ansteigende Müdigkeit, je mehr Stoffwechselprodukte sich im Gehirn ansammeln. Die Hochphase des Schlafdrucks liegt unmittelbar vor dem Einschlafen. In den ersten drei bis vier Stunden der Schlafphase baut sich der Schlafdruck ab, da vermutlich auch die schädlichen Stoffwechselprodukte schon in dieser Zeitspanne abgebaut werden.


Krankheiten & Beschwerden

Schlafstörungen sind bislang nicht abschließend erforscht. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich mit der Schlafmedizin eine eigene Fachrichtung etabliert, die die entscheidenden Aufgaben des Schlafs berücksichtigt und dokumentiert.

Der Schlafdruck spielt für Schlafstörungen eine wichtige Rolle. So lässt der Abbau des Schafdrucks den Menschen nach rund vier Stunden zum Beispiel momentan aufwachen. Viele Menschen mit Schlafstörungen wachen nachts allerdings weitaus häufiger auf.

Auch die Einschlafstörung trotz hohem Schlafdruck ist ein verbreitetes Phänomen. Etwas seltener ist ein allgemeiner Mangel an Schlafdruck. Die Schlafqualität steht mit dem Schlafdruck in unmittelbarem Zusammenhang. Wenn Menschen zum Beispiel zu wenige Tiefschlafphasen durchlaufen und ihr Schlaf allgemein oberflächlich bleibt, können sich die Stoffwechselprodukte, und mit ihnen auch der Schlafdruck, nur mit verlangsamter Geschwindigkeit abbauen. Die Folge daraus sind Tagesmüdigkeit, Konzentrationsunfähigkeit und reduzierte Leistungsfähigkeit am Folgetag.

Schlafstörungen durch verminderten Schlafdruck haben häufig unregelmäßige Schlaf-Wach-Zeiten zur Ursache. Das lange Ausschlafen während der Wochenenden kann, in einigen Fällen, den Schlafdruck zum Beispiel so stark reduzieren, dass Einschlafstörungen auftreten.

Die Ansammlung von Stoffwechselprodukten im Gehirn, die sie den Schlafdruck erst auslöst und damit das Bedürfnis zur Selbstreinigung anzeigt, wird aktuell erforscht. Diese Forschung widmet sich zum Beispiel der Frage, inwiefern der Schlafdruck für Erkrankungen wie Alzheimer und Epilepsie eine Rolle spielen könnte und welche Therapiemöglichkeiten in diesem Zusammenhang denkbar wären.

Quellen

  • Berlit, P.: Basiswissen Neurologie. Springer, Berlin 2007
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013

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