Schonhaltung

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 14. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Eine Schonhaltung ist eine unbewusste Reaktion des Körpers, um Schmerzen oder andere Belastungen zu vermeiden. Das Äquivalent bei Bewegungen, die das gleiche Ziel verfolgen, ist das Schonverhalten.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Schonhaltung?

Eine Schonhaltung ist eine unbewusste Reaktion des Körpers, um Schmerzen oder andere Belastungen zu vermeiden. Jedoch können auch durch Schonhaltungen Muskelverspannungen und Fehlbelastungen entstehen.

Der Körper reagiert auf bestimmte Reize, die unangenehm oder potentiell schädlich sein können, mit einer muskulären Antwort, die eine Verschlimmerung des Geschehens vermeiden soll. Wird dabei eine bestimmte Position des Körpers, eines oder mehrerer Gelenke eingenommen, spricht man von einer Schonhaltung. Bewegungsabläufe, die den Gefahrenbereich umgehen oder vermeiden, werden als Schonverhalten bezeichnet.

Der entscheidende Steuerungsmechanismus beginnt in den sensiblen Nervenfasern, die Schmerzen oder andere ungewöhnliche Belastungen im Gewebe melden. Dieser Reiz setzt Reaktionen in Gang, durch die die mechanische Belastung in dem betroffenen Bereich reduziert werden soll. Die Reizantwort wird von den Muskeln umgesetzt, entweder durch eine Erhöhung oder eine Erniedrigung des Muskeltonus und die Einnahme einer entlastenden Position. Ist diese Stellung erreicht, werden die Muskeln, die sie halten können, in einem erhöhten Aktivitätszustand belassen, die Gegenspieler (Antagonisten) werden gehemmt.

Das gleiche Zusammenspiel besteht beim Schonverhalten. Muskeln die reizverstärkend wirken können, werden gehemmt, reizentlastende Muskeln werden gefördert. Dadurch entsteht ein unphysiologisches Bewegungsmuster, das in der Literatur auch Ausweichmuster genannt wird.

Funktion & Aufgabe

Eine wichtige Funktion einer Schonhaltung oder eines Schonverhaltens ist die Vermeidung oder die Reduzierung von unangenehmen Empfindungen, wie Schmerz oder Sensibilitätsstörungen. Schmerzgeschehen, die durch eine Verletzung oder eine Erkrankung verursacht werden, können durch mechanische Reize eine Verstärkung erfahren. In vielen Funktionseinheiten und Geweben können Druck, Zug oder die Kombination von beiden das Schmerzempfinden deutlich erhöhen.

Gelenke, Knochen oder bindegewebige Strukturen werden durch die zentralnervös regulierte Muskelaktivität so eingestellt, dass die mechanische Belastung so gering wie möglich ist. Gelenke werden zum Beispiel in eine leicht geöffnet Position gebracht, um den Druck auf die knöchernen Gelenkpartner und den Knorpel zu reduzieren.

Schmerzen durch Verletzungen oder Entzündungen werden dadurch reduziert, dass allen Strukturen, die eine Wirkung auf den betroffenen Bereich haben, vermittelt wird, Zug und Druck auf das beanspruchte Gewebe zu reduzieren. In dem Fall sind diejenigen Muskeln, die die Annäherung herbeiführen und halten, hyperton eingestellt. Diejenigen hingegen, die selber Zug auf die Schadensstelle ausüben können, werden hypoton.

Die Schonhaltung wird solange beibehalten bis ihre Ursache beseitigt ist. Die Schmerzrezeptoren übernehmen dabei die regulierende Funktion. Sie geben ständig Informationen über die Intensität des verursachenden Schadens. Eine Verbesserung der Situation führt zu einer Reduzierung der Meldeaktivität und zur allmählichen Auflösung der Schonhaltung.

Wird die Schonhaltung allerdings über einen langen Zeitraum beibehalten, kann sie selber die Ursache von starken Schmerzen werden. Unter anderem dadurch, dass Muskelverspannungen und Fehlbelastungen entstehen.

Schonverhalten hat die Aufgabe, mechanische Überlastungen in Geweben und Funktionsbereichen zu vermeiden, indem diese Regionen bei der Bewegung vermieden oder umgangen werden. Typisch ist ein solcher Mechanismus bei Gelenkschäden. Jeder Druck in dem lädierten Bereich könnte potentiell zur Verstärkung der Problematik führen. Deshalb werden die Gelenkbewegungen so gesteuert, dass der Gefahrenbereich umgangen wird. Die beeinträchtigten Areale im Gelenk werden geschont und ein Fortschreiten der Schädigung vermieden oder verlangsamt.

Dadurch entsteht ein unphysiologisches Bewegungsmuster, das seinerseits zu ungünstigen Belastungen mit Folgeschäden führen kann. Schmerzhafte Verletzungen führen häufig zu einer Kombination von Schonhaltung und Schonverhalten. Der entsprechende Verletzungsbereich wird, wie beschrieben, in Schonhaltung positioniert und zugehörige Körperteile nur so viel wie unbedingt nötig bewegt.


Krankheiten & Beschwerden

Eine typische Schonhaltung entsteht häufig bei Bauchverletzungen und Bauchschmerzen. Die betroffen Menschen krümmen sich zusammen, da sie dadurch eine Linderung der Schmerzen hervorrufen können. Die Bauchmuskeln und alle bindegewebigen Anteile der Bauchdecke werden angenähert und der mechanische Faktor auf das betroffene Gebiet reduziert.

Knochenbrüche können ebenfalls zu einer Schonhaltung führen. Frakturen im Bereich des Unterarms oder der Hand haben zur Folge, dass der Arm an den Oberkörper gedrückt wird und dort in einer möglichst schmerzfreien Position gehalten wird, häufig unter Zuhilfenahme der anderen Hand.

Ganz eklatante Schonhaltungen entstehen, wenn die Nerven, die im Bereich der Lendenwirbelsäule austreten, durch einen Bandscheibenvorfall oder andere Strukturen gequetscht werden. Bei einem Hexenschuss wird die Rückenmuskulatur in diesem Bereich in einen krampfartigen Zustand versetzt, mit dem Ziel, dort keine Bewegungen mehr zuzulassen. In dem Fall entsteht eine absolute Schonhaltung, die manchmal so stark ausgeprägt ist, dass keine Fortbewegung mehr möglich ist.

Bei einer Ischialgie ist der Druck auf die Nerven meistens einseitig. Das Ausweichmuster zur Reduzierung des Drucks auf die Nerven ist deshalb eine Vorneigung des Rumpfes mit einer leichten Neigung zur Gegenseite. Durch diese Schonhaltung entsteht mehr Platz für die Nerven und sie können entlastet werden.

Arthrosen sind degenerative Gelenkerkrankungen, bei denen der Gelenkknorpel allmählich abgebaut wird. Der Knorpel selber ist schmerzunempfindlich. Deshalb entstehen Schmerzen dann, wenn die Schädigung so weit fortgeschritten ist, dass die darunterliegenden Knochen zu sehr belastet werden. Allerdings ergreift der Körper, schon bevor dieses Geschehen eintritt, Gegenmaßnahmen. Das sind veränderte Bewegungsmuster, die dazu dienen, den Druck auf die Bereiche zu vermeiden, in denen kein Knorpel mehr vorhanden ist. Bei einer Arthrose im Hüft- oder Kniegelenk äußert sich dieses Schonverhalten in typischen Veränderungen des Gangbildes.

Verletzungen oder Erkrankungen der Rippen oder des Rippenfells sind beim Einatmen hoch schmerzhaft. Es entsteht eine Schonatmung. Die betroffenen Menschen vermeiden es, in den schmerzenden Bereich einzuatmen. Sie lenken den Atem unbewusst in andere Lungenbereiche und atmen insgesamt flacher.

Quellen

  • Grüne, S., Schölmerich, J.: Anamnese, Untersuchung, Diagnose. Springer, Heidelberg 2007
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Netter, F.H. et. al.: NETTERs Allgemeinmedizin. Thieme, Stuttgart 2006

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