Tentorium cerebelli

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 18. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das Tentorium cerebelli ist eine Haut im Gehirn und grenzt die hintere Schädelgrube (Fossa cranii posterior) von der mittleren Schädelgrube (Fossa cranii media) ab. Durch den Tentoriumschlitz (Incisura tentorii) ragt der Hirnstamm. Risse im Gewebe können Blutungen hervorrufen, die eventuell zum Mittelhirnsyndrom führen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Tentorium cerebelli?

Das Tentorium cerebelli ist am Sulcus sinus transversi befestigt, der eine Grube im Hinterhauptbein (Os occipitale) bildet.
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Das Tentorium cerebelli stellt eine anatomische Struktur im Gehirn dar und ist auch als Kleinhirnzelt bekannt. Es befindet sich im Spalt zwischen Großhirn und Kleinhirn (Fissura transversa cerebralis).

Das Tentorium cerebelli bildet eine Verdoppelung der harten Hirnhaut (Dura mater), welche die Medizin auch als Duplikatur bezeichnet. Bei der Dura mater handelt es sich um eine von drei Häuten, die das zentrale Nervensystem umgeben. Dementsprechend wird zwischen der Dura mater spinalis und der Dura mater encephali unterschieden. Erstere umhüllt das Rückenmark, während letztere das Gehirn ummantelt.

Das Tentorium cerebelli ist nicht die einzige Duplikatur der Dura mater. Weitere Verdoppelungen der harten Hirnhaut sind die Hirnsichel (Falx cerebri) zwischen den beiden Hälften des Telencephalons sowie deren Fortsetzung, die Kleinhirnsichel (Falx cerebelli). Die Kleinhirnsichel verläuft unter dem Tentorium cerebelli, wohingegen die Hirnsichel sich an die Spitze des Tentoriums anschließt und es nach vorne zieht.

Anatomie & Aufbau

Das Tentorium cerebelli ist am Sulcus sinus transversi befestigt, der eine Grube im Hinterhauptbein (Os occipitale) bildet. Durch die Vertiefung zieht ein Blutleiter, den die Anatomie als Sinus transversus bezeichnet.

Darüber hinaus findet das Tentorium cerebelli an der oberen Kante des Felsenbeins (Pars petrosa ossis temporalis) Halt. Dieser Knochenteil hat die Form einer Pyramide und befindet sich am Schläfenbein (Os temporale). Als Duplikatur der Dura mater besteht das Tentorium cerebelli aus dem inneren Blatt (Lamina interna) der Dura mater. Die Haut besteht aus Bindegewebe.

Im Tentorium cerebelli befindet sich ein Schlitz, die Incisura tentorii. Durch diese Öffnung verlässt ein Teil des Hirnstamms das Zelt, welches das Tentorium cerebelli bildet. Außerdem durchqueren der dritte Hirnnerv (Nervus oculomotorius) und der vierte Hirnnerv (Nervus trochlearis) die Incisura tentorii. Dabei begleiten sie die Arteria cerebri posterior, die maßgeblich zur Blutversorgung des Gehirns beiträgt und einen Ast der Arteria basilaris verkörpert.

Funktion & Aufgaben

Die hauptsächliche Funktion des Tentoriums besteht darin, das Kleinhirn und das Großhirn voneinander abzugrenzen und übermäßige Belastungen durch Druck zu verhindern. Es hält einen Teil des Großhirns und stützt diesen, damit das Großhirn nicht direkt auf dem Kleinhirn aufliegt. Da das Großhirn für rund 80 % der Hirnmasse verantwortlich ist, würde sein Gewicht zu erheblichem Druck zwischen den beiden Gehirnteilen führen. Die Falx cerebri zieht das Tentorium mit dem Großhirn nach vorn und fungiert innerhalb des Stabilisierungssystems als Gurt. Die Stütze verhindert im Normalfall, dass das Gehirn frei durch den Schädel schleudert.

Das Großhirn oder Telencephalon ist der Sitz des Denkens im eigentlichen Sinne. Zu seinen Aufgaben gehören sowohl höhere kognitive Prozesse als auch vorbewusste und bewusste Sinneswahrnehmung, Motorik, Emotionen, Lernen, Gedächtnis und zahlreiche weitere Vorgänge. Das Kleinhirn bzw. Cerebellum beteiligt sich unter anderem ebenfalls an Lernen und Motorik. Das Tentorium cerebelli schützt darüber hinaus Blutgefäße vor hohem Druck. Sie könnten andernfalls gestaut werden oder reißen.

Des Weiteren grenzt das Tentorium cerebelli die hintere Schädelgrube (Fossa cranii posterior) von der mittleren Schädelgrube (Fossa cranii media) ab. Beide gehören zur Basis des Hirnschädels. Die Fossa cranii posterior enthält das Kleinhirn und den Hirnstamm. Teile des Hirnstamms ragen außerdem durch den Tentoriumschlitz und stellen im weiteren Verlauf eine Verbindung zwischen Gehirn und Rückenmark her. In der Fossa cranii media liegt hingegen der Temporallappen des Telencephalons. Zum Temporallappen zählen beispielsweise Strukturen, die zum limbischen System beitragen. Seine Funktionen umfassen emotionale Vorgänge, Gedächtnis, Lernen und vegetative Steuerungsprozesse.


Krankheiten

Ein Riss im Tentorium cerebelli kann zu Blutungen führen, die dann Druck auf das Gehirn ausüben und es dadurch in seinen Funktionen beeinträchtigen. Der Tentoriumriss ist eine mögliche Komplikation bei der Geburt und stellt ein sogenanntes Geburtstrauma dar.

Die Medizin unterscheidet in diesem Zusammenhang zwischen der supratentoriellen und der infratentoriellen Blutung. Bei der supratentoriellen Blutung staut sich die Flüssigkeit oberhalb des Tentoriums, das heißt zum Großhirn hin. Im Gegensatz dazu spielt sich die infratentorielle Hirnblutung unterhalb des Tentoriums ab – in Richtung des Kleinhirns.

Das entweichende Blut übt Druck auf das Hirngewebe aus und lässt es anschwellen, sodass es sich im Tentoriumschlitz einklemmen kann. Davon sind der Temporallappen sowie der Uncus gyri parahippocampalis besonders häufig betroffen. Infolgedessen ist außerdem die Entstehung des Mittelhirnsyndroms möglich. Zu seinen Symptomen gehören erhöhter Muskeltonus, Unruhe, abgeschwächter Kornealreflex, Abweichungen der Augäpfel und pathologische Auffälligkeiten der Pupille. Darüber hinaus ist häufig das sogenannte Puppenkopfphänomen zu beobachten: Wenn der Kopf zur Seite gedreht wird, bewegen sich die Augen mit dem Kopf, statt durch eine Gegenbewegung der Augäpfel den Blick weiterhin geradeaus zu halten. Im schwersten Stadium führt das Mittelhirnsyndrom zum Koma.

Die Tentoriumblutung kann tödlich sein. Vor allem starke Blutungen, die sich weit ausbreiten, sind kritisch. Bildgebende Verfahren wie MRT und CT machen die Blutung sichtbar und erlauben es Ärzten, sie genau zu lokalisieren sowie ihr Ausmaß einzuschätzen. Eine Operation kann das Gehirn eventuell entlasten.

Quellen

  • Braun, J., Dormann, A .J.: Klinikleitfaden Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2013
  • Frotscher, M., et al.: Taschenatlas Anatomie, Band 3: Nervensystem und Sinnesorgane. Thieme, Stuttgart 2018
  • Weniger, W.: Gehirn und Nervensystem. Facultas, Wien 2019

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