Vergessen

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Vergessen ist ein natürlicher Vorgang, der mit dem Alter zunimmt. Vergessen dient auch der seelischen Gesunderhaltung, denn wir können unmöglich alles, was wir sehen, hören, schmecken, riechen und fühlen erinnern.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Vergessen?

Vergessen ist ein natürlicher Vorgang, der mit dem Alter zunimmt.

Über das Vergessen gibt es zwei Theorien: Eine nimmt an, dass mit der Zeit alle Bilder und gespeicherten Informationen verblassen und schließlich ganz verschwinden. Das würde bedeuten, dass wir mehr vergessen, je mehr Zeit vergeht. Diese Theorie ist nicht bewiesen. Die zweite besagt, dass wir vergessen, weil bestimmte Dinge von interessanteren und neuen Eindrücken überlagert werden. Der Zugang zu alten Informationen wird dann immer schwerer.

Für die Gedächtnisleistung sind mehrere Hirnregionen zuständig, hauptsächlich der präfrontale Cortex (Frontallappen) und der Hippocampus. Der Hippocampus dient der Speicherung von Gedächtnisinhalten. Der Frontallappen an der Stirnseite des Gehirns verknüpft Gedächtnisinhalte mit emotionalen Bewertungen.

Die Gedächtnisleistung einzelner Personen kann sehr unterschiedlich sein und hängt vom Lebensalter, vom Training und der Lernbereitschaft ab. Bis zum 20. Lebensjahr etwa verbessert sich die Gedächtnisleistung konstant. Ab dem 30. Lebensjahr nimmt sie allmählich ab und kann zu Gedächtnisproblemen im Alter führen. Das Gedächtnis wird auch durch Unfälle oder Gehirnoperationen beeinflusst.

Das wir etwas vergessen, heißt nicht unbedingt, dass die Inhalte fürs Gedächtnis unwiderruflich verloren sind. Manchmal lassen sie sich wiederbeleben, sie waren nur "vergraben".

Schlüsselreize erleichtern den Zugang zu Informationen im Gedächtnis. Gedächtniskünstler machen sich dieses Wissen zu eigen und verbinden beispielsweise Zahlen mit Bildern, um sich Inhalte besser merken zu können.

Funktion & Aufgabe

Vergessen ist ein natürlicher Prozess und passiert im Verlauf eines Tages häufig und bei jedem Menschen. Wir vergessen, um uns auf das Wesentliche konzentrieren zu können. Vergessen kann jedoch auch bedeuten, seinen geistigen Besitz und damit den Bezug zur Realität zu verlieren, wie es bei bestimmten Hirnerkrankungen der Fall ist.

Zu Funktion und Ablauf des Vergessens gibt es unterschiedliche Theorien. Vergessen entsteht einmal, weil zwischen der Beobachtung und dem Einprägen der Dinge eine gewisse Zeit vergangen ist. Jedes Wort, jedes Gefühl und jeder Gedanke sind in unserem Gedächtnis verankert. Ohne die Kraft des Gedächtnisses würde unser Bewusstsein nur noch aus ausgewählten Augenblicken bestehen. Vergessen schützt uns auch vor Reizüberflutung, denn würden wir uns an alle Informationen erinnern, könnten wir diese gar nicht mehr verarbeiten.

Bis heute ist die Sprache unseres Gehirns nicht wirklich entschlüsselt. Es besteht aus 100 Milliarden Nervenzellen, die zu einem dichten Neuronennetz verbunden sind.

Wird eine Nervenzelle durch einen auf sie treffenden Reiz erregt, wird ein elektrischer Impuls an die Nachbarzelle weitergeleitet. Sobald wir etwas Neues lernen und im Gedächtnis verankern, verstärken sich diese Verbindungen zwischen den Neuronen, werden dichter und fester. Je häufiger wir das wiederholen, desto stärker wird das Netz.

Dennoch gleicht der Vorgang des Erinnerns einem Puzzlespiel. Viele Lücken werden durch Raten ausgefüllt. Vergessen hängt aber auch von der individuellen körperlichen Verfassung und der Hirnleistung ab. Je stärker die emotionale Beteiligung, desto langfristiger wird die Information gespeichert.

Eindrücke, die mit einer positiven Stimmung verbunden sind, werden besser erinnert als wenig berührender Eindrücke. Das Gedächtnis lässt sich sehr gut trainieren und damit die Erinnerungsquote deutlich erhöhen.


Krankheiten & Beschwerden

Die Gedächtnisleistung ist das Wissen, das wir bewusst und unbewusst (beispielsweise Fahrradfahren oder Schreibmaschine schreiben) reproduzieren können. Vergesslichkeit wird durch viele Einflüsse verstärkt. Stress ist zum Beispiel der größte Risikofaktor für Vergesslichkeit bei einem gesunden Menschen. Es wird angenommen, dass das Stresshormon Cortisol Nervenzellen schädigt, die für die Gedächtnisleistung zuständig sind.

Der Hypothalamus ist für die Produktion von Cortisol verantwortlich. Ein Mechanismus sorgt dafür, dass nicht zu viel Cortisol ausgeschüttet wird und es zu Dauerstress kommt. Bei Menschen mit Depressionen funktioniert dieser Kontrollmechanismus nicht. Es strömt immer mehr Cortisol ins Gehirn, führt zu Dauerstress und nachlassender Gedächtnisleistung.

Auch Menschen mit Schädigungen von Hirnarealen, die für das Gedächtnis zuständig sind, können Informationen nur sehr kurze Zeit behalten. Eine Schädigung des Hyppocampus führt zu starker Amnesie. Je nach Art der Krankheit ist das Kurzzeitgedächtnis oder das Langzeitgedächtnis betroffen.

Die Effekte auf die Gedächtnisleistung sind sehr unterschiedlich, können sich verbessern oder auch verschlechtern, je nachdem, welches Hirnareal betroffen ist. Ohne diese Areale ist kein bewusstes Erinnern der Vergangenheit möglich. Ursachen können starker Alkoholmissbrauch, eine Gehirninfektion oder ein Hirntrauma sein.

Auch gibt es die umgekehrte Situation, dass Krankheiten oder Unfälle zu einem sehr guten Gedächtnis führen. Dies kommt allerdings selten vor und ist beispielsweise bei manchen Menschen mit Autismus festzustellen, die mit einem fotografischen Gedächtnis ausgestattet sind.

Im Alter speichert das Gedächtnis immer weniger neue Informationen. Demenz ist die auffälligste Erkrankung, die mit Hirnveränderungen und Gedächtnisverlust einhergeht und im fortgeschrittenen Stadium zum Tode führt. Die Krankheit wird in drei Phasen eingeteilt, wobei jede einzelne Phase bis zu sieben Jahre dauern kann. Teilweise können Betroffene nicht mehr ihren Namen erinnern und vergessen allmählich die einfachsten Handgriffe. Sie wissen beispielsweise nicht mehr, dass beim Essen der Löffel zum Mund geführt wird.

Wird eine Depression geheilt, kehrt auch das normale Gedächtnis wieder zurück. Doch anders als bei einer Depression ist der Gedächtnisverlust bei Demenzkranken nicht mehr umkehrbar.

Quellen

  • Berlit, P.: Basiswissen Neurologie. Springer, Berlin 2007
  • Hacke, W.: Neurologie. Springer, Heidelberg 2010
  • Poeck, K., Hacke, W.: Neurologie. Springer, Heidelberg 2010

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