Vorhofflimmern
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 5. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Vorhofflimmern ist die wohl häufigste Rhythmusstörung des Herzens, die im Alter deutlich zunimmt. Zehn Prozent der über 70-Jährigen besitzen diese „supraventrikuläre Tachyarrhythmie“.
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Was ist Vorhofflimmern?
Das heißt, es besteht ein unregelmäßiger und schneller Herzschlag, der im linken Vorhof entsteht. Vergleichend besitzt nur 1 % der über 50-Jährigen diese Herzrhythmusstörung. Im Weiteren wird auf die Ursachen, Untersuchungsmethoden, Behandlungs- und Verlaufsmöglichkeiten sowie auf vorbeugende Maßnahmen eingegangen.
Das Herz besitzt ein eigenes Reizbildungs- und -leitungssystem. Bei Vorhofflimmern existieren Areale im Vorhof, die sich zusätzlich elektrisch erregen.
Dies führt zu sehr schnellen Bewegungen der Herzwände mit einer Vorhofflimmerfrequenz zwischen 350 – 600/min. Dadurch fehlt eine hämodynamisch wirksame Vorhofkontraktion, die insgesamt das Herzzeitvolumen (Blutvolumen, welches innerhalb einer Minute vom Herzen in den Kreislauf gepumpt wird) senkt. Aufgrund des AV-Knotens wird nur ein kleiner Teil der Vorhofaktionen auf die Herzkammern übergeleitet.
Ursachen
Dazu gehören zu 50 % der Fälle die koronare Herzerkrankung, Herzinfarkt, Herzinsuffizienz und Mitralklappenerkrankungen. Weitere Herzerkrankungen, die Vorhofflimmern verursachen können, sind Kardiomyopathie, Herzmuskelentzündung, Herzoperationen. Auch extrakardiale Ursachen sind bekannt, wie beispielsweise Schilddrüsenerkrankungen, Bluthochdruck, Lungenembolie und bestimmte Medikamente.
Betroffene klagen über Herzklopfen mit Schwindelgefühl, kurzzeitiger Bewusstlosigkeit (Synkopen) und Luftnot bei abnehmendem Herzzeitvolumen.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Viele Patienten bemerken das Vorhofflimmern kaum, andere reagieren mit erheblichen Beschwerden. Vor allem Personen, die sich an die Erkrankung gewöhnt haben, gehören der ersten Gruppe an. Bei ihnen hat sich das Vorhofflimmern meist unbemerkt chronisch ausgebildet. Nicht selten werden sie von Schwindel und Müdigkeit heimgesucht.
Eine verminderte Leistungsfähigkeit wird dann aber anderen Gegebenheiten wie Stress oder privaten Problemen zugeschrieben. Das Vorhofflimmern an sich ist zunächst nicht lebensbedrohlich. Es kann aber zu schweren Folgeschäden führen, wenn es nicht behandelt wird. Eindeutige Symptome betreffen das Herz, das unregelmäßig schlägt.
Erkrankte nehmen bewusst das Klopfen ihres Herzes wahr. Dieses schlägt plötzlich rasend schnell. Diese Wahrnehmung wird oft von Brustschmerzen begleitet. Manchmal stellt sich eine Atemnot ein, die unmittelbar als bedrohlich bewertet wird. Die geschilderten Anzeichen haben Auswirkungen auf die Psyche. Eine plötzliche, nicht nachvollziehbare Angst tritt auf.
Das Vorhofflimmern kann zu weiteren Spätfolgen führen, falls es nicht fachkundig behandelt wird. Diese betreffen vor allem ältere Seniorinnen und Senioren. Statistisch gesehen sind gerade Personen über 70 Jahren betroffen. Sie erleiden nicht selten einen Schlaganfall. Selbst Embolien in den Beinen oder im Gehirngefäß sind möglich.
Diagnose & Verlauf
Die Diagnose von Vorhofflimmern erfolgt nach Aufzeichnung von Vorhofflimmern mittels Ruhe-EKG oder während der Aufzeichnung eines Langzeit-EKGs. Je nach Verlauf bzw. Dauer des Vorhofflimmerns erfolgt eine weitere Einteilung.
Es gibt:
1.) Ein erstmalig diagnostiziertes Vorhofflimmern.
2.) Ein paroxysmales Vorhofflimmern, welches sich meistens innerhalb 48 Stunden bis maximal 7 Tagen selbstlimitiert.
3.) Ein persistierendes bzw. anhaltendes Vorhofflimmern, welches wieder in den Sinusrhythmus überführt werden soll.
4.) Ein langanhaltendes Vorhofflimmern über 1 Jahr, welches aber in den Sinusrhythmus überführt werden soll.
5.) Ein permanentes Vorhofflimmern, bei dem Vorhofflimmern akzeptiert wurde und frequenzkontrolliert wird.
Die häufigste Komplikation von Vorhofflimmern ist die Bildung von Blutgerinnseln, die eine Embolie verursachen können. 20 % aller Schlaganfälle sind auf Vorhofflimmern zurückzuführen. Das Risiko ist umso größer, je länger das Vorhofflimmern anhält.
Komplikationen
Ein unbehandeltes Vorhofflimmern führt in seinem Verlauf zu verschiedenen Beschwerden und gesundheitlichen Komplikationen. Ist die Erkrankung mit einem Abfall der Herzfrequenz verbunden, gehören Schwindel, Schwäche und Synkope, eine kurze Bewusstlosigkeit, zu den möglichen Folgen. Begleitend dazu können Beschwerden wie Herzrasen und Luftnot auftreten.
Eine zu geringe Pumpleistung kann eine Lungenstauung hervorrufen, durch die sich lebensbedrohliche Lungenödeme entwickeln können. Langfristig geht das akute Vorhofflimmern in ein permanentes Vorhofflimmern über. Ein solch schwerer Verlauf erhöht das Risiko für Folgeschäden erheblich: Es kann zu Embolien und somit auch zu Schlaganfällen und kardiovaskulären Begleiterkrankungen kommen.
Im schwersten Fall tritt ein Herzinfarkt auf, an dessen Folgen der Patient verstirbt. Personen mit einer koronaren Herzkrankheit können einen Angina-pectors-Anfall oder einen akuten Herzinfarkt erleiden. Auch bei der Behandlung des Vorhofflimmerns gibt es Risiken. Die Implantation eines Defibrillators kann mit Verletzungen oder Infektionen verbunden sein, und auch eine Abstoßung des Geräts ist nicht auszuschließen.
Eine elektrische Kardioversion kann im Fall eines unerkannten Herzklappenfehlers oder einer Schilddrüsenunterfunktion Herzrhythmusstörungen hervorrufen oder einen Herzanfall verursachen. Weitere Risiken gehen von den Narkosemitteln aus, die bei einigen Patienten Nebenwirkungen hervorrufen können.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Rhythmusstörungen des Herzens, zu denen auch das Vorhofflimmern gehört, sollten möglichst frühzeitig diagnostiziert und therapiert werden. Vorhofflimmern ist für die Betroffenen meist beängstigend, denn das Herz rast los und gerät unvermittelt aus dem Takt. Diese Herzrhythmusstörung dauert oft nicht länger als ein paar Minuten, selten auch Stunden oder Tage.
Die größte Gefahr liegt also darin, die Symptome zunächst zu ignorieren und somit einen Arztbesuch aufzuschieben. Durch Vorhofflimmern können jedoch ernste, gar lebensgefährliche Gesundheitsstörungen entstehen. Ist eine rechtzeitige Behandlung durch verspätete Diagnose nicht eingeleitet worden, kann das Vorhofflimmern auch einen chronischen Verlauf nehmen. Dann sinken die Heilungschancen beträchtlich, denn der Herzrhythmus lässt sich dann nur noch schwer wieder normalisieren.
Embolien und Schlaganfälle durch Vorhofflimmern könnten durch eine rechtzeitige Vorstellung beim Kardiologen oft verhindert werden. Denn bereits mit einem einfachen EKG oder Langzeit-EKG kann Vorhofflimmern gut und verlässlich diagnostiziert werden. Bestimmte Vorerkrankungen wie Adipositas, Diabetes, Herzinsuffizienz oder Hypertonie erhöhen das Risiko, Vorhofflimmern zu erleiden, nochmals beträchtlich.
Deshalb sollten gerade auch Patienten mit diesen zusätzlichen Risikofaktoren auch kleinste Herzrhythmusstörungen ernst nehmen und umgehend den Arzt aufsuchen, um schlimmere Schäden zu vermeiden. Da Vorhofflimmern als spezielle Rhythmusstörung des Herzens mit zunehmendem Alter häufiger auftritt, sollten sich ältere Menschen in regelmäßigen Abständen vom Kardiologen untersuchen lassen. Vorhofflimmern kann dann auch ein Zufallsbefund sein, denn es wird von den Betroffenen gar nicht immer wahrgenommen.
Behandlung & Therapie
Therapeutisch gibt es einerseits die Frequenzkontrolle und andererseits die Rhythmuskontrolle, die prognostisch gleichwertig sind.
Die Frequenzkontrolle erfolgt medikamentös durch Betablocker, Verapamil (seltener) oder Digitalis-Präparate. Es wird eine Senkung der Herzfrequenz angestrebt. Es gibt Formen von Vorhofflimmern mit einer sehr niedrigen Herzfrequenz, welche dann auch nur gering unter Belastung ansteigt. Das ist häufig eine Indikation zur Schrittmacher-Implantation.
Die Rhythmuskontrolle von Vorhofflimmern beinhaltet das Überführen des Herzrhythmus in einen Sinusrhythmus. Dies kann ebenfalls medikamentös oder durch eine EKG-getriggerte Elektrokardioversion erfolgen. Bei der medikamentösen Therapie muss zwischen Patienten mit und ohne Herzerkrankungen unterschieden werden. Patienten ohne Herzerkrankung können auf Klasse-I-Antiarrhythmika wie Flecainid oder Propafenon eingestellt werden.
Bei paroxysmalem Vorhofflimmern kann ein pill-in-the-pocket-Konzept mit einer Einzeldosis von Antiarrhythmika versucht werden. Patienten mit Herzerkrankungen werden auf Amiodaron unter stationären Bedingungen eingestellt. Amiodaron ist das wirksamste Antiarrhythmikum, hat aber auch viele Nebenwirkungen.
Weiterhin kann eine EKG-getriggerte elektrische Kardioversion unter Kurznarkose erfolgen. Dabei wird ein Stromstoß von außen abgegeben. Zuvor muss die Dauer des Vorhofflimmerns beachtet werden. Besteht dieses länger als 48 Stunden müssen unbedingt Thromben im Herzen mittels transösophagealer Echokardiographie (Schluck-Ultraschall des Herzens) ausgeschlossen werden. Oder man nimmt blutverdünnende Mittel (Anikoagulanzien) für mindestens vier Wochen ein und führt anschließend die elektrische Kardioversion durch.
Vorbeugung
Je nach Thrombembolierisiko erfolgt zusätzlich zeitweise oder lebenslang eine blutverdünnende Therapie. Dadurch wird das Schlaganfallrisiko reduziert. Hierfür stehen Marcumar bzw. Falithrom und seit geraumer Zeit auch Dabigatran und Rivaroxaban zur Verfügung.
Es besteht eine hohe Vorhofflimmer-Rezidivrate von 30 % innerhalb einer Woche und 75 Prozent nach einem Jahr bei Patienten nach elektrischer Kardioversion. Daher werden häufig Antiarrhythmika zur Vermeidung von Vorhofflimmern längerfristig rezeptiert. Daneben gibt es Katheterablationsverfahren in Form von Hochfrequenzstrom oder Kälte, bei denen die Orte der Erregungsbildung von Vorhofflimmern aufgesucht und verödet werden.
Nachsorge
Bei Patienten mit Vorhofflimmern sind regelmäßige Nachsorgeuntersuchungen äußerst wichtig. Dabei werden alle Patienten mit Vorhofflimmern und nach der Ablation behandelt und versorgt. Sollte eine Ablation erfolgen, sollte sich der Patient im ersten Jahr nach der Behandlung alle drei Monate beim behandelnden Arzt vorstellen. Nachfolgend werden dann die Untersuchungen einmal im Halbjahr erfolgen.
Bei Verschlechterungen und Beschwerden sollte der Patient umgehend einen Arzt aufsuchen. Je nach Auswertung der Untersuchungsergebnisse führt der Arzt die entsprechende Beratung des Patienten zur weiteren Vorgehensweise durch. Im weiteren Verlauf sind EKG-Kontrolluntersuchungen notwendig, um den dauerhaften Therapieerfolg überprüfen zu können. Oft müssen Patienten nach der Ablation weiterhin Medikamente einnehmen.
Häufig werden Blutgerinnungshemmer über einen bestimmten Zeitraum eingesetzt, deren Wirkungsweise regelmäßig durch Blutuntersuchungen überwacht werden muss. Bei Besserung kann dann gegebenenfalls ein langsames, durch den Arzt überwachtes Absetzen erfolgen. In manchen Fällen muss die Ablation jedoch auch wiederholt werden.
Langfristig bestehendes Vorhofflimmern wird zumeist gänzlich mit Blutgerinnungshemmern behandelt, um Schlaganfälle beim Patienten zu verhindern. Dies wird im Rahmen der Nachsorge überwacht und eingeschätzt. Beim Vorhofflimmern ist das Behandlungsziel in der gesicherten Nachsorge, einen normalen Rhythmus wieder herzustellen. Dies kann häufig medikamentös gelingen.
Das können Sie selbst tun
Wenn das Herz ungewöhnlich schnell oder unregelmäßig schlägt, empfiehlt sich ein Besuch beim Kardiologen. Vorhofflimmern muss zunächst abgeklärt und medikamentös oder mittels elektrischer Kardioversion behandelt werden. Die Therapie lässt sich durch Eigenmaßnahmen unterstützen.
Zunächst empfiehlt sich körperliche Aktivität. Betroffene beginnen am besten mit leichtem Sport und steigern die Intensität nach und nach. Durch die zunehmende Fitness werden Begleitsymptome des Vorhofflimmerns wie Bluthochdruck oder Diabetes vermieden. Besonders wirksam ist Intervalltraining, Sport mit abwechselnden Belastungs- und Erholungsphasen. Ausdauertraining gilt es dagegen zu vermeiden. Patienten besprechen die sportlichen Maßnahmen zunächst mit dem zuständigen Arzt, um Komplikationen zu vermeiden.
Bei Vorhofflimmern muss die Herzfrequenz überwacht und gegebenenfalls medikamentös angepasst werden. Patienten verwenden ein geeignetes Messgerät, um die Herzfrequenz zu überprüfen. Sollten Abweichungen nach unten oder nach oben auftreten, muss der Arzt informiert werden. Die Ursachen für das Vorhofflimmern müssen ermittelt und ausgeschaltet werden. Hierfür gelten, neben einer Behandlung der Grundkrankheit, Allgemeinmaßnahmen wie ein gesunder Lebensstil, die Vermeidung von Stress und eine ausgewogene Ernährung. Der behandelnde Arzt schlägt im Hinblick auf Intensität und Ursache des Vorhofflimmerns geeignete Maßnahmen vor.
Quellen
- Erdmann, E.: Klinische Kardiologie. Springer, Heidelberg 2011
- Roskamm, H., et al.: Herzkrankheiten. Springer, Heidelberg 2004
- Ziegenfuß, T.: Notfallmedizin. Springer, Heidelberg 2011