Acepromazin
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 19. August 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
Sie sind hier: Startseite Wirkstoffe Acepromazin
Bei Acepromazin handelt es sich um einen beruhigend und antipsychotisch fungierenden Wirkstoff. Er wird ausschließlich in der Veterinärmedizin verordnet. Bei Verhaltensstörungen, Psychosen, starkem Juckreiz und auf Reisen sediert Acepromazin aufgeregte Hunde, Katzen, Pferde und weitere Tierarten und macht sie leichter lenkbar.
Inhaltsverzeichnis |
Was ist Acepromazin?
Das Neuroleptikum und Sedativum Acepromazin zeichnet sich durch seine hohe Wirksamkeit aus. Diese übertrifft andere Beruhigungsmedikamente wie beispielsweise Chlorpromazin und Promazin. Dabei lässt sich Acepromazin auch sehr niedrig dosiert verwenden.
Außer der Ruhigstellung von Tieren wirkt es Erbrechen entgegen und blockiert die Effekte von Histamin in geringem sowie von Acetylcholin in stärkerem Maße. Der Wirkstoff Acepromazin, ein ursprünglich gelbliches Öl, liegt in Arzneien als Acepromazin-Maleat vor. Maleat ist ein kristallines, gelbes und geruchloses Pulver von bitterem Geschmack.
Das lichtempfindliche Medikament ist dunkel und gut verschlossen aufzubewahren. Medikamente mit dem Wirkstoff Acepromazin sind unter den Handelsnamen Calmivet, Prequillan, Sedalin und Vetranquil erhältlich. Es gibt sie als Tabletten, Injektionslösung, Granulat und Gel zur oralen, subkutanen, intramuskulären und intravenösen Gabe.
Pharmakologische Wirkung
Acepromazin wirkt beruhigend und muskelentspannend. Dieser Effekt beruht vor allem auf einer Blockade der Dopamin-2-Rezeptoren (D-2-Rezeptoren). Die übrigen 5 Dopaminrezeptoren beeinflusst der Wirkstoff nicht.
Neben der Blockade der D-2-Rezeptoren hemmt Acepromazin die Freisetzung und den Turnover des Dopamins. Der Dopaminantagonismus führt auch zur antiemetischen Wirkung des Medikaments, insbesondere bei einem auf Opioide zurückführbaren Erbrechen. Eine ebenfalls bewirkte Blockade der α-1-Adenorezeptoren erweitert die Blutgefäße, worauf der Blutdruck sinkt sowie der Hämatokritwert.
Die Vasodilatation führt häufig zu einem Fallen der Körpertemperatur: der Poikilothermie. Außerdem vermindert der Wirkstoff den Tonus der glatten Muskeln und entkrampft diese so. Bei akuter Atemnot verlängert Acepromazin die Atemfrequenz und übt darüber eine beruhigende Wirkung aus.
Da Acepromazin außer bei Hunden, Katzen und Pferden auch bei anderen Tieren angewandt werden kann, sei hier noch auf weitere Wirkweisen eingegangen. So wirkt bei eingefangenen Wildtieren die Vasodilatation stressbedingter Myopathie entgegen. Bei Schweinen hilft es, maligne Hypothermie bei Stress zu unterbinden.
Acepromazin wirkt bereits in geringen Dosierungen. Größere Gaben erhöhen lediglich die Wirkungszeit, nicht dagegen die Wirkungsstärke. Ist eine stärkere Wirkung erwünscht, empfiehlt sich versuchsweise die Kombination mit Benzodiazepinen oder alternativ eine Kombination mit Opioiden oder Ketamin.
Medizinische Anwendung & Verwendung
Bei Kleintieren wie Hunden und Katzen beruhigt Acepromazin ängstliche, aufgeregte oder aggressive Tiere. Auch auf Reisen oder zur Milderung der Symptome von Reisekrankheit hat sich das Medikament bewährt. Selbst Psychosen und Verhaltensstörungen lassen sich mit Acepromazin positiv beeinflussen.
Ebenfalls nimmt es Pferden den Stress bei Transporten. Dabei ist seine lange Wirksamkeit von Vorteil und dass Acepromazin keine Ataxien verursacht.
Bei selbst bei ansonsten ruhigen Tieren oft schwer durchführbaren medizinischen Untersuchungen wie rektalen oder vaginalen Inspektionen oder kleinen Eingriffen ist Acepromazin eine ausgezeichnete Unterstützung. Die sedierten Tiere empfinden deutlich weniger Stress und die Untersuchung kann sicherer und zügiger ausgeführt werden.
Das Mittel kann ferner prämedikamentiv zur Entspannung vor Narkosen sowie kombiniert mit starken Schmerzmitteln eingesetzt werden. Hauskatzen mit durch eine ischämische Myopathie ausgelösten Vasospasmen profitieren von einer Therapie mit Acepromazin. Ebenso hilft es gut bei obstruktiven Erkrankungen unterer Harnwege von Katzen. Bei Amphetaminvergiftungen dient Acepromazin als wirksames Gegenmittel.
Eine mangelhafte Milchbildung bei Säugetieren regt Acepromazin an, da es als Gegenspieler zum Prolaktininhibitor Dopamin wirkt. Acepromazin eignet sich zur Therapie von Heimtieren, Zootieren sowie landwirtschaftlich genutzten Tieren.
Verabreichung & Dosierung
Acepromazin ist ein Beruhigungsmittel, das häufig in der Tiermedizin eingesetzt wird, insbesondere bei Hunden und Katzen, um Angstzustände, Stress oder Aggressionen zu lindern, oder als Prämedikation vor operativen Eingriffen. Bei der Verabreichung und Dosierung von Acepromazin sind mehrere wichtige Aspekte zu beachten.
Die Dosierung von Acepromazin hängt von der Art, dem Gewicht und dem Gesundheitszustand des Tieres ab. Die Dosierung muss genau auf das Tier abgestimmt werden, um eine sichere und effektive Sedierung zu gewährleisten. In der Regel wird Acepromazin oral in Tablettenform oder durch Injektion verabreicht. Die empfohlene Dosierung liegt bei Hunden und Katzen typischerweise zwischen 0,02 bis 0,1 mg pro Kilogramm Körpergewicht, wobei die niedrigere Dosis für kleinere oder empfindlichere Tiere verwendet wird.
Es ist wichtig, dass Acepromazin nicht bei Tieren mit bestimmten gesundheitlichen Problemen eingesetzt wird, wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Hypotonie oder Lebererkrankungen, da das Medikament das Herz-Kreislauf-System beeinflussen kann. Auch bei älteren, geschwächten oder trächtigen Tieren sollte Acepromazin mit Vorsicht angewendet werden.
Nebenwirkungen wie Sedierung, Hypotonie und gelegentlich allergische Reaktionen sind möglich, weshalb die Tiere nach der Verabreichung überwacht werden sollten. Bei Überdosierung können schwere Nebenwirkungen wie Ataxie, Hypothermie oder Kreislaufkollaps auftreten, weshalb die Dosierung strikt nach den Anweisungen des Tierarztes erfolgen muss.
Risiken & Nebenwirkungen
In bestimmten Situationen ist die Gabe von Acepromazin kontraindiziert. So darf es bei einem Schockzustand wegen seiner gefäßerweiternden Wirkung nicht verabreicht werden. Aufgrund dieser vasodilatatorischen Wirkung mit einhergehendem Blutdruckabfall sollte Acepromazin möglichst keinen sehr jungen oder alten Tieren gegeben werden.
Auch bei Herzproblemen ist von einer Behandlung mit Acepromazin abzuraten. Eine erhöhte Sensibilität gegenüber dem Medikament wurde bei Windhunden sowie Hunderassen mit kurzen Köpfen (Brachycephalen) wie Boxern oder Pekinesen beobachtet.
Weitere Kontraindikationen sind besonders starke Erregungen, größere Traumen, Krämpfe, Epilepsie, schwere Leberfunktionsstörungen und Blutgerinnungsstörungen. Nicht mit Acepromazin therapiert werden dürfen Rennmäuse, da diese Tiere leicht mit tonisch-klonischen Krämpfen darauf reagieren.
Kontraindikationen
Typische Kontraindikationen bei der Verwendung von Acepromazin betreffen bestimmte gesundheitliche Zustände und Tiergruppen, bei denen das Medikament nicht oder nur unter strenger ärztlicher Aufsicht verwendet werden sollte.
Eine der Hauptkontraindikationen ist Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Da Acepromazin eine blutdrucksenkende Wirkung hat, kann es bei Tieren mit bereits bestehender Hypotonie (niedrigem Blutdruck) oder Herzerkrankungen wie Herzinsuffizienz zu gefährlichen Komplikationen führen. Bei diesen Tieren sollte das Medikament vermieden werden, da es das Risiko eines Kreislaufkollapses erhöht.
Auch bei Lebererkrankungen ist Vorsicht geboten, da Acepromazin in der Leber metabolisiert wird. Tiere mit Leberinsuffizienz oder anderen Leberproblemen könnten Schwierigkeiten haben, das Medikament abzubauen, was zu einer verlängerten und potenziell gefährlichen Sedierung führen kann.
Epileptische Tiere oder solche mit einer Vorgeschichte von Krampfanfällen sollten ebenfalls kein Acepromazin erhalten, da das Medikament die Krampfschwelle senken und Anfälle auslösen kann.
Darüber hinaus ist Acepromazin bei älteren, schwachen oder stark gestressten Tieren kontraindiziert, da diese Tiere empfindlicher auf die sedierenden und blutdrucksenkenden Effekte des Medikaments reagieren können. Ebenso sollte es bei trächtigen oder laktierenden Tieren nur mit größter Vorsicht eingesetzt werden, da die Auswirkungen auf den Fötus oder die Welpen nicht vollständig bekannt sind.
Die Entscheidung, Acepromazin zu verwenden, sollte immer auf einer sorgfältigen Abwägung der Risiken und Nutzen basieren, und nur nach Rücksprache mit einem Tierarzt erfolgen.
Interaktionen mit anderen Medikamenten
Acepromazin kann mit verschiedenen Medikamenten interagieren, was zu verstärkten Nebenwirkungen oder verminderter Wirksamkeit führen kann. Daher ist es wichtig, mögliche Wechselwirkungen zu berücksichtigen, bevor das Medikament verabreicht wird.
Eine bedeutende Interaktion besteht mit Zentral dämpfenden Substanzen wie Barbituraten, Benzodiazepinen, Opioiden und Anästhetika. Acepromazin verstärkt die sedierende Wirkung dieser Medikamente, was zu einer übermäßigen Beruhigung, Atemdepression oder Kreislaufproblemen führen kann. Dies ist besonders relevant bei der Prämedikation vor chirurgischen Eingriffen, bei denen multiple Beruhigungsmittel verwendet werden.
Acepromazin kann auch die blutdrucksenkende Wirkung von Antihypertensiva wie ACE-Hemmern oder Beta-Blockern verstärken, was das Risiko einer Hypotonie erhöht. Bei Tieren, die solche Medikamente einnehmen, sollte Acepromazin daher mit Vorsicht eingesetzt werden.
Die gleichzeitige Anwendung von Anticholinergika wie Atropin kann die Wirkung von Acepromazin auf das Herz-Kreislauf-System verstärken, was zu einer Erhöhung der Herzfrequenz und zu erhöhter Schleimproduktion führen kann. In einigen Fällen kann dies jedoch therapeutisch genutzt werden, um bestimmte Nebenwirkungen von Acepromazin auszugleichen.
Darüber hinaus kann Acepromazin die Wirkung von Epilepsiemedikamenten beeinflussen, indem es die Krampfschwelle senkt. Bei Tieren mit Krampfleiden sollte daher auf die Kombination mit Acepromazin verzichtet werden, um das Risiko von Anfällen nicht zu erhöhen.
Diese potenziellen Interaktionen machen es unerlässlich, dass der Tierarzt über alle Medikamente informiert ist, die das Tier einnimmt, um die sichere Anwendung von Acepromazin zu gewährleisten und unerwünschte Wechselwirkungen zu vermeiden.
Alternative Behandlungsmethoden
Wenn Acepromazin nicht vertragen wird oder kontraindiziert ist, stehen verschiedene alternative Beruhigungsmittel und Behandlungsmethoden zur Verfügung, die abhängig von der spezifischen Situation und dem Gesundheitszustand des Tieres eingesetzt werden können.
Diazepam (Valium) ist eine gängige Alternative, besonders für Tiere, die unter Angst oder Stress leiden. Es wirkt als Beruhigungsmittel und Muskelrelaxans, hat eine kürzere Wirkdauer und verursacht weniger Blutdruckabfall als Acepromazin. Diazepam ist auch für Tiere mit Krampfleiden geeignet, da es die Krampfschwelle erhöht.
Midazolam ist ein weiteres Benzodiazepin, das häufig in der Tiermedizin eingesetzt wird. Es hat eine ähnliche Wirkung wie Diazepam, wirkt jedoch schneller und wird häufig zur Sedierung vor kleineren Eingriffen verwendet.
Dexmedetomidin ist ein Alpha-2-Agonist, der eine starke sedative Wirkung hat und auch analgetisch wirkt. Es kann zur Sedierung bei kurzzeitigen Eingriffen oder zur Ruhigstellung von ängstlichen Tieren eingesetzt werden. Allerdings sollte es bei Tieren mit Herzproblemen vorsichtig verwendet werden, da es den Blutdruck beeinflussen kann.
Bei sehr nervösen oder ängstlichen Tieren können auch natürliche Beruhigungsmittel wie L-Theanin, Baldrian oder Pheromontherapien (z.B. Adaptil) in Betracht gezogen werden. Diese bieten eine mildere Sedierung ohne die intensiveren Nebenwirkungen von pharmakologischen Beruhigungsmitteln.
Die Wahl des geeigneten Alternativmedikaments hängt von den individuellen Bedürfnissen des Tieres und den spezifischen Umständen ab und sollte stets in Absprache mit einem Tierarzt erfolgen, um die sicherste und effektivste Behandlung zu gewährleisten.
Quellen
- "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
- "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
- "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor