Promazin
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 17. September 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
Sie sind hier: Startseite Wirkstoffe Promazin
Bei Promazin handelt es sich um einen Wirkstoff, der bei Psychosen, Drogenentzug, Zuständen der Erregung oder auch zur Beruhigung vor Operationen zum Einsatz kommt. In Kombination mit anderen Wirkstoffen wird Promazin außerdem bei starken bis sehr starken Schmerzen, massivem Erbrechen sowie anhaltendem Juckreiz verwendet.
Inhaltsverzeichnis |
Was ist Promazin?
Promazin gehört zur Gruppe der Phenothiazine und ist ein Neuroleptikum zur Behandlung von psychotischen Erkrankungen. Seine Wirkung beruht auf dem Antagonismus (gegenseitige Wirkungsweise) an den Dopamin-Rezeptoren.
In Arzneimitteln kommt der Wirkstoff als weißes, kristallines Pulver (Promazinhydrochlorid) vor. Es ist leicht löslich in Wasser und besitzt eine Halbwertszeit von bis zu 35 Stunden. Medikamente mit dem Wirkstoff Promazin gibt es jedoch in Deutschland nicht mehr.
Pharmakologische Wirkung
Die Wirkung von Promazin als Neuroleptikum ist beruhigend und entspannend. Sie beruht auf antipsychotischen, dämpfenden und antiemetischen Eigenschaften, welche durch den Antagonismus an Dopamin-, Histamin-, Serotonin- und Muskarin-Rezeptoren und an Adrenozeptoren begründet sind. Die Rezeptoren werden durch Promazin also geblockt.
Der Wirkstoff wirkt so entspannend, dass der Brechreiz gehemmt wird und der Stoff deshalb vor Operationen und Narkosen verwendet wird. Auch durch Narkosemittel bedingte Herzrhythmusstörungen kann der Wirkstoff verhindern. Wie die Wirkungen von Promazin genau entfaltet werden, ist jedoch noch unbekannt.
Medizinische Anwendung & Verwendung
Promazin kommt bei Psychosen, Zuständen des Deliriums, Zuständen der Erregung und Unruhe sowie bei Drogenentzug zum Einsatz. Angewendet wird es außerdem zur Beruhigung vor Operationen und Narkosen.
Aufgrund seiner entspannenden Wirkung auf die inneren Organe kommt es in Kombination mit anderen Wirkstoffen auch bei der Behandlung von starken bis sehr starken Schmerzen, andauerndem Juckreiz und starkem Erbrechen zur Anwendung. Im Handel ist es in Form von Dragées erhältlich und kann bis zu 4 mal pro Tag (alle 4 bis 6 Stunden) eingenommen werden.
Bei Patienten über 65 Jahren, bei schweren Depressionen, bei Asthma bronchiale und chronischen Atemstörungen, bei einem Leberschaden, bei schwerer Hypotonie und bei einer Vielzahl anderer Erkrankungen sollten Medikamente mit dem Wirkstoff nur vorsichtig und in geringer Dosierung unter ärztlicher Kontrolle verabreicht werden.
Verabreichung & Dosierung
Bei der Verabreichung und Dosierung von Promazin, einem antipsychotischen Medikament der Phenothiazin-Gruppe, ist besondere Vorsicht geboten. Es wird hauptsächlich zur Behandlung von psychotischen Zuständen, Angststörungen und schweren Unruhezuständen eingesetzt. Die Dosierung sollte individuell auf den Patienten abgestimmt werden, abhängig von Alter, Gewicht, der Schwere der Symptome und der Reaktion auf das Medikament.
Die typische Anfangsdosierung für Erwachsene liegt zwischen 50 und 200 mg pro Tag, aufgeteilt in mehrere Dosen. Bei schweren Fällen kann die Dosis schrittweise auf bis zu 1000 mg täglich erhöht werden, jedoch immer unter ärztlicher Aufsicht. Ältere Patienten oder solche mit eingeschränkter Leber- oder Nierenfunktion benötigen oft niedrigere Dosierungen, da sie empfindlicher auf die Wirkung von Promazin reagieren.
Es ist wichtig, dass Promazin nicht abrupt abgesetzt wird, da dies zu Entzugssymptomen wie Übelkeit, Erbrechen, Schlaflosigkeit und Unruhe führen kann. Stattdessen sollte die Dosis schrittweise reduziert werden.
Zu beachten sind mögliche Nebenwirkungen wie Schläfrigkeit, Mundtrockenheit, Hypotonie und extrapyramidale Symptome. Promazin kann auch das Risiko von Herzrhythmusstörungen erhöhen, daher sollten regelmäßige ärztliche Kontrollen, einschließlich EKG, bei Langzeitanwendung erfolgen. Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, insbesondere zentral dämpfenden Substanzen, sollten ebenfalls beachtet werden.
Risiken & Nebenwirkungen
Bei Vorliegen einer bekannten Überempfindlichkeit, im Falle von komatösen Zuständen aufgrund von Alkohol oder zentral dämpfenden Medikamenten, bei bestehender Knochenmarksdepression sowie bei einem Engwinkelglaukom sollte Promazin nicht angewendet werden.
Weiterhin darf der Wirkstoff nicht bei Säuglingen unter 3 Monaten sowie bei Störungen des blutbildenden Systems eingesetzt werden. Kinder ab 12 Jahren können – ebenso wie schwangere und stillende Frauen – Promazin nach sorgfältiger Abwägung von Nutzen und Risiken unter ärztlicher Kontrolle einnehmen.
Promazin kann verschiedene Nebenwirkungen hervorrufen, die nicht bei jedem Menschen oder in unterschiedlicher Stärke auftreten. Zu den Nebenwirkungen gehören unter anderem Schläfrigkeit, Kopfschmerzen, Schwindel, Benommenheit, Mundtrockenheit, Gewichtszunahme, Verstopfung, Wassereinlagerungen, allergische Reaktionen der Haut mit Juckreiz, Antriebslosigkeit, Magen-Darm-Probleme, Sehstörungen (auch Trübungen der Augenlinse und –hornhaut), Abfall des Blutdrucks, Bewegungsstörungen (z. B. Steifheit der Muskeln, Verlangsamung der Bewegungen), Störungen bei der Entleerung der Blase, eine erhöhte Empfindlichkeit gegen Licht, Nervenfunktionsstörungen, Menstruationsstörungen, Depressionen, Zittern oder auch Herzrasen. Die Nebenwirkungen hängen meist auch von der Art des Medikaments (z. B. Tabletten, Spritze) und der Häufigkeit der Einnahme ab.
Weiterhin sind verschiedene Wechselwirkungen bekannt. So verstärkt Promazin die Wirkung von Medikamenten zur Dämpfung des Nervensystems, von Mitteln zur Senkung des Blutdrucks sowie die Nebenwirkungen von anderen Neuroleptika und Wirkstoffen wie Domperidon.
Zu einer Verminderung der Wirkung kommt es durch Promazin bei Mitteln, die zur Behandlung von Parkinson und Diabetes verwendet werden. Durch die Einnahme von Milch, Tee, Kaffee oder Obstsäften wird wiederum die Wirkung von Promazin vermindert. Bei gleichzeitiger Einnahme von Lithium kann es unter Umständen zu Vergiftungserscheinungen kommen.
Durch Betäubungsmittel wird die Wirkung von Promazin vertärkt, die Gefahr von Bewusstlosigkeit und Koma ist dadurch erhöht. Wird gleichzeitig mit Promazin auch Suxamethonium eingenommen, kann es zu schweren Nebenwirkungen kommen. Krämpfe können die Folge einer gleichzeitigen Einnahme von Promazin und Medikamenten mit dem Wirkstoff Pentetrazol sein. Erfolgt durch den Arzt eine Verordnung von tri- und tetrazyklischen Antidepressiva, erhöhen sich diese Substanzen gegenseitig.
Kontraindikationen
Typische Kontraindikationen bei der Verwendung von Promazin betreffen bestimmte gesundheitliche Zustände und Risiken, bei denen das Medikament nicht angewendet werden sollte. Eine der Hauptkontraindikationen ist eine Überempfindlichkeit oder Allergie gegen Promazin oder andere Phenothiazine, da dies zu schweren allergischen Reaktionen führen kann.
Promazin sollte nicht bei Patienten mit schwerer Leber- oder Niereninsuffizienz verwendet werden, da diese Organe für den Abbau und die Ausscheidung des Medikaments entscheidend sind. Auch bei Patienten mit vorbestehenden Herzproblemen, insbesondere Arrhythmien oder einem verlängerten QT-Intervall, ist Vorsicht geboten, da Promazin das Risiko für Herzrhythmusstörungen erhöht. Eine regelmäßige Überwachung des EKGs ist bei solchen Patienten notwendig.
Patienten mit Parkinson-Krankheit sollten ebenfalls von der Einnahme absehen, da Promazin die Symptome durch die Beeinflussung des Dopaminhaushalts verschlechtern kann. Weitere Kontraindikationen sind Engwinkelglaukom, aufgrund des erhöhten Augeninnendrucks, sowie das Vorliegen von schweren Depressionen des zentralen Nervensystems, etwa durch Alkohol- oder Drogenintoxikation, da Promazin die sedierende Wirkung verstärken kann.
Promazin ist außerdem bei älteren Patienten mit Demenz-bedingter Psychose kontraindiziert, da das Risiko von Schlaganfällen und Sterblichkeit in dieser Patientengruppe erhöht ist. Schwangere und stillende Frauen sollten das Medikament ebenfalls nur nach strenger Risiko-Nutzen-Abwägung einnehmen.
Interaktionen mit anderen Medikamenten
Promazin kann mit einer Vielzahl von Medikamenten interagieren, was seine Wirkung entweder verstärken oder verringern kann. Eine der wichtigsten Wechselwirkungen besteht mit zentral dämpfenden Substanzen wie Alkohol, Beruhigungsmitteln, Schlafmitteln oder Opioiden. Die Kombination dieser Mittel mit Promazin kann zu einer verstärkten Sedierung, Atemdepression und Beeinträchtigung der kognitiven Funktionen führen.
Bei der gleichzeitigen Anwendung von Antihypertensiva (blutdrucksenkenden Mitteln) kann Promazin deren blutdrucksenkende Wirkung verstärken und zu einer ausgeprägten Hypotonie führen. Dies sollte insbesondere bei älteren Patienten überwacht werden. Vorsicht ist auch geboten bei der Kombination mit Medikamenten, die das QT-Intervall verlängern, wie bestimmte Antiarrhythmika, Antibiotika (z. B. Makrolide) und Antidepressiva. Diese Kombination kann das Risiko von schweren Herzrhythmusstörungen erhöhen.
Promazin kann auch die Wirkung von Dopaminagonisten, die bei der Behandlung von Parkinson eingesetzt werden, abschwächen, da es die dopaminerge Aktivität im Gehirn blockiert. Zudem kann die gleichzeitige Einnahme von Anticholinergika, wie sie in vielen Medikamenten gegen Harninkontinenz oder zur Linderung von Allergien enthalten sind, die anticholinergen Nebenwirkungen (z. B. Mundtrockenheit, Verstopfung) von Promazin verstärken.
Darüber hinaus können Enzyminduktoren, wie Rifampicin oder Carbamazepin, den Abbau von Promazin beschleunigen, was die Wirksamkeit des Medikaments verringern kann. Daher ist es wichtig, potenzielle Wechselwirkungen vor Beginn der Behandlung sorgfältig zu prüfen.
Alternative Behandlungsmethoden
Wenn Promazin nicht vertragen wird, stehen verschiedene alternative Behandlungsmethoden und Wirkstoffe zur Verfügung, insbesondere im Bereich der Antipsychotika. Ein gängiger Ersatz sind atypische Antipsychotika wie Risperidon, Olanzapin oder Quetiapin, die weniger extrapyramidale Nebenwirkungen haben als klassische Antipsychotika wie Promazin. Diese Medikamente wirken ebenfalls auf das dopaminerge System, bieten jedoch häufig eine bessere Verträglichkeit und wirken auch auf Serotoninrezeptoren, was eine breitere Wirksamkeit bei psychotischen und affektiven Störungen bietet.
Für Patienten, die unter Angstzuständen oder Unruhezuständen leiden und Promazin nicht vertragen, könnten Benzodiazepine wie Lorazepam oder Diazepam als kurzfristige Alternative in Betracht gezogen werden. Diese Medikamente wirken beruhigend, sollten jedoch aufgrund ihres Suchtpotenzials nur für kurze Zeit und unter ärztlicher Aufsicht verwendet werden.
Eine weitere Option sind stimmungsstabilisierende Medikamente wie Valproat oder Lithium, insbesondere bei Patienten mit bipolaren Störungen, die sowohl antipsychotische als auch angstlösende Eigenschaften benötigen.
In bestimmten Fällen kann auch eine kognitive Verhaltenstherapie (CBT) als nicht-medikamentöse Option in Erwägung gezogen werden, insbesondere bei leichteren Formen von Angststörungen oder als ergänzende Therapie zu anderen Medikamenten. Eine engmaschige Überwachung und individuelle Anpassung der Behandlung sind jedoch bei allen alternativen Therapien entscheidend.
Quellen
- "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
- "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
- "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor