Aicardi-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 7. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Beim Aicardi-Syndrom handelt es sich um eine genetisch bedingte Erkrankung, von der nahezu ausschließlich Mädchen betroffen sind. Die Erbkrankheit gilt als schwere, unheilbare Erkrankung, wobei die Betroffenen in der Regel an schweren geistigen und körperlichen Behinderungen leiden. Die Wahrscheinlichkeit, an diesem Syndrom zu erkranken, ist sehr gering, da es sich beim Aicardi-Syndrom um eine extrem seltene Krankheit handelt.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Aicardi-Syndrom?

Beim Aicardi-Syndrom handelt es sich um eine genetisch bedingte Erkrankung, von der nahezu ausschließlich Mädchen betroffen sind.

Das Aicardi-Syndrom zählt zu den neurologischen Erbrankheiten, die nur sehr selten vorkommen. Weltweit gehen Ärzte in etwa von 400 erkrankten Personen aus, wobei in der Regel nur Mädchen am Aicardi-Syndrom leiden, während Jungen nur im Ausnahmefall betroffen sind.

Kennzeichnend für das Aicardi-Syndrom ist eine Fehlbildung des Gehirns, bei der der Balken, der die beiden Gehirnhälften verbindet, fehlt (Corpus-callosum-Agenesie). Hinzu kommen Fehlbildungen der Augen, der Rippen und der Wirbelsäule sowie epileptische Anfälle, Muskelkrämpfe und Entwicklungsverzögerungen im kognitiven und motorischen Bereich.

Die körperlichen Fehlbildungen des Aicardi-Syndroms lassen sich meist bereits bei der Geburt des Babys feststellen, während die epileptischen Anfälle häufig erst im Alter von etwa drei bis fünf Monaten bei am Aicardi-Syndrom erkrankten Babys hinzukommen. Nur 40 von 100 erkrankten Kindern erreichen das 15. Lebensjahr. Die wenigsten betroffene Patienten werden älter als 25 Jahre, wobei die Lebenserwartung von der Ausprägung des Aicardi-Syndrom abhängig ist.

Ursachen

Das Aicardi-Syndrom zählt zu den vererbbaren Krankheiten, ist also genetisch bedingt. Da sich die genetische Veränderung auf dem X-Chromosom befindet, erkranken in der Regel nur Mädchen am Aicardi-Syndrom.

Mädchen haben zwei X-Chromosomen, so dass der genetische Defekt ausgeglichen werden kann. Jungen haben ein X- und ein Y-Chromosom, so dass vom Aicardi-Syndrom betroffene Jungen in der Regel nicht überlebensfähig sind.

Nur wenn Jungen am sogenannten Klinefelter-Syndrom erkrankt sind und daher zwei X-Chromosomen und ein Y-Chromsom haben, können auch sie am Aicardi-Syndrom erkranken.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Das Aicardi-Syndrom äußert sich durch eine Reihe von Symptomen. Zunächst ist das Syndrom mit diversen Fehlbildungen am gesamten Körper verbunden, die meist bereits auf den ersten Blick zu erkennen sind. Kinder mit Aicardi-Syndrom entwickeln ähnliche Symptome wie Epileptiker. Meist erleiden die betroffenen Personen schon in den ersten zwei bis vier Monaten nach der Geburt die typischen Krämpfe, in Einzelfällen bereits in den ersten Lebenstagen.

Die Fehlbildungen betreffen meist nicht nur das Gehirn, sondern auch die Augen. Die Augäpfel sind kaum ausgebildet und es sind Auffälligkeiten an Aderhaut und Netzhaut zu bemerken. Dadurch kommt es zu einem eingeschränkten Sehvermögen und gelegentlich zu Folgebeschwerden wie Entzündungen oder Schmerzen. Sind Wirbelsäule und Rippen betroffenen, können Nervenschmerzen, Sensibilitätsstörungen und unter Umständen auch Lähmungserscheinungen auftreten.

Bei Beteiligung des Immunsystems kommt es vermehrt zu Infekten. Zudem besteht ein erhöhtes Risiko für die Entstehung von Tumoren. Daneben können weitere Symptome wie kleine Hände, ein asymmetrisches Gesicht oder Hautprobleme auftreten. Die betroffenen Personen sind im Normalfall geistig und körperlich schwer behindert. Die Diagnose erfolgt meist anhand der Fehlbildungen und des Entwicklungsstandes beziehungsweise der Verzögerungen in der Entwicklung des Kindes.

Diagnose & Verlauf

Besteht der Verdacht auf das Aicardi-Syndrom, so wird der behandelnde Arzt in den meisten Fällen ein bildgebendes Verfahren wie MRT oder CT anwenden, um das Gehirn zu untersuchen.

Mit Hilfe dieser beiden Methoden kann der Arzt Fehlbildungen des Gehirns wie etwa den Balkenmangel, der beim Aicardi-Syndrom typisch ist, diagnostizieren. Auch die Gehirnströme werden bei Verdacht auf das Aicardi-Syndrom mit einem EEG gemessen. Dadurch erhält der Kinderarzt ebenfalls Informationen über das Zusammenspiel der beiden Gehirnhälften sowie über mögliche epileptische Anfälle.

Häufig wird bei betroffenen Kindern zudem eine Liquoruntersuchung durchgeführt, da das Aicardi-Syndrom auch in erheblichem Maße Einfluss auf das Immunsystem des Kindes nehmen kann. Der Verlauf ist weitestgehend vom Schweregrad der Erkrankung abhängig. Bei den meist geistig und körperlich schwer behinderten Patienten verschlimmern sich die Symptome jedoch zunehmend. Eine Heilung des Aicardi-Syndroms ist zur Zeit ausgeschlossen.

Komplikationen

Das Aicardi-Syndrom führt fast immer zu schweren Komplikationen. Bereits in den ersten Lebensjahren nehmen die Bewegungsabläufe ab und es entstehen körperliche und geistige Einschränkungen, die meist irreversibel sind. Die Augen sind meist bereits von Geburt an geschädigt; die Augäpfel sind zu klein und nicht vollständig ausgebildet, während Netz- und Aderhaut schwächer ausbildet sind als bei gesunden Kindern.

Mit dem Fortschreiten der Erbkrankheit können die Fehlbildungen der Augen zur Erblindung des Betroffenen führen. Kinder mit Aicardi-Syndrom entwickeln üblicherweise ähnliche Symptome wie Epileptiker und leiden vor allem in den ersten zwei bis vier Monaten nach der Geburt unter den typischen Krämpfen. Typische Komplikationen beim Aicardi-Syndrom sind auch Fehlbildungen von Wirbelsäule und Rippen, Verkalkungen der Nervenwurzeln und kleine Hände; Störungen, die im Verlauf oft zu schweren Komplikationen und dem Tod des Kindes führen.

Die meisten Betroffenen leiden von Geburt an an den schweren Komplikationen des Aicardi-Syndroms. Fast alle Kinder, die unter der Erbkrankheit leiden, sind geistig und körperlich schwer behindert. Rund 40 Prozent der Betroffenen erreichen das 16. Lebensjahr; bei einem äußerst positiven Verlauf kann das 50. Lebensjahr erreicht werden.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Beim Aicardi-Syndrom handelt es sich in der Regel um ein sehr schwerwiegendes und vor allem unheilbares Syndrom. Aus diesem Grund kann der Arzt den Patienten nur begrenzt behandeln. In einigen Fällen können die Beschwerden allerdings gelindert werden, sodass der Alltag für den Betroffenen erträglicher wird. Ein Arzt sollte allerdings auch dann aufgesucht werden, wenn es durch das Aicardi-Syndrom zu epileptischen Anfällen kommt. Zwar kann der Arzt die Ursache dieser Anfälle in den meisten Fällen nicht behandeln, allerdings können die Beschwerden und die Schmerzen des Patienten eingeschränkt werden.

Ebenfalls ist eine Behandlung der Sehbeschwerden möglich, sodass die Betroffenen nicht komplett erblinden. Da es zu einer geistigen und motorischen Rückbildung kommt, müssen diese Fähigkeiten mit Hilfe von Therapien erlernt und gefördert werden. Auch hierbei wirkt sich eine Behandlung durch einen Arzt sehr positiv auf das Aicardi-Syndrom aus. Nicht selten leiden auch die Eltern und Angehörigen an psychischen Beschwerden. In diesem Fall ist eine Behandlung durch einen Psychologen empfehlenswert, damit es nicht zu weiteren psychischen Verstimmungen kommt.

Behandlung & Therapie

Die Behandlung des Aicardi-Syndroms gestaltet sich in den meisten Fällen sehr schwierig. Aufgrund der geringen Anzahl an erkrankten Personen, gibt es keine wissenschaftlichen Erkenntnisse über eine geeignete Behandlung der Ursachen.

Jedoch versuchen Ärzte und Therapeuten, die Symptome der am Aicardi-Syndrom erkrankten Kinder so gut wie möglich zu behandeln. Hierzu zählen beispielsweise Physiotherapie, um einer Skoliose der Wirbelsäule vorzubeugen, oder die Verordnung von Medikamenten, die die epileptischen Anfälle verhindern oder eindämmen sollen.

Auch regelmäßige Ergotherapie, die bei der Schulung der Motorik hilfreich sein kann, sowie ein spezielles Sehtraining können helfen, den Zustand von am Aicardi-Syndrom erkrankten Kindern stabil zu halten.

Darüber hinaus ist bekannt, dass neben einer guten medizinischen Behandlung auch die psycho-soziale Betreuung der gesamten vom Aicardi-Syndrom betroffenen Familie unbedingt erforderlich ist. Vor allem die Eltern und Geschwisterkinder benötigen häufig Unterstützung, wenn ein Familienmitglied vom Aicardi-Syndrom betroffen ist.

Aussicht & Prognose

In der Regel sind vom Aicardi-Syndrom fast nur weibliche Personen betroffen. Dabei kommt es zu relativ starken physischen und psychischen Einschränkungen. Auch die Intelligenz der betroffenen Personen ist stark verringert, sodass diese oft auf die Betreuung anderer Menschen im Alltag angewiesen sind.

Durch das Aicardi-Syndrom kommt es in erster Linie zu verschiedenen Fehlbildungen, die im Gehirn auftreten. Weiterhin leidet der Patient an Krämpfen in den Muskeln und an epileptischen Anfällen. Ebenso treten auch Sehstörungen auf und die Augäpfel des Patienten sind kleiner als gewöhnlich. Auch die Wirbelsäule ist von Fehlbildungen betroffen. Durch das geschwächte Immunsystem ist der Patient anfällig für unterschiedliche Erkrankungen und Infekte. Im weiteren Verlauf der Krankheit kann es zu einer vollständigen Erblindung kommen.

Es ist leider nicht möglich, das Aicardi-Syndrom zu behandeln. Aus diesem Grund werden nur die Beschwerden teilweise mit Medikamenten und mit verschiedenen Therapien eingeschränkt. Oft leiden auch die Eltern am Aicardi-Syndrom durch psychische Beschwerden und Depressionen. Die Lebenserwartung des Patienten ist durch das Syndrom deutlich verringert.


Vorbeugung

Da es sich beim Aicardi-Syndrom um eine vererbbare Erkrankung handelt, gibt es eine wirksame Möglichkeit, vorzubeugen. Da es sich jedoch um eine sehr seltene genetisch bedingte Krankheit handelt, ist die Wahrscheinlichkeit nicht sehr groß, vom Aicardi-Syndrom betroffen zu sein.

Nachsorge

Da es sich beim Aicardi-Syndrom um eine genetisch bedingte Erkrankung handelt, kann diese nicht vollständig behandelt werden. Daher ist lediglich eine rein symptomatische Behandlung möglich, wobei der Betroffene meistens auf eine lebenslange Therapie angewiesen ist. Da die Erkrankung erblich bedingt ist und auch weitervererbt werden kann, ist eine genetische Beratung im Fall eines Kinderwunsches sehr sinnvoll, um das erneute Auftreten des Aicardi-Syndroms zu vermeiden.

Da die Betroffenen in der Regel auf die Einnahme von Medikamenten angewiesen sind, sollte darauf geachtet werden, dass diese auch regelmäßig eingenommen werden. Ebenso müssen mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten beachtet werden, um Komplikationen zu vermeiden. In den meisten Fällen ist der Patient beim Aicardi-Syndrom auch auf eine Physiotherapie angewiesen.

Die Übungen aus dieser Therapie können meist auch im eigenen Zuhause durchgeführt werden, wodurch die Beweglichkeit des Körpers erhöht wird. Im Allgemeinen wirkt sich auch die liebevolle Pflege der Familienmitglieder und der Freunde sehr positiv auf den Verlauf der Erkrankung aus. Auch der Kontakt zu anderen Betroffenen des Aicardi-Syndroms kann dabei sinnvoll sein. Die Lebenserwartung des Patienten wird durch das Syndrom nicht verringert. Das Leben des Betroffenen ist allerdings deutlich erschwert.

Das können Sie selbst tun

Betroffene des Aicardi-Syndroms müssen sich in jedem Fall medizinisch behandeln lassen. Verschiedene Selbsthilfe-Tipps und Hausmittel unterstützen die schulmedizinischen Maßnahmen und erleichtern den Umgang mit der Erkrankung.

Gemeinsam mit dem Arzt werden meist diätetische und sportliche Maßnahmen ausgearbeitet. Durch eine gesunde und ausgewogene Ernährung lassen sich bestimmte Symptome wie die häufig auftretenden Hautprobleme lindern. Die empfohlenen physio- und ergotherapeutischen Übungen können von den Patienten beispielsweise um Yoga, Pilates oder Krafttraining ergänzt werden. Regelmäßiger Sport hilft nicht nur gegen die schwindende Motorik, sondern wirkt sich auch positiv auf die Psyche aus. Dies kann den Umgang mit dem Aicardi-Syndrom langfristig erleichtern.

Generell müssen die Betroffenen versuchen, die Krankheit und ihre Folgen zu akzeptieren. Dies gelingt durch den Besuch von Selbsthilfegruppen und durch eine therapeutische Beratung. Welche Möglichkeiten im Detail zur Verfügung stellen, kann in der zuständigen Fachklinik oder direkt beim behandelnden Arzt erfragt werden. In Rücksprache mit dem Arzt sollten bei der Versicherungsstelle außerdem frühzeitig die notwendigen Hilfsmittel wie Sehhilfen oder ein Rollstuhl angefordert werden. Auch um eine behindertengerechte Wohnung sollte sich, abhängig vom Grad der Erkrankung, zeitnah bemüht werden.

Quellen

  • Hennig, W.: Genetik. Springer, Berlin 1995
  • Koletzko, B.: Basiswissen Pädiatrie. Springer Medizin Verlag, Berlin 2009
  • Witkowski R., Prokop O., Ullrich E.: Lexikon der Syndrome und Fehlbildungen. Springer, Berlin 2003

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