Akute lymphatische Leukämie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die akute lymphatische Leukämie, kurz ALL, ist eine akute Leukämieform, die von bösartig veränderten Vorläuferzellen der Lymphozyten verursacht wird. Betroffen von sind zumeist Kinder. Die Heilungsquote liegt bei Erwachsenen bei circa 50% und bei Kindern bei 80%.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die akute lymphatische Leukämie?

Die akute lymphatische Leukämie, kurz ALL, ist eine akute Leukämieform, die von bösartig veränderten Vorläuferzellen der Lymphozyten verursacht wird.

Die akute lymphatische Leukämie gehört zu den vier Leukämie-Formen, bei der die Blutkrebszellen durch bösartige Entartung der Lymphozyten entstehen. Mit dieser Entartung kommt es zu einer verminderten Bildung gesunder Lymphozyten, Erythrozyten und Thrombozyten. Dies verursacht allgemeine Schwäche, erhöhte Blutungsneigung und einen Immundefekt mit schweren bis lebensbedrohlichen Infektionen.

ALL ist eine seltene Erkrankung, die man mit jährlich circa 500 Neuerkrankungen bei Erwachsenen und Kindern vermutet. Hierzu muss jedoch erwähnt werden, dass Neuerkrankungen bei Erwachsenen aufgrund des Fehlens eines zentralen Krebsregisters unzureichend erfasst werden.

Während die akute lymphatische Leukämie bei Erwachsenen selten ist und erst im hohen Alter ein erhöhtes Erkrankungsrisiko besteht, ist sie die häufigste maligne Erkrankung bei Kindern.

Ursachen

Ursache der akuten lymphatischen Leukämie sind genetische Veränderungen der Lymphozyten, die die Veränderung dieser Zellen auslösen. Diese genetischen Veränderungen ergeben sich im Laufe des Lebens, wobei die Ursachen noch nicht ausreichend erforscht werden konnten. Man konnte bisher nicht definieren, welchen Faktoren die ALL auslösen, es konnte zudem keine spezifische Ursache ausgemacht werden.

Beurteilt können aber allgemeine Risikofaktoren der Leukämie, darunter radioaktive Strahlung und Röntgenstrahlung, Kontakt mit gefährlichen Chemikalien und bestimmten Medikamenten, darunter vor Allem Mittel zur Unterdrückung des Immunystems, und defekte des Immunsystems. Ein weiterer Risikofaktor jeder Krebsart ist Rauchen.

Sicher weiß man heute, dass die akute lymphatische Leukämie weder vererbt noch vererbbar ist, da die Eizellen und Spermien nicht betroffen sind.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die akute lymphatische Leukämie ist durch vielfältige Symptome gekennzeichnet. Es handelt sich um eine schnell voranschreitende Erkrankung, die ohne Behandlung innerhalb kurzer Zeit zum Tod führt. Das Anfangsstadium der Erkrankung kann zunächst symptomfrei sein. Allerdings kommt es dann durch die Störung der Blutbildung zu Blutarmut (Anämie) und allgemeiner Schwäche mit Abgeschlagenheit, Blässe, Müdigkeit, Fieber, verminderter Leistungsfähigkeit, Unwohlsein und Kurzatmigkeit.

Da auch die funktionsfähigen weißen Blutkörperchen in ihrer Anzahl verringert sind, ist die Infektanfälligkeit allgemein erhöht. Die unreifen Lymphozyten vermehren sich jedoch unkontrolliert. Bei einem Drittel der Patienten (besonders Kinder) breiten sich diese in die Knochen und Gelenke aus. Dadurch treten Gelenk- und Knochenschmerzen auf. Die Organe des lymphatischen Systems schwellen an.

Zu diesen Organen zählen Milz, Leber, die Thymusdrüse und besonders die Lymphknoten des Brustraums. Durch die Milzvergrößerung kommt es zu einem Druck im linken Oberbauch. Das Druckgefühl im rechten Oberbauch wird durch die Lebervergrößerung hervorgerufen. Ein Anschwellen der Lymphknoten im Brustbereich führt zu Atemnot. In seltenen Fällen wird Hirn, Rückenmark oder Hirnhaut befallen.

Dabei können sich neurologische Beschwerden wie Nervenlähmungen, Sensitivitätsstörungen, Kopfschmerzen, Doppelbilder sowie hängende Mundwinkel und Augenlider einstellen. Noch seltener ist der Befall von Haut, Schleimhaut, Brust und Hoden. Das kommt meist nur bei Rezidiven vor. Zuweilen kann sich auch ein Tumor im Raum zwischen Brustwirbelsäule und Brustbein (Mediastinum) bilden.

Diagnose & Verlauf

Bei Verdacht auf akute lymphatische Leukämie wird der Arzt ein Differentialblutbild veranlassen, um die Anteile der unterschiedlichen Zellarten im Blut und die Reifungsstadien von Leukozyten und Erythrozyten zu bestimmen.

Ergeben sich so weitere Indizien des Leukämie-Verdachtes, so ist eine Knochenmarksbiopsie aus Hüftknochen oder Brustbein der nächste diagnostische Schritt. Liegt eine Leukämie vor, so finden sich hierbei eine große Anzahl unreifer Blutzellen. Zur genauen Diagnostik der befallenen Lymphknoten empfehlen sich bildgebende Verfahren wie Röntgen, Ultraschall und Computertomographie.

Die akute lymphatische Leukämie entwickelt sich schnell mit starken Beschwerden und hoher Infektanfälligkeit in Folge des geschwächten Immunsystems. Eine Verlaufsprognose kann nur individuell gestellt werden, da die ALL je nach Patient und individuellen Risikofaktoren unterschiedlich gut auf die Therapie anspricht.

Komplikationen

Bei einer akuten lymphatischen Leukämie (ALL) kommt es zu unterschiedlichsten Komplikationen, die die Erkrankung weiter verschlimmern können. Dadurch, dass bei dieser Art von Krebs unter anderem die Bildung von weißen Blutkörperchen gestört ist, die für die Immunabwehr zuständig sind, wird das Risiko einer Infektion stark erhöht. Infektionen können sich auf unterschiedlichste Organe ausbreiten und dort Folgeschäden auslösen.

In einigen Fällen kann sich die Infektion auch systemisch ausbreiten, so dass es zu einer Sepsis kommt. Kombiniert mit der ALL kann dies zu einem lebensgefährlichen Zustand führen, der sofort medizinisch behandelt werden muss. Außerdem kann dies in einen septischen Schock führen.

Dieser kann mit einem starken Blutdruckabfall einhergehen und damit zu einer Mangeldurchblutung multipler Organe, welche infolgedessen absterben können. Auch die Anzahl der Blutplättchen weisen Veränderungen auf. So kann es bei einer verminderten Anzahl zu starken und unstillbaren Blutungen kommen, die Gefahr eines Verblutens ist vergrößert.

Zu viele Blutplättchen erhöhen das Risiko für Thrombosen, die vor allem in den Beinvenen entstehen. Die Blutgerinnsel können sich im Verlaufe von der Venenwand loslösen und mit dem Blutstrom verschleppt werden. Dabei können diese in die Lungengefäße gelangen und eine Lungenembolie herbeiführen, die durch Atemnot und Brustschmerzen gekennzeichnet ist. Auch Schlaganfälle sind durch die Folgen einer Thrombose denkbar.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Die lymphatische Leukämie muss in jedem Fall von einem Arzt behandelt werden. Es kann nicht in jedem Fall ein positiver Krankheitsverlauf vorausgesagt werden. Bei Kindern ist die Wahrscheinlichkeit einer Heilung höher als bei erwachsenen Patienten. Ein Arzt sollte immer dann aufgesucht werden, wenn es zu den typischen Beschwerden und Symptomen der lymphatischen Leukämie kommt. Dabei leiden die Betroffenen an einem allgemeinen Gefühl der Schwäche und an einer verringerten Belastbarkeit.

Vor allem bei langanhaltenden Beschwerden sollte immer ein Arzt konsultiert werden. Auch bei einem Gewichtsverlust oder bei Fieber kann es sich um die lymphatische Leukämie handeln. Weiterhin kann nächtliches Schwitzen oder Blässe am gesamten Körper einen Hinweis auf diese Krankheit geben. Ein Arzt sollte auch dann aufgesucht werden, wenn es zu einem geschwächten Immunsystem kommt und der Betroffene daher öfter und einfacher an verschiedenen Infekten erkrankt. Sollten durch diese Krankheit auch psychische Beschwerden oder Verstimmungen auftreten, kann ein Psychologe diese behandeln.

Behandlung & Therapie

Die Behandlung der akuten lymphatischen Leukämie erfolgt mittels verschiedener, auf den Krankheitsverlauf und die individuellen Risikofaktoren abgestimmter, Methoden der Chemotherapie. Chemotherapie bedeutet die Gabe von Zytostatika, in der Regel einer Kombination mehrerer Präparate, da diese die antileukämische Wirkung deutlich verstärkt.

Die klassische Chemotherapie erfolgt in vier Phasen: Induktionstherapie, Konsolidierungstherapie und Re-Induktionstherapie als Intensivbehandlung über eine individuell festzulegende Behandlungsauer und spätere Erhaltungstherapie. Bei der Induktionstherapie über einen bis drei Monate werden in einem genau festgelegten Schema an Behandlungszeitpunkten und Dosierung Zytostatika verabreicht.

Ziel dieser Therapiephase ist das Zurückdrängen der ALL bis hin zu ihrer Nicht-Nachweisbarkeit im Knochenmark. Die Induktionstherapie erfordert eine hohe Behandlungsintensität, um Resistenzen zu verhindern und das Immunsystem schnellstmöglich von einer Tumorlast zu befreien. In einigen Fällen erscheint es sinnvoll, die Induktionstherapie als Doppel-Induktion zu verabreichen. Auf die Induktionstherapie folgt die Konsolidierungstherapie, die Rückfälle vermeiden soll, da die ALL zwar diagnostisch nicht mehr nachweisbar, aber weiterhin im Körper vorhanden ist.

Es folgt die Re-Induktion mit erneuter Intensivierung der Behandlung. Zwischen den einzelnen Behandlungszyklen der Intensivphase kann der Patient sich bei regelmäßiger ärztlicher Diagnose Zuhause aufhalten, die Chemotherapie erfolgt stationär. An die Intensivphase schließt sich die ambulante Erhaltung mit oraler Chemotherapie an, die bis zu 18 Monate dauern kann.


Vorbeugung

Da keine Ursachen und auslösenden Faktoren der ALL bekannt sind, gibt es keine spezifische Prävention. Eine gesunde Lebensweise, die Vermeidung von Risikofaktoren und regelmäßige ärztliche Kontrollen sind anzuraten.

Das können Sie selbst tun

Der Alltag während der Erkrankung gestaltet sich durch die verschiedenen Therapiephasen meist sehr abhängig von dem jeweils aktuellen Befinden. Wichtig für die Betroffenen ist, dass sie sich überhaupt ihre Zeiten angemessen gestalten. Je nachdem, was gerade körperlich möglich ist, sollte man diesen weder überlasten, noch gar nicht fordern. Es tut dem Körper und der Seele gut, wenn er durch ein bisschen Bewegung unterstützt wird, aktiv zu werden. Auch Müdigkeitsphasen lassen sich so minimieren.

Als Ergänzung zur herkömmlichen Therapie eignen sich Nahrungsergänzungsmittel, die den Stoffwechsel unterstützen (diese sind insbesondere dann empfehlenswert, wenn die Nahrungsaufnahme durch Übelkeit oder Appetitlosigkeit in der Behandlung eingeschränkt wird) und das Immunsystem stabilisieren. Teilweise werden aber auch Medikamente in der Therapie verabreicht, die das Immunsystem aktivieren sollen. Welche Nahrungsergänzungen letztendlich sinnvoll sind, kann mit dem Onkologen aber sehr gut abgesprochen werden.

Auch ist der psychosoziale Kontakt im Alltag für die Patienten sehr wichtig. Nicht selten geraten die Betroffenen durch die Auswirkungen der Krankheit in eine Isolation, da beispielsweise auch bestimmte Hygienevorschriften zu beachten sind und sie niemanden damit belasten wollen. Dies sollte durch den regelmäßigen Kontakt zu Freunden und Familie unbedingt vermieden werden, da die seelische Ausgeglichenheit und Freude am Leben den Genesungsweg unterstützen kann und sich positiv auswirkt.

Quellen

  • Bieber, C., Baenkler, H.-W., Arasteh, K.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Hof, H., Dörries, R.: Medizinische Mikrobiologie. Thieme, Stuttgart 2014
  • Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013

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