Alpha-1-Fetoprotein
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 10. April 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Das Alpha-1-Fetoprotein (AFP) bildet sich hauptsächlich im embryonalen Gewebe und dient dort als Transportprotein. Nach der Geburt wird nur noch sehr wenig AFP gebildet. Erhöhte Serum- oder Blutwerte bei Kindern und Erwachsenen deuten unter anderem auf Tumoren hin.
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Was ist das Alpha-1-Fetoprotein?
Das Alpha-1-Fetoprotein ist ein Protein, welches bei der Embryogenese im entodermalen Gewebe gebildet wird. Das entodermale Gewebe entwickelt sich aus dem Dottersack und bildet den Ausgangspunkt für die Entwicklung verschiedener Gewebe und Organe wie den Verdauungstrakt, die Leber, die Bauchspeicheldrüse, den Thymus, die Schilddrüse, die Atmungsorgane, die Harnblase oder die Harnröhre.
Alpha-1-Fetoprotein wird ab der vierten Schwangerschaftswoche hauptsächlich im Dottersack und in kleineren Mengen auch von der heranwachsenden Leber des Fötus gebildet. Seine Konzentration erreicht in der zwölften bis sechzehnten Schwangerschaftswoche die höchsten Werte. Kurz nach der Geburt kommt die Synthese von AFP fast vollständig zum Stillstand. Bei Erwachsenen und Kindern sind höhere Konzentrationen Zeichen von krankhaften Prozessen im Körper. So dient das Alpha-1-Fetoprotein als Tumormarker.
Die Messung der Blut- und Serumkonzentration bei Schwangeren wird zur Diagnose von Neuralrohrdefekten beim Fötus oder etwa zur Aufdeckung des Down-Syndroms durchgeführt. Das Protein besteht aus 591 Aminosäuren. Meist liegt nur eine Kette vor. Dimere oder trimere Proteinketten kommen beim Alpha-1-Fetoprotein nur selten vor.
Funktion, Wirkung & Aufgaben
So ermöglicht es den Transport der Spurenelemente Nickel und Kupfer im fetalen Blut. Außerdem ist es auch für den Transport von Bilirubin und Fettsäuren im Blut des Fötus verantwortlich. Deshalb können bei Schwangeren auch erhöhte Werte im Serum, Blutplasma oder im Fruchtwasser gemessen werden. Der Dottersack des Embryos ist bis zur Herausbildung der Leber das eigentliche Stoffwechselorgan. Er benötigt Alpha-1-Fetoprotein, um den sich entwickelnden Embryo immer unabhängiger vom mütterlichen Blutkreislauf zu machen.
Nach der Geburt ist dieses Protein nicht mehr notwendig und wird nur noch in sehr geringen Mengen im Verdauungstrakt synthetisiert. Allerdings steigt die Produktion des Alpha-1-Fetoproteins beim Wachstum von Tumoren.
Bildung, Vorkommen, Eigenschaften & optimale Werte
Bei nichtschwangeren Frauen sowie Männern und Kindern beträgt die normale Konzentration des Alpha-1-Fetoproteins im Blutplasma und im Serum weniger als sieben Nanogramm pro Milliliter. Allerdings gibt es eine Grauzone bis zu 20 Nanogramm pro Milliliter. Dazu sollte jedoch erwähnt werden, dass in Deutschland keine eindeutigen Grenzwerte festgelegt sind. Wenn die Konzentration an AFP jedoch 40 Nanogramm pro Liter überschreitet, sollte auch an ein mögliches Krebswachstum gedacht werden.
Bei schwangeren Frauen sind die Konzentrationen von AFP im Blutplasma, Serum und natürlich auch im Fruchtwasser erhöht. Die Serum-AFP-Konzentration wird bei Schwangeren im Rahmen von vorgeburtlichen Screeningtests immer bestimmt. Hier werden die Konzentrationen als sogenannte MoM-Werte angegeben. MoM bedeutet "Vielfaches des Zentralwertes". Während der Schwangerschaft steigen die AFP-Konzentrationen ausnahmsweise an und verändern sich je nach Schwangerschaftsphase ständig.
Dabei sollte die AFP-Konzentration im Serum den Wert von 2,5 MoM nicht überschreiten, denn erhöhte Werte deuten unter Umständen auf einen Neuralrohrdefekt des Fötus hin. Der Normwert bei Schwangeren liegt bei 05, bis 2,0 MoM. Niedrigere Konzentrationen des Alpha-1-Fetoproteins können wiederum auf Trisomien wie das Down-Syndrom hindeuten.
Krankheiten & Störungen
Der Neuralrohrdefekt ist durch einen unvollständigen Verschluss des Neuralrohres gekennzeichnet. Durch das offene Neuralrohr gelangen größere Mengen an Alpha-1-Fetoprotein in das Blutplasma oder das Fruchtwasser der schwangeren Frau. Wenn die Konzentration über 2,5 MoM liegt, sollten an diese Missbildungen gedacht und weitere Ultraschalluntersuchungen durchgeführt werden. So können solche angeborenen Neuralrohrdefekte wie Anenzephalie (fehlendes Gehirn) oder Spina bifida (offener Rücken) sowie Bauchwanddefekte festgestellt werden. Wenn die Konzentration von AFP unter 0,5 MoM liegt, können auch eine Trisomie 21 (Down-Syndrom) oder andere Trisomien vorliegen.
Abweichende AFP-Werte von Schwangeren geben jedoch nur einen Hinweis auf mögliche Defekte. Besonders bildgebende Verfahren wie Ultraschalluntersuchungen müssen die Diagnose absichern. Erhöhte Werte treten auch bei Mehrlingsschwangerschaften oder bei einer falsch datierten Schwangerschaft auf. Gezielte Ultraschalluntersuchungen können aber schon im grenzwertigen Bereich von 2,0 bis 2,5 MoM durchgeführt werden. Im Fruchtwasser können höhere Grenzwerte vorliegen. So werden hier zwischen der 13. und 15. Schwangerschaftswoche 2,5 MoM angegeben. Dabei steigt der Grenzwert im Fruchtwasser jedoch bis zur 24. Schwangerschaftswoche sogar auf 4,0 MoM.
Bei nichtschwangeren Frauen, Kindern und Männern haben nur erhöhte AFP-Konzentrationen eine medizinische Bedeutung. Liegen die Werte über 40 Nanogramm pro Milliliter, kann ein Hinweis auf einen Tumor vorliegen. Deshalb dient AFP als Tumormarker für solche Krebserkrankungen wie Leberkrebs, Lungenkrebs, Krebs des Verdauungstraktes, Hodenkrebs oder Eierstockkrebs. Dabei liefern die erhöhten Alpha-1-Fetoprotein-Werte wiederum nur Hinweise aber keinen Nachweis für einen Tumor. Andere Untersuchungsmethoden müssen die Diagnose absichern.
Die Konzentrationen von AFP im Serum oder Blutplasma können auch bei einer chronischen Hepatitis, bei Leberzirrhose oder beim Louis-Bar-Syndrom erhöht sein. Das Louis-Bar-Syndrom ist eine genetisch bedingte neurodegenerative Erkrankung.
Quellen
- Baenkler, H.-W., et al.: Kurzlehrbuch Innere Medizin. Thieme Verlag, Stuttgart 2010
- Kaufmann, M., Costa, S.-D., Scharl, A. (Hrsg.): Die Gynäkologie. Springer, Berlin 2013
- Lodish et al.: Molekulare Zellbiologie. 4. Auflage, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, 2001