Ammonium

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 8. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Aus chemischer Sicht ist Ammonium (NH4) die konjugierte Säure, die zur Base Ammoniak (NH3) gehört. Ammonium ist das häufigste Abbauprodukt aus dem Aminosäurestoffwechsel.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Ammonium?

Besondere Bedeutung kommt Ammonium beim Aufbau und beim Abbau von Aminosäuren zu.
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Ammonium ist ein Kation. In seinen chemischen Reaktionen ähnelt es Alkalimetall-Ionen und kann genau wie diese Ionen auch Salze bilden. Beispiele für solche Salze sind Ammonsalpeter oder Salmiak.

In der Natur entsteht Ammonium aber überwiegend beim Abbau von Eiweißen. Auch bei der bakteriellen Zersetzung von abgestorbener Biomasse entsteht als Endprodukt Ammonium.

Ähnlich wie Ammoniak kann auch Ammonium im menschlichen Körper neurotoxisch wirken.

Funktion, Wirkung & Aufgaben

Im medizinischen Zusammenhang wird oft von Ammoniak im Körper gesprochen. Im Grunde ist dies so nicht korrekt, denn Ammoniak liegt im Körper fast nur in Form von Ammoniumionen vor.

Ammoniak bzw. Ammonium spielt bei vielen Stoffwechselprozessen eine Rolle. Besondere Bedeutung kommt Ammonium allerdings beim Aufbau und beim Abbau von Aminosäuren zu. Aus Ammonium und α-Ketoglutarat entsteht durch einen chemischen Prozess Glutamat. Dieser Prozess wird auch als reduktive Aminierung bezeichnet. Glutamat ist eine sogenannte α-Aminosäure. Sie ist auch unter dem Namen Glutaminsäure bekannt. Mittels Transaminierung können aus der Glutaminsäure weitere nicht-essentielle Aminosäuren hergestellt werden. Die so gebildeten Aminosäuren übernehmen im Körper zahlreiche Aufgaben.

Sie sind zum Beispiel bei der Regulation verschiedener Stoffwechselvorgänge beteiligt oder dienen als Vorstufe von Hormonen. Doch Glutamat ist nicht nur eine Vorstufe anderer Aminosäuren, es ist auch einer der wichtigsten erregenden Neurotransmitter im zentralen Nervensystem (ZNS). Neurotransmitter sind biochemische Botenstoffe, die den Reiz von einer Nervenzelle zur anderen Nervenzelle oder von einer Nervenzelle zu einer Körperzelle weiterleiten. Zudem dient die Glutaminsäure auch als Vorläufer der γ-Aminobuttersäure (GABA). Diese wiederum ist einer der wichtigsten hemmenden Neurotransmitter im Zentralnervensystem.

Bildung, Vorkommen, Eigenschaften & optimale Werte

Die größten Mengen Ammonium entstehen beim Abbau von Aminosäuren. Bei den meisten Aminosäuren erfolgt zunächst über den Prozess der Transaminierung ein Abbau zu Glutamat. Dieses wird wiederum in die Ausgangssubstanzen Ammonium und α-Ketoglutarat gespalten. Der Hauptbildungsort von Ammonium ist der Darm. Insbesondere im Dickdarm wird durch bakterielle Einwirkung aus nicht verdautem Eiweiß Ammonium freigesetzt. Über die Darmschleimhaut gelangt dieses dann in den Blutkreislauf.

Aber auch in Muskulatur und Niere entsteht Ammonium. Da das Ammonium genau wie Ammoniak in größeren Mengen toxisch wirkt und auch nicht wieder komplett zu neuen Aminosäuren umgebaut werden kann, muss der Körper über eine Abbaumöglichkeit für Ammonium verfügen. Das Ammonium im Blut gelangt über den Pfortaderkreislauf rasch zur Leber. Diese wandelt das giftige Ammonium in den unschädlichen Harnstoff um. Harnstoff (Urea) ist ein weißer, kristalliner Feststoff, der mit dem Urin ausgeschieden wird. Die Normwerte für Ammonium im Blutserum liegen bei 27 bis 90 µg/dl (Mikrogramm pro Deziliter) bzw. in konventionellen Einheiten bei 16 bis 53 µmol/l (Mikromol pro Liter).


Krankheiten & Störungen

Zu einer Erhöhung der Ammoniumwerte im Blut kommt es vornehmlich, wenn die Funktion der Leber gestört ist. Dann kann das giftige Ammonium nicht mehr in den ungiftigen Harnstoff umgewandelt werden. Häufigste Ursache für eine solche Leberfunktionsstörung ist die alkoholische Leberzirrhose.

Bei der Zirrhose geht Lebergewebe über einen Zeitraum von mehreren Jahren zugrunde und / oder wird bindegewebig umgebaut (Fibrosierung). Dadurch wird die Durchblutung der Leber gestört. Insbesondere im Bereich der Pfortader staut sich das Blut vor der Leber. Dies bezeichnet man auch als portale Hyptertension. Ein Teil des Blutes aus den unpaaren Bauchorganen fließt dann nicht mehr zur Entgiftung zunächst durch die Leber, sondern gelangt direkt in den Körperkreislauf. Auch das Blut, welches tatsächlich noch durch die Leber geführt wird, kann aufgrund der Zellveränderungen innerhalb der Leber nicht mehr ausreichend entgiftet werden.

Die ersten Symptome der Zirrhose (z.B. Ikterus) nehmen die Betroffenen erst recht spät wahr. Kommt es durch die erhöhten Ammoniumwerte zu einer Schädigung des Gehirns, spricht man von einer hepatischen Enzephalopathie. Dabei kommt es zunächst meist nur zu einem leichten Psychosyndrom. Häufig werden die Veränderungen werden zunächst nur von Freunden oder Angehörigen bemerkt. Typische Symptome in diesem Stadium sind Bewegungsarmut, Zittrigkeit oder Muskelzuckungen.

Im Krankheitsverlauf kann es dann später zu einem zwanghaften Schlafbedürfnis, Muskelabbau, Zittern der Hände und Gangunsicherheiten kommen. Nach und nach stellt sich eine zunehmende Verwirrtheit ein. Die schwerste Form der hepatischen Enzephalopathie ist das Leberkoma. Dieses wird auch als Leberzerfallskoma oder Coma hepaticum bezeichnet. In diesem Stadium sind die Patienten bewusstlos und können auch mit Schmerzreizen nicht mehr erweckt werden.

Ammonium im Urin ist immer ein Zeichen für Konkremente. Konkremente sind kristalline Ablagerungen der ableitenden Harnwege. Man bezeichnet sie auch als Harnsteine oder Urolithe. Es gibt viele verschiedene Arten von Harnsteinen. Ammonium ist Teil der sogenannten Struvite. Dabei handelt es sich um Magnesium-Ammonium-Phosphat. Harnsteine können unterschiedliche Ursachen haben. So kann eine Entzündung der Nieren oder der Harnleiter zur Bildung von Harnsteinen führen.

Auch Stoffwechselstörungen wie Gicht, Cystinurie oder Diabetes können Harnsteine bedingen. Die Steine bleiben oft lange Zeit unbemerkt. Symptome entstehen erst, wenn sich ein Stein im Nierenbecken oder im Harnleiter festklemmt. Es kommt dann zu extremen Schmerzkoliken. Kleine Steine gehen meist von alleine ab, große Steine müssen operativ entfernt werden oder durch Stoßwellen zertrümmert werden.

Quellen

  • Baenkler, H.-W., et al.: Kurzlehrbuch Innere Medizin. Thieme Verlag, Stuttgart 2010
  • Horn, F.: Biochemie des Menschen. Das Lehrbuch für das Medizinstudium. Thieme, Stuttgart 2018
  • Lodish et al.: Molekulare Zellbiologie. 4. Auflage, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, 2001

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