Hepatische Enzephalopathie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die hepatische Enzephalopathie ist eine Gehirnschädigung durch Stoffwechselgifte. Die Ursache ist eine Leberschädigung, meistens eine Leberzirrhose. Abbauprodukte, besonders Ammoniak, werden nicht mehr ausreichend entsorgt. Folge ist unter anderem die hepatische Enzephalopathie.

Inhaltsverzeichnis

Was ist hepatische Enzephalopathie?

Ursachen sind meistens chronische Vergiftungen des Stoffwechsel-Organs durch übermäßigen Alkoholkonsum bei Alkoholismus. Intoxikationen mit Medikamenten oder anderen Chemikalien können ebenfalls ausschlaggebend sein.
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Die hepatische Enzephalopathie bezeichnet eine Krise des zentralen Nervensystems infolge einer Leberschädigung. Dabei kommt es zu einer Vergiftung des Körpers durch die Anhäufung von Stoffwechselprodukten im Blut. Die krankhaft veränderte Leber kann diese „Metabolite“ nicht mehr abbauen. Besonders die empfindlichen Nervenzellen des Gehirns leiden unter der inneren Intoxikation.

Die Mediziner unterscheiden nach Symptomen 4 Schweregrade:

Grad 1: Verminderte Konzentrationsfähigkeit und labile Stimmungslage

Grad 2: Extreme Müdigkeit und leichte Desorientierung

Grad 3: Somnolenz, Sprachstörungen, schwere Verwirrtheit, motorische Unsicherheit und Inkontinenz (Spontaner Abgang von Harn und Stuhl)

Grad 4: Bewusstlosigkeit und Verlust der Reflexe und der Schmerzwahrnehmung (Leberkoma: Coma hepaticum)

Ursache

In einigen Lehrbüchern existiert statt dieser 4-Stadien-Einteilung eine Unterscheidung von 5 Graden der hepatischen Enzephalopathie. Die hepatische Enzephalopathie ist die Folge einer gravierenden Lebererkrankung, zuvörderst der fortgeschrittenen Leberzirrhose.

Ursachen sind meistens chronische Vergiftungen des Stoffwechsel-Organs durch übermäßigen Alkoholkonsum bei Alkoholismus. Intoxikationen mit Medikamenten oder anderen Chemikalien können ebenfalls ausschlaggebend sein. Daneben sind Entzündungen der Leber (Hepatitis) oder der Galle und der Gallengänge Grund der Lebererkrankung.

Unter den Stressbedingungen kann die Leber ihre Entgiftungsfunktion nicht oder nicht mehr ausreichend wahrnehmen. Die mangelnde Harnstoff-Synthese verursacht eine Anhäufung von Ammoniak im Blutkreislauf. Hinzukommen weitere bioorganische Verbindungen wie stickstoffhaltige Säuren und Schwefelverbindungen. All diese Stoffwechselprodukte wirken besonders auf das Gehirn toxisch und führen zur Bildung von zerebralen Ödemen (Wasseransammlungen im Gehirn).

Die Folge ist eine Zunahme des intrakranialen Druckes (Hirndruck) mit dem Resultat der geistigen Beeinträchtigungen im Rahmen der hepatischen Enzephalopathie.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Eine hepatische Enzephalopathie ist durch unterschiedlich ausgeprägte neurologische und psychiatrische Symptome gekennzeichnet. In leichten Fällen werden häufig gar keine Beschwerden festgestellt. Oder es handelt sich um eine leichte Minderung des Allgemeinbefindens. Bei einer voll ausgeprägten hepatischen Enzephalopathie kommt es jedoch zum sogenannten Leberkoma (Coma hepaticum).

Hinsichtlich der Symptomatik lässt sich die Erkrankung in vier Stadien oder Schweregrade einteilen. Im Stadium I treten Stimmungsschwankungen, Schlafstörungen, manchmal auch euphorische Zustände, leichte Verwirrtheit, Augenzittern und leichte Konzentrationsstörungen auf. Die Beschwerden können so gering ausgeprägt sein, dass sie möglicherweise gar nicht als Krankheitszeichen gedeutet werden.

Im zweiten Stadium der hepatischen Enzephalopathie werden die Beschwerden schon auffälliger. Hier kommt es unter anderem bereits zu Persönlichkeitsveränderungen, Gedächtnisstörungen, Müdigkeit, Desorientiertheit, Grimassieren sowie grobem Zittern der Hände. Das dritte Stadium der Erkrankung zeichnet sich durch ausgeprägte Schläfrigkeit, schwere Desorientierung, Händezittern und unklare Sprache aus.

Der Patient schläft zwar die ganze Zeit, kann aber immer noch aufgeweckt werden. Im vierten Stadium ist der Betroffene jedoch nicht mehr aufweckbar. Hier handelt es sich nicht mehr um Schlaf, sondern um einen komatösen Zustand. Die Symptome verstärken sich je nach Geschwindigkeit des Leberversagens.

Bei einem akuten Leberversagen wird das Stadium IV der Erkrankung schnell erreicht. Allerdings führen chronische Lebererkrankungen häufig auch zu einer chronischen hepatischen Enzephalopathie, bei der es abwechselnd zu einer schweren und leichten Symptomatik kommen kann.

Diagnose & Verlauf

Die hepatische Enzephalopathie ist in ihren Symptomen zunächst unspezifisch. Jedoch erkennt der Arzt am Ammoniak-Spiegel im Blutbild schnell, dass eine hepatische Krise vorliegt. Trotzdem müssen parallel dazu andere Krankheiten wie Zuckerschock bei Diabetes oder ein Schlaganfall ausgeschlossen werden.

Anhand der üblichen Leberdiagnostik mit Leberwerten und Sonographie sowie Computertomographie erhärtet sich der Befund. Ein EEG offenbart die Neigung des Patienten, Krampfanfälle zu erleiden. Die Klassifizierung in 4 Stadien beschreibt auch die mögliche Entwicklung bei fortschreitender Krankheit.

Im Anschluss an akute Verlaufsformen können Rückfälle auftreten, während eine Chronifizierung oft ins Endstadium übergeht. Der Eintritt des Todes bei kompletten Leberversagen beruht auch auf der hepatischen Enzephalopathie.

Komplikationen

Eine Hepatische Enzephalopathie entsteht aufgrund einer chronischen Lebererkrankung. Dabei kann diese Erkrankung harmlos verlaufen, aber auch einen lebensgefährlichen Verlauf annehmen. Der Patient kann dabei zunächst schläfrig wirken und Konzentrationsschwächen aufweisen. In weiteren Stadien kann der Betroffene immer mehr einschlafen mit einer erhöhten Muskelspannung.

Dies kann so weiter gehen, bis der Betroffene in ein lebensgefährliches Koma verfällt (Coma hepaticum) mit erloschenen Eigenreflexen. Die Leberzirrhose hat auch weitere Komplikationen. So erniedrigt sich aufgrund des vernarbten Umbaus der Leber seine Leistungen der Synthese. Es werden weniger Eiweiße hergestellt als benötigt werden. Dies führt dazu, dass ein geringerer onkotischer Druck im Blut aufgebaut wird.

Das hat schließlich zur Folge, dass mehr Wasser abgepresst wird und es so zu einer Entstehung von Ödemen kommt. Auch die Gerinnungsproteine werden weniger, der Patient hat eine verlängerte Blutungszeit. Nicht selten kommt es auch zu einem hepatorenalen beziehungsweise hepatopulmonalen Syndrom, was heißt dass die Niere beziehungsweise Lunge im Verlauf ebenfalls versagen können.

Des Weiteren vergrößert sich auch meistens die Milz, was Schmerzen im linken Oberbauch verursacht. Im Bereich des Magens können sich Krampfadern entwickeln, die im schlimmsten Falle platzen können und so zu Blutungen führen. Das Risiko einen Leberkrebs zu entwickeln ist außerdem bei Zirrhosepatienten stark erhöht.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Ein Arzt sollte kontaktiert werden, wenn der Betroffene über eine längere Zeit an einer Störung der Konzentration leidet. Sinkt das gewohnte Leistungsniveau oder kommt es zu einer anhaltenden Antriebslosigkeit, sollte ein Arztbesuch erfolgen. Können die gewohnten täglichen Verpflichtungen nicht mehr erfüllt werden, ist ein Arzt zu konsultieren.

Benötigt der Betroffene offensichtlich Hilfe, da er den Alltag nicht mehr ohne eine Versorgung bewältigen kann, muss ein Arzt den gesundheitlichen Zustand des Patienten in Augenschein nehmen. Ein Verlust der Muskelspannung, Veränderungen des körperlichen Auftretens sowie Orientierungslosigkeit sind ungewöhnlich und sollten untersucht werden.

Bei Störungen des Bewusstseins ist Vorsicht geboten. Kommt es zu einem Ausfall des Bewusstseins, ist ein Notarzt zu rufen. Damit es nicht zum Ableben oder lebenslangen Beeinträchtigungen des Patienten kommt, sind Erste Hilfe Maßnahmen zu leisten, bis der Rettungsdienst eintrifft.

Verwirrtheit, Zittern der Hände oder des Körpers sowie eine innere Unruhe sollten schnellstmöglich von einem Arzt untersucht und behandelt werden. Bei anhaltender Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Störungen der Aufmerksamkeit oder Apathie ist ebenfalls ein Arztbesuch notwendig. Unwillkürliche Zuckungen der Muskeln, Beschwerden der Augen oder Gangunsicherheiten sowie Schwindel sind Gründe, um einen Arzt zu konsultieren.

Behandlung & Therapie

Eine hepatische Enzephalopathie bedarf therapeutisch zunächst einer Senkung des Ammoniak-Spiegels. Dies geschieht durch eine gezielte Beeinflussung der Darmflora, wobei der Anteil ammoniakproduzierender Bakterien reduziert werden soll.

Dazu erhält der Patient Antibiotika, die vorwiegend im Darm wirken, da sie nur langsam resorbiert werden. Laktulose, eine künstliche Zuckerart, fördert das Wachstum der Milchsäure-Bakterien, wodurch die Ammoniak-Bildner in den Hintergrund geraten. Eine eiweißarme Diät verhindert die Zufuhr eines Übermaßes an Stickstoff von vornherein. Für den Patienten bedeutet das eine rein vegetarische Ernährung, die auch keine Eier oder Milch sowie aller ihrer Verarbeitungsprodukte enthält.

Eine Unterstützung der Leberfunktion erzielt der Arzt durch Medikamente, die den Harnstoff-Zyklus, also die Sickstoff-Eliminierung fördern. Oft muss auch der Elektrolyt-Haushalt (Mineralien) korrigiert werden, parallel muss der Arzt einer drohenden Exsikkose (Austrocknung) vorbeugen. Außerdem ist die Gabe des Spurenelementes Zink angebracht. In einigen Fällen muss eine Blutplasma-Reinigung durchgeführt werden (Therapeutische Plasmapherese).

Die Leberdurchblutung kann bei einem Teil der Patienten verbessert werden. Betroffen sind Menschen, bei denen im Vorfeld schon eine operative Entlastung der Pfortader durchgeführt wurde. Wenn der Blutdruck der Pfortader chirurgisch wieder leicht angehoben wird, resultiert eine bessere Versorgung der Leber. Bei totalem Leberversagen hilft nur eine Lebertransplantation im Rahmen des Gesamtgeschehens mit der Komplikation der hepatischen Enzephalopathie.

Aussicht & Prognose

Die hepatische Enzephalopathie kann bei einer guten und umfassenden medizinischen Versorgung geheilt werden. Dafür sind eine frühzeitige Diagnosestellung und ein schnellstmöglicher Behandlungsbeginn notwendig. Bei einigen Patienten ist eine symptomatische Behandlung bereits ausreichend, um eine dauerhafte Linderung zu erreichen.

Stimmungsschwankungen oder Funktionsstörungen der Leber werden durch die Gabe von Medikamenten gelindert. Der Heilungsverlauf der hepatischen Enzephalopathie wird grundsätzlich als reversibel beschrieben, sofern keine weiteren Störungen vorhanden sind und eine Behandlung in Anspruch genommen wird.

Ohne eine ärztliche sowie medikamentöse Therapie ist der Krankheitsfortschritt progredient, da bei dieser Erkrankung keine Spontanheilung zu erwarten ist. Die Keime breiten sich im Organismus weiter aus und führen zu einer Verschlechterung der allgemeinen Gesundheit sowie der Lebensqualität. In schweren Fällen kommt es trotz einer Behandlung zu einem progressiven Krankheitsverlauf.

Der dauerhaft fortschreitende Prozess tritt meist mit episodischen Phasen in Erscheinung. Bei dieser klinisch manifestierten hepatischen Enzephalopathie sind starke Beeinträchtigungen der allgemeinen Lebensführung zu beobachten. Zusätzlich steigt das Sterberisiko der Patienten deutlich an.

Die schlechte Prognose ist in diesen Fällen ebenfalls abhängig von der vorliegenden Grunderkrankung, der Gesamtdiagnose sowie dem Behandlungsbeginn. Der chronische Verlauf tritt jedoch nur sehr selten auf. Bei einem akuten Leberversagen droht dennoch das vorzeitige Ableben des Patienten.


Vorbeugung

Der hepatischen Enzephalopathie vorzubeugen bedeutet eine Schonung der Leber mit ausgewogenen Ess- und Trinkgewohnheiten. Alkohol- und Medikamentenmissbrauch sowie fettige Speisen setzen dem zentralen Stoffwechselorgan zu. Hepatitis-Infektionen kann man durch allgemeine Lebensmittelhygiene vorbeugen. Diese Maßnahmen dienen der Vermeidung von Leberkrankheiten und letztliche auch der hepatischen Enzephalopathie.

Nachsorge

In den meisten Fällen stehen dem Betroffenen bei dieser Krankheit gar keine oder nur sehr wenige Maßnahmen und Möglichkeiten einer direkten Nachsorge zur Verfügung, die die Beschwerden der Krankheit dauerhaft lindern können. Im Allgemeinen wirkt sich dabei eine frühzeitige Diagnose und Behandlung der Krankheit sehr positiv auf den weiteren Verlauf aus und kann auch andere Komplikationen verhindern.

Im Vordergrund steht bei dieser Krankheit daher die frühzeitige Diagnose, sodass der Betroffene schon bei den ersten Symptomen und Beschwerden einen Arzt aufsuchen sollte. Die Behandlung dieser Krankheit erfolgt in den meisten Fällen durch die Einnahme von Antibiotika und anderer Medikamente. Dabei sollte der Betroffene immer auf eine regelmäßige Einnahme und auch auf eine richtige Dosierung achten, um die Beschwerden dauerhaft zu lindern.

Bei Unklarheiten oder bei Fragen ist dabei immer zuerst ein Arzt zu konsultieren, um weitere Komplikationen zu verhindern. Antibiotika sollten dabei nicht zusammen mit Alkohol eingenommen werden, da ihre Wirkung sonst deutlich verringert wird. In vielen Fällen sind die Patienten auch auf die Einnahme von Zink angewiesen, wobei dieser Mangel auch durch die Ernährung gesteuert werden kann. Dabei kann der Arzt für den Betroffenen einen Ernährungsplan erstellen.

Das können Sie selbst tun

Zahlreiche Faktoren gehen den Veränderungen voraus. So zählt die erhöhte Aufnahme von Proteinen zu einem Auslöser. Ebenso die Dehydration und die Hypoxie. Bei einer chronischen hepatischen Enzephalopathie sind diätische Maßnahmen förderlich.

Ebenso die Einnahme von schlecht resorbierbaren Antibiotika (z.B. Rifaximin) zur Reduktion der Ammoniak produzierdenden Darmflora bzw. des Darminhaltes. Die Gabe von Lactulose ist zur Darmentleerung hilfreich. Sie können selber über die Ernährung die Reduktion des Eiweißgehaltes beeinflussen. Auch die Vermeidung von tierischem Fleisch ist förderlich.

Die hepatische Enzephalopathie ist ein Zeichen für schlechte Leberfunktion, die es positiv zu beeinflussen gilt. Alkohol und sedierende Medikamente gilt es auf jeden Fall zu meiden. Das Spektrum der Veränderungen reicht von leichten Erscheinungen hin zu einem Coma hepaticus (Leberkoma).

Um mit der Erkrankung besser umzugehen, empfiehlt es sich einer Selbsthilfegruppe anzuschließen. Die Deutsche Leberhilfe ist z.B. ein gemeinnütziger Verein, der vor 25 Jahren von Patienten gegründet wurde. Auch die Deutsche Leberstiftung bietet Informatonsmaterial und setzt sich für die Patienten bspw. in Form eines Beratungsstelefons ein.

Quellen

  • Arasteh, K., et. al.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013

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