Ammoniak

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 5. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Ammoniak ist die chemische Verbindung von Wasserstoff und Stickstoff. Die Summenformel von Ammoniak lautet NH3. Im Körper entsteht die Substanz beim Abbau von Eiweißen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Ammoniak?

Ammoniak spielt eine wichtige Rolle im Stoffwechsel beim Aufbau und Abbau von Aminosäuren. Allerdings liegt bei diesen Stoffwechselprozessen das Ammoniak in Form des Ammoniums vor.
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Ammoniak ist ein farbloses Gas, das aus drei Wasserstoffatomen und einem Stickstoffatom aufgebaut ist. Das Gas hat einen äußerst stechenden Geruch. Für den menschlichen Körper ist Ammoniak giftig. Es liegt dort meist als wasserlösliches Salz vor.

In dieser Form nennt man es auch Ammonium (NH4+). Ammoniak ist bei verschiedenen Stoffwechselprozessen beteiligt. Es entsteht aber insbesondere beim Eiweißabbau im Darm. Auch beim Zellstoffwechsel und beim Abbau von Aminosäuren fällt Ammoniak an. Ammoniak kann die Zellen des Körpers schwer schädigen. Deshalb wird es in der Leber zu Harnstoff umgewandelt und dann über die Nieren mit dem Harn ausgeschieden.

Funktion, Wirkung & Aufgaben

Ammoniak spielt eine wichtige Rolle im Stoffwechsel beim Aufbau und Abbau von Aminosäuren. Allerdings liegt bei diesen Stoffwechselprozessen das Ammoniak in Form des Ammoniums vor.

Aus Ammonium und α-Ketoglutarat wird in einem speziellen chemischen Prozess, der sogenannten reduktiven Aminierung, Glutamat. Glutamat, auch Glutaminsäure genannt, ist eine α-Aminosäure. Da der Körper mithilfe des Ammoniums Glutaminsäure selber herstellen kann, gehört sie zu den nicht essentiellen Aminosäuren. Glutaminsäure ist zudem als Aminosäure ein wichtiger Bestandteil von Proteinen. Durch den Prozess der Transaminierung können aus Glutamat weitere nicht-essentielle Aminosäuren hergestellt werden.

Glutamat ist aber nicht nur an der Aminosäuresynthese beteiligt, es ist auch einer der bedeutendsten erregenden Neurotransmitter im Zentralnervensystem (ZNS). Zugleich ist die Aminosäure aber auch Vorläufer der γ-Aminobuttersäure (GABA). Diese ist wiederum der wichtigste hemmende Neurotransmitter im Zentralnervensystem. Glutamat soll sich zudem positiv auf den Muskelaufbau und das Immunsystem auswirken.

Bildung, Vorkommen, Eigenschaften & optimale Werte

Ammoniak entsteht zu großen Teilen beim Abbau von Aminosäuren. Hauptbildungsort von freiem Ammoniak ist der Darm. Vor allem im Dickdarm entsteht durch Bakterieneinwirkung aus nicht verdautem Eiweiß Ammoniak. Die Aminosäuren werden zunächst wieder zu Glutamat abgebaut.

Diese Aminosäure wird dann durch das Enzym Glutamathydrogenase in die ursprünglichen Substanzen α-Ketoglutarat und Ammoniak gespalten. Nicht das gesamte Ammoniak, das so entsteht, kann wieder dem Aminosäureaufbau dienen. In größeren Mengen wirkt Ammoniak zudem zytotoxisch, sodass der Körper eine Abbaumöglichkeit für Ammoniak haben muss. Lebewesen, die im Wasser heimisch sind, können Ammoniak oft direkt über ihre Haut in das umgebende Wasser abgeben. Der Mensch muss das giftige Ammoniak vor dem Ausscheiden in eine ungiftige Form überführen. Bei einer gesunden Leber erfolgt eine schnelle Aufnahme des Ammoniaks.

Dieses erreicht die Leber in der Regel über die Pfortader. Die Leber wandelt Ammoniak bzw. Ammonium dann in Harnstoff (Urea) um. Harnstoff ist ein weißer, kristalliner und ungiftiger Stoff. Er wird gelöst im Harn über die Nieren ausgeschieden.

Als Plasma-Normalwert für Ammoniak gilt ein Wert von 27 bis 90 μg Ammoniak/dl. Dies entspricht einer Menge von 16 bis 53 μmol/l. Die Ammoniakwerte im Blut werden meist im Rahmen einer Untersuchung der Leberfunktion bestimmt.


Krankheiten & Störungen

Verminderte Ammoniakwerte im Blutserum haben keine klinische Relevanz. Zu erhöhten Ammoniakwerten kommt es meist bei einer verminderten Leberfunktion. Der Abbau von Ammoniak ist bei der Leberzirrhose in hohem Maße beeinträchtigt.

Die Leberzirrhose ist das Endstadium vieler Lebererkrankungen. Das Stadium ist irreversibel und somit ist die Leberzirrhose nicht heilbar. Normalerweise entwickelt sich die Zirrhose über Jahre bis Jahrzehnte. In Europa ist die häufigste Ursache für eine Leberzirrhose Alkoholmissbrauch. Auch chronische Virushepatitiden können in einer Leberzirrhose enden.

Bei der Zirrhose kommt es zu einem Untergang von Lebergewebe und zu einem bindegewebigen Umbau der Leberfunktionszellen. Dadurch ist zum einen die Durchblutung der Leber gestört. Zum anderen können die Leberzellen nicht mehr ihrer Entgiftungsaufgabe nachkommen. Bei einer starken Erhöhung des Ammoniakspiegels aufgrund der eingeschränkten Leberfunktion kann es zu einer hepatischen Enzephalopathie kommen. Dabei handelt es sich um eine Funktionsstörung des Gehirns aufgrund der unzureichenden Entgiftungsfunktion der Leber. Ursächlich für diese Schädigung ist vermutlich die Ähnlichkeit von Ammonium und Kalium. Wenn Kalium und Ammonium ausgetauscht werden, kommt es zu einer Störung des sogenannten NMDA-Rezeptors.

Dadurch kann wiederum vermehrt Kalzium in die Nervenzelle eindringen. Es kommt zum Zelltod. Die hepatische Enzephalopathie lässt sich in vier Stadien einteilen. Vor den vier Stadien liegt die latente oder minimale hepatische Enzephalopathie. Diese äußert sich durch Konzentrationsschwäche, Antriebsminderung oder Merkschwierigkeiten. Im ersten Stadium kommt es zu einer erkennbaren Minderung der Bewusstseinslage, deutlicher Antriebsstörung und zu einer Störung der Feinmotorik. Im zweiten Stadium leiden die Betroffenen unter Orientierungsstörungen, Gedächtnisstörungen, einer verwaschenen Sprache und einer starken Schläfrigkeit.

Das dritte Stadium geht mit hochgradiger Bewusstseinsstörung, Orientierungsverlust, Muskelsteife, Stuhl- und Harninkontinenz und Gangunsicherheiten einher. Die schwerste Form der hepatischen Enzephalopathie ist das Leberkoma (Stadium 4). Die Patienten sind bewusstlos und auch durch Schmerzreize nicht mehr erweckbar. Die Muskeleigenreflexe sind komplett erloschen.

Aufgrund des penetranten Geruchs sind Vergiftungen durch gasförmiges Ammoniak eher selten. Ammoniak in Gasform wird vor allem über die Lungen aufgenommen. Durch eine Reaktion mit Feuchtigkeit hat es eine stark ätzende Wirkung auf die Schleimhäute der Atemwege. Ab einer bestimmten Konzentration besteht Lebensgefahr. Das Ammoniak kann zu Kehlkopfödemen, Stimmritzenkrampf, Lungenödem oder Lungenentzündung führen und so einen Atemstillstand verursachen.

Quellen

  • Baenkler, H.-W., et al.: Kurzlehrbuch Innere Medizin. Thieme Verlag, Stuttgart 2010
  • Horn, F.: Biochemie des Menschen. Das Lehrbuch für das Medizinstudium. Thieme, Stuttgart 2018
  • Lodish et al.: Molekulare Zellbiologie. 4. Auflage, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, 2001

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