Aprotinin

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Aprotinin ist ein Antifibrinolytikum und wirkt als solches hemmend auf die Spaltung des Eiweißes Fibrin (also auf die Fibrinolyse). Auf Grund dieser Eigenschaft kommt es in Gewebeklebern vor. Die Indikationen umfassen Operationen zum Anlegen eines Koronararterien-Bypasses sowie den sehr seltenen Alpha2-Antiplasmin-Mangel, der genetisch bedingt ist. Wegen möglicher Risiken von Aprotinin ist der Wirkstoff in Deutschland nur unter bestimmten Bedingungen zugelassen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Aprotinin?

Der Einsatz von Aprotinin ist etwa bei der Operation zur Erstellung eines Koronararterien-Bypasses möglich. Bei einem solchen Bypass handelt es sich um eine künstliche Umgehung des Blutgefäßes.
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Bei Aprotinin handelt es sich um einen Medikamentenwirkstoff aus der Gruppe der Antifibrinolytika. Der Name dieser Substanzgruppe geht auf das Enzym Fibrinolysin zurück, das heute besser unter dem Namen Plasmin bekannt ist.

Als Fibrinolyse bezeichnet die Medizin außerdem den Vorgang der Fibrin-Spaltung durch das Enzym Plasmin, welches eine Serinprotease darstellt. Eine vorübergehende Hemmung von Plasmin ist unter anderem mit Aprotinin möglich, da sich der Wirkstoff reversibel an das Enzym bindet und es deaktiviert. Das Plasmin bleibt dabei jedoch intakt und kann später wieder aktiv werden.

Aprotinin kommt auf natürliche Weise in den Lungen von Rindern vor. Die pharmakologische Herstellung des Wirkstoffs basiert auf der Vergärung jenen Gewebes. Anschließend befreit eine Filtration die Substanz von überflüssigen Bestandteilen. Ein spezielles Gel dient bei der Reinigung des fermentierten Rinderlungen-Gewebes als Hilfsmittel.

Pharmakologische Wirkung

Aprotinin kommt in Gewebeklebern vor. Die Medizin kennt sie auch als Fibrinkleber und setzt sie in der Chirurgie ein, um Gewebeschichten oder Wundränder zu verschließen. Dabei sind zwei Komponenten erforderlich, wobei Aprotinin zur Komponente 1 gehört. Andere Wirkstoffe dieser Komponente sind Fibrinogen und der Faktor XIII, deren Herstellung auf der Fraktionierung von menschlichem Blutplasma beruht.

Auf diesen Rohstoff geht auch Thrombin zurück, das zur Komponente 2 des Gewebeklebers gehört und dort zunächst in Form der Vorstufe Prothrombin vorliegt. Zur Komponente 2 gehört außerdem Kalziumchlorid oder Kalziumchlorid-Dihydrat, das die benötigten Kalziumionen liefert.

Bei der chirurgischen Verwendung interagieren die verschiedenen Wirkstoffe miteinander: Prothrombin wandelt sich zu Thrombin und wird dadurch enzymatisch aktiv. Daraufhin spaltet es den Gerinnungsfaktor Fibrinogen in Fibrin und aktiviert den Faktor XIII. Dieser wiederum verwebt die einzelnen Fibrinomere zu einem Netz, das der menschliche Körper selbst abbauen kann.

Der Vorteil besteht darin, dass der Fibrinkleber aus diesem Grund auch Gewebe verbinden kann, das für ein späteres Fädenziehen nach dem Nähen nur noch schwer erreichbar wäre. Die Aufgabe von Aprotinin besteht in diesem Zusammenhang darin, das körpereigene Enzym Plasmin zu hemmen und seine Funktion zu verlangsamen. Plasmin spaltet Fibrin und könnte somit das verklebte Gewebe vorzeitig wieder lösen.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Der Einsatz von Aprotinin ist etwa bei der Operation zur Erstellung eines Koronararterien-Bypasses möglich. Bei einem solchen Bypass handelt es sich um eine künstliche Umgehung des Blutgefäßes. Ziel ist, trotz einer Verengung des betroffenen Herzkranzgefäßes den Fluss des Blutes zu ermöglichen.

Der Bypass kann sowohl eine Arterie als auch eine Vene umgehen. Die Medizin bezeichnet dieses Krankheitsbild auch als Koronarstenose, die häufig im Rahmen einer koronaren Herzerkrankung auftritt. Nicht in jedem Fall ist jedoch ein Bypass notwendig oder möglich. Zur operativen Behandlung der Verengung kommt beispielsweise auch ein Stent in Betracht, bei dem ein Röhrchen als Endoprothese im Blutgefäß den Durchfluss sicherstellen soll.

Früher setzten Ärzte Aprotinin auch zur Stillung von Blutungen ein, wenn eine verstärkte Fibrinolyse (Hyperfibrinolyse) diesen Blutungen zugrunde lag. Heute ist diese Vorgehensweise jedoch nicht mehr üblich, da Aprotinin mit Risiken einhergeht, welche seinen Einsatz nur unter sehr bestimmten Bedingungen sinnvoll machen.

Aprotinin ist jedoch noch bei Alpha2-Antiplasmin-Mangel indiziert. Dabei handelt es sich um ein Defizit des Serinprotease-Hemmers. Der Inhibitor bindet sich an Plasmin und deaktiviert es dadurch. Ein Mangel kann deshalb eine primäre Hyperfibrinolyse zur Folge haben.

Alpha2-Antiplasmin entsteht im gesunden Menschen in richtiger Menge in der Leber. Der Körper kann es selbst synthetisieren. Alpha2-Antiplasmin-Mangel ist mit nur wenigen beschriebenen Fällen äußerst selten und beruht in erster Linie auf einer entsprechenden genetischen Veranlagung, die sich autosomal rezessiv vererbt.

Bei allen Indikationen, die für die Anwendung von Aprotinin in Betracht kommen, ist die Abwägung individueller Faktoren notwendig, die das Kosten-Nutzen-Verhältnis im Einzelfall beeinflussen.


Risiken & Nebenwirkungen

Aprotinin verlor zwischen 2007 und 2013 in Deutschland vorübergehend seine Zulassung, da eine Studie aus dem Jahr 2006 auf eine mögliche Erhöhung des Risikos für Nierenversagen hinwies. Die erneute Zulassung ging mit strengeren Auflagen einher.

Eine Überempfindlichkeit in Bezug auf Rindereiweiße ist eine Kontraindikation zur Aprotinin-Anwendung, da der Wirkstoff ein Polypeptid aus dem Rinderorganismus darstellt und aus den Lungen des Tieres stammt.

Zu den Nebenwirkungen von Aprotinin gehören anaphylaktische Reaktionen sowie verschiedene allergische Reaktionen. Letztere äußern sich vor allem als Juckreiz und pathologische Hautveränderungen (Effloreszenzen).

Möglicherweise tritt eine Bradykardie auf, bei der sich der Herzschlag verlangsamt und unter den groben Grenzwert von 60 Schlägen pro Minute fällt, die als Referenz für Erwachsene gelten.

Aprotinin kann darüber hinaus einen Bronchospasmus auslösen. Dieser äußert sich im Verkrampfen der Bronchialmuskulatur, was unter Umständen den Anstieg des Atemwegswiderstands (Resistance) zufolge hat.

Schüttelfrost und Hypertonie (Bluthochdruck) zählen ebenfalls zu den unerwünschten Nebenwirkungen von Aprotinin. Des Weiteren können sich Blutergüsse (Hämatome) und Ödeme bilden. Letztere sind durch eine erhöhte Ansammlung von Flüssigkeit im Gewebe gekennzeichnet.

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