Aquacobalamin
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 14. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Bei Aquacobalamin handelt es sich um eines der B12-Vitamine. Als solches beteiligt es sich an der Synthese von Aminosäuren. Ein Mangel an Aquacobalamin und anderen Cobalaminen kann zu schweren Störungen führen, die irreversible neurologische Schäden einschließen können.
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Was ist Aquacobalamin?
Aquacobalamin oder Aquocobalamin gehört zur Vitamin-B12-Gruppe, welche in der Biologie auch als Cobalamine bezeichnet werden. Der Begriff Cobalamine leitet sich vom zentralen Cobalt-Atom ab, um das sich die anderen Atome des Moleküls gruppieren. Aquacobalamin ist das Vitamin B12a. Die anderen beiden Cobalamine heißen Hydroxycobalamin (Vitamin B12b) und Nitritocobalamin (Vitamin B12c).
Die Ernährungswissenschaft bezeichnet jedoch auch ein anderes Cobalamin, das Cyanocobalamin, als Vitamin B12. Die unterschiedliche Nutzung der Begriffe ist für PatientInnen häufig verwirrend, zumal die verschiedenen B12-Vitamine unterschiedliche Wirkungen besitzen und gleichzeitig zusammenwirken. Bereits in den 1920er Jahren entdeckten Mediziner die Bedeutung der Leber für die Behandlung der perniziösen Anämie.
Später konnte die Wissenschaft diese Form der Blutarmut als eine Folge von Cobalamin-Mangel identifizieren. Da in der Leber Vitamin B12 gespeichert ist, enthält sie besonders hohe Konzentrationen des Stoffs. Aus diesem Grund empfehlen Ärzte häufig noch heute bei B12-Mangel, Leber in den Speiseplan aufzunehmen.
Funktion, Wirkung & Aufgaben
Vor allem im Nervensystem spielen Cobalamine eine wichtige Rolle; ein Mangel an Vitamin B12 kann deshalb zu irreversiblen neurologischen Schäden führen. Auch die Zellteilung und die Blutbildung sind auf Aquacobalamin angewiesen. Die Leber speichert Cobalamine und ermöglicht dadurch eine kontinuierliche Verfügbarkeit des lebenswichtigen Vitamins. Durch diese Speicherung muss sich ein Mangel an Vitamin B12 nicht unmittelbar im Blutbild niederschlagen. Die Leber kann etwa 2000 – 5000 µg Vitamin B12 aufnehmen.
Dabei unterscheidet die Medizin nicht zwischen den verschiedenen Cobalaminen; Aquacobalamin ist in diesen Wert ebenso einbezogen wie die anderen Varianten. Eine Überdosierung kommt nur selten vor und tritt meistens auf, wenn PatientInnen zusätzliche Präparate einnehmen. Vor allem die intravenöse Gabe von Vitamin B12 kann zur Überdosierung führen. Sie resultiert eventuell in Akne und lokalen allergischen Reaktionen. Eine therapeutische Behandlung macht jedoch zuweilen die intravenöse Verabreichung von Cobalaminen erforderlich, um beispielsweise einen starken Mangel an Vitamin B12 zu behandeln.
Bildung, Vorkommen, Eigenschaften & optimale Werte
Aquacobalamin und andere B12-Vitamine kommen überwiegend in tierischen Nahrungsmitteln vor. Neuere Studien weisen jedoch darauf hin, dass insbesondere bei Erzeugnissen aus konventioneller Tierhaltung die Konzentration an Vitamin B12 nur sehr gering ist.
Die Ursache dafür ist die schlechte Ernährung der Tiere in der industriellen Massentierhaltung, die vor allem auf schnelles Wachstum abzielt. Bestimmte Bakterien können auch außerhalb von Tierkörpern Vitamin B12 produzieren. Insbesondere bei der Synthese von Cobalaminen bei der Milchsäuregärung ist jedoch umstritten, inwiefern die Zusammensetzung der Endprodukte für den menschlichen Körper ausreichend ist. Auch die richtige Zusammensetzung der verschiedenen Vitamine der B12-Gruppe ist zweifelhaft.
Für Aquacobalamin, also Vitamin B12a, existieren keine expliziten Normwerte. Für alle B12-Vitamine gibt die Ernährungswissenschaft einen Tagesbedarf von 3 µg für Erwachsene an, der im Vergleich zu den Richtwerten anderer Vitamine relativ gering ist. Der menschliche Körper kann Cobalamine nicht eigenständig synthetisieren und ist deshalb darauf angewiesen, sie über die Nahrung aufzunehmen. Auch andere Lebensmittel wie mit B12 angereicherte Zahnpasta können dazu beitragen, den täglichen Bedarf zu decken.
Krankheiten & Störungen
Die funikuläre Myelose äußert sich in neurologischen Symptomen, welche vor allem die Motorik und physiologische Wahrnehmung betreffen. Die Entmarkung der Nervenzellen löst diese Ausfälle aus. Im Normalzustand umgibt die Nervenzellen eine Myelinzelle. Diese bildet sich um das Axon und isoliert es nach außen hin; dadurch sichert sie die elektrische Leitfähigkeit des Neurons. Bei Entmarkungskrankheiten, zu denen auch die multiple Sklerose gehört, degeneriert diese Isolierschicht, was die Weiterleitung der elektrischen Signale beeinträchtigt. Das Nervensystem erhält infolgedessen unvollständige Informationen und produziert falsche oder ausbleibende Reaktionen.
Eine weitere potenzielle Folge des Cobalamin-Mangels ist die perniziöse Anämie oder Morbus Biermer. Sie kann der funikulären Myelose auch vorausgehen. Bei der perniziösen Anämie handelt es sich um eine Form der Blutarmut, die ohne Behandlung tödlich verläuft. Erste Anzeichen sind Blässe, Müdigkeit, Schwindelgefühl und Kreislaufstörungen. Im fortgeschrittenen Stadium färbt sich möglicherweise die Haut gelb – eine Folge gesteigerter Konzentrationen von Bilirubin. Bilirubin ist ein Abbauprodukt des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin. Weitere Symptome sind eine entzündete Zunge und gastrointestinale Beschwerden. Darüber hinaus führt die perniziöse Anämie zu neurologischen Beschwerden, die sich in Form von Kribbeln in den Händen und Füßen, Taubheitsgefühlen und motorischen Störungen wie Lähmungen, unsicherer Gang und Koordinationsprobleme zeigen.
Auch eine andere Form der Anämie, die megaloblastäre Anämie, kann infolge eines Mangels an Vitamin B12 einschließlich Aquacobalamin auftreten und eine Störung des Folsäure-Stoffwechsels verursachen. Des Weiteren entwickelt sich eventuell Stoffwechselstörungen in Gestalt von Methylmalonat-Acidurie oder Homocystinurie. Cobalamin-Mangel betrifft außerdem möglicherweise das Immunsystem – nicht nur durch indirekte Effekte, sondern auch direkt durch hypersegmentierte weiße Blutkörperchen.
Quellen
- Alberts, B., u. a.: Molekularbiologie der Zelle. 4. Auflage. Wiley-VCH, Weinheim 2003
- Lothar, T.: Labor und Diagnose. TH-Books, Frankfurt 2005
- Reuter, P., Hägele, J.: Aminosäuren Kompendium. Ein Leitfaden für die klinische Praxis. Hyginus Publisher GmbH, Bad Homburg 2001