DeSanctis-Cacchione-Syndrom
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 10. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Das DeSanctis-Cacchione-Syndrom als erblich bedingtes neurokutanes Syndrom ist durch eine Kombination von starker Lichtempfindlichkeit und neurologischen Ausfällen gekennzeichnet. Es handelt sich um eine zunehmend fortschreitende Erkrankung, die frühzeitig zum Tod führt. Die Therapie besteht in einer lebenslangen Vermeidung von Sonnenlicht.
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Was ist das DeSanctis-Cacchione-Syndrom?
Das DeSanctis-Cacchione-Syndrom stellt eine Sonderform von Xeroderma pigmentosum, einer erblich bedingten Überempfindlichkeit gegen Sonnenlicht, dar. Die typischen Symptome von Xeroderma pigmentosum sind bei dieser Form mit schwerwiegenden neurologischen Erscheinungen kombiniert. Meist verstärken sich die neurologischen Ausfälle im Laufe der Zeit.
Bereits erlernte motorische und kognitive Fähigkeiten bilden sich wieder zurück. Parallel dazu entwickeln sich unter dem Einfluss von Sonnenstrahlung Hautrötungen, Bläschen und vielfältige Veränderungen auf der Haut, die schnell zu Hautkrebs ausarten können. Das DeSanctis-Cacchione-Syndrom wurde erstmalig im Jahre 1932 von De Sanctis und Caccione beschrieben.
Es ist eine sehr seltene Erkrankung, von der bisher nur etwa 20 Fälle in der Literatur beschrieben wurden. Heute ist der Begriff DeSanctis-Cacchione-Syndrom nicht mehr allgemein üblich. Das Syndrom wird hauptsächlich unter der Erkrankung Xeroderma pigmentosum abgehandelt.
Bei ungefähr 30 Prozent der Patienten mit Xeroderma pigmentosum wurden Entwicklungen festgestellt, die mit geistiger und motorischer Retardierung einhergehen. Welcher Zusammenhang zwischen den kutanen und den neurologischen Symptomen bei dieser Erkrankung besteht, ist noch nicht eindeutig geklärt.
Ursachen
Das DeSanctis-Cacchione-Syndrom wird wie das klassische Xeroderma pigmentosum durch Veränderungen an Genen verursacht, die Proteine des DNA-Reparatursystems codieren. Diese Proteine sorgen für die Reparatur von Genveränderungen, indem sie die Bereiche der DNA, wo falsche Nukleotide eingebaut wurden, ausschneiden und durch die korrigierten Sequenzen ersetzen.
Wenn einer oder mehrere dieser Proteine genetisch verändert sind, kann der Reparaturprozess nicht mehr erfolgreich ablaufen. Dann können die durch das UV-Licht der Sonne ausgelösten Mutationen auf den exponierten Stellen nicht mehr eliminiert werden. Bei der Absorption von UV-Licht werden in der DNA Pyrimidin-Dimere gebildet, die bei der DNA-Aufspaltung während der Zellteilung zu einem falschen Einbau von Nukleotiden führt.
Normalerweise ist die Reparatur dieser Defekte bei genetisch intakten Reparaturproteinen kein Problem. Insgesamt sind acht Gene für die Codierung von Reparaturproteinen verantwortlich. Die Symptome von Xeroderma pigmentosum, die sich ausschließlich auf die Hautveränderungen beziehen, können durch Mutationen auf einem dieser Gene hervorgerufen werden.
Beim Sonderfall DeSanctis-Cacchione-Syndrom wird eine Mutation des ERCC6-Gens auf Chromosom 10 vermutet. Wie die neurologischen Ausfälle durch diese Mutation zustande kommen, ist bis heute nicht verstanden. Die Mutation wird autosomal-rezessiv vererbt. Die von der Krankheit betroffenen Personen besitzen in ihrem Erbgut zwei defekte Gene, die sie jeweils zu gleichen Teilen von ihren Eltern geerbt haben müssen.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Das DeSanctis-Cacchione-Syndrom ist durch drei unterschiedliche Symptomkomplexe gekennzeichnet. Zunächst treten die Symptome vom klassischen Xeroderma pigmentosum auf. An Hautstellen, die durch UV-Licht bestrahlt wurden, bilden sich sofort Entzündungen, die sich warzenähnlich verändern und später sogar zu Krebs entarten. Auch Augenveränderungen treten auf.
Es kommt zu einer Keratitis, die in der Folge zu einer Hornhauteintrübung und zur Bildung kleiner Blutgefäße im Auge führt. Außerdem ist auch die Bildung von Plattenepithelkarzinomen und Melanomen der Augen möglich. Ein zweiter Symptomenkomplex zeichnet sich durch unterschiedlich ausgeprägte geistige Retardierungen (Oligophrenie), Störungen der Sprache und der Sprachentwicklung.
Auch fehlende Reflexe, unwillkürlichen Bewegungen, spastische Lähmungen, Krampfanfälle, Schwerhörigkeit und Mikrozephalie (verkleinerter Kopf) kommen vor. Des Weiteren treten Störungen des Porphyrinstoffwechsels, Wachstumsstörungen, Knochenreifungsstörungen, Hypogonadismus und Störungen des Kortikoidstoffwechsels auf.
Die Symptome bestehen bereits im Kleinkindalter und verstärken sich zunehmend. Das gilt insbesondere für die neurologischen Beschwerden. Im Gegensatz zum klassischen Xeroderma pigmentosum ist die Lebenserwartung beim DeSanctis-Cacchione-Syndrom noch geringer. Die neurologischen Ausfälle können schon im Kindesalter zum Tode führen, während die Hautprobleme durch Vermeidung von UV-Strahlung weitgehend gut behandelt werden können.
Diagnose
Die Diagnose kann aufgrund der klinischen Symptome in Kombination mit einem zytologischen Nachweis des DNA-Reparaturdefekts gestellt werden. Differenzialdiagnostisch müssen die Krankheitsbilder von Cockayne-Syndrom, Cerebro-oculo-facio-skeletal Syndrom (COFS), Trichothiodystrophie, UV-sensitivem Syndrom, Rothmund-Thomson-Syndrom oder erythropoetischer Protoporphyrie abgegrenzt werden.
Durch bildgebende Verfahren können Veränderungen innerhalb des Schädels wie beispielsweise erweiterte Liquorräume festgestellt werden. EEG-Veränderungen dokumentieren Krampfanfälle und andere neurologische Ausfälle.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Da das DeSanctis-Cacchione-Syndrom in den meisten Fällen zu einem frühzeitigen Tod des Betroffenen führt, kann die Krankheit nicht vollständig behandelt werden. Allerdings können einige der Beschwerden gelindert werden. Ein Arzt sollte dann aufgesucht werden, wenn es auf der Haut zur Ausbildung von Warzen nach einer Sonneneinstrahlung kommt. Auch eine plötzliche geistige Retardierung oder Sprachbeschwerden können auf dieses Syndrom hindeuten. Weiterhin ist auch dann eine Behandlung notwendig, wenn der Betroffene an einer Schwerhörigkeit oder an Krampfanfällen leidet.
Sollten die Krämpfe dabei sehr stark sein und nicht gelöst werden können, muss ein Notarzt kontaktiert werden. Auch Störungen des Wachstums deuten in der Regel auf das DeSanctis-Cacchione-Syndrom hin und müssen von einem Mediziner untersucht werden. Die Diagnose des Syndroms wird in der Regel durch verschiedene medizinische Untersuchungen bestätigt. In erster Linie sollte allerdings ein Kinderarzt aufgesucht werden. Im Falle von Karzinomen ist eine operative Behandlung notwendig.
Behandlung & Therapie
Bisher ist eine kausale Therapie von DeSanctis-Cacchione-Syndrom und Xeroderma pigmentosum noch nicht möglich. Die Behandlung beschränkt sich vor allem auf den Schutz der Patienten vor der UV-Strahlung der Sonne. Da häufig auch Vitamin-D-Mangel vorkommt, müssen entsprechende Supplemente verabreicht werden. Vorbeugend sollte auch Vitamin A zur Erreichung eines Mindestschutzes gegen UV-Strahlung eingenommen werden.
Haut und Augen müssen regelmäßig auf Neubildungen von Karzinomen untersucht werden, um schnell reagieren zu können. Die sofortige Entfernung der Karzinome ist unbedingt notwendig. Durch den weitgehenden Schutz vor Sonnenlicht und die schnelle Behandlung bei Neubildung von Hautkrebs kann die Lebenserwartung verlängert werden.
Beim klassischen Xeroderma pigmentosum ist es so möglich, ein Lebensalter bis zu 60 Jahren zu erreichen. Da die neurologischen Ausfälle bei einem DeSanctis-Cacchione-Syndrom aber therapeutisch nicht so gut behandelt werden können, ist die Lebenserwartung bei dieser Sonderform von Xeroderma pigmentosum sehr niedrig.
Aussicht & Prognose
Da es sich beim DeSanctis-Cacchione-Syndrom um eine erblich bedingte Erkrankung handelt, kann diese nicht durch eine ursächliche Behandlung therapiert werden. Den Betroffenen steht daher nur eine symptomatische Therapie zur Verfügung, die die Beschwerden lindern kann.
Allerdings kommt es auch bei einer Behandlung zu einer stark verringerten Lebenserwartung und daher frühzeitig zum Tode des Betroffenen. Die Betroffenen leiden beim DeSanctis-Cacchione-Syndrom an starken Störungen der Entwicklung und an einer geistigen Retardierung. Ebenfalls treten Hautbeschwerden auf, wobei die Patienten auch an Hörbeschwerden und an Krampfanfällen leiden. Die Lebensqualität des Betroffenen ist durch das DeSanctis-Cacchione-Syndrom daher erheblich eingeschränkt und verringert. Es kommt daher schon im Kindesalter zum Tode, da die neurologischen Ausfälle in der Regel nicht geheilt werden können.
Die Behandlung des DeSanctis-Cacchione-Syndroms richtet sich aus diesem Grund auch nur auf die Reduzierung der Beschwerden. Die Patienten sind daher auf regelmäßige Untersuchungen angewiesen, um Tumore frühzeitig zu erkennen. Ebenso können die meisten Hautbeschwerden mit Hilfe von Medikamenten reduziert werden. Die geistige Retardierung und die Wachstumsstörungen können nur sehr eingeschränkt behandelt werden. In seltenen Fällen können die Betroffenen jedoch auch das Erwachsenenalter erreichen.
Vorbeugung
Bei einer familiären Vorbelastung für Xeroderma pigmentosum kann durch eine humangenetische Beratung und humangenetische Untersuchung bei Kinderwunsch das Risiko für das DeSanctis-Cacchione-Syndrom oder Xeroderma pigmentosum abgeschätzt werden. Patienten mit DeSanctis-Cacchione-Syndrom können die Hautsymptome durch konsequenten Schutz vor UV-Strahlung weitgehend vermeiden. Das gilt jedoch nicht für die neurologischen Ausfälle.
Nachsorge
Beim DeSanctis-Cacchione-Syndrom stehen dem Betroffenen in der Regel keine besonderen Maßnahmen einer Nachsorge zur Verfügung, da die Krankheit nicht vollständig geheilt werden kann. Demnach kann nur eine rein symptomatische Behandlung erfolgen, wobei der Betroffene jedoch auf eine lebenslange Therapie angewiesen ist. Da es sich dabei um eine genetisch bedingte Krankheit handelt, kann im Falle eines Kinderwunsches auch eine genetische Beratung durchgeführt werden, um das erneute Auftreten des DeSanctis-Cacchione-Syndroms zu verhindern.
Je früher die Krankheit dabei diagnostiziert wird, desto besser ist in der Regel auch der weitere Verlauf der Erkrankung. Die Behandlung selbst wird dabei meist durch die Einnahme von Medikamenten begleitet. Dabei sollte der Betroffene auf eine regelmäßige Einnahme mit der richtigen Dosierung achten, um die Beschwerden zu lindern.
Ebenfalls sollte direktes Sonnenlicht gemieden werden, wodurch sich natürlich der Alltag des Betroffenen deutlich erschwert. Weiterhin sind die Patienten auf die Hilfe und die Unterstützung von Familie und Freunden angewiesen, wodurch vor allem psychische Verstimmungen oder Depressionen verhindert werden können. Weiterhin sind auch regelmäßige Untersuchungen durch einen Arzt notwendig, um Tumore schnell zu erkennen und auch zu behandeln.
Das können Sie selbst tun
Der Patient kann keine Selbsthilfemaßnahmen ergreifen, die das DeSanctis-Cacchione-Syndrom ursächlich behandeln.
Die beste Selbsthilfemaßnahme gegen die Folgen der Lichtüberempfindlichkeit besteht darin, UV-Licht, insbesondere die pralle Sonne, soweit als möglich zu vermeiden. Da sich das Syndrom bereits im Kleinkindalter bemerkbar macht und die Betroffenen oftmals geistig retardiert sind, ist große Aufmerksamkeit seitens der Familienangehörigen erforderlich.
Kinder, die am DeSanctis-Cacchione-Syndrom leiden, dürfen keinesfalls in der prallen Sonne spielen. Der Aufenthalt im Freien sollte gerade während der Mittagszeit soweit als möglich vermieden werden. Personenfahrzeuge sollten mit stark abgedunkelten und mit UV-Schutz versehenen Fenstern für die Rückbank ausgestattet werden. Sofern dies nicht möglich ist, müssen Autofahrten bei schönem Wetter soweit als irgend möglich auf den ganz frühen Morgen oder den späten Abend verschoben werden.
Wer über einen eigenen Garten verfügt, sollte diesen möglichst schattenspendend bepflanzen, um seinem Kind den gelegentlichen Aufenthalt im Freien zu ermöglichen.
Sofern es nach einer Exponierung mit Sonnenlicht zu Hautveränderungen, wie zum Beispiel Blasen, kommt, müssen die betroffenen Körperstellen sehr genau beobachtet und einem Arzt vorgestellt werden. Nicht selten mutieren solche Hautläsionen zu bösartigen Tumoren.
Gegen die geistige Retardierung sowie die eingeschränkte Motorik, unter der die Patienten oftmals leiden, helfen Therapien sowie pädagogische Maßnahmen, die frühzeitig ergriffen werden sollten.
Quellen
- Grehn, F.: Augenheilkunde. Springer, Berlin 2012
- Masuhr K., Masuhr, F., Neumann, M.: Duale Reihe Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013
- Witkowski R., Prokop O., Ullrich E.: Lexikon der Syndrome und Fehlbildungen. Springer, Berlin 2003