Demyelinisierung
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 28. Februar 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Demyelinisierung bezeichnet den Verlust oder die Beschädigung des Myelins im Nervensystem. Myelin spielt für die Übertragung von neuronalen Signalen eine wichtige Rolle, da es die Nervenfasern (Axone) elektrisch isoliert. Aus diesem Grund führt die Demyelinisierung ohne Behandlung langfristig zu vielfältigen Beeinträchtigungen; die Prognosen unterscheiden sich jedoch für verschiedene zugrunde liegende Ursachen.
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Was ist die Demyelinisierung?
Die Demyelinisierung wird auch als Entmarkung bezeichnet und kann sowohl das zentrale als auch das periphere Nervensystem betreffen. Bei Myelin handelt es sich um eine biologische Membran, die zahlreiche Lipide enthält. Verschiedene Körperzellen können Myelin produzieren, zum Beispiel die Schwann'schen Zellen oder Zellen des peripheren und zentralen Nervensystems.
Die Bezeichnung Myelin leitet sich vom griechischen Wort für Mark oder Gehirn („myelòs“) ab. Da Myelin das Licht gut reflektiert, wirkt es bei mikroskopischer Betrachtung weiß. Daher rührt auch der Begriff „weiße Substanz“, der eine bestimmte Art von neuronalem Gewebe bezeichnet: Dieses Gewebe besteht vorwiegend aus Nervenzellen, deren Nervenfasern (Axone) von Myelin umgeben sind.
Myelin ist von großer Wichtigkeit für die korrekte Funktionsweise des menschlichen Nervensystems.
Funktion & Aufgabe
Bei Demyelinisierung handelt es sich um eine krankhafte Schädigung oder Verlust des Myelins. Sie tritt vor allem im Rahmen einer Entmarkungskrankheit wie zum Beispiel der multiplen Sklerose auf.
Ein anderer möglicher Grund für die Demyelinisierung ist eine direkte Beeinträchtigung der Nervenzellen; die Medizin spricht bei dieser Form der Entmarkung von einer primären neuronalen Schädigung. In diesen Fällen führen Defekte an den Zellkörpern oder Axonen zur Zerstörung des Myelins. Die Auswirkungen auf die Signalübertragung sind jedoch bei beiden Varianten weitestgehend gleich.
Darüber hinaus nehmen MedizinerInnen bei nahezu allen Formen der Demyelinisierung einen Einfluss der individuellen Lebensführung an. Ernährung, Rauchen und Übergewicht sind nur einige Faktoren, die in diesem Zusammenhang eine mögliche Rolle spielen.
Je nach räumlicher Verteilung der betroffenen Nervenzellen sprechen Fachleute von einer diffusen oder herdförmigen Demyelinisierung. Bei der herdförmigen Demyelinisierung befinden sich die entmarkten Nervenzellen in räumlicher Nähe zueinander und bilden Hotspots. Auch mehrere solcher Herde sind möglich. Bei fortschreitenden Entmarkungskrankheiten breiten sich die Herde nach und nach aus, wenn die Erkrankung zunehmend neue Nervenzellen schädigt. Im Gegensatz zur herdförmigen Demyelinisierung bildet die diffuse Variante keine zusammenhängenden Flächen von entmarkten Nervenzellen: Die Schädigung des Myelins folgt in diesem Fall keinem bekannten Muster.
Krankheiten & Beschwerden
In der Mehrzahl der Fälle handelt es sich bei Entmarkungskrankheiten jedoch vor allem um Erkrankung wie die multiple Sklerose. Diese Form der nervlichen Degeneration führt zur Zerstörung der Markscheiden, welche die Axone der Nervenzellen elektrisch isolieren. Betroffen sind die Zellen des zentralen Nervensystems, das heißt des Gehirns und des Rückenmarks. Bei multipler Sklerose handelt es sich um eine fortschreitende, chronisch-entzündliche Erkrankung, deren genauen Ursprünge noch unbekannt sind. Als mögliche Ursachen stehen unter anderem Entzündungen, Beeinträchtigungen des Stoffwechsels, Infektionen, Ernährung, Vergiftungen und verschiedene fehlerhafte Funktionen innerhalb des Immunsystems zur Debatte. Multiple Sklerose verläuft in Schüben, zwischen denen sich die Krankheit vorübergehend stabilisieren kann.
Eine andere Entmarkungskrankheit ist die Leukoenzephalitis. Bei der Leukoenzephalitis handelt es sich um eine Form der Gehirnentzündung, welche die weiße Substanz des Gehirns befällt und diese schrittweise verringert. Die Leukoenzephalitis ist neben der Polioencephalitis (eine Entzündung der grauen Substanz) eine Variante der Panenzephalitis.
Eine weitere Erkrankung, die zur Demyelinisierung führt, ist die Neuromyelitis optica (NMO) bzw. das Devic-Syndrom. Die Demyelinisierung bei NMO tritt herdförmig auf. Immer wieder auftretende Entzündungen des Sehnervs sowie langstreckige Entzündungen des Rückenmarks (Myelitis) stellen die kritischsten Risikofaktoren für NMO dar. Sehstörungen, Schwäche, Lähmungen und Störungen der Blasenfunktion können neben anderen Symptomen als Anzeichen für NMO auftreten. Bleibende Schädigungen durch NMO liegen im Bereich des Möglichen, obwohl die Behandlung häufig gute Erfolge erzielt und langfristige Beeinträchtigungen verhindern kann.
Während bei der multiplen Sklerose und Leukoenzephalitis Entzündungen die Demyelinisierung hervorrufen, ist bei der Leukodystrophie eine Störung des Stoffwechsels für den Abbau des Myelins verantwortlich. Dabei kommen verschiedene Grunderkrankungen des Stoffwechsels als Auslöser in Betracht, die ihrerseits in der Regel genetische Ursachen besitzen. Auch die Leukodystrophie führt zu eher diffusen Symptomen.
Eine Entmarkungskrankheit, die bereits bei Neugeborenen und kleinen Kindern auffallen kann, ist die Alexander-Krankheit. Das Gehirn der betroffenen Kinder weist bereits früh eine unzureichende Masse an Myelin-Membranen auf. Infolgedessen manifestieren sich neben den üblichen motorischen Symptomen auch auffällige Entwicklungsverzögerungen im Vergleich mit gleichaltrigen Kindern.
Doch auch im Erwachsenenalter kann sich Morbus Alexander zum ersten Mal manifestieren. Die Erkrankung ist in jedem Alter fortschreitend und nicht heilbar. Die Ursache der Alexander-Krankheit ist eine sehr seltene genetische Abweichung.
Quellen
- Berlit, P.: Basiswissen Neurologie. Springer, Berlin 2007
- Hacke, W.: Neurologie. Springer, Heidelberg 2010
- Masuhr K., Masuhr, F., Neumann, M.: Duale Reihe Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013