Escherichia

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. April 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Als Escherichia wird eine Gattung von gramnegativen, stäbchenförmigen Bakterien bezeichnet. Ihr wichtigster Vertreter und humanpathogen am relevantesten ist der Escherichia coli (E. coli). Escherichia gehören zu den Enterobakterien und machen einen kleinen Anteil an der Normalflora des Darmes aus.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Escherichia?

Es werden beim Escherichia intestinale Infektionen, das heißt Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts (welche stets durch exogene Infektionen verursacht werden) von extraintestinalen Erkrankungen unterschieden, welche meistens durch endogene Infektionen verursacht werden.
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Escherichia sind gramnegative Stäbchenbakterien, die physiologisch in der Darmflora des Menschen vorkommen. Sie wachsen fakultativ anaerob, was heißt, dass sie sowohl mit als auch ohne Anwesenheit von Sauerstoff wachsen und sich vermehren können. Zudem sind sie Oxidase-negativ. Die Escherichia sind begeißelte Bakterien, sie sind somit beweglich. Eine selektive Kultivierung der Escherichia ist auf gallensalzhaltigen Nährböden wie dem McConkey-Agar möglich.

Der E. coli als eine Art der Escherichia ist der häufigste Erreger einer bakteriellen Infektion und dient außerdem als Indikatorkeim für verunreinigtes Trink- und Badewasser. Die Forschung an den E. coli bescherte zahlreichen Wissenschaftlern den Nobelpreis für Physiologie und Medizin. Weitere Arten der Escherichia, wie der E. hermanii oder der E. vulneris sind zwar bekannt, Infektionen mit ihnen aber sehr selten.

Vorkommen, Verbreitung & Eigenschaften

Escherichia gehören zur Gruppe der Enterobakterien, das heißt sie befinden sich vor allem im Darm von Säugetieren. Für die Humanmedizin spielt hauptsächlich der E. coli eine Rolle. Wenn ein Mensch in Kontakt mit Substanzen aus seinem Darm kommt, so kann dieser beispielsweise Trinkwasser oder Lebensmittel kontaminieren, was anschließend andere Menschen infizieren kann. Deswegen wird der E. coli als ein Fäkalindikator angesehen, in 100 ml Trinkwasser dürfen keine E. coli vorhanden sein. Zudem begünstigt eine unzureichende Hygiene auf öffentlichen Toiletten eine Harnwegsinfektion, vor allem bei Frauen.

Durch verschiedene Agglutinationsreaktionen mit bekannten Antiseren können verschiedene antigene Strukturen auf der Oberfläche der Escherichia nachgewiesen werden, was als Serotypisierung bezeichnet wird. So ergibt sich ein individuelles Antigenmuster. Es werden zwischen O-Antigenen (Oberflächenantigene, was den Lipopolysacchariden entspricht), H-Antigenen (Flagellin der Geißeln, ein thermostabiles Protein), K-Antigenen (Kohlenhydrate der äußersten Membran) und F-Antigenen (Fimbrien) unterschieden. Die Fimbrien sind dazu da, um sich an die Schleimhaut im Magen-Darm-Trakt anzuheften.

Escherichia haben zudem keine Kapsel und sind peritrich (komplett um die ganze Zelle) begeißelt, sie sind somit beweglich. Dies ist vor allem für den E. coli wichtig, da er sich, wenn er sich im Magen befindet, nicht der aggressiven Magensäure aussetzen kann und daher in den schützenden Schleim fortbewegt.

Es werden bei den E. coli verschiedene Subtypen unterschieden, die jeweils verschiedene Virulenzfaktoren ausbilden und unterschiedliche Krankheiten auslösen. Diese werden auch als Pathovare bezeichnet: Der EPEC (= enteropathogene E. coli) heftet sich an die Darmschleimhaut und kann ein Toxin in die Zellen über ein sogenanntes Typ 3-Sekretionssystem injizieren. Dieses Toxin bewirkt eine Abflachung des Darmepithels. Sie befallen vor allem Säuglinge und sind für die seltene Säuglingsdiarrhö verantwortlich.

ETEC (= enterotoxisches E. coli) produziert ebenfalls zwei Enterotoxine. Er ist Erreger der Reisediarrhoe, die durch fäkal-oral kontaminierte Nahrungsmittel vor allem in den Tropen ausgelöst wird. Das Krankheitsbild ist der einer Cholera ähnlich, da die beiden Toxine einander entsprechen.

EHEC (= enterohämorrhagischer E. coli) besitzt das Protein Intimin, welches eine feste Bindung der Bakterien an die Darmschleimhaut begünstigt. Der Erreger bildet ebenfalls ein Toxin aus, welches dem Shigatoxin ähnelt, das von Shigellen produziert wird. Dieses führt zur Hemmung der Proteinsynthese in den betroffenen Zellen. Sie werden auch als STEC (= Shigatoxin-produzierende E. coli) bezeichnet.

Der EAEC (= enteroaggregative E. coli) ist in der Lage mit weiteren Bakterien Aggregate zu bilden, die auf der Darmschleimhaut verweilen. UPEC (= uropathogene E. coli) exprimiert auf seiner Oberfläche die P-Fimbrien, welche speziell zur Bindung an das Epithel des Urogenitaltrakts dient. Der EIEC (= enteroinvasive E. coli) dringt direkt in die Darmepithelzelle ein und breitet sich in benachbarte Zellen aus, indem er sie direkt invadieren.


Krankheiten & Beschwerden

Es werden beim Escherichia intestinale Infektionen, das heißt Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts (welche stets durch exogene Infektionen verursacht werden) von extraintestinalen Erkrankungen unterschieden, welche meistens durch endogene Infektionen verursacht werden.

Die E. coli sind die häufigsten Erreger einer bakteriellen Infektion. Die verschiedenen Subtypen lösen dabei unterschiedliche Krankheiten aus: Der EPEC ist für die Säuglingsdiarrhoe verantwortlich, die durch massive Durchfälle und die Gefahr einer Austrocknung gekennzeichnet ist. In der Dritten Welt ist der Erreger Ursache einer hohen Säuglingssterblichkeit. Der Erreger für chronisch persistierende Durchfälle ist der EAEC. Die Durchfälle sind dabei schleimig, da induziert wird, dass die Darmschleimhaut mehr Schleim absondert.

Erreger der Reisediarrhoe ist der ETEC, welche der Cholera sehr ähnlich sind. Reiswasserähnliche Durchfälle von bis zu 20 Litern am Tag sind dabei keine Seltenheit. Der EHEC, welches auch der bekannteste Subtyp ist, ist zuständig für wässrige bis blutige Durchfälle, die vor allem bei Kleinkindern für ein hämolytisch-urämisches Syndrom verantwortlich sein können (HUS), was zum Nierenversagen führen kann. Zusätzlich kommen Fieber, Magenkrämpfe und Erbrechen in Betracht. Weitere Komplikation kann eine Darmperforation sein.

EIEC ist der Erreger einer ruhrähnlichen Kolitis mit blutig-schleimigen Durchfällen. UPEC als Erreger einer extraintestinalen Infektion verursacht Harnwegsinfekte, wenn das Bakterium vom Darm in den Urogenitaltrakt gelangt. Dies ist vor allem bei Frauen aufgrund der anatomischen Nähe des Afters zur Harnröhre der Fall. Zudem können sie beim Neugeborenen eine Meningitis verursachen, da sich der Geburtskanal ebenfalls in der Nähe des Afters befindet und so das Kind während der Geburt infizieren kann.

Quellen

  • Buselmaier, W.: Biologie für Mediziner. Springer, Berlin Heidelberg 2006
  • Graw, J. et al.: Genetik. Springer, Berlin Heidelberg 2005
  • Groß, U.: Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. Thieme, Stuttgart 2009

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