Euler-Liljestrand-Mechanismus

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Der Euler-Liljestrand-Mechanismus bedingt bei einer Minderversorgung mit Sauerstoff eine Kontraktion der Gefäßmuskulatur in den Lungenbahnen, die den Ventilations-Perfusions-Quotienten der Lunge verbessert. Bei dem Mechanismus handelt es sich um einen natürlichen Reflex, der ausschließlich die Lunge betrifft. Pathologisch ist der Euler-Liljestrand-Mechanismus beispielsweise in großen Höhen, wo er ein Lungenödem begünstigt.

Inhaltsverzeichnis

Was ist der Euler-Liljestrand-Mechanismus?

Bei dem Euler-Liljestrand-Mechanismus handelt es sich um einen natürlichen Reflex, der ausschließlich die Lunge betrifft.

Bei der Vasokonstriktion schnüren sich die Blutgefäße zusammen. Damit verengt sich der Gefäßquerschnitt und der Blutdruck verändert sich. Die glatte Gefäßmuskulatur ist für die Vasokonstriktion verantwortlich und leitet bei Bedarf mit der Vasodilatation außerdem eine Entspannung und damit Erweiterung der Gefäße durch. Der Spannungszustand der Gefäßmuskeln wird über verschiedene Substanzen vermittelt, so bei der Vasokonstriktion zum Beispiel durch sogenannte Vasokonstriktoren.

Eine reflektorische Vasokonstriktion zeichnet den Euler-Liljestrand-Mechanismus aus. Dieser natürliche Körperprozess tritt bei einer Hypoxie, also bei einer Sauerstoffminderversorgungen des Gewebes, auf. Sowohl globale, als auch lokale Sauerstoffminderversorgungen können den Euler-Liljestrand-Reflex auslösen und so eine hypoxisch pulmonale Vasokonstriktion oder hypoxisch pulmonale Gefäßantwort bedingen. Durch den Reflex erhöht sich der Atemwegswiderstand lokal.

Die Vasokonstriktion im Rahmen des Euler-Liljestrand-Mechanismus betrifft ausschließlich die Lungenstrombahn. In allen anderen Gefäßen des Körpers rufen Hypoxien eine Vasodilatation hervor. Während sich die Lungenstrombahn also zusammenzieht, erweitern sich alle anderen Gefäße, um mehr sauerstofftransportierendes Blut hindurchtreten zu lassen.

Funktion & Aufgabe

Der Durchfluss von Blut durch die Lunge ist lokal geprägt. Dasselbe gilt für den Grad der Lungenbelüftung. Das Lungengewebe ist lokal also unterschiedlich ventiliert und perfundiert. Aufgrund physikalischer Zusammenhänge, wie der Schwerkraft, liegt der Blutfluss in den basalen Anteilen höher, sodass die basale Lunge eine bessere Durchblutung aufweist. Weil die basalen Lungenbereiche außerdem weniger gedehnt sind, liegt in diesen Bereichen auch die Ventilation auf einem höheren Niveau. Die apikalen Lungenanteile sind im direkten Vergleich zu den basalen Bereichen also schlechter perfundiert und ventiliert.

Gerade die Durchblutung nimmt von basal nach apikal extrem ab. Die Ventilation nimmt zwar ebenso ab, im Vergleich zur Perfusion ist die Ventilationsabnahme Richtung apikal jedoch wesentlich geringer. Der Ventilations-Perfusions-Quotienten gibt das Verhältnis von Lungenbelüftung zu Lungenperfusion und damit Herzzeitvolumen an. Aufgrund der lokalen Unterschiede von basalen und apikalen Anteilen ergibt sich ein apikaler Ventilations-Perfusions-Quotient größer als eins. Der basale Ventilations-Perfusions-Quotient ist dagegen kleiner als eins. Das optimale Ventilations-Perfusions-Verhältnis beträgt wiederum eins. Dieses Verhältnis wird durch die lokalen Unterschiede nicht erreicht. Die Sauerstoffaufnahme des Blutes entspricht daher nicht dem absoluten Optimum.

Natürlicherweise führen die Perfusions- und Ventilationsunterschiede in den einzelnen Lungengebieten dazu, dass Blutfraktionen, wie der intrapulmonale Rechts-Links-Shunt, nicht mit Sauerstoff versorgt werden. Um diesen Zusammenhang aufzulösen, reduziert der Euler-Liljestrand-Mechanismus die betroffenen Shunts.

Der Reflex passt die Perfusion der Lunge in den relevanten Gebieten an die Ventilation an und verbessert damit den Ventilations-Perfusions-Quotienten. Dieses Ziel erreicht der Euler-Liljestrand-Reflex mit einer Kontraktion der Gefäßmuskulatur in der Lungenstrombahn, wie sie durch Sauerstoffminderversorgung vermittelt wird.

Bei Ventilationsstörungen im Rahmen einer Lungenentzündung (Pneumonie) verteilt die Vasokonstriktion durch den Euler-Liljestrand-Mechanismus beispielsweise das Blut um. Schlechter ventilierte Abschnitte werden in diesem Fall weniger durchblutet als besser ventilierte Bereiche. Dieser Effekt ist im Zweifelsfall zur Aufrechterhaltung der Sauerstoffversorgung in einzelnen Geweben relevant und hat eine Umverteilung des Blutes zur Folge.


Krankheiten & Beschwerden

Der Euler-Liljestrand-Mechanismus ist ein natürlicher Reflex, aber hat in bestimmten Zusammenhängen auch negative Folgen für die menschliche Gesundheit. Das gilt zum Beispiel bei der Entstehung pulmonaler Hypertonien im Rahmen von chronisch-obstruktiver Bronchitis oder Asthma bronchiale. An der Entstehung dieser krankhaften Erhöhung des Gefäßwiderstands und Blutdrucks im Lungenkreislauf ist der Euler-Liljestrand-Reflex wesentlich beteiligt. Die durch den Reflex vermittelte Vasokonstriktion steigert die Nachlast des rechten Herzens und ruft gleichzeitig eine ventrikuläre Druckbelastung hervor. Das Herz reagiert darauf mit einer Kompensation. Infolge dessen kommt es zu einer konzentrischen Hypertrophie im rechten Ventrikel. Diese Gewebevergrößerung des rechten Ventrikels kann eine Rechtsherzinsuffizienz zur Folge haben. Das rechte Herz besitzt bei diesem Phänomen nicht mehr ausreichend Pumpleistung, um genügend Blut in den Blutkreislauf zurückzubefördern.

Ein weiteres Krankheitsphänomen in Zusammenhang mit dem Euler-Liljestrand-Mechanismus ist das Lungenödem der Höhenkrankheit. An der Höhenkrankheit leiden Bergsteiger, die sich in Höhen von mehr als 2000 Metern über dem Meeresspiegel bewegen. Bei der Erkrankung handelt es sich um eine Anpassungsstörung des Organismus, die Funktionsstörungen des Körpers zur Folge hat. Besonders gefährdet sind Sportler, die sich mit Geschwindigkeit an den Aufstieg machen und sich zuvor nicht ausreichend akklimatisiert haben. Zu den ersten Symptomen der Höhenkrankheit zählt eine Retinopathie, bei der die Blutgefäße der Netzhaut hervortreten und damit eine fortschreitende Visusminderung verursachen.

Das Lungenödem tritt erst bei akuter Höhenkrankheit ein und wird durch die hypoxische Vasokonstriktion verursacht, die der Euler-Liljestrand-Reflex zur Folge hat. Die Erhöhung des Perfusionsdrucks führt bei Anstrengungen in großen Höhen zum Höhenlungenödem, weil Flüssigkeit aus den Gefäßen der Lunge vermehrt in den alveolaren Raum übertritt. Ein Höhenlungenödem ist mit akuter Lebensgefahr assoziiert und sollte im Zweifelsfall sofort abgeklärt und behandelt werden. Höhenbergsteiger kehren idealerweise schon bei einer Retinopathie um und machen sich an den Abstieg oder verweilen zur Akklimatisierung zumindest in der gegenwärtigen Höhe, um die Entstehung eines Lungenödems noch zu verhindern.

Quellen

  • Bungeroth, U.: BASICS Pneumologie. Urban & Fischer, München 2010
  • Köhler D., Schönhofer B., Voshaar, T.: Pneumologie. Ein Leitfaden für rationales Handeln in Klinik und Praxis. Thieme, Stuttgart 2009
  • Steffen, H.-M. et al.: Internistische Differenzialdiagnostik. Schattauer, Stuttgart 2008

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