Vasodilatation

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 7. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Vasodilatation ist eine Weitstellung der Gefäße durch eine Entspannung der Gefäßmuskulatur. Diese glatte Muskulatur wird über die beiden Antagonisten Sympathikus und Parasympathikus im vegetativen Nervensystem gesteuert. Bei einem anaphylaktischen (allergischen) Schock liegt eine Vasodilatation lebensbedrohlicher Ausmaße vor.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Vasodilatation?

Die Vasodilatation ist eine Weitstellung der Gefäße durch eine Entspannung der Gefäßmuskulatur.

Das vegetative Nervensystem steuert eine Vielzahl von lebenswichtigen Körperprozessen. Der Herzschlag, die Verdauung, der Stoffwechsel oder der Blutdruck lassen sich willentlich nicht beeinflussen, sondern sind allesamt über übergeordnete Gehirnzentren und Hormone gesteuert.

Nervenimpulse passen die Organfunktionen rasch an veränderte Umstände an. Speziell die Nervenbahnen der Antagonisten Sympathikus und Parasympathikus bestimmten die Tätigkeiten des vegetativen Nervensystems. Sie führen vom zentralen Nervensystem aus zu den einzelnen Organen.

Alle unwillkürlich gesteuerten Nervenfasern werden als viszeromotorische Nervenfasern bezeichnet und unterliegen entweder parasympathischer oder sympathischer Kontrolle. Das Gefäßsystem enthält sowohl viszeromotorische Fasern sympathischer, als auch parasympathischer Steuerung.

Die Vasodilatation ist die unwillkürliche Entspannung der glatten Gefäßmuskulatur, die indirekt durch den Parasympathikus hervorgerufen wird. Die Entspannung der Muskulatur erweitert die Gefäße und erhöht so den Blutfluss. Das Gegenteil dieses Entspannungsprozesses ist die Vasokonstriktion, die durch den Sympathikus vorgenommen wird und die Gefäßmuskulatur zum Spannen bringt. Das Lumen der Gefäße wird so verengt und der Blutfluss senkt sich ab.

Funktion & Aufgabe

Vasodilatation und Vasokonstriktion sind lebenswichtige Prozesse des vegetativen Nervensystems. Sie passen den Blutfluss an veränderte Umstände an und sind so zur Aufrechterhaltung des Kreislaufs erforderlich. Ein zu plötzlicher Blutfluss könnte das Herz überlasten. Ein zu geringer Blutfluss könnte Gewebe oder innere Organe wegen einer Minderversorgung mit Sauerstoff zugrunde gehen lassen.

Die Abstimmung des Blutflusses auf eine gegebene Situation muss nicht bewusst entschieden werden, sondern findet automatisch statt. Diese Automatik ist vor allem für eine möglichst rasche Reaktion auf veränderte Situationen hilfreich. Die aktive Steuerung der glatten Gefäßmuskulatur liegt hauptsächlich beim Sympathikus. Er lässt die Muskeln permanent kontrahieren. Der Parasympathikus ist für die Vasodilatation zuständig. Da er als Gegenspieler des Sympathikus in Erscheinung tritt, wirkt er sich hemmend auf den Einfluss des Sympathikus aus. Diese Hemmung kann den Kontraktionsbefehl des Sympathikus abschwächen oder ungültig machen. Die Gefäßmuskulatur entspannt und die Blutbahnen vergrößern ihr Lumen. Dadurch steigert sich der Blutfluss.

Vasodilatation kann sowohl aktiv als auch passiv herbeigeführt werden. Als aktives Verfahren ist die Erschlaffung der Gefäßmuskulatur zu nennen. Passive Vasodilatation findet dagegen bei einem Anstieg des Blutvolumens statt. Bei der aktiven Vasodilatation wird das Zusammenspiel der Nerven und Muskeln als Vasomotorik bezeichnet.

Vasodilatation wird neben den viszeromotorischen Fasern außerdem über lokale Mediatoren gesteuert. Als solche Vermittler treten Bradykinin, Acetylcholin oder Endothelin in Erscheinung, die die endothelialen Rezeptoren stimulieren. Als solche werden die B2-, die M3- und die ET-B-Rezeptoren zusammengefasst. Diese Rezeptoren beantworten die Stimulation mit der Bildung von Stickstoffmonoxid und Prostacyclin. Der Parasympathikus nimmt die erhöhte Stickstoffmonoxidkonzentration als Aufforderung zur Hemmung des Sympathikus wahr. So nimmt er Einfluss auf den Sympathikus und lässt die Gefäße dadurch entspannen.

Die Rolle des Stickstoffmonoxids zeigt sich bei der flussvermittelten Vasodilatation, die durch strömungsbedingte Scherkräfte ausgelöst wird. Die Voraussetzung für flussvermittelte Vasodilatation ist die Arbeit des Endothels. Die Aktivierung endothelialer Kaliumkanäle lässt Kalium ausströmen und ruft so eine Hyperpolarisation hervor. Kalzium strömt ein und aktiviert endotheliale Stickstoffmonoxidsynthasen.


Krankheiten & Beschwerden

Eine der verbreitetsten Beschwerden in Zusammenhang mit der Vasodilatation und der Vasokonstriktion sind Migränekopfschmerzen. Eine unzureichende Vasodilatation der zerebralen Gefäße löst diese Art von Kopfschmerzen aus. Durch vasoaktive Substanzen oder Entspannungstraining wie Autogenes Training lassen sich Vasodilatationen hervorrufen, die den Kopfschmerz lindern können.

Auch Schädigungen des Endothels können mit Vasodilatationsstörungen in Zusammenhang stehen. Wenn das Endothel Scherkräfte zum Beispiel nicht mehr wahrnimmt, öffnen sich seine Kaliumkanäle nicht und Stickstoffmonoxidsynthasen werden nicht in zureichender Menge aktiviert. Die flussvermittelte Vasodilatation wird klinisch daher häufig bestimmt, um Rückschlüsse auf die Aktivität des Endothels zu ziehen.

Zu gefäßweitstellungsbedingten Beschwerden und Komplikationen kann es zudem im Rahmen von allergischen Reaktionen kommen. Bei einer Vasodilatation kann hierbei die Ausschüttung von Histamin vorgenommen werden. Diese Substanz weitet nicht nur die Blutgefäße, sondern rötet auch die Haut und kann im Extremfall einen anaphylaktischen Schock auslösen. Im Rahmen eines anaphylaktischen Schocks kann es zu Kreislaufkollaps und Organversagen kommen. Eine solche Reaktion zeigt das Immunsystem zum Beispiel auf chemische Substanzen. Die vermehrt freigesetzten Mediatoren stellen die Bronchien eng und rufen Magen-Darm-Symptome hervor.

Diese systemische Reaktion des gesamten Organismus ist potenziell lebensbedrohlich. Sie lässt den Blutdruck wegen der Weitstellung der Gefäße stark abfallen. Flüssigkeit tritt aus den Gefäßen ins umliegende Gewebe aus. Der Puls fällt ab und Bewusstlosigkeit tritt ein. Die initialen Symptome sind relativ unspezifisch und reichen von Erbrechen über Sehstörungen und Mundtrockenheit bis hin zu Atemnot und Kreislaufbeschwerden.

Ein anaphylaktischer Schock kann letztlich einen Kreislauf- und Atemstillstand auslösen. Diese lebensbedrohliche Situation lässt sich einzig durch rasche Reanimation aufheben. Adrenalin und ähnliche Substanzen können die akuten Symptome unter Umständen lindern. Auch Glukokortikoide und Antihistaminika oder H2-Rezeptor-Antagonisten können den Zustand des Patienten verbessern.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Luther, B. (Hrsg.): Kompaktwissen Gefäßchirurgie. Springer, Berlin 2011
  • Marshall, M., Loew, D.: Venenerkrankungen. Springer, Berlin 2003

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